Rofo 2022; 194(12): 1393-1395
DOI: 10.1055/a-1970-9102
DRG-Mitteilungen

Zur Rechtswidrigkeit der Rücknahmefiktion eines Widerspruchs gegen Entscheidungen der Zulassungsausschüsse bei nicht fristgerechter Zahlung der Widerspruchsgebühr

 

I. Einführung

Die Verfahrensvorschriften der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) haben für Vertragsärzte Vorrang vor den Bestimmungen des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Soweit allerdings in der Ärzte-ZV nichts geregelt ist, gelten die Bestimmungen des SGB X (§ 37 SGB I). Sonderregelungen bestehen in der Ärzte-ZV jedoch auch gegenüber dem Vorverfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Widerspruchsverfahren vor dem Berufungsausschuss nach den §§ 44 und 45 Ärzte-ZV weist insofern Besonderheiten auf.


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Das Verfahren vor dem Berufungsausschuss ist kein Widerspruchsverfahren gem. §§ 78, 83 ff. SGG, sondern ein besonderes Verwaltungsverfahren. Das ergibt sich zum einen daraus, dass im Gesetz nicht auf die das Widerspruchsverfahren betreffenden Regelungen der §§ 83 ff. SGG in toto verwiesen wird, sondern nur auf § 84 Abs. 1 SGG und dass § 85 Abs. 3 SGG für entsprechend anwendbar erklärt wird. Das Verfahren vor dem Berufungsausschuss gilt als „Vorverfahren“ (§ 97 Abs. 3 S. 1 und 2 SGB V). Eine Sonderregelung gegenüber den Vorschriften des SGG über das Widerspruchsverfahren bestand bis zum Inkrafttreten des VÄndG vom 22.12.2006 (BGBl. I. 3439) in § 44 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV, wonach der Widerspruch binnen eines Monats mit Angabe von Gründen zu erheben war. Diese Pflicht zur Begründung des Widerspruchs als Zulässigkeitsvoraussetzung wurde durch das VÄndG mit Wirkung zum 01.01.2007 aufgehoben, da diese „in der täglichen Praxis – auch von Rechtsanwälten – häufig übersehen“ wurde und „dies erhebliche Folgen hatte, weil die fehlende Begründung zur Unzulässigkeit des Widerspruchs führte“ (vgl. Gesetzentwurf zum VÄndG vom 30.08.2006, BT-Drucks. 16/2474, S. 35).

Abweichend gegenüber dem SGB X und dem SGG sind in den §§ 38 und 44 Ärzte-ZV noch heute zwei Sonderregelungen enthalten, die Rechtsfolgen im Falle einer nicht rechtzeitigen Entrichtung der Verfahrensgebühren nach § 46 Ärzte-ZV vorsehen. Diese Vorschriften können in der Praxis ebenfalls mit erheblichen Folgen für die Verfahrensbeteiligten verbunden sein. In beiden Fällen wird die Rücknahme der jeweils zugrundeliegenden Handlung „fingiert“, wenn die Gebühr nicht rechtzeitig entrichtet wurde.

Zum einen wird nach § 38 S. 1 Ärzte-ZV über „gebührenpflichtige Anträge erst nach Entrichtung der nach § 46 zu zahlenden Gebühr verhandelt.“ Wird die Gebühr nach Anforderung nicht innerhalb der gesetzten Frist eingezahlt, so gilt der Antrag zudem als nach § 38 S. 2 Ärzte-ZV zurückgenommen, es sei denn, der Vorsitzende stundet die Gebühr. Die Zahlungsfrist und die Folgen ihrer Nichteinhaltung sind in der Anforderung zu vermerken. Hervorzuheben ist diese Folge für Zulassungsanträge, sonstige Anträge mit angestrebter Beschlussfassung durch den Zulassungsausschuss und Widersprüche nach § 46 Abs. 1 Ärzte-ZV. Das bedeutet, dass eine Zulassung oder Anstellungsgenehmigung grundsätzlich nicht erteilt werden darf, wenn die Gebühr von 100 bzw. 120 Euro nicht fristgerecht beglichen wurde und die Gebührenrechnung einen Hinweis auf diese Folge enthält. Dies kann je nach konkreter Konstellation dazu führen, dass ein Mitbewerber die begehrte Zulassung oder Genehmigung erhält, z. B. bei Ausschreibungsverfahren. Möglich ist auch, dass die Zulassung oder Genehmigung neu beantragt werden muss und aufgrund zwischenzeitlich geänderter Versorgungslage nicht mehr positiv beschieden wird. Beide Fälle führen im Ergebnis zu dem Verlust bzw. Nichterhalt eines Versorgungsauftrages.

Eine vergleichbare Regelung existiert für das Widerspruchsverfahren. Nach § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV gilt der Widerspruch als zurückgenommen, wenn die Gebühr nach § 46 Ärzte-ZV nicht innerhalb der gesetzten Frist entrichtet ist, sofern die Zahlungsfrist und die Folgen ihrer Nichteinhaltung in der Anforderung vermerkt sind. Neben der vorstehend beschriebenen allgemeinen Rücknahmefiktion für gebührenpflichtige Anträge nach § 38 S. 1 Ärzte-ZV besteht also eine gesonderte Rücknahmefiktion auch für Widersprüche nach § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV. Mit der Rechtmäßigkeit dieser Regelung hat sich das Bundessozialgericht (BSG) in einer kürzlich ergangenen Entscheidung befasst.

II. Urteil des BSG vom 07.09.2022, Az.: B 6 KA 11/21 R

Das BSG hat entschieden, dass Regelungen, die den effektiven Rechtsschutz derart gravierend beschränken wie die Vorschrift des § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV, einer klaren und bestimmten gesetzlichen Grundlage bedürfen und es an dieser nach derzeitiger Rechtslage fehlt. Der gesetzliche Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des § 98 Abs. 2 Nr. 3 SGB V werde durch die Rücknahmefiktion in § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV überschritten. Danach müssen die Zulassungsverordnungen Vorschriften über das Verfahren der Ausschüsse entsprechend den Grundsätzen des Vorverfahrens in der Sozialgerichtsbarkeit enthalten. Die Rechtsfolge der fingierten Widerspruchsrücknahme entspreche diesen Grundsätzen jedoch nicht. Da die Ärzte-ZV im Rang einer Rechtsverordnung steht, bedarf es einer den Anforderungen des Art. 80 Grundgesetz (GG) entsprechenden hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage. Mangels einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage kann demnach § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV keine Grundlage sein, um die Rücknahme von Widersprüchen zu fingieren.

1. Sachverhalt

Streitig war, ob die Widersprüche gegen die Bescheide des Zulassungsausschusses im Zusammenhang mit der Nachbesetzung einer Arztstelle in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) gemäß § 45 Abs. 1 Ärzte-ZV als zurückgenommen gelten, da die Zahlungsfrist nicht eingehalten wurde.

Die Klägerin ist Trägerin eines MVZ. Sie beantragte die Nachbesetzung der Stelle einer angestellten Ärztin, die etwa fünf Monate zuvor zugunsten der Anstellung auf ihre Zulassung verzichtet hatte. Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag auf Nachbesetzung mit der Begründung ab, dass die Ärztin nach dem Verzicht auf ihre Zulassung weniger als drei Jahre in dem MVZ tätig gewesen sei und entschied zudem mit gesonderten Bescheiden, dass die Genehmigung zur Beschäftigung der Ärztin sowie der Versorgungsauftrag endeten. Nachdem die Klägerin gegen diese Bescheide Widerspruch eingelegt hatte, forderte der beklagte Berufungsausschuss die Klägerin zur Entrichtung einer Verwaltungsgebühr von jeweils 200 Euro mit Fristsetzung auf und wies darauf hin, dass Widersprüche gemäß § 45 Abs. 1 Ärzte-ZV als zurückgenommen gelten, wenn die genannten Gebühren nicht innerhalb der gesetzten Frist entrichtet seien. Die entsprechenden Überweisungen gingen erst einige Tage nach Fristablauf auf dem Empfängerkonto ein.

Der Berufungsausschuss stellte daraufhin fest, dass die Widersprüche gegen die Bescheide des Zulassungsausschusses gemäß § 45 Abs. 1 Ärzte-ZV als zurückgenommen gelten, da die Zahlungsfrist nicht eingehalten sei. Die an die Versäumung anknüpfende Rücknahmefiktion des Widerspruchs stelle seiner Ansicht nach keine unbillige, sondern die hierfür vorgesehene Rechtsfolge dar.

Nach Klageerhebung vor dem Sozialgericht (SG) hob dieses die zuvor genannten Beschlüsse des Berufungsausschusses auf und verurteilte diesen, über die Widersprüche der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Für die in § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV geregelte Widerspruchsrücknahmefiktion fehle eine wirksame Ermächtigungsgrundlage im Sinne von Art. 80 GG. In Betracht komme allein § 98 Abs. 2 Nr. 3 SGB V, wonach die Zulassungsverordnungen Vorschriften über das Verfahren der Ausschüsse entsprechend den Grundsätzen des Vorverfahrens in der Sozialgerichtsbarkeit enthalten müssten. § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV halte sich jedoch nicht im Rahmen dieser Ermächtigung. Es werde eine über § 84 Abs. 1 S. 1 SGG hinausgehende „weitere Prozess (Sachurteils-)voraussetzung“ für die sozialgerichtliche Klage geschaffen, die entgegen den Regelungen für das Vorverfahren im SGG den Zugang zu den Sozialgerichten erschwere.

Hiergegen wendete sich der Berufungsausschuss insbesondere mit dem Argument, dass das Vorverfahren in Angelegenheiten des vertragsärztlichen Zulassungsrechts als Vorverfahren eigener Art ausgestaltet sei und es sich bei § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV um eine zulässige Sonderregelung handle. Der Rechtsschutz werde durch diese Rücknahmefiktion auch nicht in unzulässiger Weise erschwert.


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2. Begründung

Das BSG hat entschieden, dass das SG die Bescheide des Berufungsausschusses zu Recht aufgehoben habe. Der Berufungsausschuss muss nun über die Widersprüche der klagenden Trägerin des MVZ in der Sache entscheiden, da die Widersprüche der Klägerin nicht durch fiktive Rücknahme nach § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV erledigt sind.

Als Begründung führt das BSG an, dass die Ärzte-ZV im Rang einer Rechtsverordnung stehe. Daher bedürfe es für die Regelungen in der Ärzte-ZV einer den Anforderungen des Art. 80 GG entsprechenden hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage. Hieran fehle es für die in § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV getroffene Regelung der Rücknahmefiktion eines Widerspruchs bei nicht fristgerechter Zahlung der Widerspruchsgebühr.

Der gesetzliche Rahmen der allein als relevant in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlage des § 98 Abs. 2 Nr. 3 SGB V werde durch die Rücknahmefiktion in § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV überschritten. Danach müssen die Zulassungsverordnungen Vorschriften über das Verfahren der Ausschüsse entsprechend den Grundsätzen des Vorverfahrens in der Sozialgerichtsbarkeit enthalten. Die Rechtsfolge der fingierten Widerspruchsrücknahme entspreche diesen Grundsätzen gerade nicht.

Die Vorschrift des § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV berechtige den Berufungsausschuss über die im SGG geregelten Vorgaben für das Widerspruchsverfahren hinaus, bei nicht fristgerechter Einzahlung der Widerspruchsgebühr den Widerspruch als fingiert zurückgenommen zu behandeln, selbst wenn es um grundrechtsintensive Entscheidungen in Zulassungssachen geht. Regelungen, die den effektiven Rechtsschutz derart gravierend beschränken, bedürften einer klaren und bestimmten gesetzlichen Grundlage, an der es nach derzeitiger Rechtslage fehlt.

Zwar sehe das SGG eine fiktive Klage- bzw. Berufungsrücknahme vor, wenn Kläger das Verfahren trotz gerichtlicher Aufforderung länger als drei Monate nicht betreiben (vgl. §§ 102 Abs. 2, 156 Abs. 2 SGG). Bei diesen Rücknahmefiktionen handele es sich aber um eng begrenzte gesetzlich geregelte Ausnahmefälle, die nicht auf das Widerspruchsverfahren übertragen werden könnten.

Etwas anderes folge auch nicht aus den Besonderheiten des Verfahrens vor dem Berufungsausschuss. Auch wenn das Vorverfahren in Angelegenheiten des Vertragsarztrechts ein besonderes Verwaltungsverfahren sei und nach § 97 Abs. 3 SGB V gegenüber dem Vorverfahren des SGG Besonderheiten aufweise, schaffe § 98 Abs. 2 Nr. 3 SGB V keine umfassende Kompetenz zur Regelung vom sozialgerichtlichen Vorverfahren abweichender Vorschriften und erlaube insbesondere keine Regelung, durch die die Gewährleistung umfassenden Rechtsschutzes im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG erheblich eingeschränkt wird.

Das Urteil ist insofern etwas überraschend, als dass das BSG noch mit Urteil vom 13.05.2015 (Az.: B 6 KA 25/14 R) entschieden hatte, dass die vormalige Regelung des § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV, nach der die Zulassung kraft Gesetzes endete, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit § 98 Abs. 1 SGB V als höherrangigem Recht im Einklang stehe. Daraufhin hatte das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 26.09.2016 (Az.: 1 BvR 1326/15) festgestellt, dass die vormalige Regelung des § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV aufgrund eines Verstoßes gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG nichtig ist und das Urteil des BSG aufgehoben. Durch eine Ergänzung in § 95 Abs. 7 S. 1 SGB V ist sodann eine gesetzliche Grundlage für das bisher in § 19 Abs. 3 Ärzte-ZV geregelte automatische Enden einer Zulassung bei Nichtaufnahme der Tätigkeit geschaffen worden.

Die vorstehend bezeichnete Entscheidung des BSG aus 2015 steht zwar inhaltlich nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der jetzt getroffenen Entscheidung. Gleichwohl scheint es, dass zwischenzeitlich eine erhebliche Änderung der Beurteilung durch das BSG stattgefunden hat. Noch 2015 stufte das BSG das automatische Enden einer Zulassung – also den grundsätzlich schwersten Eingriff innerhalb des Vertragsarztrechts – durch eine Regelung der Ärzte-ZV als mit höherrangigem Recht vereinbar ein. Nunmehr erachtet es bereits die in § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV geregelte Widerspruchsrücknahmefiktion als nicht ausreichend legitimiert im Sinne von Art. 80 GG. Für die Entscheidung des BSG dürfte eine Rolle gespielt haben, dass die Nichteinzahlung einer Widerspruchsgebühr im Rahmen eines regulären Vorverfahrens nach §§ 78 ff. SGG keine Rechtsfolgen für die Zulässigkeit des Widerspruchs entfaltet. Zudem erscheint die Unzulässigkeit des Widerspruchs als angeordnete Rechtsfolge der nicht rechtzeitigen Einzahlung der Gebühr, die auch auf einem Versehen oder einem technischen Fehler beruhen kann, als unverhältnismäßig, da diese erhebliche Folgen für den Antragsteller haben kann.


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III. Folgerungen für die Praxis

Bisher musste die Beachtung der Fristen zur Einzahlung der Gebühren in zulassungsrechtlichen Verfahren genauso sorgsam behandelt und berücksichtigt werden wie Rechtsbehelfsfristen – also beispielsweise für Widersprüche – selbst, da die Nichtbeachtung in beiden Fällen zum vollständigen Verlust einer Verfahrensoption führen konnte. Das war und ist vielen Verfahrensbeteiligten leider nicht bewusst. Das liegt möglicherweise auch daran, dass die Nichtzahlung einer Gebühr von 100 bis 200 Euro im Verhältnis zu einer Zulassung marginal erscheint. Für die Zulässigkeit des Widerspruchsverfahren kommt es auf die Rechtzeitigkeit der Einzahlung der Gebühr nach § 46 Abs. 1 S. 1 lit. d) zukünftig nicht mehr an, da die Regelung in § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV als nichtig anzusehen ist. Nach der Rechtsprechung des BVerfG stehen Fachgerichten, wie dem BSG, bei untergesetzlichen Rechtsnormen wie einer Rechtsverordnung, die Kompetenz zur Normverwerfung zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.03.2020, Az: 1 BvR 712/20).

Wesentlich bedeutsamer für die Praxis ist die mögliche Folge für die eingangs beschriebene Regelung der Rücknahmefiktion nach § 38 S. 2 Ärzte-ZV für gebührenpflichtige Anträge insgesamt. Denn diese betrifft über den Verweis nach § 46 Ärzte-ZV nahezu sämtliche Antragsverfahren einschließlich Widersprüche, während die beurteilte Regelung nach § 45 Abs. 1 S. 1 Ärzte-ZV ausschließlich Widersprüche und damit nur einen geringen Anteil der Verfahren betrifft. Allerdings hat das BSG zu der Rechtmäßigkeit der Regelung über die Rücknahmefiktion bei Anträgen in § 38 S. 2 Ärzte-ZV keine Entscheidung getroffen.

Die anderen Fälle nach § 46 Ärzte-ZV dürften jeweils gesondert nach der Rechtsgrundlage § 98 Abs. 2 SGB V zu beurteilen sein. Beispielsweise kommen für die Rücknahmefiktion durch Nichtzahlung der Gebühr für das Zulassungsverfahren nach § 38 Ärzte-ZV in Verbindung mit § 46 Abs. 1 lit. b) Ärzte-ZV insbesondere § 98 Abs. 2 Nr. 4 und 10 SGB V in Betracht. Dabei dürfte die Nr. 4 jedoch allein die Gebührenhöhe bzw. deren Verhältnismäßigkeit betreffen, während die Nr. 10 inhaltliche Zulassungsvoraussetzungen betrifft. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass durch eine wirksame Rücknahmefiktion auch in diesem Fall der umfassende Rechtsschutz im Ergebnis eingeschränkt wird, da die inhaltliche Beurteilung aus formalen Gründen von vornherein verwehrt wird. Im Hinblick auf die mögliche gravierende Folge des Nichterhalts einer Zulassung lässt sich auch in diesem Fall daher gut begründen, dass die Regelung nicht mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Gleichwohl sollten bis zu einer diese Annahme bestätigenden Entscheidung des BSG sämtliche Gebühren fristgerecht eingezahlt werden.

Prof. Dr. Peter Wigge
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht

Tilmann Kirsch
Rechtsanwalt
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Publication History

Article published online:
29 November 2022

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