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DOI: 10.1055/a-1953-6051
Thromboserisiko während und nach einer stationären Behandlung
Autor*innen
Venous thrombosis risk during and after medical and surgical hospitalizations: The medical inpatient thrombosis and hemostasis (MITH) study.
J Thromb Haemost 2022;
DOI: 10.1111/jth.15729
Die Gabe von Heparin soll bei hospitalisierten Patienten Thrombembolien verhindern. Die Thromboseprophylaxe auch nach dem stationären Aufenthalt fortzuführen, scheint nach derzeitiger Studienlage allerdings keinen Benefit zu bringen und sorgt stattdessen für mehr Blutungskomplikationen. Möglicherweise auch, weil dabei keine adäquate Selektion der Patienten mit dem höchsten Thrombose- und dem geringsten Blutungsrisiko stattfindet.
Am UVM Medical Center im amerikanischen Vermont wurde untersucht, wie hoch das thrombembolische Risiko während und bis 3 Monate nach einer stationären Behandlung ist. Dafür haben Bruno et al. die Daten von 82 735 erwachsenen Patienten ausgewertet, die zwischen 2010 und 2016 stationär behandelt worden sind. Alle Patienten, die in den 3 Monaten vor der Aufnahme eine Thrombose bzw. Thrombembolie erlitten hatten, wurden ausgeschlossen. Die Beobachtungszeit lag im Mittel bei 4,2 Jahren, wobei die Autoren auch den stationären Aufenthalt mit in die Beobachtungszeit einrechneten.
Über die insgesamt 354 022 Personenjahre (PJ) wurden 713 erstmalige thrombembolische Ereignisse (Venous Thrombembolism/VTE) registriert, 2 pro 1 000 Personenjahre. Bei Patienten, die zuvor stationär behandelt worden sind, traten 214 VTE-Ereignisse auf; davon entfielen 47 (22 %) auf den stationären Aufenthalt und 167 (78 %) auf die ersten 3 Monate nach Entlassung. Die absolute VTE-Rate lag während der Hospitalisierung bei 71,8 pro 1 000 Personenjahre (214 VTE auf 55 173 Hospitalisierungen) und in den darauffolgenden 3 Monaten bei 35,1 (1. Monat), 11,3 (2. Monat) und 5,2 /1.000 PJ (3. Monat). Insgesamt ergab sich eine kumulative Inzidenz von 0,39 %. Unter den Personen, die in den 3 Monaten zuvor nicht stationär behandelt worden sind, gab es 499 thrombembolische Ereignisse auf 344 793 Personenjahre (1,4 pro 1 000 Personenjahre).
Das VTE-Risiko stationär behandelter Patienten war während des Klinikaufenthaltes 38-mal höher als bei Patienten, die vorher nicht hospitalisiert waren. Im ersten Monat danach war das Risiko immer noch 18,4-mal höher und im dritten Monat dreimal so hoch wie bei nicht hospitalisierten Patienten.
Stationäre Behandlungen und die darauffolgenden 3 Monate waren in der hier untersuchten Kohorte für 31 % aller thrombembolischen Ereignisse verantwortlich, obwohl diese Zeit nur rund 3 % der gesamten Beobachtungszeit ausmachte. Nach einer Hospitalisierung erhöhte sich das VTE-Risiko erheblich und blieb auch in den 3 Monaten nach der stationären Behandlung weiter hoch. Möglicherweise müssten also die derzeitigen Leitlinien hinsichtlich einer poststationären Thromboseprophylaxe überarbeitet werden, um Thrombembolien auch nach der Entlassung effektiv verhindern zu können.
Stephanie Gräwert, Leipzig
Publikationsverlauf
Artikel online veröffentlicht:
29. November 2022
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