Die Wirbelsäule 2023; 07(02): 89-93
DOI: 10.1055/a-1947-7131
Übersicht

Einfluss von verschieden Dekompressionstechniken in der lumbalen Wirbelsäule auf den Bewegungsumfang

Influence of different decompression techniques in the lumbar spine on range of motion
Sara Lener
1   Universitätsklinik für Neurochirurgie, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich
,
Sebastian Hartmann
1   Universitätsklinik für Neurochirurgie, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich
,
Werner Schmölz
2   Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck, Österreich
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Zusammenfassung

Die lumbale Spinalkanalstenose (LSS) ist eine häufige Wirbelsäulenerkrankung des älteren Patienten mit steigender sozioökonomischer Bedeutung. Derzeit gelten die uni- oder bilaterale Dekompression und die unilaterale Dekompression mit Unterschneidung (auch „undercutting“ oder „over the top“ Dekompression) von der ipsilateralen Zugangsseite zur kontralateralen Seite in Europa als Goldstandard zur Behandlung der lumbalen Spinalkanalstenose. Eine ausgedehnte Dekompression nervaler Strukturen birgt jedoch einige bekannte Nachteile, wie z.B. das Risiko einer sekundären lumbalen Instabilität. In den hier präsentierten Untersuchungen war es das Ziel, die Zunahme des segmentalen Bewegungsumfangs in Abhängigkeit vom Ausmaß einer Dekompression zu untersuchen. An 10 humanen „fresh-frozen“ Lendenwirbelsäulen wurden 4 sequenzielle, und in ihrem Umfang zunehmende Dekompressionen durchgeführt. Nach jeder erfolgten Dekompression wurden die Präparate in einem Wirbelsäulensimulator in Flexion-Extension, lateraler Beugung und axialer Rotation untersucht. Zusammengefasst konnte gezeigt werden, dass die unilaterale Dekompression, als auch die unilaterale Dekompression mit kontralateraler Unterschneidung zu keiner wesentlichen Zunahme des Bewegungsumfangs führte, wohingegen die Laminektomie einen deutlichen Anstieg des Bewegungsumfanges, insbesondere bei axialer Rotation, aufwies. Dies wiederum stellt ein erhöhtes Risiko für die Entstehung einer sekundären lumbalen Instabilität dar. Das aktuelle Fehlen klarer evidenzbasierter Leitlinien für die optimale chirurgische Therapie der lumbalen Spinalkanalstenose, ob mit oder ohne lumbaler Fusion, kann zur Über- oder Unterbehandlung bestimmter Patient:innen führen. Ob die statistisch signifikante Zunahme des Bewegungsumfangs auch einen Einfluss auf das klinische Ergebnis hat, und wie gefährdete Patient:innen identifiziert werden können sollte in weiteren Studien untersucht werden.

Abstract

Lumbar spinal stenosis represents a common condition and has a growing socioeconomic importance. Currently, unilateral or bilateral decompression and unilateral decompression with undercutting to the contralateral side are considered the gold standard for its treatment. However, extensive decompression of nerve structures has some known disadvantages, such as the risk of secondary lumbar instability. In the presented studies, the aim was to investigate the increase in segmental range of motion as a function of the extent of decompression. 4 sequential, and increasing in extent, decompressions were performed on 10 specimens of human "fresh-frozen" lumbar spines. After each performed decompression, each specimen was tested in a six-degree-of-freedom spine tester, examining range of motion in flexion-extension, lateral flexion, and axial rotation. In summary, it was shown that unilateral decompression, as well as unilateral decompression with contralateral undercutting, did not result in a significant increase in range of motion, whereas laminectomy showed a significant increase in range of motion, especially in axial rotation. This in turn represents an increased risk for the development of secondary lumbar instability. The current lack of clear evidence-based guidelines for the optimal surgical treatment of lumbar spinal stenosis may lead to over- or under-treatment of certain patients. Whether the statistically significant increase in range of motion also has an impact on clinical outcome and how to identify patients at risk should be investigated in further studies.



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Article published online:
02 May 2023

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