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DOI: 10.1055/a-1929-2307
„ Wir leben Heilpflanzen! “
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Als ich zum ersten Mal von einer Pflanze las, die selektive Östrogen-Rezeptor-Modulatoren (SERM) als Wirkstoffe in sich trägt, war ich wieder einmal baff ob der Intelligenz der Natur: Da schützt sich der Rotklee gegen Fressfeinde, indem er Isoflavone bildet, die an Östrogenrezeptoren binden – und mindert so die Fruchtbarkeit von Tieren. Damit sorgt er dafür, dass sich diese, also seine Feinde, nur noch eingeschränkt vermehren können und somit weniger gefährlich für ihn sind. Wie genial!
In der Zeit darauf las ich noch von weiteren Inhaltsstoffen in Pflanzen, die auf ganz unterschiedliche Weise das sensible hormonelle Gleichgewicht beeinflussen können – von Tieren, aber auch von uns Menschen! Unter diesen Inhaltsstoffen finden sich viele, die das weibliche Hormonsystem harmonisieren und sich dadurch zur Behandlung von beispielsweise PMS, Dysmenorrhö oder Wechseljahresbeschwerden eignen. Einige davon und ihre Wirkmechanismen stellen wir Ihnen in dieser Ausgabe vor.
Der Mönchspfeffer beispielsweise kann hohe Prolaktinspiegel senken und damit bei PMS helfen, denn seine dopaminähnlichen Wirkstoffe modulieren den Prolaktinhaushalt der Hypophyse. Sebastian Vigl erklärt Ihnen den Mechanismus in seiner Wirkstoffskizze (S. 33). Wie Sie den Mönchspfeffer richtig anwenden, sagt Ihnen Anne Wanitschek als eine der Autorinnen, die in der Rubrik „Drei Sichtweisen“ über Behandlungsoptionen bei PMS schreibt. Jessica Klaus beschreibt für Sie in derselben Rubrik die Anwendung des Nachtkerzenöls, und Rita Elfgang, wie die Himbeere als Gemmomittel helfen kann (S. 29–33).
Ätherische Öle modulieren ebenfalls den Hormonhaushalt. Sie sind jedoch keine pflanzlichen Phytoöstrogene, sondern wirken indirekt regulierend auf die Hypophyse und den Hypothalamus ein. Welche Öle sich eignen, um bei Beschwerden in den Wechseljahren das Hormonsystem sanft auszubalancieren, und wie sie wirken, verrät Ihnen Anusati Thumm (S. 46).
Der Frauenmantel darf als die wichtigste Frauenpflanze in dieser Ausgabe natürlich nicht fehlen! Seit Jahrhunderten ist er aus der Frauenheilkunde nicht wegzudenken. Obwohl er heute gut erforscht ist, weiß man noch nicht genau, auf welche Inhaltsstoffe seine hormonausgleichende und progesteronartige Wirkung zurückzuführen ist. Cornelia Stern stellt Ihnen diese traditionsreiche Pflanze vor (S. 4), und Ursula Stumpf verrät, wie Sie aus ihr beispielweise einen pflegenden Brustbalsam herstellen oder eine Tinktur zubereiten (S. 14.) Helga Ell-Beiser setzt den Frauenmantel in ihrer Praxis erfolgreich gegen Dysmenorrhö ein. Sie erklärt, wie sie dabei vorgeht (S. 22).
Als eine der Frauen, die in Deutschland den Einsatz der Heilpflanzen in der Frauenheilkunde vorangebracht haben, gilt Prof. Dr. Ingrid Gerhard. Sie praktizierte und lehrte 30 Jahre lang an der Universitäts-Frauenklinik in Heidelberg und gründete dort die Ambulanz für Naturheilkunde. Die erste Frau an einer deutschen Universitäts-Frauenklinik! Sebastian Vigl hat mit ihr über ihre Arbeit und ihre positiven Erfahrungen mit Heilpflanzen gesprochen (S. 52).
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen, Zubereiten und Anwenden!
Ihr
Christian Böser
Redakteur Heilpflanzen
Publication History
Article published online:
08 December 2023
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