Schlüsselwörter
Indikation - Ästhetische Chirurgie - Umsatzsteuer
Keywords
Indication - Aesthetic Surgery - Sales tax
Einleitung
Der Begriff der Indikation wird in der Medizin und in der Gesundheitswirtschaft
vielfältig gebraucht. Oft in Verbindung mit „medizinisch“
und/ oder „ärztlich“ wird zumeist der Weg zwischen
Arzt und Patient beschrieben, nach Abwägung aller vorhandenen Informationen
ein gemeinsames Behandlungsziel zu beschreiben und daraus abgeleitete
Maßnahmen zu definieren. Aus heutiger Sicht spielt allerdings noch ein
dritter Faktor eine Rolle: die Gesundheitswirtschaft, hier insbesondere in Form der
Krankenversicherungen (sowohl GKV als auch PKV), aber neuerdings auch in Form der
Finanzverwaltungen [1].
Im Falle lebensbebedrohlicher Erkrankungen sind sowohl Ziele als auch
Maßnahmen zwischen Arzt, Patient und Gesundheitswirtschaft zumeist
unkritisch. Typische klinische Probleme erfordern generell typische Lösungen
[2]. Aber auch hier beginnt sich das Bild
zu wandeln: wenn neue, extrem teure Behandlungsoptionen in Frage kommen, ist auch
die Versicherungswirtschaft/Solidagemeinschaft trotz gesicherter Indikation
nicht mehr uneingeschränkt bereit, jeden Preis zu bezahlen.
Gleichzeitig haben sich Felder ergeben, in denen Versicherungen ohne gesicherte
Indikation und Wirksamkeitsnachweis für bestimmte Verfahren
Behandlungskosten übernehmen: genannt seien z. B.
homöopathische Behandlungen, humangenetische Beratungen oder
Wunschkaiserschnitte.
In der Plastischen Chirurgie zeigt sich das Dilemma, dass trotz in vielen
Fällen aus ärztlicher Sicht gesicherter Indikation weder die
Kostenträger noch Finanzgerichte oder -ämter bereit sind, der
ärztlichen Einschätzung zu folgen und die Indikationsstellung
(zumeist ohne Begründung) ablehnen.
Das kann dazu führen, dass trotz einer ärztlich gesicherten
Indikation Versicherungen die Leistungspflicht ablehnen und Finanzämter die
ärztliche Tätigkeit mit Umsatzsteuer belegen.
Ziel der Arbeit ist es, sowohl das gedankliche Konstrukt der Herleitung einer
Indikation darzustellen, ihre Definition zu erläutern als auch an Beispielen
aus der Plastischen Chirurgie zu illustrieren.
Was ist eine Indikation?
Im Rahmen einer individuellen vertrauensvollen Arzt-Patienten Beziehung sollen
Behandlungsmaßnahmen festgelegt werden. Eine Indikation ist das Ergebnis
eines Abwägungsprozesses des Arztes, der empirische, subjektive und
objektive Parameter mit dem Ziel bewertet, diagnostische und therapeutische
Maßnahmen anzuwenden, um ein Behandlungsziel mit einer bestimmten
Wahrscheinlichkeit zu erreichen [3].
Indikation, Behandlungsplan und –ziel sind eine Einheit, die allerdings
immer an den Patienten angepasst ist.
Nach Anschütz [4] ist die Indikation
nicht mit der eigentlichen Handlung zu verwechseln. Sie muss aktiv gestellt werden,
um bspw. eine Therapie einzuleiten. Dabei spielen heute nicht nur echte medizinische
sondern auch ökonomische Gedanken eine Rolle. Zu nennen sind z. B.
Ergebnisse der evidenzbasierten Medizin (EbM), die sich regelmäßig
ändern können und die Niederschlag in den Leitlinienen der AWMF
finden (Arbeitsgemeinschaft der Medizinischen Fachgesellschaften). Allerdings
müssen diagnostische und therapeutische Maßnahmen eben auch vor dem
wirtschaftlichen Hintergrund geprüft werden. So verlangt das
Sozialgesetzbuch SGB, dass nur solche Maßnahmen vom Solidarsystem der
allgemeinen Krankenversicherungen getragen werden, die das Wirtschaftlichkeitsgebot
in § 12 SGB V erfüllen: Leistungen müssen ausreichend,
notwendig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des
Notwendigen nicht überschreiten.
In der ästhetisch plastischen Chirurgie spielt die Indikation aus
unterschiedlichen Gründen eine Rolle. Zunächst wird die Indikation
vor allem durch das subjektive Erleben des Patienten begründet. Dennoch
– und das ist entscheidend – kann dieses subjektive Erleben vielfach
objektiviert werden [5]. Aus subjektiv
empfundenen Mängeln können objektivierbare Diagnosen entstehen,
für die wiederum nach einem Abwägungsprozess geeignete
Maßnahmen oder Heilbehandlungen definiert werden können.
Um ein Behandlungsziel zu definieren, muss ein zunächst subjektiv und
objektiv behandelnswerter/bedürftiger Zustand vorliegen, der dann
mittels einer Heilbehandlung, die im optimalen Fall zwischen Arzt und Patient
konsentiert ist, therapiert wird.
Wenn ein nur subjektiv behandelnswerter Zustand vorliegt, der medizinisch nicht
objektiviert werden kann, dann kann auch keine Indikation für eine
Heilbehandlung abgeleitet werden. Diese Argumentation wird zumeist von
Kostenträgern und Finanzbehörden angeführt. Dabei muss es
die Medizin berühren, wenn zwei gesellschaftliche Institutionen, in der
Regel ohne profunde ärztliche Kenntnisse oder Beratung, über die
Korrektheit einer Indikation entscheiden.
Sprechen wir bei behandelnswerten Zuständen von Erkrankungen, finden sich
dafür nach Definition der WHO im ICD Katalog kodierbare Entsprechungen. Bei
der Definition des Begriffs Gesundheit durch die WHO heißt es aber, dass
„Gesundheit ein Zustand vollständigen körperlichen,
seelischen und sozialen Wohlbefindens ist und nicht nur das Freisein von Krankheit
oder Gebrechen“. Der aktuelle Gesundheitsbegriff ist also deutlich weiter
gefasst als früher und schließt auch seelisches Wohlbefinden ein,
was in der ästhetisch-plastischen Chirurgie und deren Leistungsspektrum
einen wesentlichen Teil des Behandlungszieles darstellen kann.
Eine Indikation bedeutet zusammengefasst die medizinische und ethische
Begründung eines Eingriffes, der einem therapeutischen Ziel dient. Hierbei
spielt es grundsätzlich keine Rolle, in welcher Disziplin eine Indikation
gestellt wird.
So kann z. B. eine Brustverkleinerung zu Lasten der Versicherungen
abgerechnet werden, wenn Schmerzen und Hautveränderungen eine
Brustverkleinerung als Maßnahme indizieren, um Schmerzfreiheit und intakte
Hautverhältnisse (therapeutisches Ziel) zu erreichen.
Indikation und Krankenkassen
Indikation und Krankenkassen
Nun ist die Antwort auf die Frage entscheidend, ob bei einer subjektiv vorgetragenen
Einschränkung eine objektivierbare Erkrankung im Sinne des ICD vorliegt,
für die eine Indikation zur medizinischen Behandlung abgeleitet werden
kann.
Krankenversicherungen und Sozialgerichte führen regelmäßig
an, dass über die Indikation immer (nur) der behandelnde Arzt entscheidet.
Allerdings wird den Versicherungen das Recht zugestanden, nach erfolgter
Behandlung/ Operation die entsprechende Indikation zu prüfen. Das
Instrument der allgemeinen Kostenübernahmeanträge ist zwar nicht im
SGB vorgesehen, hat sich aber in der praktischen Tätigkeit etabliert und
führt im Routineverfahren zur präoperativen Absicherung aller
Beteiligten. Dabei fällt immer auf, wie sehr die Prüfung der
Indikation von subjektiven Werten, veränderten objektiven Parametern und
finanziellen Zwängen abhängig ist.
Dazu kommen fast willkürlich scheinende Rückgriffe auf einen
gesellschaftlichen Konsens hinsichtlich des Abweichens körperlicher Normen,
der nie diskutiert wurde. Befunde, die noch vor Jahren für einen operativen
Eingriff akzeptiert wurden, gelten heute als „in der Norm liegend“.
Die Verschiebung der Parameter läßt sich gut an der Indikation zur
Mammareduktion illustrieren. Wurde vor einiger Zeit ein prognostiziertes
Resektionsgewicht von ca. 500 g und mehr als ausreichend für die
Kostenübernahme angesehen, werden heute dezidiert und mehrfach nachgewiesene
Beschwerden gefordert und selbst dann findet sich noch häufig das
Prüfergebnis, die Antragstellerin möge „weite Kleidung
tragen und regelmäßig Physiotherapie“ durchführen
lassen.
In der Praxis ist das Recht zur Prüfung der medizinischen Indikation durch
die Kostenträger zu einem Instrument der unilalateralen Direktionskompetenz
geworden. Der Medizinische Dienst und dessen Gutachter bejahen oder verneinen die
vom Arzt gestellte Indikation, so dass den Patienten außer dem
Widerspruchsverfahren oft nur die Klage vor dem Sozialgericht bleibt.
Daraus resultiert eine regional höchste unterschiedliche Genehmigungspraxis,
welche die Widersprüchlichkeit dieses Prozesses zeigt.
Der aktuell in der 10. Auflage vorliegende ICD-Katalog listet alle physischen und
psychischen Krankheiten und Gesundheitsstörungen auf, aus deren Behandlung
sich die Kriterien der heilbehandelnden Tätigkeit sowie des therapeutischen
Ziels ergeben [6]. Über die ICD 10
Kodierung einer Krankheit kann nur der behandelnde Arzt in Kenntnis der Anamnese und
aller Befunde entscheiden.
Für solchermaßen dann definierte Erkrankungen gibt es therapeutische
Maßnahmen. Diese können konservativer oder operativer Natur sein.
Nach §27 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie
notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu
verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Therapie muss nach
§12 SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein.
Zudem ist dabei auch der medizinischen Standard einzuhalten, der sich aus dem
gesicherten Stand der medizinischen Wissenschaft, seiner ärztlichen
Erfahrung und der anerkannten medizinischen Praxis ergibt. Alle so
begründeten Tätigkeiten eines Arztes sind therapeutischen
Maßnahmen und uneingeschränkt Heilbehandlungen im Bereich der
Humanmedizin.
Entscheidend ist das Behandlungsziel [7].
Erfolgt also eine ärztliche Leistung zur Vorbeugung, Diagnostik, Behandlung
oder Heilung einer in diesem Katalog aufgeführten Krankheit, liegt
zwangsläufig dann eine medizinische Indikation für eine
entsprechende Heilbehandlung vor, wenn deren Heilung oder Veränderung das
Behandlungsziel sind. Liegt eine solche Einheit aus Erkrankung, Indikation,
Behandlungsplan und -ziel nicht vor, kann auch nicht von einer indizierten
Heilbehandlung gesprochen werden. Damit könnten z. B. Leistungen
gemeint sein, die dem Bereich „Körperschmuck“ zuzurechnen
sind, wie Piercing, Bleaching, Veneers, Permanent Make Up. Auch Maßnahmen
der Faltenkorrektur wie Unterspritzungen können dazu zählen, wenn
man annimmt, dass Altern per se zunächst keine Krankheit ist. Wenner stellt
in seinem Aufsatz [8] zur Differenzierung
zwischen „notwendig“ und „nicht notwendig“ die
Fragen: „Darf ich das machen?“ und „Braucht der Patient das
jetzt?“
Am Beispiel der aktuellen Diskussion um das Lipödem läßt sich
der dargestellte Konflikt zwischen ärztlich, versicherungswirtschaftlich und
gesundheitspolitisch bestimmter Indikation illustrieren.
Ärztlich unstrittig sind u. a. die lipödemassoziierten
Schmerzen als Indikation für eine Liposuktion als derzeit einzig sinnvolle
chirurgische Maßnahme zur Reduktion der Schmerzen.
Da Schmerzen kaum objektivierbar sind und es keine sonstigen objektivierbaren
diagnostischen Maßnahmen gibt, stellen die Versicherungen die Indikation
immer wieder in Frage. Der Gemeinsame Bundesausschuss G-BA als höchstes
Entscheidungsgremium im Gesundheitswesen nimmt weitere Kriterien hinzu (BMI,
Bewegungshindernisse, frustrane konservative Therapien usw.), um über diese
ersatzweise objektivierbaren Kriterien die Indikation für eine
Liposuktionsbehandlung im Stadium III der Erkrankung nachvollziehbar zu machen.
Offen bleibt dabei, warum dies „nur“ im Stadium III gelten soll.
Dennoch nutzen Sozialgerichte den Spielraum des G-BA Beschlusses von Fall zu Fall
umfassend: so finden sich Einzelfälle, bei denen auch im Stadium II die
Kostenübernahme durch den Kostenträger verfügt wird.
Indikation und Umsatzsteuer
Indikation und Umsatzsteuer
Die Frage der Beurteilung einer Indikation findet sich auch
regelmäßig in der Diskussion um die Besteuerung ärztlicher
Leistungen.
In § 4 Nr. 14 des Umsatzsteuergesetzes hieß es lange, dass die
Tätigkeit eines Arztes von der Umsatzsteuer befreit sei. Aus medizinischer
Sicht sind damit alle heilberuflichen Leistungen gemeint, die ein Patient in
Anspruch nimmt. So waren Heilbehandlungen der Humanmedizin, die im Rahmen der
Ausübung des ärztlichen und arztähnlichen Berufs erbracht
werden, von der Umsatzsteuer befreit. In zahlreichen Veröffentlichungen,
unter anderem der WHO, finden sich dazu Definitionen etwa wie:
„Heilbehandlungen in diesem Sinne sind Tätigkeiten, die zum Zweck
der Diagnose, der Behandlung und soweit möglich der Heilung und Vorbeugung
von Krankheiten oder einer anderen Gesundheitsstörung bei Menschen
vorgenommen werden und damit dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen“
(laut WHO: in physischer, psychischer und sozialer Hinsicht).
Die einheitliche Verwaltungspraxis wurde allerdings durch die Vorstellung der
Finanzbehörden sowie der Rechtsprechung nationaler und EU-weiter
Institutionen, bestimmte Leistungen von Ärzten mit Umsatzsteuer zu belasten,
aufgelöst. So wird steuerrechtlich postuliert, dass Maßnahmen aus
dem ästhetisch plastischen Leistungskatalog – auch wenn sie von
Angehörigen eines Heilberufes durchgeführt wurden – nicht im
Sinne von so genannten Befreiungsnormen (ärztliche Tätigkeit,
Heilbehandlung) zu bewerten sind [9].
Der europäische Gerichtshof, der Bundesfinanzhof sowie
Länderfinanzgerichte orientieren sich bei der Bemessung der
Umsatzsteuerpflicht neben der Maßgabe, dass Tätigkeiten zur
Diagnosebehandlung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen
vorliegen müssen [10], auch an dem
Begriff des therapeutischen Ziels. Daneben wird betont, dass ärztliche
Leistungen dann steuerbefreit sind, wenn diese zum Zwecke der Vorbeugung von
Krankheiten und Gesundheitsstörungen vorgenommen werden. Aus den 2005
geänderten Umsatzsteuerrichtlinien ergibt sich, dass
ästhetisch-plastische Leistungen steuerpflichtig sind, soweit ein
therapeutisches Ziel nicht im Vordergrund steht. Indiz für ein
therapeutisches Ziel kann die Kostenübernahme durch eine
Krankenversicherung auch in ähnlichen Fällen sein [11].
Diese kann allerdings allenfalls hinweisgebend sein. Denn bei den heute
üblichen vollkommen unterschiedlichen Ausgestaltungen von
Versicherungsverträgen bzw. Leistungsumfängen der gesetzlichen und
privaten Krankenversicherungen sowie der Beihilfestellen kann keinesfalls
zwangsläufig der Schluss auf eine Indikation dann gezogen werden, wenn eine
Kostenerstattung seitens der Krankenkasse erfolgt – und umgekehrt. Denn
zunehmend sind Leistungen, die der Diagnose, Linderung und Behandlung von
Krankheiten dienen und entweder vormals selbstverständlich im
Leistungskatalog der Kassen verankert waren oder durch den Fortschritt in der
Medizin zwischenzeitlich dazugekommen sind, heute keine Leistungen der gesetzlichen
Krankenversicherung mehr. Diese finden sich dafür z. B. bei den
„Individuellen Gesundheitsleistungen“ wieder, sind deswegen aber
nicht notwendigerweise weniger medizinisch indiziert (z. B. Messung des
Augeninnendrucks, PSA Bestimmung im Rahmen der Prostatavorsorgeuntersuchung,
Alpha-1-Fetoprotein Bestimmung als Indikator kindlicher Fehlbildungen usw.).
Andererseits gibt es mittlerweile Leistungen, die zumeist von der Leistungspflicht
der Versicherungen umfasst sind, aber bei näherem Hinsehen unter steuer-
(und versicherung-) rechtlichen Aspekten „indikationslos“ sind,
z. B. Organentnahmen bei Lebenden, Wunschkaiserschnitte oder
homöopathische Ansätze.
Diese systemimmanenten Brüche in der Argumentationslogik werden kaum
diskutiert, denn welche Krankenversicherung möchte einer Patientin den
„Wunschkaiserschnitt“ oder ihren Versicherten homöopathische
Behandlungen verweigern?
Neben den Begriffen therapeutisches Ziel und Heilbehandlung bleibt auch auch die WHO
Definition von Gesundheit bedeutsam. Denn bei allen fachfremden Erwägungen
wird regelmäßig ausgeblendet, dass Gesundheit danach nicht nur das
Freisein von Krankheit oder Gebrechen meint, sondern als Zustand
vollständigen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens zu
beschreiben ist [12].
Es ist bedenklich, wenn die Einnahmesituation der Versicherungen über die
Gesundheitsdefinition der WHO gestellt wird, auf die sich in vielen anderen
Fällen berufen wird. Es muss der Eindruck entstehen, dass hier mit dem
Konstrukt der „situativen Indikation“ gearbeitet wird.
Für steuerliche Fragestellungen sollte daher aus medizinischer Sicht eine
Indikation immer umfassend begründet und dokumentiert werden. Hilfreich ist
dabei folgende Checkliste zu therapeutischem Ziel, Heilbehandlung, medizinischer
Indikation:
-
Nachweis der medizinischen Indikation über ICD 10 Kodierung,
rechtskonforme Verschlüsselung anhand des derzeit gültigen
Kataloges
-
Anlehnung an die WHO-Klassifikation von Krankheit und Gesundheit
-
nachvollziehbare Dokumentation (mit daraus resultierender Rechnungsstellung
nach GOÄ)
-
Überweisungsschein, dokumentierte Zweitmeinung
Fazit
Der Begriff der Indikation führt je nach Blickwinkel – medizinisch,
versicherungsrechtlich, steuerrechtlich – zu ganz unterschiedlichen
Bewertungen der Notwendigkeiten einer ärztlichen Heilbehandlung. Dies
schafft einen Status der Unsicherheit, der häufig durch anscheindend
willkürliche Veränderungen der Entscheidungsgrundlagen seitens der
Kostenträger oder der Finanzbehörden verkompliziert wird.
Die Mammareduktion zeigt diese Komplexizität auf. Ohne Konsens mit den
Leistungserbringern wurden die Parameter zur Kostenerstattung seitens der
Kostenträger nach unten korrigiert, sodass trotz aller richtigen
Maßnahmen sogar Steuerverfahren drohen können.
Im nächsten Schritt wäre deshalb ein Konsens zwischen
Kostenträgern und Fachgesellschaften analog zum Katalog ambulanter
Leistungen anzustreben. Ausgehend vom Inhalt des § 52 SGB V
(Leistungsbeschränkung bei Selbstverschulden) könnten die darin
enthaltenen Sachverhalte erweitert, gleichzeitig aber auch präziser
definiert werden. Das würde zu einer erheblichen Steigerung der
Vereinheitlichung und Rechtssicherheit, im Übrigen auch für
Patienten führen.
Ein solcher Konsens (Positiv-Negativ Liste) würde zudem zur
Entkriminalisierung beitragen, indem mehrwertsteuerpflichtige klarer von
mehrwertsteuerfreien Leistungen getrennt werden könnten.