Phlebologie 2022; 51(05): 224
DOI: 10.1055/a-1919-9647
Literatur weltweit

Postthrombotisches Syndrom nach TVT und Behandlung mit direkten oralen Antikoagulanzien

Authors

    Contributor(s):
  • Benedikt Lampl

Spiezia L. et al.
Risk Factors for Post-Thrombotic Syndrome in Patients With a First Proximal DeepVenous Thrombosis Treated With Direct Oral Anticoagulants.

Angiology 2022;
73: 649-654
DOI: 10.1177/00033197211070889
 

Das postthrombotische Syndrom (PTS) ist eine behindernde Langzeitkomplikation der tiefen Venenthrombose (TVT), die zwischen 6 Monaten und 2 Jahren nach einer ersten TVT-Episode auftritt; die Inzidenz beträgt schätzungsweise 20–50%. Viele Studien konnten mehrere Risikofaktoren für PTS identifizieren, wie Adipositas, Varikosis, eine proximale TVT, ein Rezidiv einer ipsilateralen TVT, subtherapeutische Antikoagulation oder persistente Venenthrombose. Die Inzidenz des PTS bei Patient*innen mit TVT, die mit direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) behandelt werden, ist bislang umstritten.


Die Autor*innen um Spezia aus Padua, Italien, untersuchten in ihrer prospektiven Kohortenstudie Patient*innen mit einer ersten Episode einer proximalen TVT, die mit DOAK behandelt wurden, um die Inzidenz und Risikofaktoren für PTS zu ermitteln. Zu diesem Zweck wurden alle aufeinanderfolgenden Patient*innen, die zwischen Januar 2014 und Januar 2018 wegen einer ersten Episode einer proximalen TVT an die Abteilung für thrombotische und hämorrhagische Erkrankungen des Universitätsklinikums Padua überwiesen wurden, für die Rekrutierung in Betracht gezogen. Die Teilnehmer*innen erhielten DOAK für einen Mindestzeitraum von 3 Monaten. Das PTS wurde anhand des Villalta-Scores bis zu 36 Monate nach der Diagnose einer TVT beurteilt.

Ergebnisse

769 Patient*innen wurden eingeschlossen (männlich/weiblich 353/416, Alter 26–87 Jahre). 485 Patient*innen (63%) wurden für die vollen 36 Monate nachbeobachtet. Rivaroxaban war das am häufigsten verschriebene Antikoagulans (68 Patient*innen, 44,7%) unter den Patient*innen mit PTS; 130 Patient*innen (85,5 %) erhielten eine Antikoagulanzienbehandlung für >3 Monate. Die kumulativen 3-Jahres-Inzidenzen von leichtem, mittelschwerem und schwerem PTS betrugen 67 (8,7%), 55 (7,2%) und 30 (3,9%). Die adjustierte Hazard Ratio war signifikant erhöht für Adipositas (1,64; 95%-KI 1,28–2,39) und Lokalisation der TVT (Femoral- und/oder Beckenvenen vs. Poplitealvene; 1,23; 95%-KI 1,15–3,00).

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Risiko eines PTS bei Patient*innen mit proximaler TVT trotz der Verwendung von DOAK nicht vernachlässigbar ist. Adipositas und proximale Lokalisation von Thrombosen waren signifikant mit der Entwicklung von PTS assoziiert. Bisher veröffentlichte Studien zeigen keine einheitlich schlüssigen Ergebnisse, daher sind weitere Studien erforderlich, um Häufigkeit und Risikofaktoren eines PTS sowie den optimalen Therapieansatz zu ermitteln. Den Autor*innen zufolge ist ihre Studie u.a. dadurch limitiert, dass die mögliche Rolle anderer bekannter Risikofaktoren für die Entwicklung von PTS nicht beurteilt werden konnte. Die Compliance beim Tragen von Kompressionsstrümpfen und die Adhärenz an die DOAK-Therapie konnten nicht bewertet werden. Letzteren Punkt sehen die Autor*innen kritisch, da selbst kurze Perioden der Nichteinhaltung angesichts der kurzen Halbwertszeit von DOAK zu einer subtherapeutischen Antikoagulation führen können.


MOR Dr. med. Benedikt Lampl, Regensburg



Publication History

Article published online:
17 October 2022

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