Hach W.
Die Medizin in meiner Zeit.
Frankfurt am Main: Chimaira; 2021. 29,80 €
ISBN: 978-3-899-73177-4
Im Herbst 2021 bat mich Prof. Hach um die Rezension seiner Autobiografie. Eine unvorstellbare
Auszeichnung für mich persönlich – verbunden mit der Bürde, einem so großen Mann gerecht
zu werden…
Wolfgang Hach schreibt über sein gesamtes Leben, nicht nur das wissenschaftliche oder
berufliche. Das Buch beginnt mit vielen Einblicken in seine Kindheit und Jugend in
erfrischender Offenheit, ohne die schweren Zeiten zu beschönigen oder das Gefühl zu
übermitteln, Mitleid zu erwarten. Streiche, Freuden und Unwägbarkeiten der damaligen
Zeit. Die Schwere der Armut, der vielen, vielen Arbeit, die sich unsere heutigen nach
dem Wirtschaftswunder geborenen Menschen (mich eingeschlossen) gar nicht mehr vorstellen
können. Aber auch die unvermeidliche, herrliche Nähe zu so vielen Menschen, auf die
man angewiesen war, viel mehr als heute. Immer vermischt mit überraschenden Einsichten
in historische Anekdoten.
Großmutter Martha Hach verkaufte seit 1900 Kräuter auf dem Markt und gab die Kräuterkunde
und das Wissen um die „Volksmedizin“ an ihre Tochter weiter – von ihr lernte „der
Knabe“ Wolfgang schon sehr viel Medizin. Großmutter Schade (mütterlicherseits) legte
womöglich mit den täglich zu behandelnden Beingeschwüren, die gar nicht so sehr anders
behandelt wurden als heute noch so oft (waschen, tupfen, Fettgaze, selbst wickeln…),
auch einen kleinen Samen in „Klein-Wolfgangs“ Herz. Diese Großmutter, die 11 Kindern
das Leben geschenkt hatte, aber nur 3 aufwachsen sah… Diese Einblicke erfolgen liebevoll,
ohne Allüren, ohne Dramatik, einfach, weil es so war. Auch enthält das Narrativ dem/der
Leser*in die viele Zusatzarbeit, um die Familie in den schweren Jahren rund um den
Krieg finanziell zu unterstützen, nicht vor.
Es folgt die detaillierte und aus heutiger Sicht unvorstellbare Beschreibung des beruflichen
Lebenswegs. Heute ist Prof. Hach eine Eminenz – kaum vorstellbar die deutsche Phlebologie
ohne… „Hach!“. Der harte, harte Weg, die Enttäuschungen, der Krebsgang (vor und zurück),
die dahinter liegen, würden heute mehrere Berufswege füllen. Seine Lebensstationen
werden ergänzt durch Einblicke in Krankenakten, durch die man viel über die jeweils
zeitgemäße Betrachtungsweise lernt. Seine Vernetzung in Berlin während der Studienzeit
und der ersten Ausbildungsjahre, die gegenseitige sehr menschliche Hilfe unter gestrengem
Reglement, die Lektüre versetzt den/die Leser*in in Szenen der „Charité“. Geschichten
von seiner Flucht nach Westen mit komplettem Neuanfang des „Networkings“, von seiner
ersten Anstellung in Pirmasens, den Schwierigkeiten, die auch eine so berühmte und
verdiente Person wie Prof. Hach dabei hatte, eine Folgeanstellung zu finden, und wie
das Glück sowie treue Verbindungen zu guten Menschen und die Fügungen des Schicksals
geholfen haben.
Berührend ist die namentliche Erwähnung so vieler Weggenoss*innen, deren harte Arbeit,
Unterstützung und Verdienste Wolfgang Hach eindrucksvoll ehrt. Seine Dankbarkeit den
Kolleg*innen, seiner Familie und dem „Glück“ gegenüber, das er auf seiner Seite spürt.
Die vielen ersonnenen Operationsmethoden, die physiologischen Erkenntnisse, die Herleitung
derselben, die Gespräche mit vielen Kolleg*innen, die Rückschläge auf Kongressen,
die Missachtung und Desavouierung seiner Entdeckungen, der lange beharrliche Weg bis
zum Beweis und zum Vorantreiben des „state oft the art“, den Prof. Hach wie wenige
in der Phlebologie „in seiner Zeit“ beeinflusst hat, können ein Lehrbuch der Phlebologie
fast ersetzen.
Sehr liebevoll beschreibt er „Berlin-Weißensee“ als seine erste medizinische Familie,
und schließt am Ende des Buches mit der Erinnerung an die Niederlegung seiner Arbeit
in der Praxis in Frankfurt als seine letzte medizinische Familie.
Wer denkt, jede gute Idee, die man hat, führt sofort zur Anerkennung, muss dieses
Buch lesen. Wer denkt, Sterne am Himmel der Phlebologie wie „Professor Hach“ wurden
als Stern geboren, umso dringlicher. „Per aspera ad astra“ wird in diesem Buch mit
Leben gefüllt.
Professor Hach beendet seine Auftritte in der Öffentlichkeit mit einem Buch über sein
Leben, das er mithilfe seiner Frau Helga verfasst hat. „Die Arbeit ist getan“ sind
die letzten Worte unter dem Foto des Ehepaares auf der letzten Seite des Buches.
Lieber Herr Professor Hach, liebe Frau Hach – es ist viel, viel Arbeit getan. Unvorstellbar
viel und gute Arbeit. Die höchste Leistung in meinen Augen ist aber die Bewahrung
der Offenheit, des Willens, Wissen weiterzugeben und der Bescheidenheit nach all den
Erfolgen. Dafür werde ich Sie persönlich immer besonders bewundern.
Dr. Erika Mendoza, Wunstorf