MRT-gesteuerter fokussierter Ultraschall zur Behandlung von Tremor-Erkrankungen
Unkontrollierbares, sich chronisch verstärkendes Zittern – medizinisch als Tremor
bezeichnet – ist eines der häufigsten neurologischen Symptome. Die häufigste Form
ist der Essenzielle Tremor, der beide Körperhälften betrifft und sich als Aktionstremor
äußert: Strecken Erkrankte etwa die Arme nach vorne aus, können die Fingerspitzen
um bis zu mehreren Zentimetern hin- und herschlagen. „Der Essenzielle Tremor kann
bei Halte- und Zielaufgaben für die Patient*innen sehr beeinträchtigend sein“, sagte
Dr. med. Steffen Paschen, Oberarzt an der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum
Schleswig-Holstein, Campus Kiel, bei der Pressekonferenz. Auch wenn die Erkrankung
sich in einer verstärkten Ausprägung häufig erst bei älteren Menschen vollständig
zeigt, machen sich die ersten Symptome bereits in deutlich jüngeren Jahren bemerkbar
– und stark Betroffene können unter einer eingeschränkten Lebensqualität, bis hin
zur Berufsunfähigkeit leiden.
An erster Stelle steht die medikamentöse Therapie. Sollte diese keinen ausreichenden
Effekt erbringen und/oder mit störenden Nebenwirkungen assoziiert sein, können invasive
Verfahren erwogen werden. Neben dem fokussierten Ultraschall steht die Tiefe Hirnstimulation
(THS) als operatives Verfahren zu Verfügung. Hierbei werden über Elektroden in der
Tiefe des Gehirns in definierten Zielregionen Stromimpulse abgegeben, um das Zittern
zu unterdrücken. Für diesen Eingriff muss der Schädel mittels kleiner Bohrlöcher geöffnet
werden, was mit einem geringen Blutungs- und Infektionsrisiko verbunden ist.
„Mit dem Magnetresonanz-gesteuerten fokussierten Ultraschall steht eine schonendere
Therapieoption zur Verfügung“, sagte Paschen. Die Auswahl des Verfahrens und die Behandlung
erfolgen interdisziplinär im neurochirurgisch-neurologischen Team unter Berücksichtigung
individueller Patientencharakteristika. Bei der Behandlung wird den Betroffenen eine
Art Helm mit 1024 Ultraschallquellen auf den Kopf gesetzt. Im Zielgebiet des Gehirns
– einem Knotenpunkt bei Zittererkrankungen – werden die aus allen Richtungen eintreffenden
Ultraschallwellen in Wärme umgewandelt und veröden das dort liegende Gewebe. Das hat
zahlreiche Vorteile: „Der Schädel bleibt intakt und auch umliegendes Gewebe und Blutgefäße
werden nicht in Mitleidenschaft gezogen“, betonte Paschen. Allerdings sei auch dieser
Eingriff mit möglichen Nebenwirkungen verbunden: Zu den wichtigsten zählen eine mögliche
Gangstörung, Gefühlsstörungen oder eine verwaschene Sprache. „Diese sind jedoch meist
nur mild und bilden sich in den Monaten nach der Behandlung zurück.“ Der Therapieeffekt
jedoch – eine Abnahme des Tremors auf der behandelten Seite um 80 bis 90 Prozent –
bleibe bisherigen Daten zufolge auch 5 Jahre nach dem Eingriff noch bestehen.
Erhöhter Hirndruck: Wie kann der Ultraschall dem Arzt und dem Patienten helfen?
Kommt es im Gehirn durch eine Verletzung von außen zu einer Blutung, wird gesundes
Hirngewebe verdrängt und der Hirndruck erhöht sich; einen ähnlichen Effekt können
Schlaganfälle oder Tumoren auslösen. Da das gesunde Gewebe aufgrund der knöchernen
Schädeldecke nicht ausweichen kann, wird es ab einem bestimmten Hirndruck geschädigt.
Wird dieser lebensgefährliche Zustand nicht schnell genug diagnostiziert, stirbt der
Betroffene. „Daher ist es von enormer Bedeutung, einen erhöhten Hirndruck frühzeitig
zu erkennen und bei kritischen Werten zu behandeln. Das kann bis hin zu einer sogenannten
Hemikraniektomie führen, bei der ein Teil der Schädeldecke entfernt wird, um die Hirnschwellung
zu entlasten“, erklärte PD Dr. med. Michael Ertl, Geschäftsführender Oberarzt an der
Klinik für Neurologie und klinische Neurophysiologie am Universitätsklinikum Augsburg
und stellvertretender Leiter der DEGUM-Sektion Neurologie. Um in solchen Fällen rechtzeitig
handeln zu können, sei eine frühzeitige Diagnose entscheidend.
Zur indirekten Messung des Hirndrucks können die Computer- oder Magnetresonanztomografie
zum Einsatz kommen. Mit diesen Verfahren kann jedoch nur die Ursache des Drucks aufgedeckt
werden – eine Messung des Hirndrucks selbst ist nur mit invasiven Drucksonden möglich.
Ertl empfiehlt in solchen Fällen, ergänzend zu anderen bereits genannten Methoden,
die nichtinvasive Abschätzung des Hirndrucks mittels Ultraschall: „Das Verfahren ist
besonders gesundheitsschonend, direkt am Bett des Patienten durchführbar und außerdem
viel kostengünstiger als andere Verfahren. Zudem besteht dadurch – im Vergleich zu
invasiven Verfahren – keine Infektionsgefahr“, so der DEGUM-Experte. „Die Messung
des Hirndrucks mittels Sonografie ist auch zur Verlaufskontrolle ideal geeignet.“
Sowohl der transkranielle Ultraschall als auch die Optikus-Nervenscheidensonografie
sind hier empfehlenswert.
Die transkranielle Sonografie ist ein modernes Verfahren: „Generell ist die Schädeldecke
gut gegen Ultraschallwellen abgeschirmt, doch über ein kleines Knochenfenster ist
eine Untersuchung meist möglich“, erläuterte der DEGUM-Experte. „Von hier aus dringt
die transkranielle Sonografie in die Tiefen des Gehirns und kann dort über bestimmte
Messungen im B-Bild und im Farbduplex Hinweise auf einen erhöhten Hirndruck finden.“
Die Optikus-Nervenscheidensonografie – die Ultraschalluntersuchung des Sehnervs (Nervus
opticus) – ist ein weiteres empfehlenswertes nichtinvasives Verfahren. „Wie das Gehirn,
so ist auch der Sehnerv von einer Flüssigkeit, dem Liquor, umgeben. Bei einem erhöhten
Hirndruck weicht die Flüssigkeit in Richtung Sehnerv aus“, so Ertl. „Dann dehnt sich
der Liquorraum um den Sehnerv, die sogenannte Sehnervenscheide, aus. Die Sehnervenscheide
stellt somit ein „Fenster“ zu den Druckverhältnissen im Schädel dar. Bei erhöhtem
Hirndruck nimmt also auch die Sehnervenscheide zu.“ Auch diese Untersuchung ist sehr
unkompliziert durchführbar, in erfahrenen Händen ungefährlich und kann problemlos
mehrfach angewendet werden: „Der Schallkopf wird dabei auf das geschlossene Auge des
Patienten seitlich aufgesetzt. Bei einer Druckentlastung oder einem Anstieg werden
Veränderungen rasch sichtbar, sodass sich das Verfahren ebenfalls sehr gut für Verlaufskontrollen
eignet“, erläuterte der DEGUM-Experte.
Blick ins Gehirn von Früh- und Neugeborenen: Hirnblutungen und Ventrikelerweiterungen
besonders schonend und sicher entdecken
Mithilfe der Sonografie können alle anatomischen Strukturen innerhalb des Schädels
von Früh- und Neugeborenen sowie von älteren Säuglingen besonders exakt und gesundheitsschonend
– also völlig ohne Strahlenbelastung – dargestellt werden. Ein weiterer Vorteil der
Sonografie ist, dass das Baby hierfür nicht sediert werden und keine Narkose bekommen
muss – was bei anderen bildgebenden Verfahren der Fall ist. „Alle intrakraniellen
anatomischen Strukturen können ohne Strahlenbelastung und ohne Sedierung in einer
Qualität dargestellt werden, die der Kernspintomografie nicht nachsteht“, erklärte
der DEGUM-Experte Professor Dr. med. Karl-Heinz Deeg, ehemals Chefarzt der Klinik
für Kinder und Jugendliche am Klinikum Bamberg. Aus diesem Grund sei die Ultraschalluntersuchung
des Gehirns beim Frühgeborenen, Neugeborenen und Säugling das bildgebende Verfahren
der Wahl, das vollkommen nebenwirkungsfrei angewendet werden kann. Im 2-dimensionalen
Schnittbild könne die gesamte pathologische Anatomie dargestellt werden. Mit der Dopplersonografie
kann zudem die Blutströmung in allen größeren Arterien und Venen gemessen werden.
„Extrem unreife Frühgeborene, die vor der 28. Schwangerschaftswoche mit einem Geburtsgewicht
von unter 1000 Gramm geboren werden, erleiden oft eine Hirnblutung, die sonografisch
im Inkubator sicher diagnostiziert werden kann“, so Deeg. Als Folge der Blutung kann
es zu einer schweren Ventrikelerweiterung kommen, deren Schweregrad und Progredienz
sonografisch sicher erkannt werden könne, sodass rechtzeitig eine Nervenwasser-ableitende
Drainage eingelegt werden könne. Bei Neugeborenen können Hirnfehlbildungen sicher
diagnostiziert werden. Weitere wichtige Indikationen sind Ultraschalluntersuchungen
des Gehirns bei Hirnhautentzündungen, Schädelhirntraumen mit nachfolgender Hirnblutung,
Hirnverletzungen nach einem Schütteltrauma sowie die Diagnose von Hirntumoren. „Mit
der Dopplersonografie können neonatale Schlaganfälle sowie Neugeborene, die ein erhöhtes
Risiko haben, am plötzlichen Kindstod zu versterben, identifiziert werden“, so Deeg
abschließend.