Aktuelle Rheumatologie 2022; 47(05): 384-385
DOI: 10.1055/a-1859-7973
Für Sie Notiert

Gonarthrose: Übungsprogramm nicht wirksamer als Kochsalzinjektionen

Bandak E. et al.
Exercise and education versus saline injections for knee osteoarthritis: a randomised controlled equivalence trial.

Ann Rheum Dis 2022;
81 (04) 537-543
DOI: 10.1136/annrheumdis-2021-221129.
 

Patientinnen und Patienten mit einer symptomatischen Kniegelenkarthrose wird üblicherweise zunächst eine Übungsbehandlung empfohlen, verbunden mit einer entsprechenden Aufklärung und Beratung. Eine dänische randomisierte kontrollierte Aquivalenzstudie verglich diese Therapiemaßnahme nun im Hinblick auf die Schmerzbelastung sowie das funktionelle Ergebnis mit einer Placebo-Intervention, nämlich intraartikulären Kochsalzinjektionen.


#

An der Untersuchung nahmen 206 Personen im Alter von mindestens 50 Jahren teil, die an einer radiologisch bestätigten (Kellgren-Lawrence-Grad≥2) symptomatischen tibiofemoralen Arthrose litten. Eine vorangegangene Übungstherapie sowie intraartikuläre Injektionsbehandlungen stellten Ausschlusskriterien dar. Gemäß Randomisierung absolvierten 102 Männer und Frauen ein achtwöchiges strukturiertes Programm (GLAD: Good Life with osteoArthritis in Denmark), das außer einer Informationsvermittlung und Beratung zum Thema Kniegelenkarthrose, den Therapiemöglichkeiten und dem Selbstmanagement ein physiotherapeutisch angeleitetes neuromuskuläres Übungsprogramm umfasste. Die 104 Patientinnen und Patienten der Kontrollgruppe erhielten dagegen innerhalb von 8 Wochen 4 intraartikuläre Injektionen mit Kochsalzlösung. Als primären Studienendpunkt definierten die Forschenden die mithilfe des KOOS (Knee injury and Osteoarthritis Outcome Score)-Fragebogens objektivierte Schmerzbelastung in Woche 9. Die KOOS-Punktwerte variieren zwischen 0 (am schlechtesten) und 100 (am besten), erläutern sie. Weiterhin analysierte die Arbeitsgruppe die KOOS-Subskalen „Funktion“ und „Lebensqualität“, erfasste Nebenwirkungen der Interventionen und befragte die Studienteilnehmenden zu ihrer allgemeinen Krankheitsbelastung.

Ergebnisse

Die Probandinnen und Probanden – 54% Männer – waren im Schnitt 68,4 Jahre alt und hatten einen durchschnittlichen Bodymassindex von 27,3 kg/m2. Nach 9 Wochen hatte sich in der Übungsgruppe der KOOS-Punktwert durchschnittlich um 10,0 und in der Placebogruppe um 7,3 verändert. Dieser Unterschied war statistisch nicht signifikant bzw. stellten die Forschenden per Definition eine Gleichwertigkeit der beiden Studieninterventionen fest. Auch im Hinblick auf die sekundären Schlüsselendpunkte erwiesen sich beide Behandlungen als gleichwertig. Bezüglich der Häufigkeit und Schwere von unerwünschten Ereignissen unterschieden sich die beiden Studienarme ebenfalls nicht wesentlich. Die Ergebnisse der primären und sekundären Studienendpunkte blieben bis Woche 12 stabil und Sensitivitätsanalysen änderten am Ergebnismuster nichts.

Fazit

Patientinnen und Patienten mit einer Gonarthrose, so das Fazit der Forschenden, profitieren im Hinblick auf die Schmerzbelastung sowie die funktionellen Einschränkungen gleichermaßen von einem achtwöchigen Aufklärungs-/Schulungsprogramm und von mehrfachen Kochsalzinjektionen. Diese Ergebnisse werfen verschiedene Fragen auf, beispielsweise nach dem Wirkmechanismus der Interventionen. Ferner sei die verbreitete Empfehlung von Schulungs- und Übungsbehandlungen kritisch zu hinterfragen, meinen sie.

Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


#
#

Publication History

Article published online:
04 October 2022

© 2022. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany