Aktuelle Rheumatologie 2022; 47(05): 377-380
DOI: 10.1055/a-1859-6494
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Systemischer Lupus erythematodes: Immunantwort auf die COVID-19-Impfung

Moyon Q. et al.
BNT162b2 vaccine-induced humoral and cellular responses against SARS-CoV-2 variants in systemic lupus erythematosus.

Ann Rheum Dis 2022;
81: 575-583
DOI: 10.1136/annrheumdis-2021-221097.
 

Erleiden Patientinnen und Patienten mit einem systemischen Lupus erythematodes (SLE) nach einer Impfung gegen SARS-CoV-2 gehäuft Erkrankungsschübe? Welche humorale und zelluläre Immunantwort ruft die Impfung bei ihnen hervor? Und welche Faktoren beeinträchtigen möglicherweise das Ansprechen der Betroffenen auf die Vakzine? Diesen und anderen Fragen ging ein französisches Forscherteam im Rahmen einer prospektiven Studie nach.


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An der Studie nahmen 126 Personen mit einem SLE teil. Alle erhielten im Abstand von 21 bis 28 Tagen 2 Dosen der mRNA-Vakzine BNT162b2 (Pfizer/Biontech) und absolvierten vor Beginn der Impfserie sowie an Tag 7 bis 14, an Tag 21 bis 28 sowie an Tag 42 verschiedene Untersuchungen. Diese umfassten unter anderem die Dokumentation unerwünschter Ereignisse, die Bestimmung der klinischen SLE-Aktivität bzw. von Erkrankungsschüben mithilfe des SLEDAI (SLE Disease Activity Index) und des BILAG (British Isles Lupus Assessment Group)-Score, die Veränderung der serologischen Krankheitsaktivität, die Messung der Antikörperantwort gegen das Spikeantigen, die Bestimmung der neutralisierenden Kapazität der Antikörper gegen den historischen Virusstamm bzw. gegen besorgniserregende Virusvarianten sowie die Quantifizierung der B-, T- und natürlichen Killerzellen. Die SARS-CoV-2-spezifische T-Zellantwort prüften die Forschenden mithilfe eines Interferon-Gamma-Release-Assay.

Ergebnisse

Die Patientinnen und Patienten vertrugen die BNT162b2-Vakzine insgesamt gut. Schwere unerwünschte Ereignisse beobachteten die Forschenden im Studienkollektiv nicht. Weder bei den Personen mit einem aktiven noch bei den Personen mit einem inaktiven SLE bei Studieneinschluss traten während der Beobachtungsphase signifikante Veränderungen des SLEDAI- oder des BILAG-Scores auf. Im Hinblick auf die Immunogenität der BNT162b2-Vakzine zeigte sich: Die Behandlung mit Mycophenolat-Mofetil bzw. mit Methotrexat korrelierte mit einer signifikant schlechteren Antikörperantwort gegen das Spikeantigen. Ein hoher Serum-IgG-Spiegel bei Studieneinschluss sowie ein hoher Anteil naiver B-Zellen gingen dagegen mit einer stärkeren Antikörperantwort einher. Ein Zusammenhang zwischen der Gesamt-Lymphozytenzahl oder der SLE-Aktivität und der humoralen Immunantwort bestand dagegen nicht. Die Behandlung mit Mycophenolat-Mofetil bzw. mit Methotrexat beeinflusste die virusneutralisierende Kapazität der Antikörper gegen das Spikeprotein negativ, fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler heraus. Gleiches galt für niedrige Zahlen naiver B-Zellen. Die neutralisierende Kapazität der durch die Impfung induzierten IgG-Antikörper erstreckte sich allerdings auch auf weitere Virusvarianten. Sie nahm gegenüber besorgniserregenden Varianten mit einer E484K-Mutation der rezeptorbindenden Domäne zwar ab, war aber insgesamt bei der Mehrzahl der Patientinnen und Patienten nachweisbar. Abschließend beleuchtete die Arbeitsgruppe die SARS-CoV-2-spezifische T-Zellantwort nach der zweiten Impfdosis. Hier zeigte sich: 57% der Personen mit neutralisierenden Antikörpertitern aber nur 10% der Personen mit nicht neutralisierenden Antikörpertitern entwickelten eine T-Zellantwort. Die Stärke der neutralisierenden Antikörperantwort korrelierte dabei mit der Interferon-Gamma-Produktion der SARS-CoV-2-spezifischen T-Zellen.

Fazit

Die BNT162b2-Vakzine löst keine SLE-Schübe aus, so die Forschenden. Wie gut die Betroffenen auf die Impfung ansprechen, hängt offenbar unter anderem von ihrem B-Zellstatus sowie der immunsuppressiven Therapie ab, schlussfolgern sie. Anhand dieser Parameter können vermutlich diejenigen Personen identifiziert werden, die von einer Antikörperkontrolle bzw. einer dritten Impfdosis profitieren. Eine humorale Impfantwort scheint, wenn auch reduziert, vor besorgniserregenden Virusvarianten zu schützen.

Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


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Publication History

Article published online:
04 October 2022

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