Arthritis und Rheuma 2022; 42(04): 267-268
DOI: 10.1055/a-1845-5473
Kinderrheumatologie kompakt

Tofacitinib zur Therapie der juvenilen idiopathischen Arthritis – Ergebnisse der Phase-III-Studie

Frank Weller-Heinemann
1   Bremen
› Author Affiliations
 

Ruperto N, Brunner HI et al. Paediatric Rheumatology International Trials Organisation (PRINTO) and Pediatric Rheumatology Collaborative Study Group (PRCSG). Tofacitinib in juvenile idiopathic arthritis: a double-blind, placebo-controlled, withdrawal phase 3 randomised trial. Lancet 2021; 398(10315): 1984–1996. doi: 10.1016/S0140-6736(21)01255-1. Epub 2021 Nov 9. PMID: 34767764.

Tofacitinib ist ein oral zu verabreichender Januskinase-Inhibitor, der jetzt erstmalig in der Therapie der juvenilen idiopathischen Arthritis untersucht wurde.

Dank der hervorragenden Verbesserungen der Therapiemöglichkeiten der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) in den letzten 20 Jahren erreichen in prospektiven Beobachtungsstudien bis zu 50 % der Patienten eine anhaltende Remission. Die Studien zeigen aber auch, dass bei ca. ⅓ der Patienten weiterhin hohe bis moderate Krankheitsaktivität fortbesteht. Die Ergebnisse der Kerndokumentation bestätigen ähnliche Zahlen auch hierzulande. Mit den Januskinase-Inhibitoren (JAKi) steht jetzt ein neues Therapieprinzip der Multizytokin-Blockade zur Verfügung. Die Ergebnisse der oben genannten Studie führten zur Zulassung von Tofacitinib bei polyartikulärer JIA im August 2021.

Die 2-teilige, randomisierte, doppelblinde, Placebo-kontrollierte Withdrawal-Studie wurde multizentrisch in 14 Ländern durchgeführt. Die eingeschlossenen Patienten, zwischen 2 und 18 Jahren alt, litten an einer aktiven seropositiven (n = 39) oder seronegativen (n = 104) Polyarthritis bzw. an einer extended Oligoarthritis (n = 28) oder polyartikulär verlaufenden systemischen JIA (ohne systemische Krankheitszeichen) (n = 13); aktive Erkrankung wurde hierbei definiert als mindestens 5 aktive Gelenke. Voraussetzung war das fehlende Ansprechen auf mindestens ein DMARD (Disease-modifying antirheumatic Drug), sei es MTX, sei es ein Biologikum. Auch Patienten mit Psoriasisarthritis (PsA; n = 20) und Enthesitis-assoziierter Arthritis (EaA; n = 21) konnten eingeschlossen werden, wenn mindestens 3 aktive Gelenke vorlagen sowie eine unzureichende Therapie Antwort auf NSAR (nichtsteroidales Antirheumatikum). Patienten mit Uveitis innerhalb der vorherigen 3 Monate wurden ausgeschlossen. Die Kinder waren im Median 8 Jahre alt, die Krankheitsdauer betrug im Median 2,5 Jahre.

Im ersten 18-wöchigen Teil erhielten alle Patienten täglich eine gewichtsadaptierte Dosis von Tofacitinib; die Patienten, die mindestens ein ACR30-Ansprechen zeigten, erhielten nach 1:1-Randomisierung doppelblind über weitere 44 Wochen täglich Verum oder Placebo. Primärer Endpunkt war die Schubrate zu Woche 44. Kinder von 10 bis 15 kg Körpergewicht erhielten 2-mal täglich 3 mg; Kinder mit 15 bis 25 kg erhielten 2-mal 3,5 mg täglich; Kinder von 25 bis 40 kg 2-mal 4 mg; ab 40 kg Körpergewicht wurden 2-mal 5 mg als Tablette verabreicht. Eine orale zu applizierende Lösung mit 1 mg/ml Konzentration stand zur Verfügung.

Die Krankheitsaktivität wurde wie üblich mit dem JADAS-27 (Juvenile Arthritis Disease Activity Score) bestimmt. Die Krankheitsaktivität lag bei allen Patienten im Median bei einem JADAS von 20,1; Werte über 8,5 gelten als hochaktive Polyarthritis. Dabei waren im Median 10 Gelenke aktiv erkrankt. 65 % (n = 147) der Patienten erhielten MTX als Begleitmedikation.

In der 1. Phase der Studie erreichten 92,2 % einen ACR30-Response, 61 % gar einen ACR70-Response. Von den 184 Patienten mit polyartikulär verlaufender JIA (die Patienten mit PsA und EaA wurden hier ausgenommen) wurden 77 % (n = 142) für Teil 2 randomisiert, 72 für Tofacitinib, 70 für Placebo. Unter Tofacitinib traten im Teil 2 signifikant seltener Krankheitsschübe auf als unter Placebo (39,2 versus 52,9 %, p = 0,0031). Der primäre Endpunkt war damit erreicht. Auch die ACR-Ansprechraten waren im Teil 2 deutlich höher unter Tofacitinib: ACR30 70,8 vs. 47,1 %; ACR70 54,2 vs. 37,1 %; inaktive Erkrankung 26 vs. 17 %.

Auch die Patienten mit Psorisisarthritis und Enthesitis-assoziierter Arthritis profitierten von Tofacitinib. Krankheitsschübe traten bei der PsA in 29 vs. 75 % auf, bei der EaA in 44 vs. 57 %.

Das Sicherheitsprofil und die Häufigkeit unerwünschter Ereignisse (77,3 %) waren mit denen von Placebo (74,1 %) vergleichbar ([ Tab. 1 ]). Es traten keine schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignisse, keine malignen Erkrankungen, kein Makrophagenaktivierungssyndrom, keine Tuberkulose und keine thrombembolischen Ereignisse auf. 2 Fälle von Herpes zoster wurden beobachtet. Insgesamt gab es 5 Fälle von schwerwiegenden Infektionen, 3 im 1. Teil: Pneumonie, Appendizitis und epidurales Empyem bei Sinusitis (mit Z. n. Kraniosynostose-OP) und 2 im 2. Teil: Appendizitis (im Placeboarm) und infizierte Pilonidalzyste (Tofacitinib-Arm).

Tab. 1

Sicherheitsprofil und die Häufigkeit unerwünschter Ereignisse.

TOF

DB-TOF

DB-PBO

N

225

88

85

Unerwünschte Ereignisse (UE)

Gesamt UE (%)

153 (68,0)

68 (77,3)

63 (74,1)

Schwerwiegende UE

7 (3,1)

1 (1,1)

2 (2,4)

Therapieabbruch wegen UE

26 (11,6)

16 (18,2)

29 (34,1)

Häufigste UE ≥ 10 %

Obere AWI

24 (10,7)

13 (14,8)

9 (10,6)

Krankheitsprogression

5 (2,2)

8 (9,1)

13 (15,3)

JIA-Schub

6 (2,7)

3 (3,4)

12 (14,1)

UE von bes. Interesse (AESI)

Schwerwiegende Infektion

3 (1,3)

1 (1,1)

1 (1,2)

Herpes zoster

2 (0,9)

0

0

TOF = Tofacitinib Teil 1; DB-TOF = Doppelblinde Phase Tofacitinib-Arm; DB-PBO = Placebo-Arm

Damit steht eine neue Therapieoption in der Therapie der JIA mit akzeptablem Sicherheitsprofil zur Verfügung. In einer Nachfolgestudie wird das Sicherheitsprofil und die Effektivität weiter untersucht (NCT01500551).

Frank Weller-Heinemann, Bremen

KOMMENTAR

Die Autoren selbst merken an, dass in der Placebophase die Zeit bis zum Krankheitsschub mit einem Median von über 5 Monaten relativ lang ist; dies könnte durch das Withdrawal-Design verursacht sein. Bemerkenswert ist auch, dass Patienten mit Uveitis nicht untersucht wurden, obwohl diese Komplikation in 12–30 % der Patienten auftritt [1]. Positive Effekte von Januskinase-Inhibitoren bei Uveitis sind in Fallberichten aber bereits publiziert [2]. Im Vergleich zu Studien mit Biologika sind die Patienten dieser Tofacitinib-Studie kürzer und weniger stark erkrankt. In Zukunft werden Head-to-Head-Analysen von TNF-alpha-Blockern versus Januskinase-Inhibitoren notwendig sein, um die Therapie der JIA zu optimieren. Dies ist auch die Quintessenz des Kommentars von Clarke et al. in der gleichen Zeitschrift [3].


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  • Literatur

  • 1 Clarke SL, Sen ES, Ramanan AV. Juvenile idiopathic arthritis-associated uveitis. Pediatr Rheumatol Online J 2016; 14 (01) 27 DOI: 10.1186/s12969-016-0088-2. PMID: 27121190; PMCID: PMC4848803
  • 2 Miserocchi E, Giuffrè C, Cornalba M. et al JAK inhibitors in refractory juvenile idiopathic arthritis-associated uveitis. Clin Rheumatol 2020; 39 (03) 847-851 DOI: 10.1007/s10067-019-04875-w. Epub 2020 Jan 2. PMID: 31897953
  • 3 Clarke SLN, Ramanan AV. Tofacitinib in juvenile idiopathic arthritis. Lancet 2021;. 398(10315): 1943–1945. doi: 10.1016/ S0140-6736(21)01444-6. Epub 2021 Nov 9. PMID: 34767763

Publication History

Article published online:
07 September 2022

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  • Literatur

  • 1 Clarke SL, Sen ES, Ramanan AV. Juvenile idiopathic arthritis-associated uveitis. Pediatr Rheumatol Online J 2016; 14 (01) 27 DOI: 10.1186/s12969-016-0088-2. PMID: 27121190; PMCID: PMC4848803
  • 2 Miserocchi E, Giuffrè C, Cornalba M. et al JAK inhibitors in refractory juvenile idiopathic arthritis-associated uveitis. Clin Rheumatol 2020; 39 (03) 847-851 DOI: 10.1007/s10067-019-04875-w. Epub 2020 Jan 2. PMID: 31897953
  • 3 Clarke SLN, Ramanan AV. Tofacitinib in juvenile idiopathic arthritis. Lancet 2021;. 398(10315): 1943–1945. doi: 10.1016/ S0140-6736(21)01444-6. Epub 2021 Nov 9. PMID: 34767763