Schlüsselwörter Psoriasis vulgaris - Therapie - Biologika
Key words dermatology - Psoriasis - therapy
Einleitung
Die Psoriasis vulgaris, auch bekannt als Schuppenflechte, stellt mit einer
Prävalenz von 1,5–5% in den westlichen Nationen, nicht nur
in Deutschland eine der häufigsten dermatologischen Diagnosen dar [1 ]. Mit ihrer in den meisten Fällen
typischen Klinik stellt sie einen regelmäßigen Grund für
ambulante, als auch stationären Behandlungen in der Dermatologie dar.
Aufgrund der jedoch zahlreich existierenden Varianten ist die Diagnosestellung oft
nicht einfach. Anhand klinischer Parameter, sowie der histologischen Begutachtung
mittels Probeexzision kann jedoch in den meisten Fällen die eindeutige
Diagnose gestellt werden. In Deutschland gehen epidemiologische Studien von circa
2
Millionen aktiv erkrankten Personen aus, wovon ein Viertel der Erkrankten an einer
moderaten bis schweren Schuppenflechte leidet. Die Psoriasis vulgaris an sich ist
keine reine Hauterkrankung, sondern betrifft aufgrund schwerwiegender, teils
systemischer Komorbiditäten den ganzen Körper. Circa 1,6 Millionen
der Erkrankten in Deutschland weisen Komorbiditäten auf, bei bis zu 200,000
besteht eine Beteiligung der Gelenke, gelenknahen Knochen und Enthesien im Sinne
einer Psoriasis-Arthritis [2 ]. Auch
sozioökonomisch kommt der Psoriasis eine enorme Bedeutung zu. Eine von
Jungen et al. 2018 erhobene Studie geht von durchschnittlichen Krankheitskosten von
circa 6000€ pro Patient pro Jahr aus. Diese setzen sich aus direkten Kosten
für Therapeutika oder ärztliche Behandlungen, als auch aus
indirekten Kosten durch Krankheitsausfälle zusammen [3 ].
Genetik
Die Ätiologie der Psoriasis vulgaris ist als multifaktoriell anzusehen,
besonders eine genetische Determination scheint eine wichtige Rolle zu spielen,
wofür HLA (Humanes Leukozyten Antigen) -Klasse-I-assoziierte Genloci auf
Chromosom 6 verantwortlich sind. Im Gegensatz zu genetisch bedingten Erkrankungen,
welche durch ein einziges krankheitsverursachendes Gen monogen verursacht werden,
kommt es bei der Psoriasis vulgaris zu einem komplexen Zusammenspiel mehrerer
assoziierter Genregionen[4 ]. Solche bisher
bekannten suszeptiblen Genloci werden psoriasis susceptibility loci (PSORS) genannt.
Der bekannteste Vertreter hiervon ist PSORS1 auf Chromosom 6p21, welcher zu etwa
50% das Risiko der Ausbildung einer Psoriasis erhöht und besonders
mit der Typ-I-Psoriasis assoziiert ist. Je nach Familienanamnese, Erkrankungsalter
und HLA-Assoziation werden zwei Typen der Psoriasis unterschieden. Zum einen Typ-1,
welcher eine hohe HLA-Assoziation, sowie einen frühen und schweren
Krankheitsverlauf meist in der 2. bis 3. Lebensdekade aufweist, und zum anderen
Typ-2, welcher oft eine klinisch atypische Ausprägung, keine
familiäre Häufung, als auch einen späteren Krankheitsbeginn
(5.-6. Lebensdekade) zeigt. [5 ]
[6 ]
Ätiopathogenese
Durch unspezifische Trigger kommt es in der Haut der Betroffenen über
verschiedene Rezeptoren zu einer übermäßigen,
fehlregulierten Aktivität des innaten Immunsystems, was eine
HLA-Klasse-I-bedingte Immunantwort nach sich zieht. Durch die Aktivierung
verschiedener dendritischer Zellen, welche Entzündungsmediatoren freisetzen,
kommt es zu einer T-lymphozytären, besonders
CD8+ -vermittelten Entzündungsreaktion der Haut[7 ].
Zu den unspezifischen Triggern gehören unter anderem Infektionen, Stress, als
auch verschiedene Medikamente, wie Chloroquin, β-Blocker, ACE-Hemmer und
NSAR. Auch mechanische Reize können Psoriasisschübe
auslösen, häufig zu sehen z. B. im Bereich des Hosenbundes.
Dies wird als isomorpher Reizeffekt oder Köbner-Phänomen
bezeichnet.
Nach der Aktivierung dendritischer Zellen sezernieren diese Interleukin-12 (IL-12)
und IL-23. IL-12 induziert wiederum die Differenzierung naiver T-Zellen zu
T-Helfer-1-Zellen (TH-1-Zellen). IL-23 ist von zentraler Bedeutung für das
Überleben und die Vermehrung von TH-17- und TH-22-Zellen, woraufhin letztere
die Freisetzung von IL-22 bedingen und erstere die von IL-17, IL-22 und
TNF-α. TNF-α wird ebenfalls mitsamt Interferon Gamma (IFN-γ)
von TH-1-Zellen freigesetzt. Unter diesen Signalwegen wird angenommen, dass die
IL-23-vermittelte Aktivierung des TH17-Signalwegs vorherrschend ist [8 ].
IL-22, IL-17, TNF- α und IFN-γ setzen nachfolgend über einen
Januskinase-Signalweg die für die Psoriasis charakteristische
Entzündungskaskade in Gang. Es kommt zu einer nachgeschalteten
Keratinozytenproliferation, einer erhöhten Expression angiogener Mediatoren
und endothelialer Adhäsionsmoleküle sowie einer Infiltration von
Immunzellen in die Hautläsionen. Die Proliferationssteigerung der
Keratinozyten verkürzt deren Transitzeit durch die Epidermis von etwa 30 auf
etwa 5–8 Tage. Dies ist für die starke Schuppung und Verdickung der
Epidermis der Betroffenen verantwortlich. [5 ]
[8 ]
[9 ]
Klinik
Plaque-Psoriasis
Grundsätzlich werden verschiedene klinische Varianten der Psoriasis
unterschieden. Die häufigste Form ist die chronisch-stationäre
Psoriasis vom Plaque-Typ, die im internationalen Sprachgebrauch auch bekannt ist
als Plaque-Psoriasis oder Psoriasis vulgaris. Sie ist klassischerweise
gekennzeichnet durch scharf begrenzte, lachsfarbene bis ziegelrote Plaques bei
hellem Hauttyp bzw. grauen Plaques bei dunklem Hauttyp unterschiedlicher Dicke
mit charakteristischer silbrig-weißer Schuppung, wie auf [Abb. 1 ]
[2 ] dargestellt. [4 ] Die
Schuppen lassen sich durch ihre nur lockere Haftung leicht im Gesamten abheben
(Kerzenwachsphänomen). Werden mit einem Holzspatel weitere Schuppenlagen
entfernt, so kommt es nach dem Abgang eines letzten dünnen
Häutchens (Phänomen des letzten Häutchens) zum Auftreten
von punktförmigen Blutungen (Auspitz-Phänomen). [10 ] Die Plaques sind in ihrer Ausdehnung
und Dicke hochvariabel. Ihr Wachstum ist dynamisch, so sind sie bei Ihrer
Entstehung oft punktförmig und können im Verlauf zu
großen, landkartenartigen Seen konfluieren. Typische
Prädilektionsstellen der Plaque-Psoriasis sind die Streckseiten der
Extremitäten (Knie und Ellenbogen), die Lumbosakralregion und der
behaarte Kopf, wobei hier nicht selten auch der Haaransatz und der Bereich
retroaurikulär befallen sind. Diese Bereiche sollten daher bei
Verdachtsdiagnosen von Erkrankungen aus dem Formenkreis der Psoriasis immer
gezielt inspiziert werden. Kennzeichnend ist zudem das symmetrische Auftreten
der Plaques, die oft beide Seiten des Integuments befallen. Ebenfalls typisch
ist das Auftreten von Läsionen in Arealen erhöhten Drucks
z. B. durch BH-Bügel, engen Hosenbund, Gürtel oder
Knöpfe (Köbner-Phänomen). [4 ]
[5 ]
[10 ] Obwohl der psoriatische
Herd an sich nicht juckt, klagen bis zu 90% der Patienten über
Pruritus. Verschiedene Faktoren, u. a. Stress, trockene Haut,
heißes Duschen und Kontakt mit Kleidung werden als
symptomverstärkend empfunden. [10 ]
Abb. 1 Klassische Hauterscheinungen der Psoriasis vulgaris an den
typischen Prädilektionsstellen bei hellem Hauttyp, Quelle:
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am
Biederstein, München.
Abb. 2 Ausprägung einer Psoriasis vulgaris bei dunklem
Hauttyp, Quelle: Klinik und Poliklinik für Dermatologie und
Allergologie am Biederstein, München.
Weitere Subtypen der Psoriasis
Psoriasis der Kopfhaut (Psoriasis capitis)
Die Kopfhaut ist oft das initial befallene Areal. Ca. 80% der
Psoriasis-Patienten sind im Laufe davon betroffen [11 ], oft auch isoliert. Die Klinik der
Kopfhautpsoriasis reicht von einzelnen Plaques bis hin zu einem subtotalen
bis totalen Befall. Kennzeichnend ist eine scharfe Abgrenzung im Bereich des
Haaransatzes (siehe [Abb. 3 ]). Die
Therapie erweist sich oft als anspruchsvoll. Bei isoliertem Befall des
Kapillitiums ist eine Abgrenzung zur Seborrhiasis schwierig. [5 ]
[10 ]
[11 ]
Abb. 3 Psoriasis capitis, klassischer im Bereich des
Haaransatzes, Quelle: Klinik und Poliklinik für Dermatologie
und Allergologie am Biederstein, München.
Psoriasis vom Guttata-Typ (Psoriasis guttata, akut-exanthematische
Psoriasis)
Die Häufigkeit dieser Unterform wird auf 2% aller
Psoriasisfälle geschätzt [4 ]. Klinisch präsentiert sie sich mit zahlreichen,
kleinen, punkt- bzw. tropfenartigen Herden und befällt vorwiegend
den Rumpf sowie die proximalen Extremitäten, dargestellt in [Abb. 4 ]. In zwei Drittel der
Fälle ist sie mit kurz zurückliegenden Fokalinfekten, wie
Pharyngitis oder Tonsillitis vergesellschaftet. Oft sind erhöhte
Streptokokken-spezifische Titer bzw. Antikörper nachweisbar [12 ]. Bei Kindern und Jugendlichen ist
diese Form häufig selbstlimitiert, ein Übergang in eine
chronische Form ist jedoch möglich [5 ].
Abb. 4 zahlreichen, kleinen, punkt- bzw. tropfenartigen
Psoriasis-Herde im Bereich der unteren Extremität im Rahmen
einer Psoriasis guttata, Quelle: Klinik und Poliklinik für
Dermatologie und Allergologie am Biederstein, München
Psoriasis intertriginosa und Psoriasis inversa
Psoriasisherde können jedoch auch zusätzlich oder einzig die
Achselhöhlen, die Nabelregion, die Rima ani, die submammäre
Haut sowie die Leisten befallen. In einem solchen Fall wird von einer
Psoriasis intertriginosa, wie in [Abb.
5 ], gesprochen. Aufgrund der Okklusivität dieser
Hautareale fehlt die charakteristische Schuppung und die Plaques zeigen sich
flacher, glänzend und hochrot und können daher mit
Candidaerkrankungen verwechselt werden. Sind ausschließlich die
Beugeseiten betroffen, handelt es sich um eine Psoriasis inversa. [4 ]
[5 ]
Abb. 5 Manifestation einer Psoriasis inversa im Bereich der
Achselhöhle, Quelle: Klinik und Poliklinik für
Dermatologie und Allergologie am Biederstein, München.
Psoriasis cum pustulatione
Gekennzeichnet ist diese Erkrankung durch das Auftreten von Pusteln in
psoriatischen Plaques, die jedoch nicht auf diese begrenzt sein
müssen, wie auf [Abb. 6 ] zu
sehen [10 ]. Zu unterscheiden ist diese
Form von der generalisierten Psoriasis pustulosa Typ Zumbusch, die zunehmend
als eigene Krankheitsentität angesehen wird [13 ].
Abb. 6 Pusteln und Bläschen im Bereich der
Psoriasis-Hauterscheinungen, Quelle: Klinik und Poliklinik
für Dermatologie und Allergologie am Biederstein,
München.
Psoriatische Erythrodermie
Diese schwere, hochakute Maximalvariante der Psoriasis ist
verhältnismäßig selten und betrifft bis zu
2% der Psoriasispatienten [14 ]. Aufgrund der Lebensbedrohlichkeit ist sie jedoch ein wichtiges
Krankheitsbild. Das klinische Bild ist gekennzeichnet durch ein
generalisiertes Erythem, Ödem der Haut, unscharf abgegrenzte
psoriatische Plaques und Schuppung, Haarausfall, sowie eine diffuse
exfoliative Abschilferung der Haut, zu sehen in [Abb. 7 ]. Quälend ist der
ausgeprägte Pruritus, der zu anhaltendem Kratzen und damit zu einer
Exazerbation führen kann. Nagelveränderungen sind
häufig. Die systemische Beteiligung macht sich in Allgemeinsymptomen
wie Fieber, Schüttelfrost, Abgeschlagenheit, Tachykardie,
Lymphadenopathie sowie Arthralgien bemerkbar. Elektrolytentgleisungen sowie
selten eine Herzinsuffizienz im Sinne eines High-Output-Failures
können hinzukommen. [4 ]
[14 ]
Abb. 7 Psoriatische Erythrodermie, Quelle: Klinik und
Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein,
München.
Psoriasis palmaris et plantaris
Diese Form der Psoriasis manifestiert sich mit ausgeprägten
hyperkeratotischen, teils rhagadiformen Plaques an den Handflächen
und Fußsohlen (siehe [Abb.
8 ]) [10 ]. Die oft schmerzhaften
Rhagaden können eine Bewegungseinschränkung bei Patienten
verursachen.
Abb. 8 Nagelbeteiligung im Rahmen einer Psoriasis, i)
Ölfleck ii) Tüpfelnägel, Quelle: Klinik und
Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein,
München
Nagelpsoriasis
Diese Erkrankung betrifft 50–79% der Patienten mit Psoriasis
sowie bis zu 80% der Patienten mit Psoriasisarthritis und stellt
damit ein häufiges, mit hohem Leidensdruck einhergehendes
Krankheitsbild dar [15 ]. Es wird
zwischen einem Befall der Nagelmatrix mit Ausbildung einer von
Tüpfelnägel bis zur vollständigen Nageldestruktion
reichenden Onychodystrophie, sowie einer Psoriasis des Nagelbetts
unterschieden, die zu einer gelblichen, auch als psoriatischer
Ölfleck bezeichneten Hyperkeratose unter der Nagelplatte
führt, wie in [Abb. 8 ]
dargestellt. [5 ]
Begleiterkrankungen der Psoriasis
Die Psoriasis ist mit zahlreichen Komorbiditäten assoziiert. Vor allem
der Psoriasisarthritis kommt eine große Bedeutung zu. Diese
befällt die distalen Interphalangealgelenke und kann auch das axiale
Skelett betreffen, sowie gelenknahe Knochen und Enthesien. Weitere
Manifestationsformen der Psoriasisarthritis beinhalten Enthesitis sowie
Daktylitis. [16 ]
[17 ] Ein gehäuftes Auftreten der
Psoriasis wurde ebenfalls bei Patienten mit Übergewicht, arterieller
Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2 sowie Dyslipidämie, welche
häufig unter dem Begriff des metabolischen Syndroms subsummiert werden,
beschrieben. Immer mehr Bedeutung kommt auch den kardiovaskulären
Erkrankungen zu, allen voran Myokardinfarkt sowie Apoplex, die unter
Psoriasispatienten signifikant häufiger vorkommen. Die Psoriasis kann
damit als eigenständiger Risikofaktor für
kardiovaskuläre Ereignisse angesehen werden. [17 ] Weitere Studien zeigen eine Assoziation
zu chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, v. a. M. Crohn
[18 ] sowie Lebererkrankungen wie die
nicht-alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) [19 ]. Zu den gehäuft bei Psoriasispatienten auftretenden
Erkrankungen zählen des Weiteren das chronische Nierenversagen,
Malignome, v. a. kutane Lymphome, HIV-Infektion sowie psychiatrische
Erkrankungen wie Depression und Angststörung [17 ].
Schweregrad-Einteilung
Angesichts der vielfältigen Therapiemöglichkeiten kommt einer
objektiven Evaluation der Erkrankungsschwere eine wichtige Bedeutung zu.
Verschiedene Scores zur Beurteilung des Schweregrads der Psoriasis stehen zur
Verfügung. Die bekanntesten sind der Psoriasis Area and Severity-Index
(PASI)- sowie der Physician Global Assessment (PGA)-Score. Seltener findet der
Body-Surface-Area (BSA)-Wert Verwendung. [20 ] Zusätzlich zur prozentualen Ausdehnung (BSA) einzelner
Körperregionen (Kopf, Stamm, obere und untere Extremität) wird
beim PASI auch der klinische Schweregrad berücksichtigt. Dabei werden
die Herde nach Schwere von Erythem, Infiltration (Dicke der Plaques) und
Schuppung bewertet. Die höchstmögliche Punktzahl beträgt
75. [10 ] Beim PGA erfolgt eine globale
Beurteilung der Krankheitsschwere durch eine Punkteskala. Aufgrund der besseren
Validierung und Berücksichtigung der Klinik gilt der PASI-Scores jedoch
weiterhin als Goldstandard. [20 ] Ein
weiterer wichtiger Score zur Beurteilung der gesundheitsbezogenen
Lebensqualität ist der Dermatology Life Quality Index (DLQI) [21 ]. Nach europäischem Konsensus
wird die Erkrankungsschwere in eine milde (PASI≤10, BSA≤10 und
DLQI≤10) bzw. moderate bis schwere Psoriasis (PASI>10,
BSA>10 und DLQI>10) eingeteilt [22 ]. Diese Klassifikation ist für die Auswahl der Therapie
von großer Relevanz.
Diagnostik
Die Diagnosestellung ist im Falle der Psoriasis vulgaris zumeist klinisch in
Zusammenschau von (Familien-) Anamnese, typischer Morphologie der Psoriasisherde
sowie Befall von Prädilektionsstellen möglich. [4 ] Die Holzspatelprobe kann zur
zusätzlichen Erhebung der zuvor beschriebenen drei charakteristischen
Psoriasisphänomene herangezogen werden. Bei einer atypischen
Präsentation sowie einer Erythrodermie sollte jedoch stets eine
histologische Sicherung zum Ausschluss etwaiger Differentialdiagnosen erfolgen.
Weiterhin sollten Schuppen, sowie Hornmaterial insbesondere bei Nagelbefall,
asserviert und mykologische Erkrankungen ausgeschlossen werden. Das Labor ist bei
der Psoriasis häufig unauffällig. Bei hoher
Krankheitsaktivität wie der psoriatischen Erythrodermie sind Blutsenkung und
Akute-Phase-Proteine erhöht, sowie Elektrolytverschiebungen und
häufig Hypalbuminämie nachweisbar [10 ]. Im Differentialblutbild ist keine Lymphozytose ersichtlich. Sinnvoll
kann die Bestimmung von Streptokokken-spezifischen Titern (Antistreptolysin O sowie
Anti-DNAse B) sowie die Entnahme von bakteriologischen Abstrichen von Tonsillen und
Rima ani bei Erstmanifestation sowie akut-exanthematischer Verlaufsform sein[5 ]. Bei Verdacht auf Psoriasis-Arthritis sollte
eine Laboruntersuchung auf Rheumafaktor und CCP-Antikörper erfolgen. Bei
übergewichtigen Psoriasispatienten sind regelmäßige
Blutzucker- und Blutdruckmessungen empfehlenswert. [5 ]
[10 ] Vor allem in Hinblick auf
ggf. einzuleitende Systemtherapien (Methotrexat, Biologika) sind
weiterführende Laboruntersuchungen auf Tuberkulose sowie
Hepatitis-Infektionen sinnvoll.
Histologie
Die durch den zuvor beschriebenen pathophysiologischen Mechanismus in Gang gesetzte,
Entzündungskaskade der Psoriasis äußert sich nicht nur in
klinisch charakteristischen Merkmalen der Hauterscheinungen, sondern auch in der
histologischen. Durch die Immunreaktion der Haut kommt es zur Einwanderung von
Entzündungszellen, wie Makrophagen, Lymphozyten und besonders neutrophilen
Granulozyten in die obere Dermis. Besonders die letztgenannten Neutrophilen finden
sich pathognomonisch in der Epidermis, als sogenannte Munro-Mikroabszesse im Stratum
corneum wieder. Im Falle einer stark ausgeprägten pustulösen
Variante der Psoriasis sind diese auch klinisch in Form von Pusteln sichtbar.
Die verkürzte Transitzeit und die verstärkte Proliferation der
Keratinozyten hat das vermehrte Vorhandensein dieser in der Epidermis zur Folge
(Hyperkeratose). Durch die schnellere Transitzeit der Keratinozyten innerhalb der
Epidermis kommt es zum Auftreten unreifer, kernhaltiger Keratinozyten in der
Hornschicht, gemeinsam mit der Hyperkeratose als Hyperparakeratose bezeichnet.
Klinisch zeigt sich dies in der starken Schuppung der Psoriasis-Plaques.
Darüber hinaus kommt es zu tief ausgezogenen Reteleisten, mit einer
Verbreiterung der Epidermis, besonders des Stratum spinosum (Akanthose). Die
dermalen Papillen des Stratums papillare reichen bei der Psoriasis hoch in die
Epidermis hinein und sind mit elongierten Kapillaren durchzogen. Dies ist das
pathologische Korrelat des Auspitz-Phänomens. Nach der Entfernung der
Psoriasis-Schuppe erreicht man die dermalen Papillen sehr schnell und es kommt zu
punktförmigen Blutungen der Haut.
Differentialdiagnosen
Die klassische Psoriasis vulgaris kann in der Regel klinisch diagnostiziert werden.
Schwieriger ist eine sichere Diagnosestellung jedoch bei den verschiedenen
Verlaufsformen. Je nach klinischem Subtyp sind verschiedene Differentialdiagnosen
in
Erwägung zu ziehen ([Tab. 1 ]). Im
Falle der Plaque-Psoriasis können Tinea corporis, nummuläres Ekzem,
großherdige Parapsoriasis en plaques, Mycosis fungoides sowie
subakut-kutaner Lupus erythematodes wichtige zu unterscheidende Krankheitsbilder
sein. Bei Befall von Kopf und Stirn kann die Psoriasis mit einem seborrhoischem
Ekzem verwechselt werden. Mischformen (Seborrhiasis) sind jedoch möglich.
Bei der intertriginösen Psoriasis müssen Kandidamykosen sowie ein
extramammärer M. Paget als Differentialdiagnosen ausgeschlossen werden. Bei
der Psoriasis guttata sollte differentialdiagnostisch an eine Pityriasis rosea oder
ein Sekundärstadium der Syphilis gedacht werden.
Tab. 1 Wichtige Differentialdiagnosen nach klinischem Subtyp
der Psoriasis. Adaptiert nach Fritsch et al. [10]. ]
Klinischer Subtyp
Differentialdiagnose
Plaque-Psoriasis
Tinea corporis, nummuläres Ekzem, Parapsoriasis en
plaques, Mycosis fungoides, subakut-kutaner Lupus
erythematodes
Psoriasis capitis
Seborrhoisches Kopfhautekzem, Mikrosporie
Psoriasis guttata
Pityriasis rosea, Pityriasis lichenoides, sekundäre
Syphilis
Psoriasis intertriginosa
Intertrigo, Kandidamykose, extramammärer M. Paget (meist
einseitig)
Psoriatische Erythrodermie
Ekzematische Erythrodermie, Pityriasis rubra pilaris,
Sézary-Syndrom
Psoriasis palmoplantaris
Chronisches Hand- und Fußekzem, palmoplantare Mykose
Therapie
Die Therapie der Psoriasis hat sich im Laufe des letzten Jahrhunderts stetig
gewandelt, besonders aufgrund des wachsenden Verständnisses der Pathogenese
dieser komplexen Erkrankung. Über anfangs Arsen, Dithranol und UV-Therapien
kam es im Verlauf zur erstmaligen Verwendung von Folsäure-Analoga
(Methotrexat) sowie topischen und heutzutage nicht mehr zeitgemäßen
Verwendung von oralen Steroiden. Einen Meilenstein der Therapie stellte die
systemische Therapie mittels Biologika mit der Einführung des
TNF-α-Inhibitors Etanercept im Jahre 2004 dar. Zudem existieren heutzutage
eine Vielzahl an topischen, systemischen oder UV-Therapien [23 ]. Die Einführung von Biologika und
auch small-molecules, wie Apremilast, hat es ermöglicht, Psoriasis-Patienten
eine individualisierte Therapie je nach Schweregrad oder Begleiterkrankung
anzubieten, die bestenfalls zum kompletten Abklingen der Hauterscheinung im Sinne
einer Reduktion des PASI von bis zu 90–100% führen kann.
Grundsätzlich sollte stets die Erscheinungsfreiheit angestrebt werden.
Topische Therapie
Im Falle einer milden Psoriasis (PASI≤10, DLQI≤10) kommen vor
allem topische Therapeutika zur Anwendung. Bei schwerwiegender Betroffenen
können topische Therapeutika durch eine bestehende UV-Therapie oder
systemische Therapie ergänzt werden. Neben einer Basistherapie kommen
topische Glukokortikoide, Vitamin-D3-Analoga, Dithranol oder im off-label
Gebrauch Calcineurininhibitoren zum Einsatz. Diese Wirkstoffe werden
idealerweise von entweder Harnstoff-haltigen bzw. Salicylsäure-haltigen
topischen Basistherapeutika, welche antipruriginös, keratolytisch oder
penetrationsfördernd wirken, unterstützt.
Als initiale topische Erstlinientherapie der leichten Schuppenflechte sind
Kombinationen aus Glukokortikoiden und Vitamin-D3-Analoga (Calcipotriol) zu
empfehlen. Besonders die Verbindung aus stark wirksamen topischen
Glukokortikoiden und Calcipotriol, verfügbar als Gel, Salbe, Schaum oder
neuerdings auch Creme, hat sich hier bewährt. Die Wirkstoffe werden ein-
bis zweimal täglich über 6–8 Wochen angewandt, gefolgt
von einer Erhaltungstherapie, ein- bis zweimal die Woche und können
sogar auch bei Kindern ab 6 Jahren angewandt werden. Als Zweitlinientherapie
sind die zuletzt genannten in einer Monotherapie anzusehen, wobei topische
Glukokortikoide, nach dem Absetzen die Gefahr eines erneuten Aufflammens der
Schuppenflechte mit sich bringen und deshalb lieber in Kombination anzuwenden
und auszuschleichen sind. Hier hat sich ein Wochenendschema bewährt
gezeigt, mit topischen Steroiden Samstag/Sonntag und topischen
Vitamin-D3-Analoga unter der Woche. Die Erhaltungsphase dieses Schemas besteht
aus einer ein- bis zweimaligen Anwendung von Vitamin-D3-Analoga pro Woche[24 ].
Darüber hinaus sollte die jeweilige Potenz eines topischen Steroids, je
nach Anwendungslokalisation berücksichtig werden. Hochpotente starke bis
sehr stark wirksame Glukokortikoide müssen auf sensiblen Arealen wie dem
Gesicht oder dem Schambereich gemieden und falls nötig nur kurzzeitig
angewendet werden. Ein ebenfalls zu berücksichtigender Effekt bei der
Anwendung topischer Steroide hingegen ist das Risiko eines Auftretens von
Atrophie, Striae distensae, Teleangiektasien oder die Möglichkeit einer
systemischen Resorption. Die Anwendung von Vitamin-D3-Analoga kann passagere
Hautreizungen nach sich ziehen und ist in der Schwangerschaft, während
des Stillens und für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren nicht
geeignet.
Nur noch selten Anwendung findet in der topischen Therapie Dithranol (Cignolin).
Dies ist der Tatsache geschuldet, dass dieses aufgrund einer langsamen
Konzentrationssteigerung nur stationär bzw. tagesstationär
eingeleitet werden sollte [5 ]
[25 ]
[26 ].
Lichttherapie
Die Lichttherapie wird im Falle der Psoriasis nicht als Monotherapie, sondern stets
in Kombination zur topischen oder systemischen Therapie angewandt. Am
häufigsten findet die UVB-Schmalspektrum-Therapie mit 311 nm
Anwendung. Sollte dies bei den Betroffenen keine Linderung erzielen, kann in
einzelnen Fällen auf eine UVB-Breitband-Therapie oder eine
Psoralen-UVA-Therapie (PUVA) zurückgegriffen werden. Im Falle der PUVA wird
ein Photosensibilisator, meist 8-Methoxypsoralen, entweder über Badewasser,
topisch oder oral appliziert bzw. eingenommen. Zu den häufigsten akuten
Nebenwirkungen einer Lichttherapie gehört die Dermatitis solaris, als auch
bei fehlendem Augenschutz das vermehrte Auftreten von Keratokonjunktivitiden. Bei
einer langfristigen UV-Therapie steigt das Risiko für chronische
Lichtschäden, sowie für melanozytäre- und
nichtmelanozytäre (NMSC) Hauttumoren [27 ].
Systemische Therapie
Ab einer moderaten bis schweren Psoriasis mit PASI>10 und DLQI>10
ist eine systemische Therapie indiziert. Sollten sichtbare Areale, der
Genitalbereich, ein Nagelbefall oder eine Therapieresistenz vorliegen, kann eine
systemische Therapie auch bei PASI und DLQI-Werten unter 10 eingeleitet werden.
Prinzipiell zu unterscheiden sind konventionelle von modernen Systemtherapien,
wovon beide sowohl oral als auch parenteral verfügbar sind. Systemische
Glukokortikoide sind in der Therapie der Psoriasis untersagt, da sie nach dem
Absetzen ein sehr hohes Risiko für ein verstärktes
Wiederauftreten der Hauterscheinungen mit akuter Exazerbation bürgen
[5 ]
[23 ]
[25 ].
Zur konventionellen Therapie der Schuppenflechte werden Acitretin,
Fumarsäureester, Ciclosporin und Methothrexat (MTX) gezählt.
Laut S3-Leitlinie sind diese initial in der systemischen Therapie anzuwenden.
Jedoch lässt die Leitlinie auch ein wenig Ermessensspielraum und moderne
Systemtherapien können First-Line eingesetzt werden, falls
„konventionelle Therapien keinen ausreichenden Therapieerfolg erwarten
lassen“ [25 ].
Acitretin wird oral verabreicht und fördert die
Ausdifferenzierung von Keratinozyten, sowie die Hemmung von
Th-17-Zellen, zeigt jedoch ein vergleichsweise vermindertes Ansprechen.
Aufgrund der starken Teratogenität sollte auf eine strikte
Kontrazeption, bis zu 3 Jahre nach Absetzen, geachtet werden.
Regelmäßige Blutbilder mitsamt Leberwerten, Blutfetten
und Nierenwerten werden empfohlen. Besonders bei Patienten mit
vorbestehenden Dyslipidämien ist Vorsicht geboten.
Fumarsäureester wirken immunmodulatorisch und
antientzündlich und bewirken im Falle der Psoriasis einen Shift
von der Th-1-Immunantwort zur antientzündlichen Th-2-Antwort. Zu
Therapiebeginn kann es zu gastrointestinalen Beschwerden kommen, weshalb
eine langsame Dosissteigerung der oralen Gabe empfohlen ist.
Blutbildkontrollen mitsamt Leberwerten, Blutfetten und Nierenwerten
sollten durchgeführt werden.
Methotrexat (MTX) hemmt als Folsäure-Antagonist die
Zell-Proliferationen und somit auch die der Keratinozyten. Im Falle der
Schuppenflechte ist MTX besonders bei Psoriasis-Athritis einzusetzen.
Jeweils am Tag nach der subkutanen Gabe hat eine einmalige
Folsäure-Gabe stattzufinden. Auch hier sollten
regelmäßige Laborkontrollen erfolgen.
Ciclosporin (CyA) wirkt als Calcineurin-Inhibitor inhibitorisch auf die
T-Zell-Aktivierung. Die Wirkung auf die Haut der Betroffenen ist sehr
gut, jedoch wird CyA aufgrund seiner schädlichen Wirkung auf die
Nieren mit der Folge eines Hypertonus, als auch aufgrund der bei
langfristiger Einnahme beobachteten Zunahme von NMSC, nur noch selten
eingesetzt. Kontrolle der Nierenwerte sind hier stets indiziert.
Die modernen Systemtherapie zielen auf Schlüsselmoleküle
(u. a. TNF-α, IL-17, IL-23) der Pathogenese der
Psoriasis ab und hemmen diese punktuell. Hierzu gehören orale
Phosphodiesterase-4-Hemmer (small-molecules; Apremilast) und Biologika.
Lässt eine konventionelle Therapie keinen ausreichenden Erfolg
erwarten, können vereinzelte Biologika als Erstlinientherapie
initial eingesetzt werden. Hierzu gehören folgende, mit
first-line-label zugelassene, Therapeutika:
TNF-α-Inhibitoren: Adalimumab, Certolizumab
IL-17-Antagonisten: Brodalumab, Ixekizumab, Secukinumab
IL-23-Antagonisten: Guselkumab, Risankizumab, Tildrakizumab
Zweitlinienzulassung der Psoriasis-Therapie haben folgende
Medikamente:
TNF-α-Inhibitoren: Etanercept, Infliximab
PDE-4-Hemmer: Apremilast
IL-12/23-Antagonisten: Ustekinumab
IL-17-Antagonisten: Bimekizumab
[Abb. 9 ] gibt einen Überblick
über Therapie der moderaten bis schweren Psoriasis, adaptiert nach der
aktuellen S3-Leitlinie [25 ]. Hierbei wird
besonders verdeutlicht, in welcher Situation bzw. mit welchen
Komorbiditäten, welches Medikament einzusetzen oder dringend zu meiden
ist.
Abb. 9 Therapie der moderaten bis schweren Psoriasis; (basierend
auf Daten aus Nast A, Altenburg A, Augustin M et al., Deutsche
S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris [25 ])
Allen Biologika ist gemein, da sie einzelne Stellschrauben des Immunsystems
punktuell hemmen, dass vor Beginn einer Therapie chronische Infektionen,
besonders Tuberkulose, Hepatitis oder Herpes ausgeschlossen werden
müssen. Aufgrund dieser Tatsache sind Infektionen wie z. B.
durch Candida, bekannte, jedoch sehr seltene Nebenwirkungen. Biologika werden im
Allgemeinen parenteral, meistens subkutan verabreicht, weshalb es vereinzelt zu
Nebenwirkungen im Bereich der Einstichstelle kommen kann.
Eine 75% Reduktion des PASI ist in den meisten Zulassungsstudien
Mindestziel, vereinzelt sogar um bis zu 100% und somit stellt die
Therapie mit Biologika einen Quantensprung in der modernen, systemischen
Psoriasis-Therapie dar und bietet sogar schwerwiegenden, schwer zu
therapierenden Fällen eine Option und sollte stets in Erwägung
gezogen werden [6 ]
[25 ]
[26 ]
[28 ].