Schlüsselwörter Botulinum Neurotoxin Typ A - IncobotulinumtoxinA - Sialorrhoe - Hypersalivation
Key words Botulinum neurotoxin type A - IncobotulinumtoxinA - Sialorrhea - Hypersalivation
Hinweis für den Leser
Ursachen und Behandlungswege der Sialorrhoe sind komplex, so dass die Therapie nicht
in einer allgemeingültigen Handlungsempfehlung, die für alle
Patienten und jede Behandlungssituation gilt, zusammengefasst werden kann. Die hier
präsentierten Konsensus-Empfehlungen sollen vielmehr einen Rahmen abstecken
und den Leser mit der aktuellen Praxis vertraut machen. Er kann daraus eine
individuelle Vorgehensweise entwickeln und muss die durchgeführte Therapie
stets selbst verantworten. Die Autoren fassen in diesem Sinne wertvolle
Informationen und Handlungsempfehlungen für den Leser und Anwender
zusammen.
Einführung
Der Begriff Sialorrhoe beschreibt einen unkontrollierten,
übermäßigen Speichelfluss aus dem Mund. Synonym verwendet
wird der Begriff „Hypersalivation“, der streng genommen eine
Überproduktion an Speichel (z. B. medikamentös oder durch
Intoxikation ausgelöst) bezeichnet. In aller Regel handelt es sich jedoch um
eine funktionelle Störung mit einer Beeinträchtigung des
Abschluckens bzw. fehlender oder unzureichender Speichelflusskontrolle durch
insuffiziente orofaziale Fähigkeiten, verminderte zentralnervöse
Kontrolle und Koordination oder gestörte Schluckabläufe [1 ]
[10 ].
Die Sialorrhoe tritt bei Erwachsenen häufig als begleitendes Symptom
neurologischer Erkrankungen wie dem M. Parkinson und bei neurodegenerativen
Erkrankungen wie der amyotrophen Lateralsklerose (ALS) auf. Im Kindes- und
Jugendalter ist die Sialorrhoe Begleiterscheinung bei Zerebralparesen, bei
körperlichen oder geistigen Entwicklungsstörungen anderer Ursache
oder bei neurodegenerativen Erkrankungen wie z. B. dem Rett-Syndrom. Neben
neurologischen Erkrankungen sind als Ursache für die Sialorrhoe Erkrankungen
aus der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde zu nennen. Hier stehen an erster Stelle Trauma-
oder Tumor(therapie)-bedingte Defektstörungen im Kopf-Hals-Bereich [1 ]
[10 ].
Vom Begleitsymptom zur behandlungsbedürftigen Gesundheitsstörung wird
die Sialorrhoe dann, wenn sie physische oder psychosoziale Folgeerscheinungen hat.
Für die durch ihre Grunderkrankung in der Regel ohnehin
gesundheitsbeeinträchtigten Patienten stellt die Sialorrhoe dann ein
belastendes, nicht selten stigmatisierendes und mit medizinischen Komplikationen
einhergehendes Problem dar. Die Folgen reichen von ständiger
Benässung von Lippen, Kinn, Händen, Kleidung, Spielzeug oder
technischem Gerät über die damit einhergehende Hautmazerationen bis
hin zu massiven Einschränkungen der sozialen Teilhabe (Stigmatisierung von
außen und selbst gewählter Rückzug des Patienten), oder
schwerwiegenden Gesundheitsstörungen wie der Dehydratation oder der
Aspirationspneumonie bei unkontrolliertem Speichelabfluss in den Rachen, Pharynx und
Larynx [1 ]
[10 ].
Mit IncobotulinumtoxinA (IncoBoNT/A, Xeomin, Clostridium botulinum
Neurotoxin Typ A (150 kD), frei von Komplexproteinen, Merz Pharmaceuticals GmbH)
steht erstmalig ein in Deutschland zugelassenes Medikament zur Behandlung der
chronischen Sialorrhoe aufgrund neurologischer Störungen für
Erwachsene seit 2019 und für Kinder und Jugendliche seit 2021 zur
Verfügung. Nach der intraglandulären Injektion in die großen
Speicheldrüsen hemmt IncoBoNT/A lokal und dosisabhängig die
cholinerge Signalübertragung und führt zu einer verminderten
Speichelproduktion. Die Injektion ist eine standardisiert ablaufende, einfache,
üblicherweise ambulant durchgeführte Prozedur. Aufgrund der
reversiblen Wirkung muss die Injektionsbehandlung regelmäßig im
Abstand von ca. 16 Wochen wiederholt werden. Die Therapie zeichnet sich durch hohe
Wirksamkeit und exzellente Verträglichkeit aus, die in den Zulassungsstudien
dokumentiert wurden [2 ]
[3 ]
[14 ].
Ziel des Konsensus und Vorgehensweise bei dessen Erstellung
Die neuen Daten und die erteilte Zulassung für IncoBoNT/A waren
Auslöser, um sich über den aktuellen Versorgungsstand von
Patienten mit Sialorrhoe in einer interdisziplinären Expertengruppe aus
den Fachrichtungen Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Logopädie, Neurologie,
Neuropädiatrie und Phoniatrie auszutauschen. Es wurden dabei
förderliche Faktoren (z. B. die positiv beurteilten
Zulassungsstudien), aber auch einige Barrieren (z. B. mangelnde
Awareness für die Beeinträchtigung durch die Symptomatik und
ihrer Folgen, Bekanntheitsgrad der Botulinumtoxin-Therapie) für die
Anwendung von IncoBoNT/A bei Patienten mit Sialorrhoe identifiziert. Die
nun in diesem Artikel vorgelegten Informationen und Handlungsempfehlungen sollen
Anwender informieren und ihnen Rüstzeug für eine erfolgreiche
Therapie an die Hand geben. Damit wäre ein Beitrag geleistet, dass mehr
Patienten in den Vorteil dieser Therapieform kommen. Der Artikel reflektiert das
Wissen und die Praxiserfahrung der Autoren und berücksichtigt dabei den
aktuellen Stand der Literatur und die S2k-Leitlinie
„Hypersalivation“.
Bei welchen Patienten sollte an eine Therapie mit IncobotulinumtoxinA gedacht
werden?
Bei welchen Patienten sollte an eine Therapie mit IncobotulinumtoxinA gedacht
werden?
Prinzipiell eignet sich die IncoBoNT/A-Therapie für alle Patienten
mit Erkrankungen, die zu subjektiv und/oder objektiv
beeinträchtigender Sialorrhoe führen. Hierzu zählen alle
Erkrankungen, die mit dem vermindertem Abschlucken von Speichel assoziiert sind,
unabhängig davon, ob eine neurologische oder nicht-neurologische
Ätiologie zugrunde liegt. Eine Zulassung für den Einsatz von
IncoBoNT/A besteht zwar laut Fachinformation [3 ] nur bei neurologischen Erkrankungen (vgl.
Box 1), entscheidend für die Indikationsstellung ist aber nicht die
Diagnose, sondern das Vorliegen und das Ausmaß des Symptoms Sialorrhoe und
die klinischen Auswirkungen derselben (vgl. Box 2).
Box 1: Neurologische Ursachen für Sialorrhoe
Zentral: Neurodegenerative Parkinson-Syndrome, Demenz, Apraxie,
Huntington-Krankheit, zerebrovaskuläre Erkrankungen
(Schlaganfall), entzündliche ZNS-Erkrankungen (MS, Enzephalitis,
Meningitis), Motoneuron-Erkrankungen (ALS), Hirntumore,
Schädel-Hirn-Trauma, Intoxikation, Zerebralparese,
Entwicklungsstörungen
Peripher: Kaudale Hirnnervenstörungen,
Guillain-Barré-Syndrom
Pharmakogen: Parasympathikomimetika (z. B. Pyridostigmin),
Neuroleptika (wie insbesondere Clozapin, Risperidon, Haloperidol,
Aripiprazol)
Geeignete Patienten
Die Indikation kann sich einerseits aufgrund einer eingeschränkten
Lebensqualität z. B. durch soziale Stigmatisierung, andererseits
aufgrund klinischer Folgen wie Speichelaspiration (Pneumonie), Hautmazeration
durch Speichel oder verstärkter Dehydratation ergeben. Patienten und
betreuende Angehörige sollten aktiv auf eine störende Sialorrhoe
angesprochen werden. Aus Scham und/oder mangelnder Kenntnis
möglicher Behandlungsverfahren verbergen bzw. berichten die Betroffenen
häufig nicht über den unkontrollierten Speichelfluss. Um die
Schwere und Häufigkeit einzuschätzen, können im Rahmen
der Anamnese einfache Fragebögen, wie z. B. die Drooling
Severity and Frequency Scale (DSFS) eingesetzt werden (s. a. Anamnese und
Diagnostik ).
Da die IncoBoNT/A-Therapie lokal erfolgt und lokal wirkt, eignet sich die
Therapie besonders für Patienten, die durch Nebenwirkungen systemisch
wirkender Anticholinergika gefährdet sind (kognitive
Beeinträchtigung bei älteren Patienten, Patienten mit
Halluzinationen, Intelligenzminderung bei Kindern, insbesondere
kardiovaskuläre Risikopatienten).
Mit Einschränkung geeignete Patienten (besondere
Nutzen-Risiko-Abwägung erforderlich)
Bei Patienten mit einer ausgeprägten Dysphagie (Schluckstörung),
bei denen die Ernährungssituation oder die Einnahme von Medikamenten
prekär ist, die nicht mit einer Ernährungssonde versorgt sind
und deren Dysphagie durch die Injektionstherapie verstärkt werden
könnte (z. B. aufgrund einer signifikant verminderten
Speichelmenge), sollte die Indikationsstellung genau abgewogen werden und eine
Schluckdiagnostik in Betracht gezogen werden (s. Abschnitt Anamnese u.
Diagnostik ). Hintergrund ist, dass eine Dysphagie als Nebenwirkung zwar
insgesamt selten ist [4 ]
[5 ]
[6 ], die veränderte Speichelmenge und/oder eine nicht
intendierte Verschlechterung einer vorbestehenden Dysphagie durch lokale Wirkung
auf die Mundboden-, Schlund-, oder Zungenmuskulatur diesen Patienten dennoch
Probleme bereiten könnte. Bei schwerer Karies und Gingivitis werden vor
Beginn ein Zahnarztbesuch und eine Kariesprophylaxe während der
Behandlung empfohlen, da eine Reduktion des Speichels in der Mundhöhle
eine Karies oder Gingivitis verstärken könnte. In Fällen
von arzneimittelinduzierter Sialorrhoe (z. B. durch Clozapin) sollte vor
Beginn der IncoBoNT/A -Behandlung erwogen werden, die
auslösenden Arzneimittel zu reduzieren oder falls möglich
abzusetzen, bzw. das Arzneimittel auszutauschen.
Box 2: Geeignete Patienten für eine Therapie mit
IncoBoNT/A
Patienten mit beeinträchtigter Lebensqualität durch
Sialorrhoe
Patienten mit körperlichen Beeinträchtigungen durch die
Sialorrhoe wie z. B. Hautmazeration durch Speichel,
Speichelaspiration (Pneumonie), Dehydratation
Patienten mit chronischer Sialorrhoe aufgrund einer
neurologischen Erkrankung:
Patienten mit Sialorrhoe aufgrund von Kopf-Hals-Tumoren,
Defektzuständen nach Operationen oder Bestrahlung im
Kopf/Hals- oder oberen Gastrointestinalbereich
Patienten mit Sialorrhoe in palliativer Behandlung
Beatmete und/oder tracheotomierte Patienten, z. B. mit
entzündlichen Schleimhautveränderungen bei Speichelsee
oder Weaning-Problemen auf Grund der Sialorrhoe
Bei Patienten unter antikoagulativer Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten (wie
Phenprocoumon, Acenocumarol oder Warfarin), neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK,
wie Apixaban, Dabigatran, Edoxaban oder Rivaroxaban) oder hochdosierter
Heparin-Behandlung sollte, sofern möglich, vor Injektion eine
adäquate Therapiepause der Antikoagulationen durchgeführt
werden.
Sofern dies nicht möglich ist, sollte die Injektion unter entsprechender
Überwachung (bis ca. 30 Minuten nach Injektion) und Nachbeobachtung
(Cave: Hämatombildung im Mundboden) erfolgen. Die Patienten sollten
über eine mögliche Hämatombildung ggf. mit Druckschmerz
aufgeklärt sein. Bei Acetylsalicylsäure ist ein Pausieren nicht
erforderlich.
Nicht geeignete Patienten
Patienten mit einer Überempfindlichkeit gegen einen oder mehrere
Bestandteile von IncoBoNT/A (Albumin, Sucrose), Myasthenia gravis,
Lambert-Eaton-Syndrom, Patienten mit einem Tumor oder mit einer
Infektion/Entzündung der Speicheldrüsen oder einer
Infektion/Entzündung an der vorgesehenen Einstichstelle sind
laut Herstellerangaben nicht für die Therapie mit IncoBoNT/A
geeignet [3 ].
Cave: Eine Bestrahlung im Kopf-Hals-Bereich, einschließlich der
Speicheldrüsen und/oder die gleichzeitige Anwendung von
Anticholinergika kann die Wirkung von IncoBoNT/A verstärken.
Während einer laufenden Bestrahlung wird die IncoBoNT/A Therapie
daher nicht empfohlen. Aufgrund unzureichender Datenlage sollte
IncoBoNT/A in Schwangerschaft und Stillzeit nicht angewendet werden
[3 ].
Anamnese und Diagnostik
Die Anamnese widmet sich bei Patienten mit bekannter Grunderkrankung den Symptomen
Sialorrhoe (vgl. Abschnitt Therapieziele ) und Schluckstörung. Es wird
empfohlen, die in Box 3 aufgeführten Hinweise auf eine Dysphagie gezielt
abzufragen. Ergeben sich aus der Anamnese keine Hinweise auf eine
höhergradige Dysphagie, ist eine weiterführende Diagnostik meist
nicht erforderlich. Liefert die Anamnese Hinweise auf eine Dysphagie, empfiehlt sich
eine weitergehende klinische Diagnostik. Der Goldstandard ist die klinische
Schluckuntersuchung inkl. einer sog. flexiblen endoskopischen Evaluation des
Schluckaktes (FEES). Die Leitlinie „Hypersalivation“ empfiehlt eine
interdisziplinäre Herangehensweise [1 ].
Box 3: Hinweise auf eine Dysphagie
Direkte Symptome:
Verschlucken beim Trinken und Essen oder an Speichel
häufiges Husten/Räuspern beim oder nach der
Mahlzeit/Trinken
gurgelige Stimme/sog. „wet voice“
Indirekte Symptome:
wiederkehrende Lungenentzündungen (Pneumonie, rezidivierende
Bronchitiden, unklares Fieber)
ungewollte Gewichtsabnahme
Speise „geht nicht runter“
Nahrungsreste im Mund/Rachen
Schmerzen in der Brust beim Essen
Bedeutung der Dysphagie bei einer IncoBoNT/A -Therapie
Die Dysphagie ist die häufigste Ursache für eine Sialorrhoe.
Patienten mit Schluckstörungen sind also potentielle Kandidaten
für eine Therapie mit IncoBoNT/A. Die Anamnese und die
Diagnostik zielen darauf ab, die Art der Schluckstörung einzugrenzen:
Zeigt sich bei Patienten ein gestörtes Sekretmanagement (pathologischer
pharyngealer oder laryngealer Speichel), kann die IncoBoNT/A -Therapie
eine Verbesserung der Dysphagie bewirken, da weniger Speichel aspiriert wird.
Bestehen jedoch Residuen von Nahrung oder Medikamenten oder ein stark
eingeschränktes Schluckvermögen von Medikamenten, könnte
eine Therapie mit IncoBoNT/A durch die Reduktion des pharyngealen
Speichels zu einer Zunahme der Symptomatik führen. Schwere Residuen
könnten zu Aspiration von Nahrung oder Bolusereignissen führen.
Deshalb gilt: Ergeben Anamnese und klinische Schluckuntersuchung den Verdacht
auf eine Schluckstörung oder sind diese klinischen Parameter nicht
aussagekräftig, sollte eine ergänzende apparative
Dysphagiediagnostik erfolgen. Da die im Zusammenhang mit der
IncoBoNT/A-Therapie relevanten Residuen von Nahrung in der FEES
signifikant besser nachweisbar sind als in der Videofluoroskopie (VFSS), ist die
FEES zu bevorzugen.
Folgender Algorithmus ([Abb. 1 ]) kann bei
der Indikationsstellung zu einer IncoBoNT/A-Therapie bei Sialorrhoe
herangezogen werden:
Abb. 1 Anamnese und Diagnostik bei Sialorrhoe. FEES: flexible
endoskopische Evaluation des Schluckaktes; VFSS: Video-fluoroskopische
Schluckstudie.
Stellenwert von IncoBoNT/A in der Therapie der Sialorrhoe
Stellenwert von IncoBoNT/A in der Therapie der Sialorrhoe
In der zuletzt 2018 aktualisierten S2k-Leitlinie „Hypersalivation“
(AWMF-Registernummer 017–075) werden die Therapieoptionen zur Behandlung der
Sialorrhoe ausführlich behandelt [1 ].
Da die Zulassungsstudien zum Nachweis der Effektivität von
IncoBoNT/A erst später erschienen sind [4 ]
[5 ]
[6 ], nimmt die Bedeutung von
IncoBoNT/A in der Leitlinie noch nicht den Raum ein, der bei der
nächsten Aktualisierung zu erwarten ist.
Entscheidend ist, dass derzeit (Mai 2022) nur zwei zugelassene Medikamente zur
Behandlung der Sialorrhoe zur Verfügung stehen, Glycopyrrolat (nur bei
Kindern mit schwerer Sialorrhoe) und IncoBoNT/A (bei Kindern und Erwachsenen
und für alle Schweregrade). Alle anderen eingesetzten Medikamente sind zur
Therapie der Sialorrhoe nicht zugelassen, werden also off-label verwendet. Der
medikamentösen Therapie geht, abhängig vom Befund, häufig
eine Übungsbehandlung (Schluckübungen, Logopädie) voraus.
Diese kann auch mit einer medikamentösen Therapie kombiniert werden.
Chirurgische Maßnahmen (wie Verlegung der
Speicheldrüsenausführungsgänge) oder die Radiotherapie der
großen Speicheldrüsen werden in Einzelfällen Patienten
angeboten, bei denen mit konservativen Maßnahmen kein ausreichender Effekt
erzielt werden kann [1 ]
[10 ].
Box 4: Therapieoptionen bei Sialorrhoe
Es gibt nicht-medikamentöse und medikamentöse
Therapieverfahren.
Bei jeder Sialorrhoe sollte geprüft werden, ob eine
Schlucktherapie oder andere Übungsverfahren sinnvoll sind. Diese
können auch mit einer medikamentösen Therapie kombiniert
werden.
Zu den weiteren nicht-medikamentösen Optionen zählen, je
nach Befund, kieferorthopädische und in Einzelfällen
chirurgische oder radiotherapeutische Maßnahmen.
Zugelassene medikamentöse Behandlung bei Kindern und Erwachsenen
ist IncoBoNT/A (Xeomin) als lokale
Therapiemaßnahme.
Bei Kindern ab 3 Jahren steht zusätzlich als systemische Therapie
Glycopyrrolat (Sialanar) zur Verfügung.
Es werden anticholinerge Medikamente mit systemischer Wirkung verwendet,
für die keine Zulassung bei Sialorrhoe besteht. Sie
können erhebliche Nebenwirkungen haben. Dennoch können
z. B. Scopolamin, Atropin und Amitriptylin unter Abwägen
von Nutzen und Risiko und unter entsprechender Aufklärung
außerhalb der Zulassung (Off-label-use) eingesetzt werden.
Neben dem Zulassungsstatus entscheidet sich die Wahl der medikamentösen
Behandlung im Wesentlichen anhand des Nebenwirkungsprofils. Bei der lokalen
Behandlung mit IncoBoNT/A traten in den Zulassungsstudien keine systemischen
Nebenwirkungen auf, auch nicht im Langzeitverlauf [4 ]
[5 ]
[6 ]
[14 ].
Demgegenüber ist Glycopyrrolat ein systemisch wirksames Anticholinergikum,
dessen anticholinerge Nebenwirkungen zum Therapieabbruch führen
können [7 ]
[8 ]
[15 ].
Da keine Daten zur Langzeitsicherheit vorliegen, wird vom Hersteller empfohlen,
Glycopyrrolat mit Unterbrechungen und jeweils nur kurzfristig anzuwenden [9 ].
In der klinischen Praxis hat sich beim Einsatz von Anticholinergika gezeigt, dass
Akkommodationsstörungen mit Sehstörungen, Obstipation, Harnverhalt,
Sedierung, Verwirrung oder Erregbarkeit zu den relevantesten Nebenwirkungen
gehören. Gerade bei Kindern und bestimmten Gruppen erwachsener Patienten
sind diese Nebenwirkungen jedoch schwierig zu erfassen und können unerkannt
gravierende Folgen haben.
Therapieziele
Die Therapieziele müssen entsprechend den sehr heterogenen klinischen
Anforderungen, die vom beatmeten Patienten einer Intensivstation bis zu einem
Jugendlichen reichen, der durch die Sialorrhoe stigmatisiert ist, individuell
angepasst werden. Mit der Einleitung der Therapie mit IncoBoNT/A sollte
ein realistisches Therapieziel mit dem Patienten und/oder Betreuer
vereinbart werden. Diese orientieren sich an typischen klinischen Problemen.
Box 5: Mögliche Therapieziele bei Anwendung von
IncoBoNT/A
Verringerung des Stigmas (sichtbarer Speichelfluss)
Verbesserung der Lebensqualität der Patienten und
Angehörigen
Erleichterung der oralen Nahrungsaufnahme
Verbesserung der Rahmenbedingungen bei funktionellen Therapien
Erleichterung der Pflege eines Tracheostoma
Verringerung der Speichelaspiration zur Pneumonieprophylaxe
Keine/weniger Benässung von Wäsche,
Hilfsmitteln, Spielzeug u. a.
Vermeidung periorale Mazerationen
Reduktion des Pflegebedarfs, z. B. weniger Wäsche
Orientierend am klinischen Problem kann das Ziel der Behandlung idealerweise mit
qualitativen und/oder quantitativen Instrumenten erfasst werden [2 ]. Auch eine einfache Befragung der
Patienten und Angehörigen kann hierzu geeignet sein, z. B. durch
das Erfragen der Zufriedenheit mit der Therapie und/oder der Anzahl der
Tücher, welche pro Tag zum Auffangen des Speichels nötig
waren.
Injektionsprozess von IncoBoNT/A
Die Injektion von IncoBoNT/A ist eine standardisiert ablaufende,
einfache, üblicherweise ambulant durchgeführte Prozedur. Zum
Vorgehen bei Kindern verweisen wir zusätzlich auf das Kapitel
„Besonderheiten bei Kindern“. In folgender Checkliste (s. Box 6)
sind die einzelnen Vorbereitungs- und Arbeitsschritte aufgeführt.
Tab. 1 Dosierung von IncoBoNT/A pro Drüse
beim erwachsenen Patienten. Die Verdünnung beträgt
2 ml sterile, 0,9%-ige
Kochsalzlösung/100 Einheiten [3 ].
Drüsen
Einheiten
Volumen
Gl. parotidea
30 pro Seite
0,6 ml pro Injektion
Gl. submandibularis
20 pro Seite
0,4 ml pro Injektion
Tab. 2 Dosierung von IncoBoNT/A pro Drüse
bei Kindern. Die Verdünnung beträgt 4 ml
sterile 0,9%-ige Kochsalzlösung/100
Einheiten [3 ].
Körpergewicht
Gl. parotidea, jede Seite
Gl. submandibularis, jede Seite
Gesamtdosis, beide Drüsen, beide Seiten
Dosis pro Drüse
Volumen pro Injektion
Dosis pro Drüse
Volumen pro Injektion
[kg]
[Einheiten]
[ml]
[Einheiten]
[ml]
[Einheiten]
≥12 und<15
6
0,24
4
0,16
20
≥15 und<19
9
0,36
6
0,24
30
≥19 und<23
12
0,48
8
0,32
40
≥23 und<27
15
0,60
10
0,40
50
≥27 und<30
18
0,72
12
0,48
60
≥30
22,5
0,90
15
0,60
75
Box 6: Checkliste zur praktischen Herangehensweise bei der
IncoBoNT/A -Injektion
Therapieziele definiert?
Kontraindikationen ausgeschlossen?
Information, Einverständniserklärung, ggf.
Informationsmaterial
Vorbereitung des Patienten:
Überprüfen, ob Schmerzmedikation oder
Sedierung erforderlich sind (vgl. Besonderheiten bei
Kindern )
Lagerung des Patienten: Idealerweise liegend
Dosisfeststellung: für Erwachsene 100 Einheiten (E); Kinder
gewichtsadaptiert 20–75 E
Rekonstitution des IncoBoNT/A (empfohlen: 50 E
Durchstechflasche mit 1–2 ml, 100 E mit
2–4 ml steriler, 0,9%-iger
Kochsalzlösung) und vorbereiten der Spritzen; empfohlene
Nadeldicke 27–30 G, Länge von
1,5–4 cm
Hautdesinfektion
Injektion in die Gll. parotideae und Gll. submandibulares an je
1–2 Injektionspunkten unter Ultraschallkontrolle beidseitig
(s. [Tab. 1 ] und [2 ]
,
[Abb. 2 ])
Dokumentation
Folgetermin vereinbaren
Dosierungen von IncoBoNT/A
Die Gesamtdosis von IncobotulinumtoxinA beträgt beim erwachsenen
Patienten 100 Einheiten (E) verteilt auf die Gll. parotideae
(Ohrspeicheldrüsen) und Gll. submandibulares
(Unterkieferspeicheldrüsen) beidseits, in der Dosisverteilung wie in
[Tab. 1 ] angegeben. Die
Dosisverteilung richtet sich dabei nach der Größe der
Drüsen und wird wie in der Zulassungsstudie angewendet [4 ]
[5 ]
im Verhältnis 3:2 empfohlen. Analog erfolgt die Verteilung der
Gesamtdosis bei der Anwendung bei Kindern, wobei die Dosierung hier
zusätzlich körpergewichtsadaptiert vorgenommen wird.
Abb. 2 Darstellung der Ultraschall-gestützten Injektion.
Proband 1 und 2, (a ) Gl. submandibularis, (b ) Gl.
parotidea (vgl. weitere Erläuterung im Text).
Sie beträgt etwa 2 Einheiten/kg Körpergewicht. Die Dosierung
erfolgt nach fünf Körpergewichtsklassen und ist in [Tab. 2 ] mit den empfohlenen
Injektionsvolumina detailliert dargestellt. Da Kinder mit einem niedrigeren
Körpergewicht als 12 kg nicht in der Zulassungsstudie
eingeschlossen worden waren, kann bei diesen Kindern keine Dosisempfehlung
gegeben bzw. eine Behandlung nicht empfohlen werden. Ab einem
Körpergewicht von 30 kg beträgt die empfohlene
Gesamtdosis 75 Einheiten. Im Vergleich zur Anwendung bei den Erwachsenen wurde
in der Zulassungsstudie eine höhere Verdünnung von
4 ml/100 E verwendet [6 ].
Ultraschallgestützte Injektion von IncoBoNT/A
Die Injektion von IncoBoNT/A in die Speicheldrüsen sollte unter
Ultraschallkontrolle erfolgen [10 ]. Zum
einen können Größe und Lage insbesondere der Gll.
submandibulares erheblich variieren [11 ]
[12 ], zum anderen ist eine
Injektion in die Mundbodenmuskulatur aufgrund des Risikos einer damit
provozierten Schluckstörung zu vermeiden.
Bei den allermeisten Patienten sind Nadeln in einer Länge von
1,5–2 cm Länge ausreichend und können daher auch
sehr dünn sein (27–30 G). Bei Bedarf können
4 cm lange Nadeln (27 G) eingesetzt werden. Nach der Darstellung
der Drüse in der Mitte des Ultraschallbildes erfolgt die Injektion
mittig an der Längsseite des Linearschallkopfes (off-plane) (siehe [Abb. 2 ]).
Die Sondenpositionen und die korrespondierenden Ultraschallbilder sind in [Abb. 2 ] für die Gl.
submandibularis (a) und Gl. parotidea (b) bei zwei verschiedenen Probanden (1
und 2) dargestellt. Die schwarzen gestrichelten Linien markieren den unteren
bzw. hinteren Rand der Mandibula. Die Ultraschallsonde (14Mhz Linearschallkopf)
wird so positioniert, dass die zu injizierende Drüse mit ihrem
größten Anteil in der Mitte des Bildes zur Darstellung kommt
(gestrichelte helle Linie). Im Falle der Gl. parotidea kann aufgrund der
Größe der Drüse die Gesamtdosis auf einen
zusätzlichen Injektionspunkt verteilt werden. Bei der Gl.
submandibularis genügt in aller Regel ein Injektionspunkt.
Die Nadel wird an der Längsseite der Sonde eingeführt.
Während die Gl. parotidea regelhaft direkt hinter der Mandibula (liegt
oft auch auf der Mandibula) zur Darstellung kommt, gibt es eine deutliche
Varianz sowohl des Abstandes der Drüse zur Mandibula als auch der
Größe der Gl. submandibularis, welche exemplarisch an den
Fällen dargestellt ist (vergleiche 1a und 2a).
Besonderheiten bei Kindern
Besonderheiten bei Kindern
Bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit IncoBoNT/A sind einige
Aspekte bei der Vorbereitung und dem Injektionsprozess zusätzlich zu
beachten. Eine Orientierung zum Vorgehen findet sich in Box 7. Eine gute
Vorbereitung mit Vorinformation aller Beteiligten ist die beste Voraussetzung
für einen ruhigen und reibungslosen Behandlungsablauf. Insbesondere ein
Schmerz- und Sedierungsmanagement, angepasst an die individuellen
Bedürfnisse des Patienten und die Möglichkeiten des Behandlers,
sollten frühzeitig vorbereitet werden. Die Gabe eines Schmerzmittels vor der
Anreise und dermale Applikation eines Lokalanästhetikums kann
genügen. Bei unruhigen Kindern kann zusätzlich erwogen werden,
orales Midazolam zu verabreichen oder, wenn Nutzen-Risiko-Abwägung und die
Möglichkeiten vor Ort es zulassen, eine Analgosedierung oder Narkose
einzusetzen. Die Einverständniserklärung der Eltern sollte
schriftlich vorliegen, das Schmerzmanagement abgestimmt und über
mögliche Nebenwirkungen der IncoBoNT/A -Therapie, eingesetzten
Analgetika und/oder Anästhetika aufgeklärt sein.
Box 7: Besonderheiten bei Kindern
Ist der Patient tagesaktuell interventionsfähig (z. B.
Infekt? Hautulzera? nüchtern?)
Einverständniserklärung der Eltern schriftlich
vorliegend
Vorinformationen an beteiligtes Pflegepersonal bzw. Eltern über
den Ablauf vor der Intervention, angepasst an den Ort der Intervention
(Intensivstation, Ambulanz, Normalstation)
Sicherstellung, dass alle Arbeitsschritte und Utensilien vorbereitet
sind, um einen schnellen Ablauf zu gewährleisten
Ruhige Atmosphäre schaffen (z. B. Licht dimmen,
Türschild)
Anwesenheit der Eltern solange Kinder wach sind
Schmerz-/Sedierungsmanagement individuell angepasst an den
Patient und die Möglichkeiten des Behandlers:
Lokalanästhesie lokal transdermal mit Salbe/Gel
und Ibuprofen oral mindestens 60 Minuten vor Injektion
Bei Bedarf zusätzlich Midazolam oral mind. 20 Minuten vor
Injektion
Intravenöse Analgosedierung/Anästhesie
bedenken (z. B.
Lachgas/Midazolam/Ketamin/Propofol oder
Kombinationen)
Time-Out und Injektion mit lokaler Desinfektion
Postinterventionelle Überwachung vor Ort
Nachsorgemanagement (z. B.
Wiedervorstellungstermin/Nebenwirkungen/Ansprechpartner)
Auch ängstliche, demente oder kognitiv eingeschränkte erwachsene
Patienten können vom geschilderten Vorgehen bei Kindern profitieren.
Nachsorge der Patienten und Troubleshooting
Nachsorge der Patienten und Troubleshooting
Besonders zu Therapiebeginn empfiehlt sich eine kurzfristige Kontrolle der
Therapieeffekte, z. B. mit Hilfe eines wöchentlichen
„Droolingtagebuches“ oder eine Evaluierung anhand des Drooling
Severity and Frequency-Scores (DSFS) etwa 4 bis 6 Wochen nach der Behandlung sowie
der subjektiven Patientenzufriedenheit (z. B. mittels visueller Analogskala
oder Global Impression of Change-Skala) und möglicher Nebenwirkungen. Hierzu
können auch fernmündliche Termine vereinbart werden, um die
Einschätzung der Betroffenen oder Betreuenden (z. B.
Familie/Eltern sowie pflegendes und therapeutisches Umfeld) einzuholen.
Üblicherweise erfolgt die Kontrolle der Therapieeffekte, Nebenwirkungen und
Patientenzufriedenheit bei der Wiedervorstellung zur Re-Intervention nach 4 Monaten.
Hier ist vor allem bei Kindern und Jugendlichen auch auf die Fortführung der
regelmäßigen
zahnärztlichen/kieferorthopädischen Kontrolle
hinzuweisen.
Nicht immer kann auf eine ortsnahe IncoBoNT/A -Behandlung
zurückgegriffen werden. Insbesondere beim Wechsel von stationärer zu
ambulanter Behandlung benötigen Patienten und betreuende Personen
Hilfestellung.
Der Arbeitskreis Botulinumtoxin der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
(DGN) zertifiziert Fachärztinnen und Fachärzte und hat
hierfür Richtlinien zum Erwerb des Qualitätsnachweises
„Qualifizierte Botulinumtoxintherapie“ aufgestellt. Unter www.ak-botulinumtoxin.de/akademie/zertifizierte-mitglieder
oder über Kontaktaufnahme mit dem Sekretariat kann gegebenenfalls ein
alternativer Botulinumtoxin-Behandler ortsnah gefunden werden.
Troubleshooting
Die IncoBoNT/A-Therapie ist eine sichere und nebenwirkungsarme Behandlung
[4 ]
[5 ]
[6 ], sofern eine
Ultraschallkontrolle erfolgt und zur Vermeidung einer versehentlichen
Applikation in ein Blutgefäß eine Aspiration vor der Injektion
erfolgt.
Typische in der klinischen Praxis auftretende Problemstellungen können
ein unzureichender Effekt sein (vor allem zu Therapiebeginn), eine mit der
Wirkung einhergehende Mundtrockenheit bzw. Xerostomie, das Auftreten oder die
Verschlechterung einer schon bestehenden Schluckstörung, eine
Sialadenitis oder Mucositis, die (nicht-)infektiös bedingt sein kann,
oder mit dem Injektionsprozess verbundene Hämatome. Je nach
Problemstellung empfehlen die Autoren in Box 8 verschiedene
Herangehensweisen.
Im Studienverlauf der beiden Zulassungsstudien von IncoBoNT/A bei
Erwachsenen und Kindern zeigte sich im Laufe der Behandlung über vier
Injektionszyklen mit Injektionsabständen von jeweils 16 Wochen eine
kontinuierliche Zunahme des Wirkeffektes [5 ]
[6 ]. Im
Aufklärungsgespräch mit den Patienten und ggf. Eltern sollte zu
Therapiebeginn auf eine ansteigende Wirkung im Behandlungsverlauf hingewiesen
werden. Ebenso sollten realistische Therapieziele ausgewählt und
möglichst eine objektive Erfassung dieser umgesetzt werden. Sollte auch
nach mehreren Injektionszyklen keine ausreichende Wirkung erzielt werden, so
kann erwogen werden, die Behandlungsdosis zu erhöhen. Tritt im Verlauf
der Therapie eine Verringerung des Ansprechens auf die Behandlung auf, so sollte
ein mögliches Fortschreiten der Grunderkrankung mit Verschlechterung der
Sialorrhoe in Betracht gezogen werden. Ein sekundäres Therapieversagen
als Folge neutralisierender Antikörper nach alleiniger Behandlung mit
IncoBoNT/A wurde bisher nicht berichtet, ist aber nicht gänzlich
auszuschließen [13 ].
Mögliche Nebenwirkungen, die im Zusammenhang mit der Injektion auftreten
können, sind lokale Schmerzen, Entzündungen,
Parästhesien, Hämatome und/oder Blutung an den
Einstichstellen. Durch den Injektionsprozess verursachter Schmerz
und/oder Angst können zu vasovagalen Reaktionen führen,
wie z. B. vorübergehende Hypotension, Übelkeit und
Synkopen [3 ].
Zu den Nebenwirkungen, die im Zusammenhang mit der Wirkung von IncoBoNT/A
bei Erwachsenen mit Sialorrhoe auftreten können, zählen
Mundtrockenheit, Dysphagie, Parästhesien, Sprechstörung,
verdickter Speichel und subjektive Geschmacksstörung [3 ]. Bei Kindern und Jugendlichen tritt
gelegentlich Dysphagie auf. Verdickter Speichel, Mundtrockenheit, Schmerzen im
Mund und Karies können ebenfalls auftreten und sollten entsprechend
beachtet werden [3 ]
[6 ].
Box 8: Troubleshooting
Unzufriedenheit bei unzureichendem Effekt
Mehrere Injektionszyklen mit regelmäßigen
Interventionsabständen abwarten (zunehmender Wirkeffekt nach
Wiederholungsbehandlung)
Ggf. Dosis schrittweise erhöhen (titrieren)
Differenz zwischen subjektivem und objektivem Wirkeffekt beachten
(realistische Therapieziele transparent kommuniziert? Ggf.
Erwartungshaltung anpassen bzw.
Patientenperspektive/Therapieziele korrigieren)
Fehlinjektion ausschließen (Sonographie empfohlen)
Progredienz der Grunderkrankung?
Ein sekundäres Therapieversagen als Folge neutralisierender
Antikörper wurde in der Zulassungsstudie nicht beobachtet,
scheidet aber als seltene Ursache nicht vollständig aus und
ist möglicherweise Präparate-spezifisch.
Sekretmanagement, z. B. Trinkmenge und Mundpflege
(Wundcremes, Sprays mit Dexpanthenol, Lemon-Glycerin-Sticks, etc.)
erhöhen
Inhalation, in seltenen Fällen in Kombination mit dem Einsatz
einer Hustenmaschine oder Vibrations-Weste nach gesonderter
Einweisung
Take Home Message
Laut Studienlage und Erfahrung der Autoren können Patienten mit chronischer
Sialorrhoe von der Behandlung mit IncoBoNT/A erheblich profitieren. Die
vorliegenden Informationen und Handlungsempfehlungen zur praktischen Anwendung vom
Kindes- bis in das Erwachsenenalter sollen Zentren und niedergelassenen Kollegen den
Zugang zur Symptomatik und ihrer Behandlung erleichtern.
Hinweis
Dieser Artikel wurde gemäß des Erratums vom 14.6.2022
geändert.
Erratum
Bei diese Beitrag wurde die Affiliation einer Koautorin
fehlerhaft angegeben. Richtig lautet diese:
Maria Grosheva
HNO-Uniklinik Köln, Universität zu Köln, Medizinische
Fakultät, Köln, Deutschland Department of Otorhinolaryngology,
Head and Neck Surgery, University of Cologne,
Medical Faculty, Cologne, Germany.