Einleitung
Minimalinvasive Operationsmethoden gelten für die meisten primär operativ zu behandelnden
gynäkologischen Erkrankungen aufgrund der erniedrigten perioperativen Morbidität und
der besseren
postoperativen kosmetischen Ergebnisse als klinischer Standard. Zunehmende Relevanz
erfährt die minimalinvasive Chirurgie auch in Hinblick auf die Therapie gynäkologischer
Malignome. Bei der
Behandlung des Ovarialkarzinoms ist der Stellenwert der Laparoskopie zum aktuellen
Zeitpunkt jedoch ungeklärt. Leitliniengerecht erfolgt die primäre Debulking-Operation
über eine mediane
Längsschnittlaparotomie [1]. Ein laparoskopischer Therapieansatz wird hingegen einerseits aufgrund der stetigen
Weiterentwicklung der
Operationstechnik, andererseits wegen einer möglicherweise vertretbaren operativen
Deeskalation insbesondere beim frühen Ovarialkarzinom kontrovers diskutiert. Einige
Studien deuten darauf
hin, dass der laparoskopische Zugangsweg bei dieser Tumorentität der Laparotomie in
Hinblick auf die Durchführbarkeit nicht unterlegen zu sein scheint, die Rate an intra-
und postoperativen
Komplikationen jedoch geringer ist [2]
[3]
[4]
[5]. Zu dieser Fragestellung fehlen bis zum heutigen Zeitpunkt kontrolliert randomisierte
Studien, die den
Therapieansatz der minimalinvasiven Operationstechnik beim (frühen) Ovarialkarzinom
mit dem Outcome nach einer klassischen offenen Operation vergleichen, sodass abschließend
noch keine
eindeutige Aussage zum Stellenwert der Laparoskopie bei der Behandlung des Ovarialkarzinoms
möglich ist [6].
Im Folgenden wird ein Überblick über die häufigsten, zum Teil kontroversen, Diskussionspunkte
des Einsatzes einer Laparoskopie bei ovariellen Neoplasien gegeben.
Benigne ovarielle Raumforderungen und Neoplasien unklarer Dignität
Einer der häufigsten Gründe für eine gynäkologische Untersuchung sind unspezifische
Beschwerden, die durch zystische Adnexbefunde ausgelöst werden. Zudem wird im Rahmen
der transvaginalen
Sonografie häufig der Zufallsbefund einer ovariellen Raumforderung gestellt [7]
[8].
Vor allem prämenopausale Patientinnen sind hiervon betroffen [9]. Im Rahmen der Diagnostik ist es vorrangig, benigne von malignen Befunden
des Ovars abzugrenzen. Die präoperative Selektion ist hierbei auch in Bezug auf die
Wahl des operativen Zugangswegs entscheidend. Bei benignen ovariellen Raumforderungen
stellt die
Laparoskopie den Goldstandard der operativen Therapie dar. Die Vorteile der Laparoskopie
gegenüber der Laparotomie sind, neben den besseren postoperativen kosmetischen Ergebnissen
durch
kleinere Inzisionen, ein intraoperativ geringerer Blutverlust, die Reduktion der Adhäsionsbildung,
geringere postoperative Schmerzen sowie eine schnellere Mobilisation und Rekonvaleszenz,
die
mit einer signifikanten Verkürzung des Krankenhausaufenthalts und insgesamt mit weniger
perioperativen Komplikationen vergesellschaftet ist [10]
[11]
[12]
[13]. Zur Differenzierung von ovariellen Neoplasien müssen die individuelle Krankengeschichte,
die familiäre Disposition, klinische und laborchemische Untersuchungsbefunde
sowie die Ergebnisse von bildgebenden Verfahren berücksichtigt werden. Ein erstes,
wesentliches Kriterium zur Einschätzung der Dignität stellen das Alter und der Menopausenstatus
der Patientin
dar, da die Inzidenz maligner Ovarialtumoren bei Frauen im reproduktiven Alter als
sehr gering einzuschätzen ist [14]
[15]
[16]. Die Wahrscheinlichkeit, dass bei einer prämenopausalen Patientin im Rahmen
einer Laparoskopie die Zufallsdiagnose eines Ovarialkarzinoms gestellt wird, liegt
bei unter einem Prozent [17]
[18]. Schwieriger ist die präoperative Einordnung von Adnexbefunden bei postmenopausalen
Frauen. Als Entscheidungshilfe und zur besseren
Risikoselektion für dieses Patientenkollektiv wurden die Screening-Kriterien der International
Ovarian Tumor Analysis-(IOTA-)Arbeitsgruppe etabliert [19]. Maßgebend für die Einordnung der erhobenen Ultraschallbefunde sind das Alter der
Patientin, der CA-125-Serumlevel und ob die Untersuchung an einem
gynäkologisch-onkologischen Schwerpunktzentrum stattfand oder nicht. Zum anderen werden
6 ultraschallspezifische Kriterien (maximaler Durchmesser, Anteil an soliden Teilen,
Anzahl an Zysten
und papillären Ausläufern und das Vorhandensein von Schallschatten und/oder Aszites)
zur Beurteilung herangezogen [20]
[21]
[22]. Durch eine präoperative Risikoselektion soll vermieden werden, dass
intraoperativ der Zufallsbefund eines ovariellen Malignoms gestellt wird und die Patientin
beispielsweise durch eine defizitäre Aufklärung oder aufgrund von präoperativ vermeidbaren,
strukturellen Defiziten nicht leitliniengerecht operiert werden kann. Besteht präoperativ
der begründete Verdacht, dass es sich beim vorliegenden Ovarialbefund um ein malignes
Geschehen
handelt, sollte ein primär laparoskopischer Therapieansatz vermieden werden [1]. Zur Präzisierung der Verdachtsdiagnose müssen dann, wenn
nötig, weiterführend diagnostische Verfahren wie eine Magnetresonanztomografie des
Beckens oder eine Computertomografie als Umgebungsdiagnostik eingeleitet werden [1]. Wenn mit der Patientin bei unklarer Dignität des Ovarialbefundes ein primär laparoskopischer
Therapieansatz besprochen wird, muss diese
darüber aufgeklärt werden, dass die Rate an perioperativen Komplikationen beim Vorliegen
eines malignen Geschehens im Vergleich zur benignen Raumforderung erhöht ist und dass
bei einem
intraoperativen Malignomnachweis zum Beispiel durch eine histologische Schnellschnittuntersuchung
die Ausweitung der Operation inklusive Konversion auf eine mediane Längsschnittlaparotomie
zum
adäquaten und leitlinienadhärenten Staging und Tumordebulking erforderlich ist [23].
Bei Raumforderungen des Ovars ist die präoperative Risikoselektion durch eine erfahrene
Operateurin bzw. einen erfahrenen Operateur entscheidend, da auf der einen Seite durch
den primär
laparoskopischen Therapieansatz bei benignen Ovarialbefunden Laparotomien vermieden
werden können und somit die Rate an perioperativen Komplikationen verringert wird,
auf der anderen Seite
muss jedoch gewährleistet sein, dass eine Patientin mit einem malignen Ovarialbefund
leitliniengerecht operiert wird [24]
[25]
[26].
Laparoskopische Therapieverfahren beim Ovarialkarzinom
Stellenwert der Laparoskopie beim frühen Ovarialkarzinom
Das „frühe“ Ovarialkarzinom ist in seiner Ausbreitung auf das kleine Becken beschränkt
und wird nach der International Federation of Gynaecology and Obstetrics (FIGO) in
die Stadien I bis
IIA klassifiziert [1]. In der Primärsituation umfasst die leitliniengerechte Standardtherapie ein operatives
Staging via medianer
Längsschnittlaparotomie mit dem primären Ziel der makroskopisch vollständigen Tumorresektion.
Im Rahmen des operativen Stagings soll die gesamte Abdominalhöhle inspiziert und palpiert
werden, wozu die Adnexen beidseits, der Uterus, die Zwerchfellkuppeln, die Leberoberfläche,
Gallenblase, Milz, Magen, Pankreas, Nieren, Omentum majus und minus, Dünndarm vom
Treitz’schen
Band bis Ileozäkalklappe inkl. Mesenterialwurzel, parakolische Rinnen, Dickdarm vom
Zäkum bis zum Rektum, die pelvinen und paraaortalen Lymphknoten und das Beckenperitoneum
gehören [1]. Der Umfang des operativen Stagings (inklusive der Entnahme von systematischen Probebiopsien
und einer Peritonealzytologie) ist
entscheidend, da bei inkomplettem Staging das Risiko besteht, dass Tumormanifestationen
unentdeckt bleiben und die Patientin nicht stadiengerecht therapiert wird [27]
[28]
[29]
[30]. Die prognostische Relevanz eines vollständig durchgeführten operativen Stagings
wurde durch umfangreiche Studien belegt [31]
[32]. So konnten beispielsweise die Ergebnisse der ACTION-Studie (Adjuvant
Chemotherapy in Ovarian Neoplasm) der European Organization for Research and Treatment
of Cancer zeigen, dass bei Patientinnen mit frühem Ovarialkarzinom die Durchführung
eines vollständigen
operativen Stagings ein unabhängiger prognostischer Faktor für ein signifikant verbessertes
postoperatives onkologisches Outcome war [31]
[32]. In diesem Kontext muss auch die Relevanz der Behandlung an einem spezialisierten
Zentrum hervorgehoben
werden. Du Bois et al. zeigten in einem systematischen Review, dass die leitliniengerechte
Therapieadhärenz, insbesondere in Hinblick auf die Vollständigkeit des operativen
Stagings,
deutlich höher war, wenn die Operation durch eine Gynäkoonkologin bzw. einen Gynäkoonkologen
im Vergleich zu einem Operateur mit einer anderen Subspezialisierung durchgeführt
wurde [33]. Des Weiteren zeigten sich Hinweise darauf, dass die Durchführung der Operation
durch eine Gynäkoonkologin bzw. einen Gynäkoonkologen
mit einem besseren operativen Ergebnis im Sinne einer höheren Rate an makroskopischer
Tumorfreiheit assoziiert war [33].
Bezugnehmend auf den geeigneten Zugangsweg für das operative Staging wird seit vielen
Jahren kontrovers diskutiert, ob die Laparoskopie bei der Operation eines (frühen)
Ovarialkarzinoms
eine geeignete Alternative zur herkömmlichen Längsschnittlaparotomie sein kann. Laparoskopische
Therapieansätze wurden in der Literatur schon in den 1970er-Jahren beschrieben [34]
[35]. Rosenoff et al. belegten bereits im Jahr 1975 die Fähigkeit diagnostischer
Peritoneoskopien zur Detektion okkulter Tumormanifestationen, woraus sich eine Höherklassifizierung
der Tumorausdehnung ableitete [34].
Ergänzend hierzu beschrieben Spinelli et al. im Jahr 1976 erstmals den diagnostischen
Vorteil der systematischen Inspektion des Diaphragmas durch die Laparoskopie [35]. Trotz der langen Historie des Einsatzes laparoskopischer Therapieverfahren beim
Ovarialkarzinom gibt es bis heute keine kontrolliert
randomisierten Studien, die das operative Staging durch eine Laparoskopie mit dem
Staging durch eine Laparotomie vergleichen [6]
[36]. Einzelne Fallkontrollstudien, Fallberichte und Kohortenstudien geben Hinweise darauf,
dass ein laparoskopisches Staging beim frühen
Ovarialkarzinom technisch sicher durchführbar und der Laparotomie bezogen auf das
onkologische Outcome und die operative Sicherheit nicht unterlegen zu sein scheint
[2]
[3]
[4]
[5]
[10]. Damit könnte das primär laparoskopische Staging in der Zukunft eine
Alternative zur Laparotomie darstellen. Aufgrund der bereits dargestellten Vorteile
wird die laparoskopische Chirurgie trotz fehlender hochqualitativer Evidenz in einzelnen
Zentren zunehmend
zur Therapie des frühen Ovarialkarzinoms angewandt. Unterstützt wird dieser Zugangsweg
durch eine publizierte Umfrage unter den Mitglieder der Society of Gynecologic Oncologists,
USA, in der
ca. 50% der Teilnehmenden angaben, dass ein minimalinvasives Vorgehen beim frühen
Ovarialkarzinom so gut wie immer bzw. meistens ein angemessener Zugangsweg im Rahmen
der Primärtherapie sei
[37]. Passend hierzu zeigte eine retrospektive Analyse von Matsuo et al. einen Anstieg
des Anteils minimalinvasiver Operationen beim
frühen Ovarialkarzinom von 3,9% im Jahr 2001 auf 13,5% im Jahr 2011 in den USA [38].
Im Folgenden wird der Stellenwert der Laparoskopie vs. Laparotomie beim frühen Ovarialkarzinom
diskutiert.
-
Operatives Staging: Die Gleichwertigkeit der Inspektion aller abdomineller Strukturen
insbesondere in Hinblick auf potenzielle, invasive Implantate auf dem Dünndarm, den
Oberbauchorganen und im Retroperitoneum sowie die technische Durchführbarkeit der
Operation im Rahmen einer Laparoskopie im Vergleich zur Laparotomie ist fraglich [1]
[5]
[39]. Vor allem die
Exploration der Gerota-Faszie, der Mesenterialwurzel, des Omentum minus, der Bursa
omentalis und des Foramen omentale ist bei einem laparoskopischen Therapieansatz deutlich
erschwert
bzw. nicht suffizient möglich, in Hinblick auf die Vollständigkeit des operativen
Stagings aber von entscheidender Bedeutung. Außerdem fehlt bei der Laparoskopie die
Möglichkeit der
digitalen Palpation abdomineller Strukturen. Dem steht die bessere Visualisierung
kleiner Strukturen wie Implantate auf dem Peritoneum oder Mikrometastasen durch optische
Vergrößerungen
mittels Zoomfunktionen und hochauflösender 3-D-Techniken entgegen. Außerdem besteht
eine bessere visuelle Zugänglichkeit, beispielsweise bei der Exploration des Diaphragmas,
durch
veränderbare Kamerawinkel [23]
[40]. Zur Beurteilung der technischen
Durchführbarkeit in Hinblick auf die Gleichwertigkeit im Vergleich zur offenen Operationstechnik
wurde in Studien unter anderem die Anzahl an exzidierten Lymphknoten oder die Größe
der
Exzidate des Omentums als Messparameter herangezogen, wobei sich in den durchgeführten
Studien keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Operationsmethoden zeigten
[5]
[36]
[41]. Als ein
weiteres Beurteilungskriterium wurde die Rate an Höherklassifizierungen des Tumorstadiums
durch die Entdeckung von okkulten Tumormanifestationen ausgewertet [10]
[40]
[42]
[43]
[44]. Hierbei wurde postuliert, dass es durch ein laparoskopisches Staging
mindestens genauso oft zu einer Höherklassifizierung kam wie beim Zugang per Laparotomie.
Zusammenfassend wurde in diesen größtenteils retrospektiven Studien mit zumeist kleiner
hochselektionierter Fallzahl die Gleichwertigkeit der beiden Zugangswege in Hinblick
auf die onkologische Sicherheit abgeleitet [10]
[40]
[42]
[43]. Die Gültigkeit dieser Schlussfolgerung muss kritisch hinterfragt werden. Neben
der größtenteils retrospektiven Datenqualität der vorliegenden Studien wurden die
Operationen nicht einheitlich in zertifizierten onkologischen Zentren durchgeführt,
und eine Auswertung des Einflusses des operativen Zugangswegs auf die Überlebenszeiten
fand nur in
wenigen Studien mit kleinen Fallzahlen statt. Insgesamt lässt sich die Frage nach
der technischen Durchführbarkeit und onkologischen Sicherheit eines laparoskopischen
Therapieansatzes
bei der Operation des Ovarialkarzinoms in Angesicht der spärlichen und qualitativ
unzureichenden Datenlage nicht abschließend beantworten.
-
Iatrogene Verschleppung von Tumorzellen: Erhöht die laparoskopische Resektion eines
Ovarialbefundes das Risiko einer iatrogenen Verschleppung maligner Zellen? Grundlage
dieser
Diskussion sind Publikationen, in denen die Rate an iatrogenen Kapselrupturen ovarieller
Raumforderungen im Rahmen eines laparoskopischen Operationsverfahrens im Vergleich
zur
Laparotomie erhöht war [45]
[46]
[47]
[48]. Bei Zystenruptur werden die Tumorstadien IA und IB zum Stadium IC, mit Verschlechterung
der Prognose
und der Notwendigkeit einer adjuvanten Chemotherapie [18]
[48]
[49]
[50]. Matsuo et al. zeigten in einer retrospektiven Datenerhebung bei
Patientinnen mit einem frühen Ovarialkarzinom (Stadium I), dass der minimalinvasive
Zugangsweg im Vergleich zur Laparotomie ein unabhängiger Risikofaktor für eine signifikant
häufigere
Rate an iatrogenen Kapselrupturen darstellte [45]. Die Kapselruptur war hierbei mit einer Verschlechterung des Gesamtüberlebens
assoziiert [45]. In anderen Studien zeigten sich beim Vergleich der beiden operativen Zugangswege
keine signifikanten Unterschiede
der Rupturraten, wenn differenziert wurde, ob primär ein ovarerhaltender Ansatz oder
eine primäre Adnexektomie angestrebt wurde – mit höheren Rupturraten beim Versuch
des Ovarerhalts
[51]. Bei Malignitätsverdacht sollte deshalb zur Vermeidung einer potenziell iatrogenen
Verschleppung von malignen Tumorzellen
prinzipiell die Adnexektomie der Zystenexstirpation vorgezogen werden [36]. Des Weiteren ist die Verwendung von Bergebeuteln zur
Extraktion des Resektats bei unklarer Dignität gängige Praxis [52]. Hierdurch soll der Verschleppung maligner Zellen,
beispielsweise durch eine intraabdominelle Zystenruptur, und der Entstehung von Stichkanalmetastasen
vorgebeugt werden [41].
-
Operationszeit: In Hinblick auf die Operationszeit gibt es ebenfalls divergente Daten.
Einige Studien zeigten eine signifikant kürzere Operationsdauer, andere eine längere,
wenn das
operative Staging durch eine Laparoskopie durchgeführt wurde [5]
[40]
[41]
[53]. Die Autoren der Studien stellten hierbei auch zur Diskussion, ob die
gemessenen Unterschiede nicht eher durch die operative Erfahrung der Chirurgin bzw.
des Chirurgen als durch den operativen Zugangsweg erklärbar waren [5]
[40]
[41]
[53].
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Reduktion intra- und postoperativer Komplikationen: Ein Argument für den laparoskopischen
Operationsansatz ist eine Reduktion intra- und postoperativer Komplikationen. Mehrere
Fallkontrollstudien zeigten signifikant weniger postoperative Komplikationen nach
einer Laparoskopie im Vergleich zur Laparotomie [10]
[43]
[53]. Insbesondere der intraoperative Blutverlust
und die Notwendigkeit von Bluttransfusionen konnte in einigen Studien in den Laparoskopie-Armen
deutlich reduziert werden [5]
[40]
[41]
[43].
-
Iatrogene Einflusskriterien: Als iatrogene Einflusskriterien werden unter anderem
die Effekte von Kohlenstoffdioxid, einem Hauptbestandteil des Laparoskopiegases, auf
die malignen
Zellen diskutiert. Die Begünstigung des Tumorwachstums von ovariellen Tumorzellen
durch Kohlenstoffdioxid konnte bisher nur in der Zellkultur nachgewiesen werden [54]. Auch der Verdacht, dass durch den intraabdominellen Überdruck und die Erzeugung
eines Pneumoperitoneums eine Disseminierung der
Tumorzellen stattfinden könnte, wurde bisher nur in Tierexperimenten beobachtet [55]. Des Weiteren wird diskutiert, ob durch das
verwendete Kohlenstoffdioxid der intraabdominelle pH-Wert verändert wird oder es durch
den Überdruck zu Schädigungen der Mesothelzellen kommen könnte. Für beide Faktoren
wäre ein
negativer Einfluss auf des Tumorgeschehen möglich [56]
[57]
[58]. Vorliegende klinische Daten konnten jedoch bisher keinen relevanten Einfluss einer
möglichen Disseminierung von Tumorzellen durch
ein Pneumoperitoneum auf die onkologischen Überlebensraten nachweisen [59]
[60].
-
Stichkanalmetastasen: Ein Vorbehalt gegenüber der laparoskopischen Operationstechnik
beruht auf der Sorge vor einer Metastasenbildung an den Trokar-Einstichstellen [61]
[62]. Bisherige Studienergebnisse zeigten keine gehäufte Entstehung von
Stichkanalmetastasen nach laparoskopischen Operationen beim frühen Ovarialkarzinom,
sodass nach aktuellem Kenntnisstand Stichkanalmetastasen eher ein Problem beim fortgeschrittenen
Ovarialkarzinom mit konsekutiver Aszitesbildung darstellen [3]
[5]
[53]. Hingegen untersuchten Vergote et al. die Entstehung von Stichkanalmetastasen nach
Laparoskopien beim fortgeschrittenen
Ovarialkarzinom und konnten im Verlauf bei 17% der Patientinnen Stichkanalmetastasen
nachweisen [63]. In einer anderen Studie von
Heitz et al. traten Stichkanalmetastasen nach einer diagnostischen Laparoskopie beim
fortgeschrittenen Ovarialkarzinom sogar in bis zu 47% der Fälle auf [64]. Die Ätiologie, mögliche Präventionsmaßnahmen und insbesondere die prognostische
Relevanz von Stichkanalmetastasen sind fraglich
und bedürfen weiterer Forschung [60]
[63]. Prinzipiell sollten die
Trokar-Einstichstellen stets in der Medianlinie unter-/oberhalb des Bauchnabels gesetzt
werden, sodass Stichkanalmetastasen, die hierdurch möglicherweise entstehen, im Rahmen
einer im
Intervall durchgeführten Längsschnittlaparotomie reseziert werden können.
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Pathologische Begutachtung: Diese könnte durch laparoskopische Therapieverfahren erschwert
sein (z. B. Differenzierung zwischen FIGO-Stadium IA und IC bei fraglicher
Kapsel-/Serosaruptur), wenn maligne Strukturen intraoperativ zur Bergung zerkleinert
werden und dies nicht klar dokumentiert ist.
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Verweildauer: Untersuchungen bezüglich der stationären Verweildauer im Krankenhaus
zeigten signifikant weniger postoperative Aufenthaltstage im Krankenhaus bei Patientinnen,
die
laparoskopisch operiert wurden [36]. Hiermit geht eine zu erwartende Verkürzung der Zeitspanne zwischen der Primäroperation
und dem
Beginn der adjuvanten Systemtherapie durch den laparoskopischen Zugangsweg einher
[3]
[40]
[52]. Durch die kürzere postoperative Rekonvaleszenzzeit und geringere Rate an postoperativen
Komplikationen
ist es wahrscheinlich, dass der verbesserte Allgemeinzustand der Patientinnen den
Beginn der adjuvanten Systemtherapie früher erlaubt. Fraglich bleibt allerdings, ob
diese Zeitersparnis
einen Einfluss auf die Gesamtprognose hat.
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Ökonomie: Unter ökonomischen Gesichtspunkten kann keine klare Aussage bezüglich eines
Vorteils einer der beiden Operationsmethoden getroffen werden [36]. Die höheren Kosten einer laparoskopischen Operation insbesondere durch hohe Materialkosten
stehen im Kontrast zu längeren
postoperativen Verweildauern nach Laparotomien.
Neben den genannten Punkten existieren derzeit keine randomisiert kontrollierten Studien,
die Aufschluss über den Einfluss des operativen Zugangswegs auf die Überlebensraten
liefern.
Knisely et al. werteten in einer aktuellen Metaanalyse die vorhandenen Daten aus Beobachtungsstudien
und randomisiert-kontrollierten Studien zu dieser Fragestellung aus [65]. In den eingeschlossenen Studien zeigten sich weder beim progressionsfreien Überleben
noch beim Gesamtüberleben Unterschiede beim
Vergleich der beiden operativen Zugangswege [65]. Die Autoren postulierten jedoch, dass die Ergebnisse aufgrund der methodischen
Schwächen der eingeschlossenen Studien sowie der meist fehlenden Adjustierung gegenüber
differenter Einflussfaktoren kritisch zu hinterfragen sind und aufgrund dessen keine
allgemeingültigen
Aussagen abgeleitet werden können [65].
Zusammenfassend lässt sich nach aktuellem Kenntnisstand aufgrund fehlender und teilweise
konträrer wissenschaftlicher Daten keine generelle Empfehlung für oder gegen die minimalinvasive
Chirurgie beim frühen Ovarialkarzinom ableiten [60]. Laut aktueller, deutscher S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge
maligner Ovarialtumoren“ wird die Vermeidung einer Laparoskopie bei Verdacht auf einen
malignen Ovarialbefund, auch wenn die Durchführung technisch möglich erscheint, empfohlen
[1]. Bis Ergebnisse aus prospektiven Studien vorhanden sind, die den Einsatz der Laparoskopie
bei der Behandlung des Ovarialkarzinoms prüfen
und insbesondere auch Schlussfolgerungen über den Einfluss auf das progressionsfreie
und Gesamtüberleben zulassen, sollten minimalinvasive Therapieansätze nur im Rahmen
von Studien
durchgeführt werden [1].
Der Einsatz laparoskopischer Therapieverfahren beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom
Das Ziel der Primärtherapie beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms ist die makroskopische
Komplettresektion, also die vollständige operative Entfernung aller sichtbaren
Tumormanifestationen im Rahmen einer Tumordebulking-Operation [49]
[66]
[67]
[68]. Ergebnisse prospektiver Studien belegten, dass die makroskopische
Tumorfreiheit den wichtigsten beeinflussbaren Prognosefaktor für Patientinnen mit
einem Ovarialkarzinom darstellt [49]
[66]. Das operative Debulking beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom wird analog zum
operativen Staging beim frühen Ovarialkarzinom
durchgeführt – mit Ausnahme des Verzichts auf eine standardmäßige systematische pelvine
und paraaortale Lymphonodektomie bei in der präoperativen Bildgebung und makroskopisch
unauffälligen
Lymphknoten [69]. Multiviszerale Resektionen sollen durchgeführt werden, wenn hierdurch eine makroskopische
Komplettresektion erreicht
werden kann [1]. Der operative Zugangsweg der medianen Längsschnittlaparotomie gilt als Goldstandard.
Die Frage nach dem optimalen
Operationszeitpunkt – neoadjuvant oder adjuvant – wird jedoch kontrovers diskutiert.
Laut der aktuellen S3-Leitlinie gilt die Primäroperation gefolgt von einer adjuvanten
medikamentösen
Systemtherapie als die Standardtherapie, sofern das Erreichen eines optimalen Operationsergebnisses
wahrscheinlich ist [70]
[71]
[72]. Die Frage nach der kompletten Resezierbarkeit des Malignoms wird umso
komplizierter, je fortgeschrittener sich das Ovarialkarzinom bei Diagnosestellung
präsentiert (ab FIGO-Stadium IIIC bis IV). Außerdem stellen ein eingeschränkter Allgemeinzustand
bzw. das
Vorhandensein multipler prognosebeeinflussender Komorbiditäten und das Alter der Patientin
Faktoren dar, welche ein optimales Operationsergebnis im Sinne einer Komplettresektion
des Tumors
erschweren können [73]
[74]. Patientinnen, die ein hohes perioperatives Risiko
haben oder bei denen die Wahrscheinlichkeit für eine optimale Tumordebulking-Operation
sehr gering ist, können zunächst eine neoadjuvante Chemotherapie erhalten, bevor anschließend
ein
Intervall-Debulking angestrebt wird [75]. Im weit fortgeschrittenen Tumorstadium konnte nach neoadjuvanter Chemotherapie
eine
chirurgische Komplettresektion signifikant häufiger als durch eine Primäroperation
erreicht werden [70]
[76]
[77]. Vergote et al. belegten die Nichtunterlegenheit der neoadjuvanten
Chemotherapie mit anschließendem Intervall-Debulking gegenüber der primären Debulking-Operation
beim weit fortgeschrittenen Ovarialkarzinom in Bezug auf das progressionsfreie und
Gesamtüberleben [70]. Des Weiteren zeigte sich bei der Intervall-Debulking-Operation eine niedrigere
peri- und postoperative
Komplikationsrate als bei der primären Debulking-Operation [70]. Konkret waren die postoperative Mortalität (0,7% vs. 2,5%),
Blutungskomplikationen (4,1% vs. 7,4%) und Infektionsraten im Rahmen des Intervall-Debulkings
geringer [70]. Subanalysen belegten
jedoch auch, dass die makroskopische Tumorfreiheit nach der primären Debulking-Operation
mit einem Überlebensvorteil im Vergleich zur makroskopischen Tumorfreiheit nach einer
Intervall-Debulking-Operation einher geht [70]
[78]
[79]. Zur weiteren Klärung des Stellenwertes der neoadjuvanten Chemotherapie untersucht
die aktuell durchgeführte randomisierte Studie
Trial of Radical Upfront Surgical Therapy in advanced ovarian cancer (TRUST) der Arbeitsgemeinschaft
für Gynäkologische Onkologie bei diesem Patientenkollektiv (FIGO-Stadium IIIB–IVB)
prospektiv randomisiert den Einfluss der neoadjuvanten versus adjuvanten Chemotherapie
auf das Gesamtüberleben. Zusammenfassend ist die initiale Abschätzung des Operationserfolges
von
größter Relevanz, um Patientinnen mit einem weit fortgeschrittenen Ovarialkarzinom,
das jedoch vollständig resektabel ist, die primäre Debulking-Operation nicht vorzuenthalten;
auf der
anderen Seite gilt es aber auch diejenige Patientin zu identifizieren, die von einer
neoadjuvanten Chemotherapie unter anderem in Bezug auf die Reduktion der peri- und
postoperativen
Morbidität durch den Verzicht auf die primäre Debulking-Operation profitiert.
Die Frage nach der Operabilität und die technische Realisierbarkeit der Komplettresektion
ist hierbei das zentrales Problem beim weit fortgeschrittenen Ovarialkarzinom. Ergänzend
zu nicht
invasiven, bildgebenden Verfahren ermöglicht die diagnostische Laparoskopie im fortgeschrittenen
Erkrankungsstadium neben der histologischen Diagnosesicherung eine Einschätzung der
Tumorausdehnung und der Operabilität [63]
[80]
[81]. Hierdurch können Patientinnen selektioniert werden, bei denen ein optimales Tumordebulking
technisch nicht möglich erscheint, wodurch
die Rate an suboptimalen Tumordebulking-Operationen (postoperative Tumormanifestationen
> 1 cm) reduziert werden kann [82]
[83]
[84]
[85]. Ein zentrales
Problem bei der laparoskopischen Operabilitätseinschätzung ist die erschwerte Zugänglichkeit
einiger anatomischer, insbesondere retroperitoneal gelegener, Strukturen. Hervorzuheben
sind
hierbei unter anderem die Mesenterialwurzel, die Gerota-Faszie und die Bursa omentalis.
Eine insuffiziente Einsicht dieser Strukturen bedingt unter Umständen eine fehlerhafte
Einschätzung
der Operabilität. [Abb. 1] zeigt intraoperative Befunde einer diagnostischen Laparoskopie bei einer Patientin
mit fortgeschrittenem
Ovarialkarzinom, bei der eine Komplettresektion trotz ausgedehnter Ausbreitung als
möglich eingestuft wurde. Gegen eine diagnostische Laparoskopie spricht außerdem das
zusätzliche
perioperative Risiko, das Auftreten von Stichkanalmetastasen und die Generierung zusätzlicher
Kosten [85].
Abb. 1 Befunde einer diagnostischen Laparoskopie, a perihepatische, noduläre Implantate; b Omental Cake mit Adhäsionen an der Bauchwand.
Eine der relevantesten randomisiert kontrollierten Studien, die den Stellenwert der
diagnostischen Laparoskopie beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom untersuchte, stammt
aus den
Niederlanden von Rutten et al. [83]. Die Studiengruppe evaluierte den Einfluss einer diagnostischen Laparoskopie zur
Operabilitätseinschätzung für ein optimales Tumordebulking. Es zeigte sich, dass in
90% der Fälle ein optimales Operationsergebnis durch eine Laparotomie erreicht werden
konnte, wenn der
Situs zuvor durch eine Laparoskopie als operabel (postoperativer Tumorrest ≤ 1 cm
Durchmesser) eingestuft worden war. In der Kontrollgruppe wurde die Laparotomie ohne
vorangehende
Laparoskopie durchgeführt, und eine Komplettresektion gelang nur in 61% der Fälle
[83]. In mehreren Studien wurde beschrieben, dass in
80–96% der Fälle ein optimales Operationsergebnis erreicht werden kann, wenn der Situs
in der diagnostischen Laparoskopie zuvor als operabel eingeschätzt worden war [80]
[81]
[84]
[86]
[87]. Die Arbeitsgruppe von Fagotti et al. erarbeitete zudem den „Predictive
Index Value (PIV)“, ein validierbares Punktesystem mit objektivierbaren Parametern,
anhand dessen die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Komplettresektion des Ovarialkarzinoms
im Rahmen
einer Laparotomie vorhergesagt werden kann [88]. Das Punktesystem richtet sich nach dem Vorhandensein bzw. Fehlen von 8 laparoskopisch
erhobenen Befunden, die in [Tab. 1] aufgeführt sind [88]. Ein Punktwert von ≥ 8 war in
der Validierungsstudie der Arbeitsgruppe mit einem suboptimalen Operationsergebnis
mit einer Spezifität von 100%, einem positiven prädiktiven Wert (PPV) von 100% und
einem negativen
prädiktiven Wert (NPV) von 70% assoziiert [88]. In einer weiteren Studie von Brun et al. mit dem Ziel, das beschriebene Punktesystem
zu
validieren, zeigte sich lediglich eine Spezifität von 89% mit einem PPV von 89% und
einem NPV von 44% [89]
[90]. Weitere Validierungsstudien stehen derzeit noch aus. Trotz der belegten Vorhersagekraft
der diagnostischen Laparoskopie in Hinblick
auf das zu erreichende Operationsergebnis konnte hierdurch bis dato kein positiver
Einfluss auf die Überlebensraten nachgewiesen werden. Obwohl die Rate an suboptimalen
Operationsergebnissen
durch eine diagnostische Laparoskopie signifikant gesenkt werden konnte, zeigte sich
hierdurch in einer Studie von Rutten et al. keine Verbesserung des medianen progressionsfreien
Überlebens
oder Gesamtüberlebens im Vergleich zur Kontrollgruppe der Patientinnen, bei denen
eine primäre Debulking-Operation ohne vorherige laparoskopische Operabilitätseinschätzung
durchgeführt wurde
[83]. Nach aktuellem Stand der Wissenschaft liegt die Rationale hinter der Durchführung
einer diagnostischen Laparoskopie
infolgedessen nicht in der Verbesserung der Überlebensraten, sondern in der Senkung
der perioperativen Morbidität durch den Verzicht auf eine suboptimale Debulking-Operation
bei
Patientinnen, die durch die diagnostische Laparoskopie richtigerweise als inoperabel
eingestuft wurden. Dies scheint insbesondere bei gebrechlichen Patientinnen von großer
Relevanz zu sein
[73]
[91]. Im Gegensatz zur amerikanischen Leitlinie, welche die diagnostische
Laparoskopie bereits in den empfohlenen Behandlungsalgorithmus aufgenommen hat, trifft
die aktuelle deutsche S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge maligner Ovarialtumoren“
keine
Aussage in Bezug auf eine diagnostische Laparoskopie [1]
[92].
Tab. 1
Laparoskopische Parameter zur Erhebung des PIV (angelehnt an Fagotti et al., 2006).
laparoskopisch erhobener Parameter
|
Punktewert
|
Ovarialtumor (uni- oder bilateral)
|
0
|
Omental Cake
|
2
|
Peritonealkarzinose
|
2
|
Karzinose des Diaphragmas
|
2
|
mesenteriale Retraktion
|
2
|
Infiltration des Magens
|
2
|
Infiltration des Darms
|
2
|
Lebermetastase(n)
|
2
|
Die Möglichkeit einer primär laparoskopisch durchgeführten Tumordebulking-Operation
wird beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms nur in wenigen Studien untersucht. Ceccaroni
et al. führten
bei 21 Patientinnen ein rein laparoskopisches Tumordebulking durch und erzielten eine
makroskopische Tumorfreiheit in 95%, wohingegen in der Studiengruppe, in der das Tumordebulking
via
Laparotomie durchgeführt wurde, eine makroskopische Tumorfreiheit in nur 88% der Operationen
erreicht werden konnte [93]. Die Raten an
intra- sowie postoperativen Komplikationen waren im Laparotomie-Arm höher, und die
mediane Zeit bis zum Beginn der adjuvanten Systemtherapie betrug im Laparoskopie-Arm
15 Tage vs. 28 Tage im
Laparotomie-Arm [93]. Bei der Interpretation dieser Daten gilt es explizit darauf hinzuweisen, dass die
Einschlusskriterien der Studie
hochselektiv waren, die Fallzahl sehr klein war und dass sich die Patientinnen im
Laparoskopie-Arm von denen im Laparotomie-Arm in Bezug auf die Patientencharakteristika
und tumorspezifische
Faktoren unterschieden. Die Zuordnung in einen der beiden Studienarme erfolgte erst
im Rahmen einer diagnostischen Laparoskopie, und nur 21 der 66 Patientinnen (31,8%)
wurden als geeignet
für eine laparoskopische Operation eingestuft – bei den restlichen Patientinnen wurde
das Tumordebulking nach Konversion auf eine Laparotomie durchgeführt [93]. Ausschlusskriterien für das laparoskopische Debulking waren unter anderem das Vorliegen
von mehr als 2 Lebermetastasen oder die
Notwendigkeit von mehr als 2 Dünndarmresektionen, multiple oder bilaterale diaphragmale
Infiltrationen oder das Vorliegen eines „omental cake“ [93]. Infolgedessen lag bei den Patientinnen im Laparotomie-Arm insgesamt eine deutlich
größere Tumorausdehnung vor [93]. In der Analyse der Patientencharakteristika hatten die Patientinnen im Laparoskopie-Arm
einen niedrigeren Body-Mass-Index und geringere American Society of
Anesthesiologists (ASA) Scores [93]. Trotz der erheblichen Limitationen liefern die Studienergebnisse Indizien, dass
ein
hochselektiertes Patientenkollektiv sogar beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom von
laparoskopischen Therapieansätzen profitieren könnte [94]. Die vorliegenden Fallbeschreibungen in der Literatur müssen insbesondere beim weit
fortgeschrittenen Ovarialkarzinom sehr kritisch beurteilt werden. Die Ableitung
von allgemeingültigen Aussagen ist nicht zulässig. Weitere, vor allem prospektiv randomisierte
Studien müssen folgen.
Second-Look-Operation
Eine Second-Look-Operation durch eine Laparoskopie oder Laparotomie diente dem Ziel,
residuale Tumorreste bei fehlenden Korrelaten in nicht invasiven, bildgebenden Verfahren
nachzuweisen
und zu evaluieren, ob der Tumor nach abgeschlossener Primärtherapie vollständig auf
die Therapie angesprochen hatte. Dieses Konzept gewann in den 1970er- und 1980er-Jahren
beim
Ovarialkarzinom an Stellenwert [95]
[96]
[97]. Im Rahmen dessen wurden diverse Studien durchgeführt, die untersuchten, ob die
Detektion und Resektion dieser residualen Tumormanifestationen nach Primäroperation
und anschließender adjuvanter Systemtherapie einen Vorteil für die Patientin bringt.
Es konnte jedoch keine Verbesserung der onkologischen Prognose nachgewiesen werden,
sodass laut aktueller
Leitlinie auf die Durchführung einer Second-Look-Operation verzichtet werden soll
[1]
[95]
[96]
[97].
Zusammenfassung und Ausblick
Minimalinvasive Operationsmethoden fanden in den letzten Jahrzehnten auch in der Gynäkologie
weitläufig Einzug in den klinischen Alltag. Durch geringere Raten an perioperativen
Komplikationen
und eine frühere Mobilisation wurde die Laparoskopie zum Goldstandard der operativen
Therapie bei benignen Raumforderungen der Ovarien. Auch in der gynäkologischen Onkologie
gewinnt die
Laparoskopie zunehmend an Bedeutung und wurde z. B. beim frühen Endometriumkarzinom
durch prospektive Studien überzeugend validiert. Weniger eindeutig ist die aktuelle
Studienlage beim
Ovarialkarzinom. Erste Daten weisen darauf hin, dass ein komplettes, operatives Staging
beim frühen Ovarialkarzinom durch eine Laparoskopie der Laparotomie nicht unterlegen
zu sein scheint und
die Patientinnen von den Vorteilen der minimalinvasiven Operationsmethode profitieren
könnten. Hierbei gilt es jedoch kritisch zu hinterfragen, ob die Vollständigkeit des
operativen Stagings
durch eine Laparoskopie technisch realisierbar ist. Derzeit gibt es keine prospektiv
randomisiert kontrollierten Untersuchungen, die den Einfluss des operativen Zugangswegs
auf das
progressionsfreie und Gesamtüberleben evaluierten [36]. Vorliegende Studien, die sich mit der Thematik auseinandersetzten, schlossen
häufig eine nur kleine Anzahl an Studienteilnehmerinnen ein, die angegebenen Nachbeobachtungszeiträume
variierten stark und die Auswirkungen der Operationsmethode auf die Überlebensraten
wurden oft nicht dargestellt [36]. Die Studien, die das progressionsfreie und Gesamtüberleben überprüften, zeigten
unterschiedliche
Ergebnisse, teils zugunsten der Laparoskopie und teils zugunsten der Laparotomie [10]
[40]
[41]
[98]. Aufgrund der stark divergenten
Patientenkollektive und Nachbeobachtungszeiträume sind die einzelnen Studien jedoch
nicht suffizient miteinander vergleichbar [36]. Die
Validierung der Laparoskopie als Operationsmethode beim (frühen) Ovarialkarzinom ist
darüber hinaus auch durch die relativ niedrige Inzidenz des frühen Ovarialkarzinoms
bei Diagnosestellung
erschwert. Bevor weitere wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, empfiehlt die deutsche
S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge maligner Ovarialtumoren“ die Vermeidung
laparoskopischer Operationsverfahren bei Verdacht auf ein malignes Geschehen des Ovars
[1]. Die bisher vorliegenden Studien lassen jedoch
die Hypothese zu, dass hochselektionierte Patientenkollektive von einem laparoskopischen
Staging beim frühen Ovarialkarzinom vor allem in Bezug auf die geringere perioperative
Morbidität und
Nichtunterlegenheit des operativen Stagings profitieren könnten. Die Leitlinien des
National Comprehensive Cancer Network (NCCN) weisen darauf hin, dass bei selektierten
Patientinnen die
minimalinvasive Operation durch eine Operateurin bzw. einen Operateur mit hoher Expertise
in Erwägung gezogen werden kann [92]. In
Hinblick auf den diagnostischen Nutzen der Laparoskopie konnte in mehreren Studien
die Vorhersagekraft der Operabilitätseinschätzung nachgewiesen werden, ein Vorteil
auf die
Überlebenszeitraten zeigte sich jedoch nicht [70]. Nichtsdestotrotz ermöglicht die diagnostische Laparoskopie die Reduktion peri-
und
postoperativer Komplikationen durch die Identifizierung inoperabler Patientinnen,
welche von einer neoadjuvanten Systemtherapie und anschließendem Intervall-Debulking
profitieren können.
Insgesamt bleibt abzuwarten, ob in den nächsten Jahren ein Paradigmenwechsel bei der
Operation des Ovarialkarzinoms stattfinden wird und ob sich die diagnostische Laparoskopie
im
Behandlungsalgorithmus des Ovarialkarzinoms etabliert. Interessante Erkenntnisse zu
diesem Themenkomplex sind in den nächsten Jahrzehnten auch aus dem Bereich der robotischen
Chirurgie zu
erwarten.