Aktuelle Urol 2022; 53(04): 307
DOI: 10.1055/a-1783-4291
Referiert und kommentiert

Kommentar zu Verringert eine Beschneidung das HIV-Ansteckungsrisiko?

Contributor(s):
Anja Lingnau
1   Klinik für Urologie, Charité-Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
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In ihrem Ergebnis weicht die vorliegende Studie aus Kanada deutlich von den bisherigen Analysen zu diesem Themenkomplex ab.

Randomisierte Studien aus Ost- und Südafrika haben bisher ein um bis zu 56% reduziertes Risiko für den Erwerb einer HIV-Infektion beschrieben [1] [2] [3]. Ebenso haben aktuelle Metaanalysen eine Risikoreduktion von bis zu 72% gefunden [4].

HIV Vorkommen und Übertragungswege sind jedoch in Kanada im Vergleich zu Afrika sehr unterschiedlich.

Die Prävalenz von HIV in Ontario liegt bei unter 0,2% im Vergleich zu bspw. der Situation der Studie aus Kenia mit 25%. 91% aller HIV-Infektionen in Kanada betrifft Männer, davon 86% Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) [5].

Die Studie aus Kanada unterscheidet sich außerdem in ihrem Aufbau erheblich von den afrikanischen Studien. Sie ist eine populationsbasierte Studie die eine unselektierte männliche Population repräsentiert.

Sie beinhaltet explizit keine Subgruppenanalyse und liefert auch keine Angaben zum Risikoverhalten der Individuen und/oder der sexuellen Orientierung.

Da der Studie die entsprechende Risikoanalyse fehlt, kann sie keine Aussage dazu treffen, ob eine Zirkumzision eine HIV-Infektionswahrscheinlichkeit in entsprechenden Subgruppen reduziert, sondern kann lediglich eine Antwort auf die Frage, ob eine Zirkumzision als Public Health-Maßnahme zur Reduktion des HIV-Übertragungsrisikos in der Gesamtpopulation einer Industrienation sinnvoll sei, geben.



Publication History

Article published online:
03 August 2022

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