Herr Puster, wie definieren Sie in Ihrem Unternehmen Nachhaltigkeit? Was sind aus
Ihrer Sicht wichtige Arbeits- oder Anwendungsbereiche?
Boston Scientific möchte als Unternehmen die Gesundheit von Patientinnen und Patienten
und natürlich unseres Planeten schützen, da Klimawandel und Verschmutzung eine ernste
Gefahr für die Gesundheit der Menschen sind. Bei uns sind Umwelt- und Sozialverantwortung
Teil unserer gesamten Geschäftstätigkeiten, unser Ansatz ist abgestimmt mit den Sustainable
Development Goals der Vereinten Nationen.
Welchen Stellenwert hat Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen und welche Ziele haben
Sie für sich im Bereich Nachhaltigkeit definiert?
Eines unserer Ziele ist es, bis zum Jahr 2030 in allen Produktionsstätten und wichtigen
Vertriebsniederlassungen CO2-neutral zu sein. Seit 2017 konnten wir unseren CO2-Fußabdruck
um 50 Prozent reduzieren, während wir im gleichen Zeitraum 20 Prozent mehr Patientinnen
und Patienten erreicht haben. Dabei sind die von uns gewählten Werte wissenschaftsbasiert
und orientieren sich an den aktuellsten Daten, die genannt werden, um die Ziele des
Pariser Abkommens – die Limitierung der Erderwärmung auf 1,5 Grad – zu erreichen.
Boston Scientific setzt dabei nicht auf Emissionshandel, sondern darauf, den Energieverbrauch
weiter zu senken, und von fossilen auf erneuerbare Energiequellen umzusteigen.
Wie können Kundinnen und Kunden erkennen, wie nachhaltig die Produkte Ihres Unternehmens
sind, zum Beispiel hinsichtlich Produktion, Entsorgung beziehungsweise Recycling,
aber auch der Lieferketten?
In jedem Jahr nehmen wir an verschiedenen anerkannten Bewertungsumfragen zu wirtschaftlichen
und sozialen Themen sowie zur Unternehmensführung teil. Im Jahr 2020 initiierten wir
eine Klima-Risikoszenario-Analyse basierend auf dem Rahmen der Task Force on Climate-related
Financial Disclosures. Im Jahr 2021 wurde Boston Scientific im Dow Jones Sustainability
Index für Nordamerika aufgeführt, einem anerkannten weltweiten Benchmark für Umwelt-
und Sozialverantwortung von Unternehmen. Diese Liste führt Unternehmen auf, die hervorragende
wirtschaftliche, soziale und ökologische Leistungen zeigen.
Zum Portfolio Ihres Unternehmens gehören auch Verbrauchsmaterialien wie zum Beispiel
Katheter. An welchen Lösungen arbeiten Sie, um Verpackungsmaterial zu reduzieren und
zu verhindern, dass Verpackungen unsachgemäß entsorgt werden und die Umwelt belasten?
Wir sind Mitglied im „Healthcare Plastics Recycling Council“, einem Zusammenschluss
von Industrieunternehmen aus dem Gesundheitswesen, die im Bereich Nachhaltigkeit aktiv
sind und sich dafür engagieren, das Recycling von Plastik im klinischen Umfeld zu
erhöhen. Aktuell entwickeln wir Strategien, um Rohmaterialien zurückzuverfolgen und
die Wege zu verstehen, die unsere Kundinnen und Kunden nutzen, um nicht vermeidbares
und notwendiges Plastik, das für den Transport unserer Produkte genutzt wird, zu entsorgen.
2020 haben wir eine weltweite Kundenumfrage dazu durchgeführt. Wir wollen erfahren,
wie wir mit unseren Kundinnen und Kunden zusammenarbeiten können, um Abfall und Emissionen
zu reduzieren.
In der Medizin und vor allem in der Radiologie sind die Innovationszyklen kurz. Wie
lassen sich „Innovationszwang“ und Nachhaltigkeit vereinbaren?
Wir sind der Ansicht, dass ökologische und soziale Verhaltensweisen mit Innovation,
Wertschöpfung und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen und wollen ein guter „Global Citizen“
sein. Ein zentrales Element unseres bereits beschriebenen Zieles, CO-2-neutral zu
werden, ist unsere „C3 Energie-Strategie“. Sie wird von Boston Scientific weltweit
gelebt und umfasst diese Elemente:
-
Energie sparen (Cut Energy Use)
-
Wandel zu erneuerbaren Energiequellen (Convert to renewable energy)
-
Kompensation über Ausgleichsprojekte für verbleibende, nicht vermeidbare Emissionen
(Compensate).
Der „C3“-Ansatz kommt bei uns in folgenden Bereichen zum Tragen: direkte und indirekte
Emissionen, Immobilien, Recycling, Gewässerschutz und Abfallmanagement. Wir evaluieren
regelmäßig unsere Geschäftstätigkeiten, um den Umweltfußabdruck unserer Produkte und
Dienste zu minimieren. Daneben unterstützen wir verschiedene Projekte und haben etwa
im Jahr 2020 eine Kooperation mit Treedom geschlossen. Treedom ist eine Online-Plattform,
die das weltweite Pflanzen von Bäumen organisiert und über die wir seitdem mehr als
17.000 Bäume in Kenia gepflanzt haben.
Was können wir für nachhaltige Innovationen von Ihrem Unternehmen in den nächsten
Jahren erwarten?
Bis 2030 sollen unsere Produktionsstätten und wichtigen Distributionsniederlassungen
CO2-neutral sein. Doch unser Ziel geht weiter: Wir sind Teil des Race to Zero der
Vereinten Nationen und wollen bis 2050 unsere gesamte Wertschöpfungskette emissionsneutral
machen. Im vergangenen Jahr blieben wir auf dem Kurs, bis 2024 100 Prozent unseres
Energiebedarfs über erneuerbare Energien zu decken. Wir arbeiten daran, bis 2030 alle
nicht gefährlichen Abfälle von Deponien und Müllverbrennungsanlagen umzuleiten, sodass
sie wiederverwertet werden können und unsere Umwelt nicht belasten. Dafür nehmen alle
unsere Standorte an einem speziellen Programm teil.