An wie vielen Leitlinien ist die GPR aktuell beteiligt?
Die GPR ist derzeit an 91 Leitlinien beteiligt, die bei der AWMF angemeldet sind.
Gibt es hier Projekte, die Sie eigens erwähnen möchten?
Wichtig sind für uns vor allem die Leitlinien, bei denen es große Unsicherheit bezüglich
der Auswahl der geeigneten Bildgebung gibt. Aus diesem Grund existieren weiterhin
unsere zwölf S1-Leitlinien, die sich symptombezogen vorrangig an die radiologischen
Abteilungen und Institute richten, in denen keine Kinder- und Jugendradiologinnen
und -radiologen arbeiten. Neben den Aspekten des Strahlenschutzes ist es vorrangig
die Vermeidung einer teilweise noch üblichen Stufendiagnostik; es soll das Verfahren
mit der besten Aussagekraft und den geringsten negativen Effekten für das Kind ausgewählt
werden.
Wichtig sind für uns zudem die großen interdisziplinären Leitlinien, die Kernprobleme
der Kinder- und Jugendmedizin betreffen und bei denen die Bildgebung eine große Rolle
spielt – zum Beispiel das Polytrauma oder das isolierte Schädel-Hirn-Trauma im Kindes-
und Jugendalter. Hier gab es in den letzten Jahren eine deutliche Dynamik bezüglich
der Auswahl der Methoden in der Primär- und Folgediagnostik.
Wie organisieren Sie die Leitlinienarbeit – intern innerhalb der GPR, aber auch in
der externen Kooperation mit der DRG oder anderen pädiatrischen Disziplinen?
In der GPR gibt es eine Leitlinienkommission, die aus 10 Kolleginnen und Kollegen
besteht. Wichtig ist für uns, dass sich dieses Gremium aus Vertreterinnen und Vertretern
der ambulanten und stationären Kinder- und Jugendradiologie zusammensetzt, die Mitglieder
also sowohl aus radiologischen Praxen, Kinderkrankenhäusern und Universitätskliniken
kommen. Die Kommission trifft sich regelmäßig zum Austausch über die Leitlinien –
in den letzten Jahren in zunehmender Frequenz auf digitalem Weg. Mit der DRG, der
DeGIR und der DGNR gibt es ein gemeinsames Leitlinienregister – hier existiert reger
Austausch über die Leitlinieninhalte und die jeweiligen Mandatsträger. Mit den Fachgesellschaften
der konservativen und operativen Kinder- und Jugendmedizin und deren Leitlinienkommissionen
besteht über den Konvent der pädiatrischen Fachgesellschaften reger Austausch.
Initiieren Sie auch selbst Leitlinien?
Die GPR hat einige der oben erwähnten S1-Leitlinien initiiert, die sie gemeinsam mit
der DRG bearbeitet und die schon seit einigen Jahren immer wieder aktualisiert werden.
Diese „Auffrischungen“ sind erforderlich, da insbesondere in der Bildgebung häufig
modernere Verfahren Anwendung finden, die auch in den Leitlinien Berücksichtigung
finden sollen. Beispielhaft sei die Anwendung von Ultraschallkontrastmitteln genannt.
Neuere eigene Leitlinien der GPR beschäftigen sich mit der Ganzkörper-MRT bzw. mit
der gezielten Trauma-Diagnostik.
Welche Bedeutung hat die Leitlinienarbeit – für das Fach Kinderradiologie aber auch
für die tägliche kinderradiologische Praxis?
Für die Kinder- und Jugendradiologie ist die Leitlinienarbeit sehr wichtig. Die Beteiligung
unserer Fachgesellschaft an Leitlinien spiegelt letztlich die Relevanz unseres Faches
wider und ist Ausdruck der Anerkennung der Arbeit der Kinder- und Jugendradiologinnen
und -radiologen. Für die tägliche Praxis sind die Leitlinien immer etwas, worauf wir
uns in der Durchführung unserer Untersuchung berufen können. Insbesondere dann, wenn
wir als Radiologinnen und Radiologen zum Beispiel bei der Auswahl oder Durchführung
von Untersuchungen andere Vorstellung als die Zuweiserinnen und Zuweiser haben, sind
Leitlinien ein gutes Instrument zur Rechtfertigung unseres Vorgehens. Wichtig ist
aber immer, dass Leitlinien keinen Richtliniencharakter haben und wir natürlich individuell
entscheiden, wie im konkreten Einzelfall vorzugehen ist – gegebenenfalls auch abweichend
von den Vorgaben der Leitlinie. Was allerdings stets gut begründet sein muss.