Xu K.
et al.
A simplified decision rule to rule out deep vein thrombosis using clinical assessment and D-dimer.
J Thromb Haemost 2021;
19: 1752-1758
DOI:
10.1111/jth.15337
Eine Möglichkeit, diese Wahrscheinlichkeit (klinische Vortestwahrscheinlichkeit) abzuschätzen, bietet der sog. Wells DVT Clinical Sore mit insgesamt 9 Items. Allerdings ist die Berechnung dieses Werts oftmals kompliziert, da mehrere Subkomponenten einbezogen werden müssen – daher wird er in der Alltagspraxis oftmals gar nicht eingesetzt oder falsch berechnet. Eine schwedisch-kanadische Arbeitsgruppe hat nun versucht, eine einfachere Regel zu entwickeln.
Keying Xu und Kollegen haben insgesamt 4 prospektive Studien mit 3368 Patienten in ihre Analyse einbezogen. Bei allen Teilnehmern bestand der Verdacht auf eine TVT und es war eine quantitative Messung der D-Dimer-Konzentration erfolgt. Nach dem Original-Wells-Score hatte bei 34 % eine geringe, bei 42 % eine moderate und bei 24 % eine hohe klinische Vortestwahrscheinlichkeit für eine TVT bestanden. Insgesamt war bei 17 % eine TVT bestätigt worden, entweder bei der Ausgangsuntersuchung oder bei späteren Kontrollen.
Die Wissenschaftler errechneten in mehreren Schritten aus den Original-Patientendaten in einem Regressionsmodell diejenigen Wells-Kriterien, die am besten zum Ausschluss einer TVT geeignet waren; „sicher ausgeschlossen“ war hier definiert als oberer Grenzwert des 95 %-Konfidenzintervalls (95 %-KI) < 2 %.
Zwei Kriterien erwiesen sich als am aussagekräftigsten:
Darüber hinaus legten sie 3 D-Dimer-Gruppen fest:
-
<500ng/ml,
-
500–999ng/ml und
-
≥1000ng/ml.
Anhand der oben genannten Kriterien definierten die Forscher dann 2 Gruppen:
Dann wendeten sie diese Kombination von Klinik und Labor auf die Originaldaten an:
Bei „geringe klinische Vortestwahrscheinlichkeit“ (n = 920) fand sich eine TVT bei insgesamt 63 Patienten (6,8 %); aufgeschlüsselt nach D-Dimer-Subgruppen waren es
-
0,1% bei einem D-Dimer-Wert <500ng/ml und
-
0,3% bei einem D-Dimer-Wert von 500–999ng/ml.
In beiden Fällen wurde der festgelegte obere Grenzwert des 95 %-KI nicht überschritten, sodass eine TVT sicher ausgeschlossen werde konnte.
Bei „hohe klinische Vortestwahrscheinlichkeit“ (n = 2448) bestand eine TVT bei insgesamt 520 Patienten (21,2 %); aufgeschlüsselt nach D-Dimer-Subgruppen waren es
-
0,3% bei einem D-Dimer-Wert <500ng/ml und
-
5,8% bei einem D-Dimer-Wert von 500–999ng/ml.
Für Patienten mit einer D-Dimer-Konzentration < 500 ng/ml war eine TVT damit ausgeschlossen, bei Werten zwischen 500 und 999 ng/ml allerdings lag das 95 %-KI bei 1,9–9,7), sodass in diesem Fall eine BVT nicht sicher ausschließbar war.
Aus den Daten errechneten sich für die Kombination der 3 Parameter schließlich
-
ein negativer Vorhersagewert von 99,3%,
-
eine Spezifität von 49,4% und
-
eine Utility von 40,6%.
Insgesamt konnte ihre Regel mit nur 3 Parametern (Unterschenkelschwellung, TVT wahrscheinlichste Diagnose, D-Dimer-Konzentration) bei den verwendeten Patientendaten in 43 % der Fälle eine TVT sicher ausschließen, so die Autoren. Damit unterscheidet sich die Genauigkeit zwar nicht wesentlich von der des Wells-Scores, die von den Autoren „DAY-Regel“ genannte ist aber wesentlich weniger umständlich. Allerdings müsste sie noch extern prospektiv an größeren Patientengruppen validiert werden.
Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim