Schlüsselwörter
Liebscher & Bracht - Evidence based medicine - explanation theories - Liebscher & Bracht - evidenzbasierte Medizin - Erklärungsmodelle
Einleitung
Das Ziel evidenzbasierter Medizin ist die gewissenhafte, exakte und umsichtige Verwendung
von neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen bei Entscheidungen über die Versorgung von
Patient*innen unter Berücksichtigung individueller klinischer Erfahrung und dem
Patient*innenwunsch [1]. Um dieses
Ziel zu erreichen, wurden von Dawes et al. 5 dafür notwendige Schritte beschrieben und
angewandt [2].
Die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierende konservative Behandlung
muskuloskelettaler Erkrankungen und die Schmerztherapie stellen eine akzeptierte und
fachgerechte Therapie dar [3]
[4]
[5]
[6]. Ein
Schlüsselfaktor zur erfolgreichen Behandlung ist die korrekte Diagnosestellung und die
Korrelation zwischen klinischem Zustand und Gründen für die physischen Einschränkungen und
Schmerzerfahrung. Es gibt Evidenz für die erfolgreiche konservative Behandlung degenerativer
Erkrankungen: Ein Cochrane Database Systematic Review konnte dies u. a. bei Hüft- oder
Kniegelenkarthrose und Rückenschmerzen, die durch Physiotherapeut*innen und spezialisierte
Ärzt*innen behandelt wurden, zeigen [7]. Dagegen kann eine chirurgische Therapie für Patient*innen nach
erfolgloser konservativer Therapie oder schwerer degenerativer Gelenkveränderung indiziert
sein.
Das Ehepaar Dr. Petra Bracht, eine Allgemeinmedizinerin mit Schwerpunkt alternative
Ernährungsmedizin, und Roland Liebscher-Bracht, ein ehemaliger Kampfsportler und
Maschinenbau-Student ohne therapeutische Ausbildung, nennt sich selbst „Schmerzspezialisten“
und gründete vor 30 Jahren die Liebscher & Bracht Ausbildungen GmbH (LnB) [8]. LnB bietet Mobilisierungs- und
Dehnungsmethoden sowie Triggerpunkt-, Faszienrollen- und Wärmetherapie an und verspricht,
Schmerzen effektiver als jede konventionelle schulmedizinische Therapie behandeln und heilen
zu können. Kund*innen können nach einer Behandlung mit LnB-Methoden laut der Initiatoren bis
an ihr Lebensende schmerzfrei und ohne Verschleiß bleiben. Für die Verbreitung der
LnB-Behandlungsmethoden wird zum einen auf eigene Literatur mit Titeln wie „Deutschland hat
Rücken“, „Die Arthrose-Lüge“, „Faszien-Rollmassage“ gesetzt [9]
[10]. Zum anderen verzeichnet LnB eine große Reichweite im Internet. Am
populärsten ist der YouTube-Kanal, welcher aktuell ca. 1,31 Millionen Abonnenten erreicht.
Die dort eingestellten Videos wurden von mehreren Millionen Menschen gesehen, das Video „So
darfst du nicht schlafen“ verzeichnet mit ca. 10 Millionen die meisten Klicks. Zusätzlich
sind LnB auf sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram zu finden. Auch hier werden die
Updates von LnB von mehreren hundertausend Nutzern verfolgt. Neben den digitalen und
papierbasierten Medien bietet LnB Kurse für Ärzt*innen, Physiotherapeut*innen und
Heilpraktiker*innen an. Mehr als 5000 Menschen haben die Kursformate in Deutschland,
Österreich und der Schweiz bisher absolviert [8]
[9]
[10]. Im Gegensatz zur starken Präsenz in
den Medien findet sich in wissenschaftlichen Datenbanken keine einzige Studie zu den
Methoden, Erklärungsmodellen oder Behandlungsergebnissen von LnB. Sowohl in der Literatur
als auch auf den digitalen Plattformen bieten LnB meist einfache Erklärungen und schnelle
Lösungen für komplexe Gesundheitsprobleme, z. B. Bandscheibenvorfälle, an. Um
Behandlungserfolge zu demonstrieren wird häufig mit Kund*innenbeispielen gearbeitet. Zudem
werden Empfehlungen für die Anwendung von Faszienrollen und Tools zur Osteopressur aus dem
eigenen Webshop gegeben, ohne dabei eine Differenzierung verschiedener möglicher
Erkrankungsursachen und individueller Krankheitsverläufe vorzunehmen.
Der nun vorliegende Artikel beschreibt erstmals die wichtigsten von LnB in Büchern und
Videos veröffentlichten Erklärungsmodelle und unterzieht diese einer evidenzbasierten
Evaluation mittels narrativen Reviews durch eine Suche in PubMed nach den jeweiligen
Schlagwörtern zum Thema. Die „best match“ und „most recent“-Artikel wurden dann nach
„Randomized Controlled Trial“, „Meta-Analysis“, „Systematic Review“ gescreent und bis zu 10
ausgewählt. Die von LnB in Büchern oder auf der Homepage zitierten Artikel wurden
aufgearbeitet und die Ergebnisse zusammengefasst. Brachte diese Suchmethodik zu einzelnen
Themen kein Ergebnis, wurde dies ebenfalls dargestellt.
Ergebnisse
Im Folgenden werden Aussagen von LnB hinsichtlich der Pathogenese und Behandlung
muskuloskelettaler Beschwerden im Einzelnen aufgelistet und im Kontext aktueller
wissenschaftlicher Erkenntnisse beleuchtet.
Behauptung: Arthrose verursacht keinen Schmerz, es gibt keine bewiesene genetische
Komponente in ihrer Entstehung [8]
[9]
Die Ätiologie der primären Arthrose ist gut untersucht. Unabhängig von bildgebenden
Befunden sind die klinischen Erscheinungsbilder und das Schmerzempfinden sehr
unterschiedlich. Obwohl viele Mechanismen noch nicht vollständig verstanden werden, zeigt
sich eine eindeutige Korrelation der Arthrose mit zunehmendem Lebensalter, steigendem
Körpergewicht und genetischen Faktoren [11]
[12]
[13]
[14]
[15]
[16]
[17]
[18]. Williams et al. stellten im Jahr
2007 das aktuelle Fachwissen bezüglich der Entstehung von Arthrose in Abhängigkeit
genetischer Faktoren in einem Review dar [19]. Mehrere aktuell publizierten Studien konnten dies nun neuerlich
nachweisen [11]
[14]
[15]. Auch der Zusammenhang mit
erhöhtem Körpergewicht und der Entwicklung schmerzhafter Arthrose wurde in mehreren
epidemiologischen Untersuchungen aufgezeigt [20]
[21].
Behauptung: Bandscheiben können platzen und verursachen Schmerzen, wenn der Muskel-
und Faszientonus zu hoch ist [8]
[9]
[10]
Im Rahmen der vorliegenden Recherche konnte keine wissenschaftliche Arbeit, die geplatzte
Bandscheiben bei sportlicher Aktivität oder einer Trainingsmethode beschreibt,
identifiziert werden. Ebenso liegt keine einzige Studie vor, die erhöhten Muskel- oder
Faszientonus als Ursache für Bandscheibenschäden nachweisen kann.
Behauptung: Längeres Stehen, Sitzen und bestimmte Schlafpositionen verursachen eine
Verkürzung der Muskulatur, einen erhöhten Druck in Gelenken und dadurch entstehen
Schmerzen [8]
[9]
[10]
Rückenschmerz ist eine multifaktorielle Erkrankung. Körperliche Inaktivität, Sitzen oder
bestimmte Schlafpositionen werden landläufig meist für akute, aber auch chronische
Rückenschmerzen verantwortlich gemacht, jedoch sind diese nicht wissenschaftlich
begründbar auf einen einzigen bestimmten Faktor zurückzuführen [22]
[23]
[24]
[25]
[26]
[27]. Roffey et al. konnten in einem
systematischen Review im Jahr 2010 keine einzige Studie identifizieren, die eine
Korrelation zwischen bestimmten Sitz- und Schlafpositionen und einer Verkürzung der
Muskulatur oder Rückenschmerz zeigen würde [27]. Tinitali et al. konnten in einem aktuellen systematischen Review
keinen Zusammenhang von Rückenschmerz und Sitzen beim Autofahren finden [26]. Schlafpositionen werden zwischen
2,1- und 4,7-mal pro Stunde verändert, weshalb der Zusammenhang von Schmerzen mit einer
bestimmten Position nicht gegeben ist [28]. Das aktive Vermeiden bzw. das zwanghafte Einhalten bestimmter
Schlafpositionen kann vielmehr die Schlafqualität negativ beeinflussen, was wiederum
potenziell zu vermehrten Schmerzen führen kann, da es einen Zusammenhang zwischen
Schlafqualität und empfundener Schmerzintensität gibt [29]
[30].
Behauptung: Die Ursachen für Gelenkschmerzen sind Bewegungseinschränkungen des
Gelenks sowie eine erhöhte Muskel- und Faszienspannung [8]
[9]
[10]
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit konnte keine Studie, die diese Behauptung stützen
würde, identifiziert werden. Verschiedene Studien zeigen, dass Deformität und
Knorpelschaden Gelenkschmerz verursachen können und die Bewegungseinschränkung ein Symptom
dessen darstellt. Bandgeführte Gelenke können trotz bildmorphologischer Abnützung und
Deformität gut beweglich bleiben. Muskelspannung kann jedoch ein wichtiger funktioneller
Befund als Ausdruck von Stress oder Bewegungsmangel sein [31]. Zudem konnte bislang nicht
gezeigt werden, dass eine besonders große Gelenkbeweglichkeit vor Arthrose schützen würde.
Obwohl die Reduktion von Muskelspannung auch zur Schmerzreduktion führen kann, gibt es
keine Evidenz für dadurch ausgelöste Regenerationsprozesse im Gelenk [31]
[32]
[33].
Behauptung: Ernährung und Arthrose: Spezielle Diäten schützen vor Arthrose und können
diese heilen, Fettleibigkeit ist dabei kein Faktor [8]
[9]
Es gibt keine klare Evidenz dafür, dass Veränderungen im Ernährungsverhalten Arthrose
heilen oder verlangsamen können. Dagegen ist Fettleibigkeit ein bewiesener Faktor in der
Entstehung der Arthrose. Spezielle Diäten können Arthrose nicht behandeln, aber durch
Gewichtreduktion und Stoffwechselbeschleunigung sowie der damit einhergehenden
Verminderung der Gelenklast den Schmerz reduzieren [20]
[21]
[34]
[35]
[36]
[37]. Mediterrane Ernährung kann
positive Effekte auf die Gesundheit und das Gewicht haben, wobei eine Korrelation zur
Arthrose bislang nicht bestätigt wurde. Der Knochen- und Knorpelstoffwechsel wird dadurch
beeinflusst und kann ein positiver Faktor in der Verzögerung des Krankheitsverlaufes sein
[34]
[35]
[36]
[37].
Behauptung: Training mit Gewichten ist für die Behandlung von Rückenschmerzen
kontraproduktiv und verschlimmert diese [8]
[9]
[10]
Mehrere Studien zeigen eindeutig die Effektivität in Bezug auf Muskelaufbau und die
Schmerzreduktion durch Trainingstherapie bei Patient*innen mit Rückenschmerzen [38]
[39]
[40]
[41]
[42]. In einer randomisierten Studie
zeigten Steele et al. im Jahr 2013 keinen Unterschied zwischen Training mit voller oder
limitierter Beweglichkeit bei der Durchführung der Übungen im Hinblick auf den
wahrgenommenen Schmerz und die Kraft [39]. Nicht alle Patient*innen profitieren von diesem Training, eine
Verschlechterung der Schmerzsituation konnte aber in keiner Studie nachgewiesen
werden.
Behauptung: Knorpel regeneriert sich bei Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit [8]
[9]
Externe Fixateure können an Gelenken angebracht werden, um Schmerzen bei Arthrose zu
behandeln. Dieses Verfahren wurde bereits an Knie- und Sprunggelenken mit
operationsbezogenen Komplikationen wie Pin-Infektionen angewandt. Zu einer Heilung der
Arthrose oder Regeneration von hyalinem Knorpel kam es jedoch nicht [43]
[44]
[45]
[46]. Roseti et al. veröffentlichten im
Jahr 2019 in einem Review alle aktuellen Behandlungsoptionen zur Knorpelregeneration wie
Zell- und Gentherapie sowie „tissue engineering“ [12]. Die Autoren konnten zeigen, dass sich in der internationalen
Fachliteratur kein Hinweis auf Knorpelregeneration durch Beweglichkeitsverbesserung
findet. Eine von LnB zitierte Studie aus 2011 von Intema et al. behandelte 20
Patient*innen unter 60 Jahren mit Kniearthrose mit einem gelenküberbrückenden
5-mm-Distraktionsfixateur für 2 Monate [47]. In danach durchgeführten MRT-Untersuchungen zeigte sich eine
durchschnittliche Knorpeldickenzunahme von +0,6 mm und eine Gelenkspaltzunahme um +0,9 mm,
eine Schmerzreduktion und ein statistisch nicht signifikanter Trend zu einer erhöhten
Kollagen-Typ-II-Synthese und vermindertem Abbau. Zusätzlich konnten strukturelle
Gewebeveränderungen identifiziert werden. Ein Nachweis für die Regeneration von hyalinem
oder Faserknorpel gelang jedoch nicht. In einer Follow-up-Studie derselben
Studienpopulation nach 5 Jahren konnte im MRT keine signifikante Zunahme der Knorpeldicke,
aber eine klinische Befindlichkeitsverbesserung gefunden werden [48]
[49]
[50]. Evidenz für Knorpelregeneration
bei Arthrose des Gelenks ist bislang nicht beschrieben.
Zusammenfassung und Diskussion
Zusammenfassung und Diskussion
Die Analyse der aktuellen Fachliteratur zeigt keine Evidenz für die Erklärungsmodelle
muskuloskelettaler Erkrankungen nach Liebscher & Bracht.
Der konservative Therapieansatz multifaktoriell begründeter, degenerativer orthopädischer
Erkrankungen mit Physiotherapie, körperlicher Aktivität und gesunder Ernährung ist sehr
hilfreich, um Beschwerden zu lindern und die Erkrankung gut zu behandeln. Dies konnte in
vielen Studien gezeigt werden.
Vereinfachte Darstellungen und Aussagen wie „wer heilt, hat recht“ sind nicht korrekt [51]: Wo es keine nachgewiesene
Effektivität einer Therapie oder sogar keine Therapie gibt, kann es auch keinen Zusammenhang
dieser Therapie mit Heilung geben. Vielmehr müsste es „wer Beschwerden lindert, hilft“
heißen: Dann würde die „Heilung“, also die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes,
zwar nicht behauptet, der Betroffene erfährt aber dennoch eine Verbesserung seines Zustandes
– der Helfer hat damit aber auch noch nicht zwingend „recht“. Wird aber die Heilung
suggeriert, obwohl lediglich Symptome gelindert wurden, widerspricht dies der medizinischen
Ethik. Einzelberichte von erfolgreichen Behandlungen von Kund*innen, Patient*innen oder
Therapeut*innen sind nicht geeignet, eine Therapieform als wirksam zu beschreiben. Dafür
muss die Therapie wissenschaftlich evaluiert werden [52].
Es sollte berücksichtigt werden, dass Heilung trotz und auch neben einer Intervention
möglich ist. Erholung und Therapie können nebeneinander und ohne gegenseitige Interaktion
auftreten, da jede Erkrankung auch einen natürlichen Verlauf nehmen kann. Einige
Kontextfaktoren können die Therapieergebnisse beeinflussen, die in den Erklärungsmodellen
von LnB jedoch nicht berücksichtigt werden:
-
Der natürliche Erkrankungsverlauf: Muskuloskelettale Erkrankungen zeigen eine
große Variabilität in der Ausprägung von Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Akute
Rückenschmerzen können mit oder ohne Intervention nach 6 Wochen dasselbe Schmerzlevel
erreichen [53]. Dieser natürliche
Prozess kann weder ignoriert noch einer bestimmten Behandlungsmethode zugeschrieben
werden, auch weil es nach einem starken Schmerz statistisch eine Regression zur Mitte
und damit eine Rückkehr zum Ursprungsniveau ohne jede Intervention gibt [52].
-
Der Placeboeffekt: Dieser Effekt ist gut untersucht und sehr wirkungsvoll. In
Abwesenheit einer echten Therapie können Symptome vermindert werden, eine Heilung ist
dadurch aber nicht möglich [54]
[55]
[56]
[57].
-
Der Hawthorne- und Rosenthal-Effekt: Bei doppelt verblindeten und randomisierten
Studien kennen die Patient*innen die zugeloste Studiengruppe nicht. Würden sie diese
kennen, wären die Ergebnisse damit beeinflusst [58]. Nur eine doppelt verblindete und randomisierte Studie kann die
Objektivität der Therapeut*innen sicherstellen, da diese ebenfalls die Studiengruppe der
Patient*innen nicht kennen. Wäre die Studiengruppe den Therapeut*innen bekannt und
würden die Behandelnden beispielsweise eine Therapie als überlegen ansehen, kann dies
die Studienergebnisse beeinflussen [59].
-
Parallelbehandungen: Patient*innen, die mit der Behandlung oder Empfehlungen der
Therapeut*innen nicht zufrieden sind, suchen sich oft alternative Möglichkeiten, um die
Ergebnisse zu verbessern. Um einer bestimmten Therapie den Erfolg der Behandlung
zusprechen zu können, müssen sämtliche Parallelbehandlungen außerhalb des
Studienprotokolls ausgeschlossen werden. Falls dies nicht geschieht, führt dies zu einer
Verzerrung der Ergebnisse [60].
-
Soziale Faktoren: Manche Behandlungsansätze haben einen signifikanten sozialen
Einfluss: Empfehlungen aus dem sozialen Umfeld, Werbung, Image, positive oder negative
Erfahrungsberichte von Freunden oder Verwandten, die eigenen Lebensumstände mit
psychischen und sozialen Einflüssen, können den klaren Blick auf die eigene Situation
verzerren und die Wahrnehmung von Schmerz beeinflussen [60]
[61]. Sind Ergebnisse nicht
unabhängig darstellbar, können sie nicht als Entscheidungsgrundlage verwendet
werden.
-
Vereinfachung: Die Verwendung unbewiesener, aber populärer Phrasen oder Zahlen
ohne Literaturzitat, der Vergleich des menschlichen Körpers mit einer Maschine mit
fiktiven „wenn-dann-sonst“-Behauptungen und die Verwendung von reißerischen anstatt
korrekter medizinischer Begrifflichkeiten kreieren falsche Zusammenhänge und
Erklärungsmodelle. Anstatt medizinische Zusammenhänge aufzuzeigen, kann dieses Verhalten
einen klaren Blick auf die Tatsachen verhindern. Irrationale Ängste und nicht
existierende Zusammenhänge können Patient*innen davon abhalten, Entscheidungen aufgrund
des aktuellen Standes der Wissenschaft zu fällen. Dies kann in der Folge fatal für die
Gesundheit der Patient*innen sein, weshalb Aufklärung über medizinische Diagnose- und
Therapieformen gesetzlich auch nur Ärzten vorbehalten bleibt [62].
-
Angst vor Schmerz, Vermeidungsverhalten: Schmerz ist nicht mit unmittelbarem
Schaden des Gewebes vergesellschaftet. Schmerz als eine rote Warnleuchte im Körper
anzusehen, mit der unbedingten Notwendigkeit, eine „Werkstatt“ aufzusuchen, kann bei
Patient*innen mit chronischen Schmerzen Angst und Vermeidungsverhalten oder gar die
völlige Einstellung jeder Aktivität auslösen, um dem Körper vermeintlich nicht weiter zu
schaden. Dieses „kaputte Maschine“-Denken führt zu Reduktion von Kraft, Mobilität
und Durchhaltevermögen – ein Teufelskreis, der sich signifikant negativ auf den
Heilungsprozess auswirkt. Aus diesem Grund müssen Therapeut*innen zwar in der Sprache
der Patient*innen, aber mit auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basiertem Wissen und in
neutraler Ausdrucksweise kommunizieren, ohne irrationale Ängste zu schüren [63]
[64]
[65]
[66]
[67]
[68].
LnB schafft es, die eigenen Kund*innen gut zu motivieren, die angebotenen Übungen
durchzuführen und auf die eigene Ernährung zu achten. Allein dies kann bereits positive
Effekte auf Schmerzen und andere Symptome begründen. Ehrlichkeit und korrekte Beratung sind
in der Medizin unerlässlich, weshalb den zugelassenen Therapeut*innen oder Ärzt*innen eine
besonders große Verantwortung zukommt. Werden komplexe biochemische, biomechanische,
physiologische und genetische Faktoren, die nach aktuellem medizinisch-wissenschaftlich
konsentiertem Kenntnisstand für degenerative Gelenkerkrankungen verantwortlich sind,
unzureichend und unverständlich erklärt, stellt dies betroffene Patient*innen mitunter vor
falsche Entscheidungsgrundlagen in Bezug auf die Wirksamkeit verschiedener Therapieoptionen.
Obwohl viele Zusammenhänge hinsichtlich Entstehung und Verlauf muskuloskelettaler
Erkrankungen jahrzehntelang gut untersucht und verstanden werden, können von nicht
medizinisch Tätigen in Kursen und Büchern alternative Fakten als Erklärungsmodell für die
Ursache von Arthrose, Rückenschmerzen, Bandscheibenleiden, Muskelverspannungen und die
Wirkung von Trainingstherapie angeboten werden. Die allgemein akzeptierten chirurgischen
Therapieindikationen zur Behandlung von Arthrose oder Bandscheibenvorfällen werden dabei oft
angezweifelt.
Das Ignorieren von den in diesem Artikel genannten Faktoren und die Verstärkung von
individuellen Ängsten können zu falschen Schlussfolgerungen für Patient*innen und
Therapeut*innen führen. Werden diese Faktoren außer Acht gelassen, kann ein Therapieerfolg
nicht zuverlässig festgestellt werden. Therapeut*innen und Ärzt*innen haben eine sehr
spezielle Rolle und Verantwortung im Verhältnis zu Patient*innen, da diese die einzige
verlässliche Informationsquelle auf wissenschaftlich-medizinischer Basis darstellen. Gelingt
es nicht, das Vertrauen der Patient*innen zu gewinnen, werden Entscheidungen auf Basis von
falschen Fakten aus inhaltlich ungeprüften Internetvideos, populären Büchern und
Individualberichten gefällt, welche die Therapie und den Verlauf der Krankheit selbst auch
negativ beeinflussen, was zur Chronifizierung und Verschlimmerung von körperlichen
Beschwerden führen kann.
Unerfüllbare Versprechen oder die Interpretation natürlicher Prozesse als positive
therapeutische Effekte sind in der professionellen medizinischen Behandlung nicht
vorgesehen, weshalb aktuelle wissenschaftliche Evidenz die Basis der Therapieempfehlung sein
sollen.
Im Impressum der Liebbscher & Bracht Ausbildungen GmbH findet sich folgender
rechtlicher Hinweis [8]:
-
Das Informationsangebot von Liebscher & Bracht dient ausschließlich Ihrer
Information und ersetzt in keinem Fall eine persönliche Beratung, Untersuchung oder
Diagnose durch einen approbierten Arzt.
Die von uns zur Verfügung gestellten Inhalte können und dürfen nicht zur Erstellung
eigenständiger Diagnosen verwendet werden. Die Inhalte dienen ausschließlich der Hilfe
zur Selbsthilfe bei Wohlbefindlichkeitsstörungen. Eine Behandlung von Krankheiten im
medizinischen Sinne findet nicht statt.
Wir weisen außerdem ausdrücklich darauf hin, dass wir mit unseren Inhalten keine
Erfolgszusagen machen. Wenn unsere Inhalte fälschlicherweise den Eindruck erwecken
sollten, dass ein Erfolg zu erwarten ist, weisen wir Sie ausdrücklich darauf hin, dass
dies nicht der Fall ist.
Damit relativieren LnB jede in eigenen Videos und Büchern selbst getätigte Aussage.
Zurück bleibt der Hilfesuchende, der keine Behandlung und Beratung in medizinischem Sinne
erfährt, obwohl diese nach Lesen der Bücher und Sehen der Videos berechtigt erwartet werden
können.
Die Erklärungsmodelle für muskuloskelettale Erkrankungen, wie sie von der Liebscher &
Bracht Ausbildungen GmbH verwendet werden, sind nicht evidenzbasiert, da diese zum Teil
unrichtige und irreführende Darstellungen komplexer physiologischer Vorgänge,
muskuloskelettaler Erkrankungen und medizinischer Zusammenhänge beinhalten.
Autorinnen/Autoren
Arnold J. Suda, Salzburg, Mannheim; Dale Kientopf, Kaltenkirchen, Freiburg; Andreas
Leithner, Graz, Wien; Jesko Streeck, Bobenheim-Roxheim; Thomas Colshorn, Bremen; Ronald
Dorotka, Wien; Markus Schneider, Bamberg Ravensburg Frankfurt am Main; Isabel Höppchen,
Wien, Salzburg