Schlüsselwörter Muskuloskelettaler Ultraschall - Kniegelenk - juvenile idiopathische Arthritis
Keywords Musculoskeletal ultrasound - knee joint - juvenile idiopathic arthritis
Das Kniegelenk ist das am häufigsten betroffene Gelenk bei der JIA. Es gilt als klinisch gut zu beurteilendes Gelenk. Dennoch findet sich in Studien auch beim Kniegelenk ein hoher Prozentsatz einer subklinischen Synovitis [1 ], [2 ]. Damit spielt der muskuloskelettale Ultraschall (MSUS) angesichts seiner leichten und nebenwirkungsfreien Anwendbarkeit auch beim sehr jungen Patienten eine wichtige Rolle in der Ergänzung der klinischen Untersuchung [3 ]–[5 ]. Neben dem eigentlichen Gelenk gibt es mehrere andere synoviale Strukturen (Bursae) im Bereich des Kniegelenks, die bei einer Arthritis ebenfalls entzündet sein können und klinisch nicht präzise zu beurteilen sind. Schließlich erlaubt der Ultraschall auch eine Beurteilung der verschiedenen Enthesen und kann bei der Gelenkpunktion und -injektion sehr hilfreich sein. Die Quantifizierung der Befunde ist mittlerweile durch pädiatrisch-spezifische Scores validiert.
Positionierung des Patienten und Standardschnitte
Positionierung des Patienten und Standardschnitte
Das Kniegelenk wird sonografisch üblicherweise im Liegen untersucht. Dabei ist eine Beugung von 30 Grad für den Nachweis eines erweiterten suprapatellaren oder parapatellaren Gelenkspalt bei Erwachsenen als am sensitivsten publiziert [6 ]. Jüngere Studien bei Kindern legen allerdings nahe, dass sowohl die Untersuchung am gestreckten als auch gebeugten Knie für den Ergussnachweis sensitiv ist [7 ]. Die Sehnenansätze der Quadrizeps- und Patellarsehne bilden sich in leichter Beugung klarer und mit weniger Anisotropie ab, allerdings kann die Neutralstellung sensitiver zum Nachweis von Dopplersignalen im Bereich der Enthesen bei Spondylarthropathien sein [8 ]. Bei gesunden Kindern wurde dagegen kein Unterschied der Sensitivität des Dopplernachweises festgestellt [9 ]. Es empfiehlt sich also, die Untersuchung entweder in Streck- oder Beugestellung zu beginnen und während der Untersuchung den Beugungsgrad zu verändern, um einerseits eine klare Darstellung der anatomischen Strukturen und andererseits einen sensitiven Nachweis von pathologischen Veränderungen zu erreichen.
Der mediale und laterale Gelenkspalt einschließlich der Band- und Sehnenstrukturen ist in Neutralstellung und leichter Beugung darstellbar, das laterale Kollateralband ist besser in Beugung zu sehen. Für die Darstellung des posterioren Kniegelenks mit der Gastrocnemius-Semimembranosus-Bursa (Baker-Zyste) ist der Patient in Bauchlage und das Gelenk ist in Neutralstellung.
Um eine Erweiterung des Kniegelenkspaltes zu erfassen, wird der Schallkopf entweder suprapatellar, parapatellar oder medial/lateral positioniert ([
Abb. 1
]). Die übrigen Standardschnitte dienen der Darstellung der Enthesen und Bursae. Alle Schnitte werden jeweils im B-Mode- und Doppler-Mode durchgeführt.
Abb. 1 Standardschnitte des Kniegelenks mit Schallkopfposition (links) und korrespondierender Sonoanatomie (rechts) für A) suprapatellar, B) parapatellar medial, C) parapatellar lateral, D) medial longitudinal, E) lateral longitudinal, F) infrapatellar longitudinal und G) posterior transversal. Quelle: Ped-mus, www.ped-mus.com
Der Suprapatellarschnitt wird longitudinal und transversal ausgeführt, wobei besonders im Longitudinalschnitt der Schallkopf nach medial und lateral verschoben wird. Eine Erweiterung des Gelenkspaltes dehnt sich insbesondere nach lateral aus, weil der Musculus vastus lateralis kürzer als der Musculus vastus medialis ist und entsprechend lateral weniger Widerstand herrscht. Ein Teil der proximalen Patella sowie die Quadrizepssehne werden zusammen mit dem distalen Femur und dem suprapatellaren und präfemoralen Fettkörper dargestellt.
Der mediale und parapatellare Transversalschnitt erlaubt ebenfalls eine gute Beurteilung des Kniegelenkspaltes und ist angesichts der etwas oberflächlicheren Lage sensitiver für den Nachweis von Dopplersignalen im Rahmen einer Synovitis. Die Leitstrukturen sind die Patella, der distale Femur und das mediale und laterale Retinakulum. Wichtig ist die Positionierung des Schallkopfes beim Transversalschnitt in der Mitte der Patella, um tatsächlich den parapatellaren und nicht den suprapatellaren Rezessus darzustellen.
Der mediale Longitudinalschnitt erlaubt die Darstellung des medialen Gelenkspaltes sowie des medialen Meniskus und des tiefen und oberflächlichen Anteils des medialen Kollateralbandes. In der Positionierung des Schallkopfes ist es wichtig, eine abfallende Knochenlinie des distalen Femurs zum Gelenkspalt zu sehen, ansonsten ist die Darstellung der Kollateralbänder schwierig.
Der laterale Longitudinalschnitt erlaubt die Darstellung des lateralen Gelenkspaltes sowie des lateralen Meniskus. Außerdem werden der Tractus iliotibialis mit der distalen Enthese an der proximalen Tibia und bei Interesse auch das laterale Kollateralband und die distale Enthese des Biceps femoris dargestellt.
Infrapatellar werden der proximale und distale Ansatz der Patellarsehne sowohl im Longitudinal- als auch Längsschnitt dargestellt. Im distalen Bereich ist eine erweiterte Bursa infrapatellaris superficialis und profunda zu sehen.
Posterior wird der Schallkopf initial etwas medial und transversal positioniert, um den Musculus semimembranosus und gastrocnemius darzustellen und dazwischen eine mögliche Erweiterung der Bursa semimembranosa-gastrocnemia zu erfassen. Es ist wichtig, den Schallkopf hier nach oben und unten zu kippen, um die regelhaft vorhandene Anisotropie der Gastrocnemius- und Semimembranosus-Sehne zu kompensieren. Danach wird der Schallkopf nach proximal, distal und lateral bewegt, um den hinteren Kniegelenkbereich komplett zu untersuchen. Pathologische Befunde werden im Längsschnitt bestätigt.
Sonoanatomie beim Gesunden
Sonoanatomie beim Gesunden
Im Bereich der Suprapatellar- und Parapatellarschnitte ist es wichtig, die inkomplett ossifizierte Patella und den distalen Femur von pathologischen Veränderungen zu unterscheiden [10 ]–[12 ]. Die Patellaossifikation ist sehr variabel und beginnt im Alter von 2–6 Jahren (für detaillierte Beispiele der normalen Anatomie und jeweiligen Ossifikationsgrade siehe die entsprechenden Abschnitte in einem kostenlosen E-Book unter www.ped-mus.com ) [13 ]. Initial können zahlreiche, sehr unregelmäßige Ossifikationszentren sichtbar sein. Die Ossifikation der Patella ist zum Zeitpunkt der Pubertät weitgehend abgeschlossen, allerdings können proximal, distal sowie medial und lateral noch knorpelige Anteile sichtbar sein. Die Ossifikation der distalen Femurepiphyse beginnt um den Geburtszeitpunkt und ist im Alter von 10 Jahren weitgehend abgeschlossen. Die Epiphysenfuge schließt sich allerdings erst im Alter von bis zu 20 Jahren komplett. Die proximale epiphysäre Ossifikation der Tibia verhält sich ähnlich, während bei der proximalen Fibula die Ossifikation erst im Alter von 5 Jahren in der Epiphyse beginnt und sich die Epiphysenfuge dann auch im Alter von bis zu 20 Jahren schließt. Die proximale Tibia hat neben dem epiphysären Ossifikationszentrum noch ein weiteres apophysäres Ossifikationszentrum, das bei Mädchen im Alter von 11–13 und bei Jungen im Alter von 12–14 Jahren sichtbar wird. Die Ossifikation der Tuberositas tibiae ist dann im Alter von etwa 16 Jahren bei beiden Geschlechtern abgeschlossen. Pädiatrische Normdaten für den suprapatellaren Gelenkspalt sind publiziert [14 ].
Die Bursa infrapatellaris und Bursa gastrocnemia-semimembranosa sind im Normalfall nicht sichtbar.
Physiologische Dopplersignale vor allem in Form von Vasa nutritiva in den Bereichen des inkomplett ossifizierten Knochens und der Epiphysenfuge sind regelhaft nachweisbar und müssen von pathologischem Blutfluss im Rahmen einer Synovitis unterschieden werden [11 ]. Im Bereich der Quadrizeps- sowie der proximalen und distalen Patellarsehnen-Enthese können beim Gesunden teils höhergradige Dopplersignale nachweisbar sein. Diese finden sich allerdings im Bereich von strukturell und im B-Mode normalen Enthesen und können so von pathologischen Befunden unterschieden werden [9 ].
Entzündliche Gelenkerkrankungen am Kniegelenk
Entzündliche Gelenkerkrankungen am Kniegelenk
Im Rahmen der juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA), die durch eine mindestens 6 Wochen anhaltende Gelenkentzündung mit Beginn vor dem 16. Lebensjahr definiert ist, tritt die Erstmanifestation, insbesondere bei der Unterform der Oligoarthritis, typischerweise durch eine Gonarthritis in Erscheinung. Auch bei allen anderen Unterformen der JIA kann die Entzündung der Kniegelenke eine große Rolle spielen. Und auch bei der durch Borrelien ausgelösten Lyme-Arthritis stellt das Kniegelenk das am häufigsten betroffene Gelenk dar. Eine weitere Bedeutung als Ursache haben andere infektassoziierte Gelenkentzündungen wie reaktive Arthritiden z. B. nach Enteritis oder Urethritis oder auch die septische Arthritis zum Beispiel durch eine Infektion mit Staphylococcus aureus.
Ausgehend von umgebenden Knochen- oder Hautinfektionen kann es ebenfalls zu einer Mitbeteiligung der Gelenkstrukturen in der Knieregion kommen. Kinder und Jugendliche mit rheumatischen Gelenkerkrankungen wie der JIA müssen frühzeitig identifiziert werden, da die Erkrankung potenziell zu einer dauerhaften Gelenkschädigung mit bleibender chronischer Behinderung führen kann. Die septische Arthritis gilt sogar als rheumatologischer Notfall, da sie sehr rasch zu einer Gelenkdestruktion führen kann.
Eine frühzeitige, spezialisierte Behandlung ist eine notwendige Voraussetzung für ein gutes Langzeitergebnis. Nicht immer kann die Diagnose klinisch gestellt und das Ausmaß der Erkrankung ausreichend durch die physikalische Untersuchung abgeklärt werden. Bei Kindern und Jugendlichen mit unklaren klinischen Befunden ermöglicht der Ultraschall eine differenzierte Betrachtung der Gelenk-, Sehnen-, und anderen Weichteilstrukturen. Auch die Knochen- und Knorpeloberfläche kann sehr gut beurteilt werden [15 ]. Wachstumsstörungen und insbesondere der bei Kindern mit juveniler idiopathischer Arthritis typischerweise auftretende Ossifikationsvorsprung kann sonografisch sehr gut nachgewiesen werden. Die Ultraschall Task Force der OMERACT-Gruppe (Outcome Measures in Rheumatology and Clinical Trials) hat auch für Kinder und Jugendliche Definitionen der Gelenkentzündung im Ultraschall erarbeitet [16 ]. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei die Differenzierung von physiologischen und pathologischen Befunden am Gelenk. So stellt zum Beispiel die intrasynoviale Vaskularisation ein wichtiges Unterscheidungskriterium dar. Das stoffwechselintensive kindliche Gelenk zeigt in der Sonografie häufig einen physiologischen intra- und periartikulären Blutfluss, der nicht als Synovialitis fehlinterpretiert werden sollte. Lediglich Blutgefäße, die sich eindeutig innerhalb der synovialen Hypertrophie zeigen, sollten für die Diagnose und Entzündungsaktivität in Betracht gezogen werden.
Entzündungen der Sehnen und Sehnenansätze sowie auch Sehnenscheidenentzündungen sind mittels Ultraschall oft besser darstellbar als im MRT.
Sonografischer Nachweis der Synovialitis
Die Membrana synovialis ist normalerweise eine sonografisch nicht direkt sichtbare Struktur. Bei einer Verdickung bzw. Hypertrophie kann diese im Ultraschall jedoch abgrenzbar werden, typischerweise als hypoechogenes Gewebe. Gelegentlich kann die Hypertrophie sehr ausgeprägt sein, sodass die Differenzierung zu einem echogeneren Erguss oder echogenem Fettgewebe Schwierigkeiten bereiten kann. Im Unterschied zu einem Erguss ist die synoviale Hypertrophie durch Druck mit dem Schallkopf in der Regel nicht verschieblich. Ein sehr hilfreicher Aspekt der Ultraschalluntersuchung ist die Tatsache, dass das Gelenk während der Untersuchung bewegt werden kann. Durch die Bewegung lassen sich sowohl der bei kleineren Kindern reichlich vorhandene Knorpel vom Gelenkerguss als auch die Synovialishypertrophie von z. B. Fettgewebe differenzieren ([
Abb. 2
], [
Abb. 3
]).
Abb. 2 Parapatellarer lateraler Transversalschnitt mit Ergussnachweis (*) im parapatellaren Rezessus bei einer Patientin mit juveniler idiopathischer Arthritis. Der Knorpel erscheint ähnlich echogen wie der Erguss und ist durch Pfeile abgegrenzt.
Abb. 3 Suprapatellarer Longitudinalschnitt mit Ergussnachweis im Recessus suprapatellaris (*). Der Knorpel erscheint ähnlich echogen wie der Erguss und ist durch Pfeile abgegrenzt.
Mit hoch eingestellter Sensitivität (z. B. PRF 0,6–0,8 kHz) kann die hypertrophierte Synovialis mittels Farb- oder Powerdoppler durch eine entzündlich vermehrte Vaskularisation identifiziert werden. Allerdings lassen sich nicht in jeder Synovialisproliferation vermehrte Dopplersignale nachweisen. Grundsätzlich ist es sehr wichtig, den Bereich der Synovialisproliferation mit dem Schallkopf abzufahren, da Dopplerbefunde oft teilweise nur sehr lokal zu erfassen sind. Um eine Synovialitis im Ultraschall zu graduieren, sollten nur die Gefäße innerhalb der hypertrophierten Synovialis einbezogen werden, da auch außerhalb der Synovialis physiologische intraartikuläre Gefäße detektiert werden können. Nicht in jedem entzündeten Gelenk oder Standardschnitt lässt sich mittels der Gelenksonografie eine synoviale Hypertrophie nachweisen. Die Sensitivität ist im Allgemeinen sehr von der Schalltiefe abhängig und selbst bei verschiedenen Schnitten desselben Gelenkes muss die Dopplerfrequenz angepasst werden ([
Abb. 4
], [
Abb. 5
]).
Abb. 4 Parapatellarer lateraler Transversalschnitt mit Synovialitis und Hypervaskularisation (*) im parapatellaren Rezessus bei einer Patientin mit juveniler idiopathischer Arthritis. Der Knorpel erscheint ähnlich echogen wie der Erguss und ist durch Pfeile abgegrenzt.
Abb. 5 Lateraler Longitudinalschnitt mit Erguss und Synovialitis (*) im Meniskusbereich bei einer Patientin mit juveniler idiopathischer Arthritis.
Sonografischer Ergussnachweis
Bei Kindern und Jugendlichen zeigt sich in vielen Gelenkhöhlen physiologische Synovialflüssigkeit, die nicht als Entzündungszeichen fehlinterpretiert werden sollte. So kann man bei den meisten Kindern und Jugendlichen physiologische echoarme Flüssigkeit wie in den Recessus suprapatellaris im Kniegelenk sonografisch nachweisen [14 ].
Bei einer Gelenkentzündung kommt es in der Regel zu einer deutlich vermehrten Flüssigkeitsbildung, die sich meistens als echofreie oder echoarme und verschiebliche Sonostruktur nachweisen lässt. Begleitend lassen sich am Kniegelenk auch sehr häufig Poplitealzysten detektieren ([
Abb. 6
]). Zur Abgrenzung des ebenfalls echoarmen kindlichen Knorpelgewebes hilft die echoreiche Knorpelgrenzlinie, die durch den akustischen Impedanzsprung zwischen Knorpelgewebe und Synovialflüssigkeit zustande kommt. Auch die meist runde und glatte Oberfläche des Knorpels, die in vielen Gelenkregionen parallelel zum Ossifikationszentrum verläuft, hilft bei der Differenzierung. Wie oben bereits ausgeführt kann auch die Bewegung des Gelenkes während der Untersuchung äußerst hilfreich sein. Die Echogenität eines Ergusses kann sich bei Chronifizierung verändern und echoreicher bei Organisation des Ergusses werden. Häufig bilden sich auch echoreiche Septen zwischen echoarmen Ergussanteilen, die sonografisch nachgewiesen werden. Die Echogenität eines Ergusses lässt keine sicheren Rückschlüsse auf eine septische, rheumatische oder traumatische Ursache zu. Auch bei einer Gerinnungsstörung wie der Hämophilie lassen sich zu Beginn echoarme Ergüsse im Kniegelenk nachweisen.
Abb. 6 Bursitis infrapatellaris profunda (*) mit hypervaskularisierter Synovialis im Rahmen einer juvenilen idiopathischer Arthritis. Der Knorpel erscheint ähnlich echogen wie der Erguss und ist durch Pfeile abgegrenzt.
Sonografischer Nachweis der Enthesitis
Eine Enthesitis zeigt sich vor allem bei Kindern und Jugendlichen mit den JIA-Subtypen der Enthesitis-assoziierten Arthritis, der Psoriasisarthritis oder undifferenzierten Arthritis. Typische sonografische Zeichen sind eine Veränderung der homogenen fibrillären Sehnenstruktur sowie eine Verdickung des Sehnenansatzes. Bei einigen Sehnenansatzentzündungen zeigen sich auch begleitende Bursitiden der benachbarten Bursen wie zum Beispiel der Bursa subachillea oder Bursa infrapatellaris profunda im Kniegelenk ([
Abb. 7
]). Der betroffene Sehnenansatz zeigt in der Regel eine deutliche Hypervaskularisation, die von der physiologischen Sehnenansatzdurchblutung bei Kindern abgegrenzt werden muss. Bei jüngeren Kindern geht der Sehnenansatz noch in den Knorpelanteil der Patella oder distal der Tuberositas tibiae über. Hier zeigt sich bei jüngeren Kindern oft noch eine höhere Vaskularisation in der Sonografie. Sekundäre Veränderungen wie Verkalkungen und Enthesophyten, die im Erwachsenenalter häufig auftreten, scheinen im Kindesalter eher seltener zu sein.
Abb. 7 Poplitealazyste (Bakerzyste) bei einer Patientin mit juveniler idiopathischer Arthritis (*).
Erste Publikationen zu sonografischen Normbefunden und Pathologien der Enthesen von Kindern und Jugendlichen wurden in den letzten Jahren publiziert [9 ], [17 ], [18 ].
Sonografischer Nachweis von Knochen- und Knorpelschädigung
Neben den sonografischen Zeichen einer akuten Gelenkentzündung können auch bei Kindern und Jugendlichen frühzeitig oberflächliche Knorpel- und Knochendestruktionen sonografisch nachgewiesen werden. Diese lassen sich in der hochauflösenden Sonografie sicherer als in der Röntgenbildgebung nachweisen. Erosive oder osteophytische Veränderungen sollten immer in 2 unterschiedlichen Schnittebenen dargestellt und dokumentiert werden. Insbesondere bei der Ossifikation des kindlichen Knorpels kommen sehr unregelmäßige knöcherne Konturen zur Darstellung, die nicht als Knochenläsionen fehlinterpretiert werden dürfen. Die Darstellung des kindlichen Gelenkknorpels war Inhalt mehrerer Studien bei gesunden Kindern sowie auch bei Kindern und Jugendlichen mit JIA. Hierzu gibt es auch für die Knieregion sonografische Normwerte [14 ]. Die Knorpeldicke des Gelenkknorpels lässt sich in der Sonografie vergleichbar zuverlässig wie im MRT ausmessen [15 ]. Allerdings ist zu bedenken, dass die Messgenauigkeit insbesondere bei jüngeren Kindern durch die unregelmäßig geformten epiphysären Ossifikationszentren sehr variabel sein kann. Außerdem kann es im Rahmen der JIA zu einer Akzeleration der Ossifikation kommen, die sich bei einigen Kindern auch im Bereich der Patella nachweisen lässt.
Praktisches Vorgehen bei Verdacht auf Kniegelenkentzündung
Praktisches Vorgehen bei Verdacht auf Kniegelenkentzündung
Zum Nachweis einer Gonarthritis eignen sich bei allen Kindern und Jugendlichen die Standardschnittebenen des suprapatellaren Longitudinal- und Transversalschnittes sowie die beiden parapatellaren Transversalschnitte. Neben den parapatellaren Transversalschnitten können auch die seitlichen Longitudinalschnitte sensitiv eine Hypervaskularisation und ggf. auch knöcherne Läsionen darstellen. Mittels infrapatellarem Longitudinalschnitt lassen sich die beiden Ansätze des Ligamentum patellae sowie eine mögliche Bursitis infrapatellaris profunda beurteilen.
Die standardisierte Untersuchung des Kniegelenkes sollte den Bereich der Kniekehlen immer mit einschließen, um synoviale Poplitealzysten nachzuweisen (interkondylärer Transversalschnitt).
Eine nordamerikanische Arbeitsgruppe hat kürzlich einen zeitsparenden Vorschlag für eine standardisierte Ultraschalluntersuchung des Kniegelenkes bei Arthritis publiziert [19 ].
Quantifizierung von Befunden
Quantifizierung von Befunden
Bei der Quantifizierung der Befunde haben sich semiquantitative Scores bewährt. Ein allgemeiner Score für alle Gelenke wurde von der OMERACT-Gruppe vorgeschlagen, er zeigt allerdings Limitationen bei der Anwendbarkeit an manchen Gelenken und deshalb gibt es vermehrt Vorschläge für gelenkspezifische Scores. Zur Quantifizierung der Synovitis am Kniegelenk existiert mittlerweile ein validiertes und pädiatriespezifisches, semiquantitatives Bewertungssystem, das die Synovitis von 0 (normal) über mild (1), moderat (2) bis 3 (stark) sowohl für den B-Mode- als auch für die Doppler-Untersuchung graduiert [19 ]. Das Knie sollte um 30 Grad gebeugt sein und vor der Untersuchung sollte der Patient das Knie 3-mal beugen und strecken, um eine verlässliche Verteilung einer vermehrten Gelenkflüssigkeit zu gewährleisten.
Für den Suprapatellarschnitt erlaubt die Definition im B-Mode für Grad 0 aufgrund physiologischer Flüssigkeitsmengen einen kleinen Flüssigkeitsschlitz/Gelenkspalt. Leichte oder Grad-1-Befunde umfassen kleine Ergüsse oder Synoviaproliferationen. Moderate Befunde (Grad 2) zeigen eine mäßige Anhebung des präpatellaren Fettpolsters und eine Ausdehnung des erweiterten Gelenkspaltes nach proximal von mehr als 50 % des sichtbaren Anteils der Quadrizepssehne. Eine starke Synovitis (Grad 3) liegt vor, wenn der Recessus suprapatellaris zwischen der Unterseite der Quadrizepssehne und dem präfemoralen Fettpolster über das gesamte Bild hinweg erweitert ist und der am weitesten proximal gelegene Anteil eine Erweiterung von mindestens 50 % der maximalen Erweiterung zeigt.
In den parapatellaren Schnitten erlaubt der Normalbefund (Grad 0) eine minimale Erweiterung des Gelenkspaltes bis zur patellofemoralen Gelenklinie. Grad 1–3 ist dann definiert als eine Erweiterung bis auf jeweils ⅓, ⅔ oder mehr als ⅔ des Gelenkraumes.
Beim Doppler-Scoring-System ist es wichtig zu betonen, dass ausschließlich Doppler-Signale innerhalb des erweiterten Recessus synovialis und dort auch nur im Bereich der Synoviahypertrophie gewertet werden. Physiologische Dopplersignale, wie z. B. Vasa nutritiva, können zwar im Rahmen der Entzündung eine Hyperämie zeigen, werden allerdings nicht gewertet, weil eine sichere Unterscheidung zwischen normalen und hyperämischen physiologischen Blutgefäßen im Gelenkbereich nicht möglich ist. Beim Normalbefund in der Doppleruntersuchung (Grad 0) finden sich keine Signale. Grad 1 umfasst 1–3 Dopplersignale im Bereich der Synoviahypertrophie. Grad 2 zeigt > 3 einzelne Signale oder konfluente Signale im Bereich von weniger als 50 % der Fläche der Synoviahypertrophie. Bei einem starken Befund (Grad 3) finden sich konfluente Signale in mehr als 50 % der Gesamtfläche der Synoviahypertrophie.
Für die Quantifizierung der Befunde an den Enthesen gibt es verschiedene Vorschläge [9 ]. Es existiert zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings kein validiertes pädiatriespezifisches Scoringsystem.
Sonografische Abgrenzung von Differenzialdiagnosen
Sonografische Abgrenzung von Differenzialdiagnosen
Bei einem Kniegelenkerguss kommen zunächst mehrerere Differenzialdiagnosen infrage. Bei eindeutiger Darstellung einer synovialen Hypertrophie mit intrasynovialer Hypervaskularisation kann die Diagnose einer Synovialitis sonografisch gesichert werden. Die Differenzierung einer septischen Arthritis, Lyme-Arthritis oder JIA erfordert eine ergänzende Serologie und ggf. die Gewinnung von Punktat zur weiteren Abklärung. Auch im Rahmen von Gerinnungsstörungen wie der Hämophilie oder Traumata kann es zu einem blutigen Erguss im Kniegelenk kommen. Hierbei lässt sich zu Beginn in der Regel keine synoviale Reizung sonografisch nachweisen. Bei der Hämophilie kann es im Verlauf aber zu einer Synovialitis mit Knorpel- und Knochenschädigung kommen.
Bei den sonografischen Zeichen einer Enthesitis muss neben der rheumatischen Ursache auch eine akute oder chronische Überbeanspruchung in Betracht gezogen werden. Hier sind in der Regel Anamnese und sonografische Verlaufskontrollen hilfreich.
Neben den typischen Veränderungen, die bei einer Gelenkentzündung nachgewiesen werden, können auch wichtige Differenzialdiagnosen sonografisch ermittelt oder auch ausgeschlossen werden. Hierzu gehören im Bereich der kindlichen Knieregion Weichteil- oder Knochentumoren, Weichteilinfektionen, Ödeme, Weichteiltraumen, Osteochondrosen, Apophysitiden, Frakturen oder auch Muskelpathologien ([
Abb. 8
], [
Abb. 9
]). So lassen sich zum Beispiel beim Morbus Osgood-Schlatter oder Morbus Sinding-Larsen-Johansen die verdickte und strukturell veränderte Enthese mit den begleitenden oberflächlichen Knochenveränderungen sonografisch nachweisen. Auch kindliche Frakturen an den Extremitäten gehören inzwischen zum festen Indikationsspektrum der Sonografie.
Abb. 8 Enthesitis im Bereich des oberen Patellapols bei Patella bipartita. Der Knorpel ist durch Pfeile abgegrenzt.
Abb. 9 Periartikuläre Verkalkung oberhalb des Recessus suprapatellaris (Pfeile).