Schlüsselwörter
Sport - Aktivität - Knie-Totalendoprothese - Patellaersatz - unikondylärer Ersatz
Einleitung
Sportliche Betätigung ist Bestandteil eines gesunden Lebensstils und trägt zu einer
guten Lebensqualität bei [1]
[2]. Viele Patienten haben auch mit einer Knietotalendoprothese (K-TEP) das Ziel, sportlich
aktiv zu sein [2]
[3]. Diese Erwartungshaltung zu erfüllen, ist mitentscheidend für die Patientenzufriedenheit
[4]. Prognosen rechnen mit einem Anstieg an K-TEPs in jüngeren Patienten [5]. In 2021 wurden in Deutschland 36,2% aller K-TEPs in Patienten unter 65 Jahren implantiert
[6]. Mit dem sinkendem Patientenalter ändert sich auch der Anspruch an die postoperative
Belastungsfähigkeit des Gelenkes sowie die Langlebigkeit des Implantates [7]. Es stellt sich daher die Frage, welches Ausmaß an sportlicher Betätigung sinnvoll
und realistisch ist. Entscheidend sind vor allem patientenspezifische Faktoren wie
etwa
die präoperativen Sportgewohnheiten, das allgemeine Fitnesslevel, die körperliche
Konstitution und Begleiterkrankungen [2]. Zu berücksichtigen sind aber auch implantatspezifische Faktoren, wie die Kongruenz
der Gelenkflächen und die Gelenkausrichtung. Eine weitere Einflussgröße ist die
ärztliche Empfehlung [8]
[9]. Zu Beginn war die Expertenmeinung gegenüber der Ausübung von Sport mit einer K-TEP
sehr restriktiv, da dies mit dem Auftreten von aseptischen Lockerungen und
Polyethylenabrieb in Verbindung gebracht wurde [2]. Eine Umfrage der deutschen Arbeitsgemeinschaft für Endoprothetik (AE) hat gezeigt,
dass 36,6% der befragten Ärzte die Ausübung von Sportarten mit hoher Belastung, sog.
High-Impact-Sportarten, weiterhin nicht empfehlen [10]. Einzelne Studien zeigen jedoch, dass Implantate auch ein höheres Aktivitätslevel
tolerieren und sportliche Aktivität nicht zwingend mit einer erhöhten
Ausfallswahrscheinlichkeit einhergeht [8]
[11]
[12]
[13]
[14].
Dies ist vor allem in Hinblick auf die zunehmend jüngere Patientenpopulation relevant,
für die eine Langlebigkeit der Implantate wichtig ist. Unter den Mitgliedern der AE
gibt es bisher bei
der Versorgung sportlich aktiver Patienten mittels K-TEP keine eindeutige Präferenz
bei der Wahl des operativen Zugangs, Implantatdesigns oder der Gelenkausrichtung [10]. Die sportlichen Ziele des Patienten sollten in die präoperative Planung miteinfließen,
denn Tätigkeiten wie Joggen, Tennis oder Golf beanspruchen ein künstliches
Kniegelenk anders als Sportübungen, die eine extreme Flexionsbewegung erfordern.
Methodik
Das Ziel dieses narrativen Reviews ist es,
-
das Aktivitätslevel und die aktuellen Sportgewohnheiten von K-TEP-Patienten zusammenzufassen,
-
die biomechanischen Eigenschaften sowie das Belastungsausmaß von unterschiedlichen
Sportarten auf das künstliche Kniegelenk zu beschreiben und
-
den Zusammenhang zwischen Gelenkausrichtung und sportlicher Aktivität mit K-TEP zu
explorieren und kritisch zu diskutieren.
Die Literaturrecherche erfolgte systematisch mittels PubMed und den Suchbegriffen
„sport“, „physical activity“, „total knee replacement“, „return to sports“, „impact“,
„alignment“, „load“,
„clinical outcome“, „functional outcome“, „revision“ und „survival“. Die rezentesten
Metaanalysen und Reviews wurden berücksichtigt.
Sport und Knieendoprothetik
Sport und Knieendoprothetik
Zu den im Jahre 1999 durch die Knee Society empfohlenen Sportarten nach Implantation
einer K-TEP zählten leichtes Aerobic, Radfahren auf dem Ergometer, Bowling, Krocket,
klassischer Tanz,
Jazz- and Squaredance, Schwimmen, Gehen und Golf [2]. Für Patienten mit entsprechender Vorerfahrung wurden auch Sportarten wie Radfahren,
Wandern, Rudern, Skifahren, Tennis im Doppel und Krafttraining mit Gewichten empfohlen
[2]. Von diversen Ballsportarten (Handball, Basketball, Fußball, Baseball, Softball
etc.) sowie Hockey, Joggen, Squash, Lacrosse, Turnen und Tennis wurde hingegen abgeraten
[2]. Diese Einteilung basierte auf der Befragung von 112 Endoprothetikspezialisten der
Knee Society [2]. Diese Empfehlungsgrundlage wurde 2005 etwas adaptiert und spiegelt das aktuell
in der Literatur beschriebene Aktivitätsmuster von Patienten mit K-TEP und unikondylärem
Gelenkersatz wider [15].
Aktivitätslevel, Sportbeteiligung und Rückkehr zum Sport in K-TEP-Patienten
Aktivitätslevel, Sportbeteiligung und Rückkehr zum Sport in K-TEP-Patienten
Die Literatur zeigt einen starken Zusammenhang zwischen prä- und postoperativem Aktivitätslevel
[8]
[16]. Präoperativ sind zwischen 29,3% und 100% aller K-TEP-Patienten sportlich aktiv
und postoperativ zwischen 21,3 und 100% [9]
[14]
[17]
[18]
[19]
[20]
[21]
[22]
[23]
[24]
[25]
[26]
[27]. Patienten führen bereits präoperativ vorwiegend Low-Impact-Sportarten aus und nur
ein geringer Prozentsatz ist hoch aktiv [8]
[16]. Eine Studie von Crawford et al. zeigt, dass nur 5,4% ihrer Patienten ein Aktivitätslevel
gemäß dem UCLA-Score (UCLA: University of California Los Angeles) von 8 oder
mehr angeben. Dies entspricht der regelmäßigen Ausübung von sog. Intermediate-Sportarten
wie Bowling oder Golf [11]. Der Großteil der Patienten hat ein Aktivitätslevel von UCLA ≤ 6 und verfolgt vorwiegend
Low-Impact-Sportarten. Gehen, Radfahren und Schwimmen sind die beliebtesten
Sportarten von K-TEP-Patienten [8]
[11]
[16]
[28]. In einer Metaanalyse von Hanreich et al. hatten alle inkludierten K-TEP-Patienten
sowohl prä- als auch postoperativ einen UCLA-Score von < 8 [16]. Die Metaanalyse zeigte auch, dass das Aktivitätslevel von Patienten postoperativ
entweder gleich bleibt bzw. sich geringgradig verbessert [16]. Patienten unter 55 Jahren zeigten einen größeren Anstieg ihres Aktivitätslevels
[16]. Allgemein schwankt die Rate der Rückkehr zum Sport nach K-TEP vorwiegend zwischen
60 und 90% [8]
[14]
[16]
[17]
[18]
[19]
[20]
[22]
[23]
[24]
[25]
[26]
[27]. Sportgewohnheiten ändern sich i. d. R. im fortgeschrittenen Alter nicht signifikant
[29]. Eine Studie verglich Patienten mit unikondylärem Ersatz vs. K-TEP vs. Patellofemoralersatz
(PFE). Patienten nach Erhalt eines unikondylären Ersatzes zeigten zwar höhere
postoperative Aktivitätswerte, allerdings hatten sie diese bereits präoperativ [8]
[30]. Eine Metaanalyse von Witjes et al. suggeriert, dass Patienten mit einem unikondylären
Gelenkersatz höhere Sportrückkehrraten haben. In der Studie von Panzram et al. etwa
lag die Sportrückkehrrate nach zementfreiem unikondylärem Ersatz nach 5 Jahren bei
100% [29]. Patienten favorisierten auch hier sowohl prä- als auch postoperativ Low-Impact-Sportarten.
Von dem bereits präoperativ geringen Prozentsatz an Patienten, die eine
High-Impact-Sportart ausübten, kehrten weniger als 50% zu diesen Sportarten (Volleyball,
Tennis, Fußball, Skifahren oder Joggen) zurück [29]. Die Literatur zeigt, dass Patienten mit einem unikondylären Ersatz ihr Aktivitätslevel
nicht signifikant mehr steigern als Patienten mit K-TEP [8]
[20]
[30]. Unabhängig vom gewählten Operationsverfahren befand sich der Großteil aller Patientengruppen
auf einem Aktivitätslevel, das in etwa jenem von Low-Impact-Sportarten
entspricht [8]
[16]
[30]
[31]. Es scheint jedoch weniger die Art der Operation für das Aktivitätslevel ausschlaggebend
zu sein, als vielmehr das Sportverhalten in Zeiten vor der Operation bzw. vor dem
Auftreten der Arthrose im Kniegelenk [30]
[32]. Unklar bleibt, ob die Versorgung mit einem unikondylären Ersatz aufgrund einer
stärkeren physischen Belastung mit einer höheren Revisionsrate vergesellschaftet ist
[33]. Dem Jahresbericht 2021 des „Endoprothesenregister Deutschland“ (EPRD) zufolge,
ist die Ausfallswahrscheinlichkeit von unikondylären Prothesen doppelt so hoch ist
wie die
von K-TEPs [6]. Welche Rolle dabei sportliche Aktivität spielt, ist jedoch unklar.
High-Impact-Sportarten
Der Prozentsatz an K-TEP-Patienten die High-Impact-Sportarten ausüben, ist generell
gering [11]
[16]
[20]
[34]. Dennoch zeigen Studien, dass die Ausübung dieser Sportarten mit entsprechender
Vorerfahrung auch mit einer K-TEP möglich ist. In einer Studie von Mont et al. übte
eine
hochaktive Patientenkohorte High-Impact-Sportarten auf intensivem Niveau (4×/Woche
bzw. 3,5 h) aus. Patienten, die Jogging, Skifahren, Tennis, Racquetball, Squash und
Basketball ausübten,
hatten in einem 4-Jahres-Follow-up ein gutes klinisches Outcome [35]. Nur ein Patient, der regelmäßig joggte, musste sich aufgrund von Lockerungszeichen
einer Revisionsoperation unterziehen. Alle Patienten waren mit einer
Cruciate-retaining-Prothese (CR-Prothese) versorgt und das Durchschnittsalter lag
bei 66. Allerdings war die Studienpopulation mit nur 31 Patienten (33 K-TEPs) klein
und es gab kein
Langzeit-Follow-up [35]. In einer Studie von Hepperger et al. [18] mit 200 Patienten (235 K-TEPs) blieb die sportliche Betätigung nach K-TEP auf demselben
Aktivitätslevel wie präoperativ. Patienten übten High-Impact-Sportarten wie
Wandern und Skifahren aus. Allerdings ist auch in dieser Studie die Follow-up-Zeit
mit 2 Jahren sehr kurz [18]. In einer Studie von Vielgut et al. mit einer Follow-up-Zeit von 14,9 Jahren übten
16,7% aller Patienten High-Impact-Sportarten wie Ballsport, Jogging und Squash aus,
und
weitere Studien demonstrierten, dass ein geringer Prozentsatz Tennis spielt und Ski
fährt [19]
[20]
[36].
Während die Autoren High-Impact-Sportarten wie Tennis, Golf und Skifahren für Patienten
auch nach einer Knietotalendoprothese uneingeschränkt zulassen, lehnen sie High-Impact-Sportarten
wie
Joggen und Basketball auch weiterhin ab. Mit entsprechender Expertise ist unserer
Meinung nach die Rückkehr auch zu einigen High-Impact-Sportarten anzudenken. Kurzfristige
Studienergebnisse
mit einer Follow-up-Dauer von bis zu 4 Jahren zeigen keinen Nachteil im klinischen
Outcome [16]. Es fehlen allerdings Langzeitergebnisse, um die vollkommene Unbedenklichkeit zu
untermauern. Die Auswirkung eines hohen Aktivitätslevels auf die Langlebigkeit muss
noch
untersucht werden. Dabei müssen auch demografische Faktoren, wie das Gewicht der Patienten
sowie das Implantatdesign berücksichtigt werden.
Biomechanik: Welche Sportarten belasten das Kniegelenk am stärksten?
Biomechanik: Welche Sportarten belasten das Kniegelenk am stärksten?
Gehen, Radfahren
Eine wesentliche Determinante in der mediolateralen tibiofemoralen Lastverteilung
im Kniegelenk ist die Gelenkausrichtung [37]. Beim Gehen in der Ebene werden Belastungshöchstwerte von bis zu 201% des Körpergewichts
(KG) am medialen Tibiaplateau gemessen [38]. Mit einer neutralen Gelenkausrichtung nimmt das mediale Gelenkkompartiment beim
Gehen bis zu 70% der gesamten Last auf [38] und jede weitere Abweichung in Richtung Varus- oder Valgus von mehr als 3° ist mit
einer signifikanten Belastungszunahme im medialen bzw. lateralen Gelenkkompartiment
verbunden [37]. Erst bei höheren Gehgeschwindigkeiten („Power-Walking“) bzw. in weiterer Folge
beim Treppensteigen [39] oder Joggen steigen die Belastungsspitzen deutlich an [40].
Die geringsten Belastungswerte wurden beim Radfahren gemessen. Unter moderaten Bedingungen
(60 W, 40rpm) am Ergometer ist die Last am Knie signifikant geringer als beim Gehen
[41]. Die Belastungshöchstwerte betragen durchschnittlich nur 119% des Körpergewichts
[41]. Eine ausreichende Sitzhöhe gilt als zusätzlich protektiver Faktor [42].
Treppensteigen und tiefe Kniebeugen
Moderne K-TEPs ermöglichen i. d. R. eine Flexion bis 120° [43]. Biomechanische Studien zeigen, dass sich bereits ab einer Flexion von 40° die Last
am Knie auf das 3,5-Fache des Körpergewichts erhöht [44]. Die axiale Last beim Hinaufsteigen von Treppen ist vergleichbar mit jener beim
Gehen und erreicht beim Hinabsteigen Belastungsspitzen von bis zum 3,5-Fachen des
Körpergewichts [39].
Bestimmte sportliche Tätigkeiten erfordern ein hohes Maß an Beweglichkeit. Eine vermehrte
Flexion beim Sport (Stairmaster oder Beinpresse mit halbem Körpergewicht) ist aber
auch mit
deutlich höheren Spitzenlasten auf die tibiale Komponente verbunden [40]. Ab 40° Beugung wirken deutlich höhere Lasten (≥ 3,5-faches Körpergewicht) auf das
Knie und besonders die Patella ein [44]. Dies sollte bei Übungen, die eine extreme Flexionsbewegung benötigen, berücksichtigt
werden und spielt z. B. bei Übungen wie der Beinpresse oder
Quadrizepsextensionsübungen eine Rolle. Es ist anzudenken, die Flexion bei diesen
Aktivitäten auf maximal 40° zu beschränken, um Spitzenbelastungen des Kniegelenks
zu vermeiden.
Tennis, Jogging, Golf
Tennis und Jogging führen zu einer stärkeren Belastung des Kniegelenks (≥ 4-faches
KG) [40]. Beide Sportarten werden daher in der Literatur kaum empfohlen [2]. Golf wird meist als Low Impact klassifiziert [15], allerdings wurden auch beim Golfspielen vergleichsweise hohe tibiale Belastungswerte
(> 4-faches KG) gemessen [40]. Allerdings ist hierbei zu bedenken, dass die Anzahl der Belastungsspitzen beim
Golfen wesentlich geringer ist als z. B. beim Tennis oder Jogging (Golfschwünge vs.
Schrittzahl) [40]. Jogging zeichnet sich durch repetitive Spitzenbelastungen aus und beim Tennis ist
das Kniegelenk abrupten Richtungswechseln ausgesetzt, was eine besondere Stabilität
erfordert [40].
Flexionsbewegungen
Studien zeigen einen Zusammenhang zwischen der Flexionsbewegung und der Rollbewegung
der Femurkondylen. Eine Studie von Sharma et al. zeigt, dass die Position der Kondylen
nach Implantation
von gängigen „posterior-stabilized-“ (PS-) und CR-Prothesen entscheidend für das Bewegungsausmaß
ist [44]. Bei Patienten mit einem hohen Flexionsvermögen (110–130°) lagen die Kondylen signifikant
weiter posterior als bei Patienten mit einem geringeren Flexionsvermögen [44]
[45]. Ebenso zeigte eine Arbeit von Lynch et al., dass CR-Prothesen mit mobilen Plattformen
und PS-Prothesen mit festen Plattformen signifikant höhere Flexionswerte erreichen
als CR-Prothesen mit festen Plattformen [43]. Dies schrieben sie den Unterschieden in der Bewegung und Position der Femurkondylen
zu. Ein Faktor, der für die Belastung in tiefer Flexion ebenfalls berücksichtigt
werden sollte, ist der Retropatellarersatz. Laut dem Jahresbericht 2021 des EPRD erhielten
11,8% aller K-TEP-Patienten einen Retropatellarersatz [6]. Dieser Prozentsatz ist über die letzten Jahre hinweg gewachsen und hängt stark
von dem Standard der behandelnden Institution ab [6]. Starke Flexionsbewegungen mit einem Retropatellarersatz können an der Patella zu
deutlich höheren Belastungsspitzen führen. Aus diesem Grund empfiehlt der Seniorautor
bei
Fitnessübungen, wie Kniebeugen, Beinpresse, Curls oder Anheben schwerer Lasten, eher
zurückhaltend zu sein oder ggf. von vornherein auf den Patellarersatz zu verzichten.
Gelenkausrichtung
Aktuell verfügbare Studien inkl. einer Metaanalyse zeigen keinen Unterschied im Outcome
von K-TEPs mit kinematisch vs. mechanischer Gelenkausrichtung [46]
[47]
[48]
[49]
[50]. Eine neutrale Gelenkachse war mit komplikationsloser Rückkehr zum Sport assoziiert,
ohne erhöhtes Auftreten von Implantatversagen oder Abrieb [30]
[51]. Problematisch scheinen primär extreme Abweichungen der Gelenkachse in Richtung
varus oder valgus zu sein. Die damit einhergehende asymmetrische Belastung bei intensiver
sportlicher Beanspruchung könnte für die Implantatlanglebigkeit von Nachteil sein
[37]
[38]. Insbesondere bei jungen, aktiven Patienten kann eine unphysiologische Lastverteilungen
an der Knochen-Implantat-Schnittstelle als Resultat einer varischen
Gelenkausrichtung [52] den Polyethylenabrieb erhöhen und langfristig zu einer aseptischen Lockerung führen
[53]
[54]. Allerdings fehlen Langzeitstudien, die explizit den Zusammenhang zwischen sportlicher
Aktivität, Gelenkausrichtung und Ausfallswahrscheinlichkeit untersuchen.
Da es in biomechanischen Studien einen Zusammenhang zwischen Belastungsspitzen und
Ausrichtung der Komponenten gibt, könnte bei starken axialen Belastungen (z. B. Kniebeugen
oder schwerer
körperlicher Arbeit) eine klassische, mechanische Gelenkausrichtung (90°) bzw. eine
modifiziert kinematische Gelenkausrichtung mit bis zu maximal 3° varus einen Vorteil
haben [37]
[38]
[52]. Eine mechanische Gelenkausrichtung bedeutet eine gleichmäßigere Lastverteilung
[37]. Der Seniorautor versucht bei sportlich aktiven Patienten immer, eine neutrale Beinachse
herzustellen, um die Nachteile einer asymmetrischen Belastung zu vermeiden.
Sowohl die Gelenkausrichtung als auch das Prothesendesign und die damit verbundene
Position der Kondylen haben einen Einfluss auf das Belastungsausmaß während der Flexionsbewegung
[43]
[44]
[45]. Bei der Durchführung einer tiefen Kniebeuge zeigen Patienten mit kinematischer
Gelenkausrichtung höhere Belastungsspitzen (> 5-faches KG) als Patienten mit einer
neutralen (mechanischen) Gelenkausrichtung (4-faches KG) [55]. Implantate mit einem kongruenten oder ultrakongruenten Design weisen geringere
Kontaktbelastungen auf als weniger kongruente Designs [55].
Implantatfixierung
Die Fixierung mithilfe von Zement ist heutzutage der Goldstandard [56]
[57]
[58]. Der Jahresbericht 2021 des ERPD berichtet, dass 94,3% aller primären K-TEPs zementiert
wurden [6]. Die aseptische Lockerung ist nach wie vor einer der häufigsten Gründe für ein Implantatversagen
[59] und 23,4% aller Revisionsoperationen erfolgten aufgrund einer aseptischen Lockerung
[6]. Die häufigsten Revisionen gab es in der Altersgruppe 65–84, und Männer sind häufiger
betroffen als Frauen [6]. Einzelne Studien berichten aber gute Ergebnisse und eine gute Überlebensdauer für
zementfreie Implantate, die besonders für jüngere und sportlich aktivere Patienten
eine
Rolle spielen könnten. Eine zementfreie Fixierung ermöglicht eine dauerhaftere und
widerstandsfähigere Verankerung zwischen Knochen und Implantat [56]
[57]
[58]
[60]
[61] ([Tab. 1]).
Tab. 1 Übersicht über die wichtigsten Faktoren bei Planung und Einbau einer Knieendoprothese
bei sportlich aktiven Patienten.
wichtige Faktoren
|
-
Alignment
-
Kontaktfläche
-
Patellarersatz
-
Fixierung
|
Persönliche Erfahrungen des Seniorautors
Persönliche Erfahrungen des Seniorautors
Wie sich all die unterschiedlichen Belastungsformen tatsächlich auf eine K-TEP auswirken,
ist letztendlich nicht vollständig geklärt und bedarf weiterer Studien. Die oben angeführten
Studienergebnisse geben einen Rahmen vor, in dem jeder Operateur seine persönlichen
Empfehlungen anpasst. Der folgende Absatz spiegelt die persönlichen Ansichten des
Seniorautors zu diesem
Thema wider.
Im Allgemeinen empfiehlt der Seniorautor, im Fitnesscenter Quadrizepskräftigungen
mit hohen Gewichten zu vermeiden. Da über 90% seiner Knieprothesen mit einem Retropatellarersatz
implantiert
werden, hält er gerade die Belastung in tiefer Kniebeugung für besonders nachteilig.
In den letzten Jahren hat er für Patienten, die stärkere physische Belastungen, wie
z. B. Krafttraining im
Fitnesscenter oder Tennisspielen planen, die Implantatwahl angepasst. Um die Kongruenz
der tibiofemoralen Kontaktfläche zu vergrößern und damit die Stabilität zu erhöhen
und Kontaktfläche zu
vergrößern, kommen in seiner Praxis bei diesen Patienten häufiger CR-Prothesen mit
einem ultrakongruenten Polyethyleneinsatz zur Anwendung [55]. Dies gilt in gewissem Umfang auch für die etwas kongruenteren PS-Designs. Bei beiden
Designs erfolgt i. d. R. die Resektion des hinteren Kreuzbandes. Bei dem
klassischen, flachen Tibiaersatz, einer das hintere Kreuzband erhaltenden Prothese,
scheinen jedoch Belastungsspitzen beim Sport kaum vermeidbar. Im Jahr 2020 gab es
in Deutschland einen
Zuwachs in der Verwendung von PS-Prothesen (19,2%) [6]. Das am häufigste verwendete System ist jedoch nach wie vor das CR-Design (43,4%)
[6]. Die Datenlage dazu ist beschränkt. Gegebenenfalls kann ein PS-Design mit seinem
etwas besseren Bewegungsumfang Vorteile für Sportarten wie Yoga oder Ballett haben,
während stärker kongruente Designs bei stärkerer Belastung in Beugung (Tennis, Fitness)
bevorzugt werden.
Eine K-TEP hat eine erwartete Überlebensdauer von bis zu 20 Jahren. Analysen über
die Ausfallswahrscheinlichkeiten bzw. die Langlebigkeit von Implantaten sind allerdings
nur limitiert
vorhanden. So betrachtet der Jahresbericht 2021 des EPRD z. B. „nur“ einen Zeitraum
von 6 Jahren [6]. Erst langfristige und gezielte Studien werden zeigen, wie stark sich sportliche
Aktivität auf die Überlebensdauer der Implantate auswirkt und ob eine zementfreie
Verankerung hier von Vorteil ist. Aufgrund seiner guten Erfahrungen mit der zementierten
Verankerung verwendet der Seniorautor eine zementfreie Verankerung nur im Einzelfall.
Wichtig ist es, auch andere patientenspezifische Faktoren wie Alter, BMI und Begleiterkrankungen
zu berücksichtigen, die laut des EPRD alles Faktoren für eine verkürzte Überlebensdauer
des
Implantates sind [6]. Insbesondere das Gewicht spielt hier nach Meinung des Seniorautors eine große Rolle.
Übergewichtige sollten Sportarten mit Higher Impact (Tennis) eher meiden und das
Hauptaugenmerk auf die allgemeine Fitness (Fahrrad, Nordic Ski, Elliptical) und die
Gewichtsabnahme legen.
Zusammenfassung
Studien zeigen, dass die Rückkehr zu sportlichen Aktivitäten für Patienten insgesamt
sehr wichtig ist und zu einer erhöhten Patientenzufriedenheit führt [32]. Dabei werden von K-TEP-Patienten vorwiegend Low-Impact-Sportarten ausgeübt und
nur ein geringer Prozentsatz erreicht ein hohes Aktivitätslevel [11]
[16]
[30]
[62]. Die meisten Patienten haben nach Beginn der Arthrosesymptome ohnehin die intensivere
sportliche Betätigung eingestellt [29]
[30]. Daneben spielt das Alter für das Interesse und die Intensität der Sportausübung
eine wichtige Rolle. Laut einer Studie, ausgehend vom Robert Koch-Institut (RKI) zur
Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS), nimmt die sportliche Aktivität der Durchschnittsbevölkerung
ab dem 70. Lebensjahr deutlich ab [63]. Bedenkt man, dass 65,3% aller Endoprothesen in Deutschland 2018 bei Patienten jenseits
des 65. Lebensjahres eingebaut wurden, so spielt für viele der älteren Patienten
Sport auch eher eine untergeordnete Rolle [5]. Zudem ist dem Jahresbericht 2021 des EPRD zu entnehmen, dass beinahe die Hälfte
der Patienten gemäß ihres BMI adipös sind, wobei der Anteil an adipösen K-TEP-Patienten
zwischen 45 und 65 Jahren am höchsten ist [6].
Allerdings wächst die junge Patientenkohorte und ein gewisser Prozentsatz wird immer
den Wunsch verspüren, High-Impact-Sportarten auszuüben. Eine Knieprothese sollte heute
kein absolutes
Hindernis für eine sportliche Belastung darstellen. Sport bei entsprechender Vorerfahrung
zu betreiben, scheint i. d. R. ein realistisches Ziel zu sein. Die Autoren sind in
der Empfehlung von
sportlichen Aktivitäten mit repetitiven Belastungsspitzen, wie etwa Joggen, nach wie
vor zurückhaltend, ermöglichen ihren Patienten aber, Tennis und Golf zu spielen sowie
Ski und Rad zu
fahren.
Limitationen dieses Artikels sind
-
das Studiendesign eines narrativen Reviews in das auch die empirischen Erfahrungen
des Seniorautors eingegangen sind,
-
der Einfluss von Patientencharakteristika und Unterschieden im Implantatdesign können
in diesem Setting nicht vollständig behandelt werden,
-
die meisten Studienergebnisse beziehen sich auf kurz- oder mittelfristiges Outcome
und lassen eine abschließende Beurteilung des Risikos einer sportlichen Belastung
auf das
Langzeitüberleben nicht zu.
Finanzielle Unterstützung
Finanzielle Unterstützung
Die Autoren erhielten für die vorliegende Arbeit keinerlei finanzielle Unterstützung.