Zusammenfassung
Hintergrund Für das fortgeschrittene hepatozelluläre Karzinom steht uns seit Kurzem ein deutlich
erweitertes Spektrum an systemischen Therapieoptionen zur Verfügung. Insbesondere
mit den immunonkologischen Kombinationstherapien können mittlerweile beeindruckende
Ansprechraten und ein deutlich verlängertes Überleben bei insgesamt guter Verträglichkeit
erreicht werden. Dabei werden diese Immun-Onkologie (IO)-basierten Kombinationen nicht
nur zur Therapie des fortgeschrittenen HCC geprüft, sondern zunehmend auch in früheren
Stadien im Sinne von periinterventionellen Therapiekonzepten und auch zum down-sizing
zu lokalen Therapien. Im Kontext der Lebertransplantation (LTx) muss allerdings eine
besonders kritische Nutzen-Risiko-Abwägung vor Einsatz von Immuntherapeutika im Rahmen
multimodaler Konzepte erfolgen, da durch die Immuntherapie das Risiko einer potenziell
letalen Abstoßung signifikant gesteigert werden kann.
Methode Diese Übersichtsarbeit basiert auf einer selektiven Literaturrecherche, die zwischen
Dezember 2020 und April 2021 in den Datenbanken PubMed und Cochrane Library durchgeführt
wurde. Leitlinien, Expertenmeinungen und Empfehlungen von Fachgesellschaften wurden
besonders berücksichtigt.
Ergebnisse Fast jede fünfte LTx in Deutschland erfolgt aufgrund eines HCC (DSO Jahresbericht
2019). Die LTx ist dabei eine kurative Therapieoption nicht nur für die zugrunde liegende
Lebererkrankung, sondern auch für den malignen Tumor. Einzelfallbeschreibungen weisen
darauf hin, dass auch eine IO-Therapie vor einer LTx das Risiko einer Abstoßung bzw.
eines Leberversagens bei einer nachfolgenden LTx erhöhen kann. Seit ca. 2015 werden
Immuntherapeutika vielfach auch zur Tumortherapie bei Patienten nach einer LTx eingesetzt.
In kleinen Fallserien wurden dabei Abstoßungsraten von 36%, die mit einer abstoßungsbedingten
Mortalität von 20% der behandelten Patienten einhergingen, beschrieben. Eine ähnliche
Inzidenz von Abstoßungsreaktionen wurde auch nach dem Einsatz von Immuntherapeutika
bei Patienten nach anderen Organtransplantationen beschrieben.
Schlussfolgerung Im Zusammenhang mit einer Organtransplantation besteht durch eine IO-Therapie das
Risiko einer Transplantatabstoßung, welches zum Verlust des Transplantates und auch
zum Tod des Patienten führen kann. Unter Abwägung der oben dargelegten Überlegungen
kann aber nach unserer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Abwägung aus heutiger Sicht ein
Einsatz einer IO-basierten Therapie im Kontext der Organtransplantation erfolgen.
Abstract
Background Multiple systemic therapy options have been recently approved for the treatment of
hepatocellular carcinoma (HCC). In particular, immuno-oncology combination therapies
can now achieve impressive response rates and significantly prolonged survival with
good tolerability. These immuno-oncology (IO)-based combinations are currently not
only evaluated for the therapy of advanced HCC, but increasingly also in earlier stages
in terms of peri-interventional therapy concepts and also for down-sizing to local
therapies. In the context of liver transplantation (LTx), a particularly critical
benefit/risk assessment must be made before the use of immunotherapeutics in the context
of multimodal concepts, since the risk of a potentially lethal rejection can be significantly
increased by immunotherapy.
Methods This review is based on a selective literature search performed between December
2020 and April 2021 in the PubMed and Cochrane Library databases. Guidelines, expert
opinions, and recommendations from professional societies were given special consideration.
Results Nearly one in five LTx in Germany are performed due to HCCs. In this context, LTx
is a curative therapy option not only for the underlying liver disease but also for
the malignant tumor. Individual case reports indicate that IO therapy prior to LTx
may increase the risk of rejection or liver failure after subsequent liver transplantation.
Since 2015, immunotherapeutics have also been widely used for tumor therapy in patients
after LTx. In small case series, rejection rates of 36%, associated with rejection-related
mortality of 20% of treated patients, have been described. A similar incidence of
rejection has also been described following the use of immunotherapeutics in patients
after other organ transplantations.
Conclusion In the context of organ transplantation, IO therapy carries the risk of graft rejection,
which can lead to graft loss and also patient death. However, from today’s point of
view, IO-based therapy can be considered in the context of organ transplantation with
a careful benefit/risk assessment.
Schlüsselwörter Nivolumab - Pembrolizumab - Ipilimumab - Rejektion - Transplantatversagen
Keywords Nivolumab - Pembrolizumab - Ipilimumab - rejection - transplant failure