Aktuelle Rheumatologie 2022; 47(05): 397-398
DOI: 10.1055/a-1634-1752
Medizin & Management

Vergütung für veranlasste Leistungen außerhalb des Krankenhauses

Wie werden externe Leistungen abgerechnet?
Isabel Häser
 

Eine vom liquidationsberechtigten Chefarzt im Rahmen einer Wahlleistungsvereinbarung veranlassten Behandlung eines Arztes außerhalb des Krankenhauses zählt vergütungsrechtlich zur stationären Krankenhausbehandlung.

Der Fall

Eine Patientin litt an einem Hirntumor und wurde stationär behandelt. Sie schloss eine Wahlleistungsvereinbarung für die Behandlung des Chefarztes der Klinik. Der Chefarzt informierte die Patientin auch über die Möglichkeit der Gamma-Nachbehandlung, was die Patientin in Anspruch nehmen wollte. Daraufhin wurde die Patientin auf Veranlassung des Chefarztes in einer radiologischen Praxis außerhalb der Klinik behandelt. Die Patientin verstarb und die Erben zahlten die radiologische Behandlung nicht. Die Forderung wurde an eine Abrechnungsstelle abgetreten, die diese Forderung einklagte. Bereits das Landgericht gab der Klage statt. Die Erben gingen mit der Begründung, dass Regelungen aus dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) entgegenstünden in Berufung. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf wies die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurück.


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Die Entscheidung

Der Argumentation, das Landgericht habe § 17 Abs. 3 KHEntgG fehlinterpretiert und § 2 Abs. 2 KHEntgG nicht in den Blick genommen, folgte das OLG nicht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.09.2019, Az.: 8 U 140/17).

Nach Auffassung des OLG berechtigt § 17 Abs. 3 KHEntgG in diesem Fall zur gesonderten Berechnung der von der Praxis erbrachten Leistungen.

Kommentar

§ 17 (3) KHENTGG

Eine Vereinbarung über wahlärztliche Leistungen erstreckt sich auf alle an der Behandlung des Patienten beteiligten angestellten oder beamteten Ärzte des Krankenhauses, soweit diese zur gesonderten Berechnung ihrer Leistungen im Rahmen der vollstationären und teilstationären sowie einer vor- und nachstationären Behandlung (§ 115a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) berechtigt sind, einschließlich der von diesen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses; darauf ist in der Vereinbarung hinzuweisen. (…)

Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 KHEntgG waren nach Auffassung des Gerichts erfüllt.


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Wirksame Wahlleistungsvereinbarung

Die Trägerin des Krankenhauses hatte mit der Patientin eine wirksame Wahlleistungsvereinbarung getroffen, deren Gegenstand auch veranlasste Leistungen außerhalb des Krankenhauses waren. Die vom Krankenhaus geschlossene Vereinbarung habe den Anforderungen nach § 17 Abs. 2 KHEntgG entsprochen. So hätten sich u. a. die Wahlärzte aus der Wahlarztliste ergeben, der gültige Leistungstarif konnte laut Hinweis in der Vereinbarung jederzeit eingesehen werden, ebenso ergaben sich nähere Hinweise zum Arzthonorar aus der Patienteninformation Wahlleistungen. Auch der im Gesetz vorgesehenen Hinweispflicht sei nachgekommen worden.


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Veranlasste Leistung

Die radiologische Behandlung wurde auch von einem Wahlarzt individuell veranlasst.


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Außerhalb Krankenhaus

Bei der Praxis handelte es sich um eine ärztlich geleitete Einrichtung außerhalb des Krankenhauses, in dem die Patientin stationär aufgenommen war. Die Praxis habe sich nicht auf dem Grundstück des Krankenhauses befunden. Der Hinweis der Erben auf die örtliche Nähe zwischen der Praxis und dem Krankenhaus und die Behauptung, dass von diesen genutzte Gebäudeteile räumlich miteinander verbunden seien, stelle die festgestellte (besitz-)rechtliche, organisatorische und wirtschaftliche Trennung nicht in Frage. Die Praxis sei Teil der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft mit eigener Organisation und Verwaltung. Sie habe sowohl Patienten, deren Behandlung vom Krankenhaus veranlasst werde, als auch andere Patienten.


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Vertrauenskette

Das Gericht hebt hervor, dass mit diesem Ergebnis (in Abgrenzung zu Honorararztbehandlungen) auch dem mit einer Wahlleistungsvereinbarung verbundenen Gedanken besonderen Vertrauens gegenüber einer „Chefarztbehandlung“ hinreichend Rechnung getragen würde.

Dem Patienten gehe es darum, sich über den Facharztstandard hinaus, der bei Erbringung allgemeiner Krankenhausleistungen ohnehin geschuldet sei, die Leistungen hochqualifizierter Spezialisten des Krankenhauses gegen ein zusätzliches Entgelt „hinzuzukaufen“, so das Gericht. Indem der Gesetzgeber vom liquidationsberechtigten Krankenhausarzt veranlasste Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses in eine Wahlarztkette einbeziehe, gebe er zu erkennen, dass dem Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen und die herausgehobene Kompetenz des liquidationsberechtigten Krankenhausarztes auch dann Rechnung getragen werde, wenn dieser Arzt eine Behandlung durch Drittärzte veranlasst, die das besondere Vertrauen des liquidationsberechtigten Krankenhausarztes genießen (Vertrauenskette). In der Konsequenz sind die Leistungen der Praxis nach Auffassung des OLG dem Vergütungsrecht der stationären Krankenhausbehandlung zuzuordnen.


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Keine allgemeine Krankenhausleistung bei Wahlleistung

Auch der von den Erben vorgebrachte § 2 Abs. 2 Nr. 2 KHEntgG, wonach vom Krankenhaus veranlasste Leistungen Dritter zu den allgemeinen Krankenhausleistungen gehören, führe nicht zu einem anderen Ergebnis.

Kommentar

§ 2 (2) KHENTGG

Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind. Unter diesen Voraussetzungen gehören dazu auch (…)

2. die vom Krankenhaus veranlassten Leistungen Dritter, (…)

Der sich aus § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG ergebende Ausschluss des Vergütungsanspruchs für vom Krankenhaus veranlasste Leistungen Dritter gelte dann nicht, wenn es sich – wie hier – um wahlärztliche Leistungen handelt; die Abrechnung von Leistungen Dritter werde in den Fällen des § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG veranlasserbezogen beurteilt und kraft dieser Regelung nicht den allgemeinen Krankenhausleistungen zugerechnet. So wie „Chefarztbehandlung“ im Rahmen eines „Chefarztvertrages“ nicht zu den allgemeinen Krankenhausleistungen zähle, zähle auch die durch einen liquidationsberechtigten Chefarzt im Rahmen des „Chefarztvertrages“ veranlasste Behandlung durch einen Arzt oder eine ärztlich geleitete Einrichtung außerhalb des Krankenhauses nicht zu den allgemeinen Krankenhausleistungen. Die Patientin habe nicht eine allgemeine Krankenhausbehandlung in Anspruch genommen, sondern eine Wahlarztvereinbarung getroffen, also eine besondere Erfahrung und herausgehobene Kompetenz der liquidationsberechtigten Krankenhausärzte („Chefarztbehandlung“) „hinzugekauft“ einschließlich der von eben diesen herausgehobenen Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses. Deren Abrechnungsfähigkeit richte sich nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG.

Fazit

Voraussetzung für eine Abrechnung externen Leistungen ist nach der Auffassung des OLG Düsseldorf vor allem eine wirksame Wahlleistungsvereinbarung sowie die individuelle Veranlassung der externen Leistung durch einen Wahlarzt. Es empfiehlt sich in jedem Fall, den Veranlasser (namentlich, Wahlarzt) in der Patientenakte zu dokumentieren.


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Zitierweise für diesen Artikel

klinikarzt 2020; 49: 288–289


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Dr. iur. Isabel Häser
Fachanwältin für Medizinrecht Riedener Weg 1
82319 Starnberg
Deuschland
haeser@kanzlei-haeser.de

Korrespondenzadresse

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Publication History

Article published online:
04 October 2022

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