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DOI: 10.1055/a-1578-7221
Einsatz bildgebender Verfahren bei der Früherkennung von Mesotheliomen
In einer Studie an einem Risikokollektiv von Arbeitnehmer*innen mit gesicherter BK 4103 konnte gezeigt werden, dass die blutbasierten Biomarker Mesothelin und Calretinin ca. 1 Jahr vor der klinischen Diagnose eines Mesothelioms ansteigen. Aufgrund der Studienergebnisse soll analog zu „EVA Lunge“ ein Programm zur Früherkennung von Mesotheliomen implementiert werden, an dem derzeit ausschließlich Arbeitnehmer*innen mit anerkannter BK 4103 teilnehmen werden.


Die S2k-Leitlinie „Diagnostik und Begutachtung asbestbedingter Erkrankungen“ empfiehlt eine Früherkennung von Mesotheliomen mittels des Einsatzes von Biomarkern derzeit nur unter kontrollierten Bedingungen innerhalb von Studien, da mit einer hohen Zahl falsch positiver Tests zu rechnen sei. Es wird weiterer Forschungsbedarf gesehen.
An die AG DRauE wurde in Vorbereitung des geplanten Früherkennungsprogramms eine Anfrage zum Einsatz bildgebender Verfahren gestellt.
Der gezielte Einsatz bildgebender Verfahren wird in der Literatur bei Mesotheliomen nur im Zusammenhang mit Ausbreitungsdiagnostik und Therapiemonitoring bei symptomatischen Fällen beschrieben. Die Proband*innen des geplanten Programms sind hingegen klinisch unauffällig, die Verdachtsdiagnose eines Mesothelioms basiert ausschließlich auf einer Erhöhung der Biomarker, es handelt sich also um die klassische Situation einer Früherkennung.
In der Literatur gibt es bisher keine gesicherten Daten dazu, ob und zu welchem Zeitpunkt mit bildgebenden Verfahren bei erhöhten Biomarkern ein Mesotheliom zu detektieren ist. Die Thoraxaufnahme ist zur Detektion von benignen und malignen pleuralen Läsionen wenig sensitiv. Die Computertomografie ist bei geeigneter Technik dagegen geeignet, asbestfaserbedingte Erkrankungen von Lunge und Pleura nachzuweisen bzw. auszuschließen. Deshalb hat die AG DRauE bereits vor Jahren BMI-adaptierte Low-Dose-Volumen-CT-Protokolle erarbeitet und immer wieder an den derzeitigen Stand von Wissenschaft und Technik angepasst. Ein Low-Dose-Volumen-HRCT ist gemäß Falkensteiner Empfehlung Eingangsvoraussetzung zur Erstbegutachtung bei V. a. BK 4103. Identische Untersuchungsprotokolle kommen auch im Programm „EVA Lunge – Erweitertes Vorsorgeangebot der DGUV zur Früherkennung von Lungenkrebs im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge und für Versicherte mit anerkannter BK-Nr. 4103“ zur Anwendung.
Die Bildqualität dieser BMI-adaptierten Low-Dose-CT-Untersuchungen erlaubt eine eindeutige Beurteilung der Pleura und der Lunge, sodass sie möglicherweise auch in der Früherkennung von Mesotheliomen eingesetzt werden kann. Allerdings gelingt der Nachweis kleiner bzw. neuer Läsionen der Pleura meist nur im subtilen Vergleich mehrerer Untersuchungen. Lediglich in fortgeschrittenen Fällen kann ein einziges CT diagnostisch einen Verdacht begründen.
Da nur Proband*innen mit einer anerkannten BK 4103 in das Mesotheliom-Früherkennungsprogramm aufgenommen werden, liegt wahrscheinlich zumindest bei in den letzten Jahren erstdiagnostizierten BKs bereits ein LD-Volumen-HRCT vor, das als „Basisuntersuchung“ dient und mit dem die aufgrund der Erhöhung der Biomarker angefertigte CT-Untersuchung verglichen wird.
Im Rahmen des Programms „EVA Lunge“ unterliegen die LD-Volumen-HRCT-Untersuchungen einer strengen Qualitätskontrolle hinsichtlich der effektiven Dosis und der Bildqualität. Gleiches muss für die Mesotheliom-Früherkennung gefordert werden.
Hinsichtlich der Kontrollintervalle und Abklärung von Rundherden bestehen in der Früherkennung von Lungenkarzinomen eindeutige Leitlinien. Derartiges existiert für Mesotheliome nicht. Hier ergeben sich Forschungsfragen und -ansätze zu geeigneten Protokollen.
Kontrollintervalle für die Bildgebung können aus Sicht der AG DRauE nur über definierte Schwellenwerte bei Erhöhung der Biomarker festgelegt werden, da Mesotheliome wie auch kleinzellige Lungenkarzinome ein exponentielles Wachstum aufweisen können.
Bei Proband*innen mit anerkannter BK 4103 werden sowohl im Rahmen des Programms „EVA Lunge“ als auch in der Nachbegutachtung Indikationen zu CT-Untersuchungen des Thorax gestellt. Diese sind im Früherkennungsprogramm Mesotheliom obligat heranzuziehen. Doppeluntersuchungen durch die Teilnahme am Früherkennungsprogramm müssen aus strahlenhygienischen Gründen unbedingt vermieden werden.
Noch festzulegen ist das Vorgehen bei erhöhten Biomarkern und negativem Befund des CT-Thorax. In dieser Situation muss grundsätzlich ein peritoneales Mesotheliom in Betracht gezogen werden. Im Rahmen der Früherkennung kann von der AG DRauE aber aufgrund der deutlich höheren Strahlenexposition ein CT des Abdomens derzeit nicht empfohlen werden. Zur weiteren Abklärung käme nur ein MRT des Abdomens in Betracht. Dafür gibt es derzeit aber keine standardisierten Untersuchungsprotokolle. Auch hier ergeben sich Forschungsfragen.
In der Früherkennung von Mesotheliomen sind folgende radiologische Befunde abklärungsbedürftig:
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neu aufgetretener asymptomatischer Pleuraerguss sowie
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eindeutige, neu aufgetretene pleurale Raumforderung.
Proband*innen mit derartigen Befunden sind in ein zertifiziertes Tumorzentrum zur weiteren Abklärung und leitliniengerechten Therapie zu überweisen. Das diagnostische Prozedere der Abklärung eines Mesothelioms ist in mehreren Leitlinien mit leichten Abweichungen beschrieben. Aus radiologischer Sicht erscheint es sinnvoll, auch für Staging und Therapiemonitoring ein einheitliches Vorgehen im Konsens zwischen den Tumorzentren zu vereinbaren.


Autorinnen und Autoren:
Dr. med. Kathrin Ludwig
Lungenklinik Lostau
Dr. med. Alexander Eisenkolb
BDT MVT Erlangen
Dr. med. Jan Philipp Hering
Klinikum Ibbenbühren
Dr. med. Beate Rehbock
Conradia Charlottenburg MVZ GmbH, Berlin
Nadine Bayerl
Universitätsklinikum Erlangen
PD Dr. med. Karina Hofmann-Preiß
BDT MVT Erlangen
Univ.-Prof. Dr. med. Thomas Kraus
Uniklinik, RWTH Aachen
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Literatur
- 1 Baas P, Fennell D, Kerr KM. et al Malignant pleural mesothelioma: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol 2015; 26 (Suppl. 05) v31-v39 . Epub 2015 Jul 28
- 2 Hino O, Abe M, Han B. et al. In commemoration of the 2018 Mataro Nagayo Prize: A road to early diagnosis and monitoring of asbestos-related mesothelioma. Cancer Sci 2019; 110: 1518-1524
- 3 Johnen G, Burek K, Raiko I. et al. Prediagnostic detection of mesothelioma by circulating calretinin and mesothelin – a case-control comparison nested into a prospective cohort of asbestos-exposed workers. Sci Rep 2018; 8: 14321
- 4 Kraus T, Teschler H. Update der AWMF-S2k-Leitlinie „Diagnostik und Begutachtung asbestbedingter Erkrankungen“ – Was gibt es Neues? [Update of the AWMF S2k Guideline „Diagnostics and Assessment of Occupational Asbestos-Related Diseases“ – What's New?]. Pneumologie 2021; 75: 201-205
- 5 NCCN Clinical Practice Guidelines in Oncology (NCCN Guidelines®) Malignant Pleural Mesothelioma Version 2.2019 — April 1, 2019 NCCN.org.
- 6 Protokollempfehlungen der AG DRauE zur Durchführung von Low-Dose-Volumen-HRCT-Untersuchungen der Lunge. Fortschr Röntgenstr 2017; 189: 553-575
- 7 Scherpereel A, Opitz I, Berghmans T. et al. ERS/ESTS/EACTS/ESTRO guidelines for the management of malignant pleural mesothelioma. Eur Respir J 2020; 55: 1900953
Publication History
Article published online:
16 September 2021
© 2021. Thieme. All rights reserved.
Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany
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Literatur
- 1 Baas P, Fennell D, Kerr KM. et al Malignant pleural mesothelioma: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol 2015; 26 (Suppl. 05) v31-v39 . Epub 2015 Jul 28
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