Schlüsselwörter
Rhizarthrose - Fetttransplantation - mittelfristige Ergebnisse
Key words
Osteoarthritis of CMC-I-joint - fat transfer - midterm results
Einleitung
Die Arthrose des Daumensattelgelenkes ist ein sehr häufiges Krankheitsbild mit steigender
Prävalenz ab der 6. Lebensdekade. Therapeutisch kommen abhängig im Wesentlichen von
den vorhandenen Schmerzen unterschiedlichste Maßnahmen zur Anwendung: Ruhigstellung,
Physio- und Ergotherapie, medikamentöse Behandlung (NSAR), Injektionen von Kortison
und Hyaluronsäure [1], Bestrahlung sowie diverse Operationsverfahren [2]. Letztere umfassen vor allem Resektionsarthroplastiken mit partieller – oder vollständiger
– Entfernung des Trapeziums mit und ohne Interposition/Suspension mit einer resp.
durch eine körpereigene Sehne [3], [4] sowie den prothetischen Ersatz [5] des Gelenkes. Allen Verfahren gemeinsam ist, dass es zu einer Zerstörung des Gelenkes
kommt mit teils nicht unerheblichen Komplikationen [6], [7]. Auch vergehen oft Monate bis Beschwerdefreiheit eintritt.
Vor diesem Hintergrund stellt insbesondere in den frühen, einerseits oft recht schmerzhaften,
andererseits mit noch geringen radiologischen Veränderungen einhergehenden Stadien
der Sattelgelenksarthose die Eigenfetttransplantation in das Gelenk eine ernstzunehmende
Alternative dar. Das Sattelgelenk bleibt hierbei erhalten und somit die Möglichkeit
zu weiteren operativen Maßnahmen, so erforderlich. Die kurzfristigen Ergebnisse sind
gut, wie Herold und Mitarb. [8] und Haas und Mitarb. [9] zeigen konnten. Mittelfristige oder gar Langzeitergebnisse nach Eigenfetttransplantation
liegen bisher noch nicht vor.
Ziel dieser prospektiven Studie war deshalb die Ermittlung der mittelfristigen klinischen
Ergebnisse nach Transplantation von Eigenfett in arthrotische Sattelgelenke an einem
größeren Patientengut.
Patienten und Methoden
Es liegt ein positives Votum unserer Ethikkommission bzgl. der Studie vor. Alle Patienten
wurden ausführlich über Möglichkeiten und Risiken der Eigenfetttransplantation, aber
auch einer Trapezektomie aufgeklärt und willigten schriftlich in die Studienteilnahme
ein. Es wurden nur Patienten in die Studie eingeschlossen, bei denen zuvor keine operativen
Maßnahmen oder Injektionen in die betroffenen Gelenke erfolgt waren, andererseits
hatten alle Patienten bereits erfolglos konservative Behandlungsversuche mit NSAR,
Schonung, Orthesenversorgung durchlaufen.
In die Studie wurden initial 27 Patienten (22 Frauen und 5 Männer) mit einem mittleren
Alter von 59,8 (49–83) Jahren eingeschlossen, bei denen zwischen Dezember 2014 und
Mai 2015 bei einer Rhizarthrose eine Eigenfetttransplantation in das betroffene Sattelgelenk
erfolgte. Vier Patienten wurden von der abschließenden Nachuntersuchung aufgrund einer
zwischenzeitlichen Trapezektomie ausgeschlossen. Je 2 davon litten an einer Rhizarthrose
Stadium 2 bzw. 3 nach Eaton-Littler [10]. Nach der Eaton-Littler-Klassifikation lag bei den verbliebenen 23 Patienten 8-mal
eine Rhizarthrose Stadium 1, 6-mal Stadium 2 und 9-mal Stadium 3 vor.
Die Operation wurde entsprechend der von Herold und Mitarb. beschriebenen Technik
durchgeführt, wobei die Eigenfettgewinnung entsprechend der Beschreibung von Coleman
erfolgte [8], [11]. Direkt nach der Fetttransplantation wurde eine Mittelhandschiene für 7 Tage angelegt.
Danach erfolgt die Wiederaufnahme der Alltagstätigkeiten unter Vermeidung einer Belastung
der behandelten Hand für weitere 2 Wochen.
Präoperativ und bei der Nachuntersuchung erfolgte die Erhebung des DASH-Scores unter
Verwendung der deutschen Version [12]. Die Einstufung der Schmerzen erfolgte anhand der visuellen Analogskala (VAS). Um
die Darstellbarkeit des Schmerzniveaus zu vereinfachen, wurde aus den getrennt erhobenen
Qualitäten „Ruheschmerz“ und „Belastungsschmerz“ ein Durchschnittswert ermittelt und
für die weitere Auswertung verwendet. Die Messung der Grobkraft erfolgte mittels Jamar-Dynamometer
der Firma Sammons-Preston-Rolyan (Bolingbrook, USA) und der Pinchkraft mit dem Baseline
Mechanical-Pinch Gauge (Fabrication Enterprises INC, White Plains, USA). Sowohl Grob-
als auch die Pinchkraft wurden als Mittelwert aus jeweils 3 Messungen bestimmt.
Die statistische Auswertung erfolgte mittels SPSS Version 25 unter Verwendung eines
verbundenen t-Tests (Einstichproben-t-Test). Als statistisch signifikant wurde ein
p-Wert von < 0,05 angesehen.
Ergebnisse
Der Nachuntersuchungszeitraum betrug durchschnittlich 45,3 (39,3–50,9) Monate. Die
Pinchkraft verbesserte sich von präoperativ 3,8 (SD ± 1,9) kg auf 5,1 (SD ± 3,0) kg,
was knapp nicht signifikant war (p = 0,05) (Abb. 1). Die Grobkraft blieb mit 22,2 (SD ± 11,2) kg präoperativ und 22,8 (SD ± 12,6) postoperativ
unverändert (p = 0,51) (Abb. 2). Der DASH-Score verbesserte sich hochsignifikant von präoperativ 50,8 (SD ± 19,1)
auf 29,6 (SD ± 24,8) postoperativ (p = 0,00) (Abb. 3). Das durchschnittliche Schmerzniveau verbesserte sich hochsignifikant von präoperativ
5,9 (SD ± 1,7) auf 1,9 (SD ± 1,7) (p = 0,00) (Abb. 4).
Abb. 1 Entwicklung der Pinchkraft.
Abb. 2 Entwicklung der Grobkraft.
Abb. 3 Entwicklung des DASH-Scores von präoperativ zur Nachuntersuchung.
Abb. 4 Entwicklung der Schmerzen.
Zur Beantwortung der Frage, inwiefern Patienten mit einem höheren Arthrosegrad von
einer Eigenfetttransplantation in das Sattelgelenk profitieren, wurden die Ergebnisse
getrennt nach den Eaton-Littler-Stadien analysiert, allerdings erfolgte aufgrund der
geringen Patientenzahl je Gruppe keine statistische Auswertung. Anhand unserer Daten
ist ablesbar, dass die Patienten unabhängig von ihrem jeweiligen Arthrosegrad im mittelfristigen
Verlauf ähnliche Ergebnisse erzielten ([
Tab. 1
]).
Tab. 1
Klinische Ergebnisse und DASH-Score prä- und postoperativ für die jeweiligen Eaton-Littler-Stadien.
Eaton-Littler-Stadium
|
1
|
2
|
3
|
prä
|
post
|
prä
|
post
|
prä
|
post
|
prä = präoperativ; post = postoperativ; kg = Kilogramm; VAS = visuelle Analogskala
|
Pinchkraft (kg)
|
2,9
|
4,6
|
4,1
|
5,2
|
4,1
|
5,5
|
Grobkraft (kg)
|
16,6
|
16,7
|
21,2
|
22,6
|
24,4
|
28,7
|
Schmerzen (VAS)
|
6,0
|
2,4
|
5,5
|
1,5
|
6,1
|
1,8
|
DASH-Score
|
58,7
|
31,7
|
49,5
|
25,7
|
50,4
|
35,9
|
Diskussion
Mit der hier vorliegenden Studie konnten wir einen positiven Effekt einer Transplantation
von Fettgewebe in arthrotische Sattelgelenke in Bezug auf die subjektive Einschätzung
des Ergebnisses mittels des DASH-Scores und die Schmerzen auch im mittelfristigen
Verlauf im Rahmen einer prospektiven Untersuchung nachweisen.
In einer kürzlich erschienenen Übersichtsarbeit stellen Damia und Mitarb. zwar einen
positiven Effekt der ADSC (Adipose derived stem cells) zur Behandlung der Arthrose
beim Menschen fest, wiesen aber auch auf die eingeschränkte Evidenz und fehlende Langzeitergebnisse
hin [13]. Delanois und Mitarb. haben in ihrer Übersichtsarbeit verschiedene biologische Therapieverfahren
(PRP, BMSCs, ADSCs, AMSCs) zur Behandlung der Gonarthrose verglichen. Sie kommen zu
dem Schluss, dass zwar bei allen untersuchten Verfahren gute Frühergebnisse erreicht
werden, aber noch viele offene Fragen bestehen, u. a. fehlende Langzeitergebnisse.
Trotzdem scheint es eine Evidenz für die Verwendung verschiedener biologischer Therapien
bei der Behandlung der Gonarthrose zu geben [14].
Auch bezüglich der optimalen Fettentnahmestelle gibt es noch offene Fragen, wie Chiari
und Mitarb. feststellten [15]. Wir entnehmen das Fett aus dem Oberschenkel oder lateral gluteal, jedoch nicht
aus dem abdominellen Fett, da wir in diesem Fall unsere Patienten auch über eine potenzielle,
wenn auch unwahrscheinliche, Darmverletzung mit der Konsequenz einer Anus-praeter-Anlage
aufklären müssten. Im Rahmen der Arthrosetherapie mittels Fetttransplantation verzichten
wir grundsätzlich auf den Zusatz von (Re-)Agenzien zu den Zellen, da der Effekt solcher
Zusätze (Enzyme o. ä.) auf die Zellen noch nicht ausreichend untersucht ist und eine
stoffliche Veränderung der Zellen in Deutschland dem AMG/ATMP unterliegt [16], [17]. Des Weiteren wird es sehr schwierig, den erzielten Effekt dann in der Analyse einem
Verfahren direkt zuordnen zu können. Es besteht die Gefahr einer Polypragmasie.
Alternativen zu dem hier vorgestellten Verfahren bestehen in der intraartikulären
Injektion von Kortison oder Hyaluronsäure. Bei beiden Verfahren konnte jedoch bisher
keine langanhaltende Wirkung nachgewiesen werden [1], [9]. Außerdem sind die lokalen Schädigungen durch wiederholte Kortisoninjektionen nicht
zu unterschätzen [18], [19]. Insbesondere eine ungenügende antiseptische Technik wird oft als Ursache einer
Komplikation benannt. Wir führen die Eigenfetttransplantation immer im Operationssaal
unter sterilen Bedingungen durch und hatten keine Infektionen.
Gute Ergebnisse in der Therapie der Sattelgelenksarthrose konnten durch verschiedene
operative Methoden nachgewiesen werden [2]. Betrachtet man die mittelfristigen Ergebnisse nach einer Protesenimplantation,
so zeigen sich sehr unterschiedliche Erfolgsraten je nach Prothesenart und Autor.
Apard und Saint-Cast, berichten bei 26 Patienten mit einem minimalen Nachuntersuchungszeitraum
von 5 Jahren über eine Revisionsrate von 22 % und eine Überlebensrate der Prothesen
von 85 % [20]. Maes und Mitarb. berichten über die Rubis-II-Prothese und fanden bei 77 Patienten
mit einem Nachuntersuchungszeitraum von mindestens 5 Jahren eine Überlebensrate der
Prothesen von 93 %. 77 % der Patienten, bei denen eine Nachuntersuchung durchgeführt
werden konnte, waren schmerzfrei [21]. Perez-Ubeda und Mitarb. berichten über schlechte Ergebnisse mit der zementierten
SR-TMC-Prothese. Nach 33 Monaten trat bei 55 % der Patienten eine Lockerung auf, 20 %
der Patienten mussten revidiert werden [22].
Verschiedene Arbeitsgruppen berichten über gute Ergebnisse nach einer Arthrodese des
Sattelgelenkes [23], [24]. Der Goldstandard in der Therapie der Rhizarthrose ist die Resektionsarthroplastik.
In zahlreichen Studien ist der gute Behandlungserfolg dokumentiert [25], [26], [27], [28]. Allerdings dauert es in der Regel mehrere Monate, bis Schmerzfreiheit [25] eintritt und bis der Daumen uneingeschränkt eingesetzt werden kann [26]. Erne und Mitarb. fanden bei Vergleich der Resektionsarthroplastik nach Lundborg
und der Fetttransplantation in das arthrotische Sattelgelenk vergleichbare Ergebnisse
bzgl. Schmerzreduktion und Funktion, wobei Operationsdauer und die Zeit bis zur Verbesserung
der Symptome bei den Patienten mit einer Fetttransplantation deutlich kürzer waren
[29].
Alle vorgenannten operativen Verfahren sind deutlich invasiver als die Fetttransplantation
und gehen mit einer mitunter langen Ruhigstellung und physiotherapeutischen Nachbehandlung
einher [25], [26]. Die Ergebnisse unserer Studie sind auch nach fast 4 Jahren Nachuntersuchungszeit
durchaus vergleichbar mit den guten Ergebnissen nach Arthrodese oder Arthroplastik
und eher besser als einige Ergebnisse nach Prothesenimplantation. Da die konventionellen
Behandlungsmethoden auch nach einer Fetttransplantation weiterhin bestehen, sehen
wir die Fetttransplantation als eine sichere gering invasive Erweiterung des therapeutischen
Spektrums für die Behandlung der Patienten mit einer symptomatischen Rhizarthrose.
Die guten kurzfristigen Ergebnisse von Herold und Mitarb. [8], [30] und auch Haas und Mitarb. [31] haben sich insbesondere ablesbar an einer signifikanten Schmerzreduktion und einer
Verbesserung der Pinchkraft und der subjektiven Einschätzung (DASH-Wert) auch in unserer
Untersuchung im mittelfristigen Verlauf bestätigt. Wir sind davon überzeugt, dass
die Schmerzreduktion für unsere Patienten das herausragende und wichtigste Ergebnis
mit auch dem deutlichsten Effekt darstellt.
Ob auch Patienten mit einem höheren Arthrosegrad von einer Fetttransplantation in
das Sattelgelenk profitieren, kann zwar anhand unserer Daten nicht abschließend beurteilt
werden. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass unabhängig vom Arthrosegrad im mittelfristigen
Verlauf ähnliche Ergebnisse resultieren. Um die berechtigte Frage, wie weit Patienten
mit fortgeschrittener Sattelgelenksarthrose mittel- und vielleicht auch langfristig
von einer Eigenfetttransplantation profitieren, bedarf es weiterer Untersuchungen
mit größerer Patientenzahl.
In verschiedenen Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass zum einen im Fettgewebe
eine sehr hohe Konzentration von pluripotenten mesenchymalen stromalen Zellen vorhanden
ist und sich zum anderen diese pluripotenten Zellen in ortsständiges Gewebe ausdifferenzieren
können [32], [33]. Außerdem wurde in tierexperimentellen Untersuchungen ein positiver Effekt einer
Stammzelltransplantation aus dem Fettgewebe in arthrotische Gelenke festgestellt [34]. Wu und Mitarb. haben gezeigt, dass unter experimentellen Bedingungen die Knorpelregeneration
durch diese mesenchymalen stromalen Zellen angeregt wird [35]. Andererseits können Chondrozyten die Ausdifferenzierung von mesenchymalen Stromazellen
fördern, wodurch ein zusätzlicher potenziell therapeutischer Effekt in der Behandlung
arthrotischer Gelenke besteht [35]. Den mit dem Fettgewebe transplantierten Zellen wird darüber hinaus eine Immunkompetenz
zugeschrieben, mit der entzündliche Prozesse im Gelenk zurückgedrängt werden können
[36], [37]. Nicht zuletzt ist auch ein mechanischer Effekt durch die viskoelastischen Eigenschaften
des Fetttransplantates zu erwarten, in Analogie zu intraartikulär verabreichter Hyaluronsäure.
Der genaue Wirkmechanismus mesenchymaler Stromazellen aus dem Fettgewebe bei der Behandlung
der Arthrose ist noch unklar. Wir postulieren anhand der hier vorliegenden mittelfristigen
Ergebnisse, dass zum einen die mechanischen Eigenschaften des Transplantates als injizierte
visköse Flüssigkeit kurzfristig positiv wirken. Andererseits ist vermutlich die Immunkompetenz
der transplantierten zentrifugierten Fettzellen für den langanhaltenden positiven
Effekt verantwortlich. Inwiefern sich die automatisch co-transplantierten mesenchymalen
Stromazellen (MSC) aus dem Fettgewebe auch zu Knorpelzellen im arthrotischen humanen
Gelenk ausdifferenzieren, kann anhand unserer Daten nicht beantwortet werden. Unter
ethischen Gesichtspunkten ist es sicherlich schwierig, im Rahmen einer Studie systematisch
prä- und postoperativ Biopsien aus den arthrotischen Gelenkknorpeln zur histologischen
Aufarbeitung zu gewinnen.
Auch nach 45,3 Monaten zeigt sich die Transplantation von Fettgewebe in arthrotische
Sattelgelenke als eine sichere und vielversprechende Therapiealternative zu den herkömmlichen
Operationsverfahren, wobei solche weiterhin möglich sind. In dieser Studie erzielten
Patienten mit einem höheren Arthrosegrad Eaton-Littler 3 im mittelfristigen Verlauf
ähnliche Ergebnisse wie Patienten mit einem Arthrosegrad 1. Um die Frage der Korrelation
des präoperativen Schweregrades der Arthrose mit den mittelfristigen Ergebnissen mit
Hilfe einer statistischen Analyse zu beantworten, bedarf es allerdings einer weit
größeren Patientenzahl.