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DOI: 10.1055/a-1541-2970
Herpes zoster: Häufigkeit und Risiko akuter Komplikationen
lncidence of acute complications of herpes zoster among immunocompetent adults in England: a matched cohort study using routine health data.
Br J Dermatol 2021;
184: 1077-1084
DOI: 10.1111/bjd.19687
Herpes zoster verläuft typischerweise mild und selbstlimitierend. Das Virus kann jedoch auch schwere kutane, viszerale, neurologische und okuläre Komplikationen verursachen. Diese wiederum können zu schweren Erkrankungen sowie hohen Gesundheitskosten führen und die Lebensqualität stark beeinträchtigen. Ziel einer aktuellen Studie war daher, das Risiko für die akuten Zoster-Komplikationen zu quantifizieren – auch mit Blick auf die Impfpolitik.
Bei der derzeitigen Kosteneffektivitätsanalyse für die Zoster-Impfung werden in Großbritannien zwar die häufigste Komplikation von Herpes zoster, die postherpetische Neuralgie (PHN), sowie Krankenhausaufenthalte berücksichtigt, nicht aber die akuten Komplikationen. Dabei könnte eine genaue Quantifizierung der Belastung durch schwere Komplikationen dabei helfen, Entscheidungen über die Zoster-Impfung sowie bezüglich der antiviralen Therapie zu treffen. Eine aktuelle britische Studie hatte daher zum Ziel, die relativen und absoluten Risiken für akute Zoster-Komplikationen innerhalb von 3 Monaten nach der Diagnose zu quantifizieren. Außerdem untersuchten die Forschenden, 1. wie sich die Wirksamkeit antiviraler Medikamente in Bezug auf die Risiken dieser Komplikationen verhält und 2. ob diese Risiken bei ungeimpften, immunkompetenten Erwachsenen nach Alter variieren.
Dazu führte das Forscherteam eine Kohortenstudie mit ungeimpften, immunkompetenten Patientinnen und Patienten mit Zoster sowie einer Kontrollgruppe ohne Zoster durch. Dabei griffen sie auf routinemäßig erhobene Gesundheitsdaten aus dem UK Clinical Practice Research Datalink zurück. Patienten wurden dann in die „Zoster-Gruppe“ eingeschlossen, wenn sie bei der Zoster-Diagnose ≥ 18 Jahre alt waren und die Diagnose zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 31. Juli 2018 erhielten. Jeder Zoster-Patient wurde nach dem Zufallsprinzip mit 10 Patienten ohne Zoster gematcht (nach Alter, Geschlecht und Praxis).
Es gab fünf primäre Ergebnisgruppen:
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akute neurologische Komplikationen
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kutane Komplikationen
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viszerale oder systemische Komplikationen
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okuläre Komplikationen
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zosterspezifische Ergebnisse
Sekundär erfasst wurde, ob antivirale Medikamente während des akuten Zosters vor den Komplikationen schützten.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 178 964 Patientinnen und Patienten mit Zoster und 1 799 380 Kontrollen eingeschlossen. Fast 60 % der Kohorte war weiblich; das Durchschnittsalter bei Eintritt in die Kohorte betrug 62 Jahre.
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Patienten mit Zoster hatten eine höhere Prävalenz von medizinischen Erkrankungen wie Depressionen (3,1 % vs. 2,7 %), chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (4,9 % vs. 3,6 %) und chronische Nierenerkrankungen (7,7 % vs. 6,0 %).
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Patienten mit Zoster hatten ein erhöhtes Risiko für neurologische Komplikationen 0,48 % (95 %-KI 0,44–0,51), für okuläre Komplikationen 1,33 % (95 %-KI 1,28–1,39), für kutane Komplikationen 0,29 % (95 %-KI 0,26–0,32) und für viszerale Komplikationen 0,78 % (95 %-KI 0,73–0,84) in den 3 Monaten nach der Zoster-Diagnose.
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Mit Blick auf die zosterspezifischen Komplikationen entwickelten 0,37 % (95 %-KI 0,34–0,39) der Zoster-Patienten das Ramsay-Hunt-Syndrom und 0,01 % (95 %-KI 0,0–0,01) disseminierten Zoster. 0,04 % (95 %-KI 0,03–0,05) starben durch Zoster, und 0,97 % (95 %-KI 0,92–1,00) wurden wegen Zoster im Krankenhaus aufgenommen.
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Die Risiken variierten je nach Alter bei der Diagnose (p für Interaktion< 0,001). Die zuordenbaren Risiken waren bei Patienten > 50 Jahren höher.
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Die Verschreibung eines Virostatikums war mit einem reduzierten Risiko für neurologische Komplikationen (Hazard Ratio 0,61, 95 %-KI 0,53–0,70), insbesondere für das Ramsay-Hunt-Syndrom (bereinigte HR 0,52, 95 %-KI 0,45–0,62) verbunden.
Die Studie zeigte für Patienten mit Zoster ein erhöhtes Risiko für alle primären Ergebnisse im Vergleich zu den Kontrollen. Die Autoren empfehlen daher, diese akuten Komplikationen in zukünftige Arbeiten zur Kosteneffektivität von Zoster-Impfungen miteinzubeziehen, da einige der Komplikationen signifikante Kostenimplikationen für das Gesundheitssystem hätten. Außerdem weise die Studie darauf hin, dass antivirale Medikamente das Risiko, neurologische Komplikationen zu entwickeln, senken können.
Leandra Metzger, Stuttgart
Publication History
Article published online:
19 August 2021
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