Pneumologie 2021; 75(11): 841-842
DOI: 10.1055/a-1540-9668
Pneumo-Fokus

Doppellumentuben: Gibt es Risikofaktoren für Atemwegsrupturen?

Liu S. et al.
Airway Rupture Caused by Double-Lumen Tubes: A Review of 187 Cases.

Anesth Analg 2020;
DOI: 10.1213/ANE.0000000000004669
 

In der Thoraxchirurgie spielt der Einsatz von Doppellumentuben für die perioperative Lungenisolation eine wichtige Rolle. Eine Ruptur der Atemwege zählt zu den seltenen, aber lebensbedrohlichen Komplikationen. Nachdem in den letzten Jahren immer mehr Fallberichte darüber publiziert worden sind, haben Liu und Team eine Literaturrecherche zum Thema durchgeführt und legen nun die Ergebnisse einer Analyse aller Berichte vor.


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Der Doppellumentubus kommt besonders häufig bei thoraxchirurgischen Eingriffen zum Einsatz und ermöglicht u. a. eine perioperative Lungenisolation. Eine der gefährlichsten Komplikationen dieser Tuben sind Atemwegsrupturen, die zwar sehr selten sind, aber für den betroffenen Patienten lebensgefährlich werden können. Obgleich es bereits eine Metaanalyse über Charakteristika und Häufigkeit dieser Komplikationen aus den 1990er-Jahren gibt, sind seitdem insbesondere Kasuistiken und Fallserien in der Literatur hinzugekommen.

Vor diesem Hintergrund haben Liu et al. eine aktuelle systematische Literaturrecherche durchgeführt, alle verfügbaren Fallberichte und Fallserien zusammengetragen und ausgewertet. Neben der Suche nach entsprechenden Publikationen lag der Fokus auf der Identifikation von möglichen Risikofaktoren, auf der Analyse des Outcomes sowie auf der Mortalitätsrate und etwaigen Einflussfaktoren.

Auf methodischer Ebene orientierten sich die Autorinnen und Autoren an dem PRISMA-Statement und den Vorgaben des Prospero-Registers. Die Literaturrecherche erfolgte im März 2016 in folgenden Datenbanken:

  • PubMed,

  • Embase,

  • Ovid

  • sowie in 2 chinesischsprachigen Datenbanken.

Die Einschlusskriterien waren:

  • Kasuistiken oder Fallserien,

  • Publikation in Englisch, Chinesisch oder Russisch

  • und die Verfügbarkeit von Daten über Atemwegsrupturen als Komplikation von Doppellumentuben.

Trachea-Ruptur am häufigsten

Die Literaturrecherche ergab zunächst 144 Publikationen; 105 Kasuistiken und 22 Fallserien mit insgesamt 187 Patienten konnten bei der Auswertung berücksichtigt werden. Sie waren im Durchschnitt 63 Jahre alt, 36,9 % von ihnen männlich. Die häufigste Indikation war mit 62 % eine Lungenoperation, gefolgt von Eingriffen am Ösophagus mit 25,7 %. Für 163 Fälle war der Typ des Tubus bekannt: 33-mal kam ein Red Rubber Carlens-Tubus zum Einsatz, in 128 Fällen handelte es sich um einen Polyvinylchlorid-Doppellumentubus.

52,4 % aller Rupturen ereigneten sich in der Trachea, in 37,4 % aller Fälle wurde die Verletzung im linken Hauptbronchus festgestellt. Als Risikofaktoren identifizierten die Forscherinnen und Forscher

  • eine Überdehnung des Cuffs,

  • mehrere Versuche zur Positionierung des Tubus,

  • eine schwierige Intubation

  • sowie einen zu großen Tubus.

Weitere relevante Faktoren waren das Bestehen einer COPD sowie die Langzeittherapie mit Kortikosteroiden.

Bei 82,7 % aller Patienten konnte die Diagnose der Ruptur intraoperativ gestellt werden, 24,5 % der Patienten waren asymptomatisch. Die häufigsten Manifestationen waren ein Pneumomediastinum, Hypoxämie sowie Hautemphyseme. Schließlich konnten 78,6 % der Betroffenen chirurgisch behandelt werden, bei 13,4 % verlief die Therapie konservativ. 91,2 % überlebten die Komplikationen, 8,8 % verstarben. Die Arbeitsgruppe konnte keinen Zusammenhang zwischen Mortalität und klinischen Charakteristika wie Alter, Geschlecht, Seite der Ruptur, Zeitpunkt der Diagnose oder Behandlungsmethode feststellen. Sie ziehen das Fazit, dass sowohl Faktoren aufseiten der Patienten als auch operationsbedingte Faktoren das Risiko für eine Ruptur der Atemwege beim Einsatz von Doppellumentuben beeinflussen könnten.

Fazit

In dieser Analyse von Kasuistiken und Fallserien von Atemwegsrupturen bei Einsatz von Doppellumentuben trat die lebensgefährliche Komplikation überwiegend in der Trachea und im linken Hauptbronchus auf. Die Sterblichkeit bei den untersuchten Fällen konnte auf 8,8 % beziffert werden. Alter, Geschlecht, Seite der Ruptur, Zeitpunkt der Diagnose und Behandlungsmethode hatten keinen Einfluss auf das Outcome.

Dipl.-Psych. Annika Simon, Hannover


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Publication History

Article published online:
17 November 2021

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