Zahnmedizin up2date 2021; 15(04): 259-280
DOI: 10.1055/a-1540-2673
Kinder- und Jugendzahnheilkunde

(Nicht-)Invasive Konzepte bei Frühkindlicher Karies

Stefanie Amend
,
Norbert Krämer
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Trotz großer Präventionserfolge leiden weiterhin viele Kinder an Frühkindlicher Karies. Für die in der Kinderzahnheilkunde tätigen Zahnärzt*innen ist die Therapie aufgrund des umfassenden Sanierungsbedarfes und der altersbedingt eingeschränkten Mitarbeit der Kinder häufig herausfordernd. Durch den Paradigmenwechsel beim Kariesmanagement stehen eine Reihe von Behandlungsmaßnahmen zur Verfügung – von nichtinvasiven bis zu invasiven Konzepten.

Kernaussagen

Noch immer ist der Behandlungsbedarf von Kindern mit Frühkindlicher Karies hoch. Neben dem Alter des Kindes bestimmen die Kooperation, der Behandlungsumfang, die Ausdehnung der kariösen Läsion und die Kariesaktivität die Therapieentscheidung.

  • Für den Behandlungserfolg ist die Reduktion der Kariesaktivität durch Änderung des Mundhygiene- und Ernährungsverhaltens von zentraler Bedeutung. Zusätzlich ist die (Re-)Mineralisation der Hartsubstanzen durch regelmäßige Applikation von fluoridhaltigen Produkten wichtig. Diese nichtinvasiven Maßnahmen dienen der Prävention und Arretierung kariöser Läsionen.

  • Bei Kindern mit (noch) unzureichender Kooperation können weniger invasive Maßnahmen an symptomlosen Milchzähnen (z. B. Applikation von Silberdiaminfluorid, nicht-restaurative Karieskontrolle, Hall-Technik) angewendet und so Zeit gewonnen werden. Jedoch bedarf dies einer sehr guten Mitarbeit und einer Verhaltensänderung der Eltern.

  • Der Paradigmenwechsel beim Kariesmanagement hat auch in der Kinderzahnheilkunde Einzug gehalten.

  • Die Füllungstherapie kavitierter kariöser Dentinläsionen an symptomfreien Milchzähnen ist weiterhin ein Pfeiler im klinischen Management der Frühkindlichen Karies.

  • Glasionomerzemente können bei Kindern mit limitierter Kooperation vor allem in Klasse-I-Kavitäten verwendet werden.

  • Kompomere können sowohl im Front- und Seitenzahngebiet des Milchgebisses erfolgreich eingesetzt werden. Die Mitarbeit des Kindes sollte so gut sein, dass ein Adhäsivsystem (z. B. Self-Etch-Adhäsiv oder Universaladhäsiv) und das Füllungsmaterial ohne Speichelkontamination eingebracht werden können.

  • Aufgrund der Techniksensitivität und des Zeitaufwandes verlangen Komposite eine sehr gute Kooperation des Kindes. Bulk-Fill-Komposite können zukünftig vielleicht den Zeitaufwand durch das Einbringen von 4 mm starken Schichten reduzieren.

  • Da die Sekundärkaries die häufigste Ursache für den Misserfolg von direkten Restaurationen im Milchgebiss ist, sollten Milchzähne bei hoher Kariesaktivität, bei ausgedehnten kariösen Läsionen und nach endodontischer Behandlung mit konfektionierten Milchzahnkronen versorgt werden.



Publication History

Article published online:
21 September 2021

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