Aktuelle Dermatologie 2021; 47(10): 425-428
DOI: 10.1055/a-1532-5526
Histologisches Quiz

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Maximilian Quoß
Hautarztpraxis Dr. Winkler, Dr. Ziegler, Dinkelsbühl
,
Petra Ziegler
Hautarztpraxis Dr. Winkler, Dr. Ziegler, Dinkelsbühl
› Author Affiliations
 

Anamnese und klinischer Befund

Die Mutter stellte ihre erst 5 Monate alte Tochter aufgrund eines unklaren Knotens am Kapillitium vor. Ihr sei zunächst seit Geburt eine Erhebung am Vertex des Schädels ihrer Tochter aufgefallen, die sich zunehmend vergrößert habe und ab dem 3. Lebensmonat ulzeriert sei. Ein Trauma sei nicht erinnerlich. Auch sonst habe das Kind keine weiteren Auffälligkeiten oder Beeinträchtigungen durch die Läsion gezeigt. Klinisch fand sich hochfrontal mittig eine 10 mm große Ulzeration mit zentraler hämorrhagischer Kruste und fleischfarbenem aufgeworfenem Randwall ([Abb. 1]). Nebenbefundlich fiel eine leichte Xerosis cutis sowie Milchschorf auf, was wir a. e. im Sinne einer atopischen Disposition deuteten. Das restliche Integument war unauffällig ebenso wie die Geburts- und Familienanamnese.

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Abb. 1 Bei klinischer Vorstellung: am Kapillitium hochfrontal mittig Ulzeration mit zentraler hämorrhagischer Kruste und fleischfarbenem aufgeworfenem Randwall.

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Histologischer Befund

Histologisch zeigt sich eine oberflächliche Ulzeration und daneben eine Spongiose der Epidermis. Dermal findet sich ein Infiltrat aus mittelgroßen Zellen mit oftmals bohnenförmigen Kernen in Verbindung mit dichten Ansammlungen aus neutrophilen und eosinophilen Granulozyten. Die Langerhanszellen exprimieren S100 und CD1a ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Histologische Bilder: Oberflächliche Ulzeration. Daneben eine Spongiose der Epidermis. Dermal ein Infiltrat aus mittelgroßen Zellen mit oftmals bohnenförmigen Kernen in Verbindung mit dichten Ansammlungen aus neutrophilen und eosinophilen Granulozyten; HE-Färbung 100- und 460-fache Vergrößerung (a, b und c). Quelle: Dermatohistopathologisches Labor Dres. Reusch, Reusch, Mielke. Immunhistochemie: Expression von S-100 und CD1a (d und e). Quelle: Dermatohistopathologisches Labor Dres. Reusch, Reusch, Mielke.
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  • Wie lautet die Diagnose?


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Diagnose

Kongenitale selbstheilende Histiozytose (CSHH; Hashimoto-Pritzker-Syndrom).


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Weiterer Verlauf

Mit der Mutter der Patientin wurden die Diagnose und die weiteren Schritte zum Ausschluss einer systemischen Beteiligung besprochen. Hierfür überwiesen wir die Patientin an ein kinderonkologisches Zentrum. In der MRT-Untersuchung fanden sich 2 kleine unklare Läsionen am Rippenbogen, die unter sonografischer Kontrolle punktiert wurden. Histologisch konnte eine Langerhans-Histiozystose am Rippenbogen ausgeschlossen werden. Im Verlauf zeigte sich der Initialbefund zunehmend regredient ([Abb. 3]).

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Abb. 3 Klinischer Verlauf innerhalb von 6 Monaten (a–c).

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Kommentar

Die CSHH ist eine seltene, gutartige Form der Langerhans-Zell-Histiozytose. Sie tritt für gewöhnlich bei Geburt oder innerhalb der ersten Lebenswochen in Erscheinung und heilt normalerweise innerhalb von einigen Monaten bis zu einem Jahr von selbst wieder ab. Die Hautläsionen bestehen i. d. R. aus generalisierten oder solitär stehenden Papeln, Bläschen oder Knoten, die im Verlauf zunächst wachsen und zerfallen, um anschließend ulzerierte Krater zu bilden, bevor sie komplett verschwinden [1]. Histologisch findet sich bei der kongenitalen selbstheilenden Histiozytose ein massives dermales Infiltrat von pleomorphen Histiozyten mit reichlich eosinophilem Zytoplasma. Die Zellen sind immunhistologisch i. d. R. S100- und CD1a-positiv [2]. Die Säuglinge erscheinen ansonsten gesund. Typischerweise finden sich keine systemischen Symptome. Da es schwierig sein kann, dieses Krankheitsbild von anderen Langerhans-Zell-Histiozytosen zu unterscheiden, sind eine Hautbiopsie, Systembeurteilung und eine engmaschige Kontrolle vonnöten [3].

Im hier berichteten Fall zeigte sich ein unilokulärer Befall, was eine seltene Variante für die schon an sich ungewöhnliche Erkrankung darstellt. In allen Fällen muss immer auch an andere Histiozytosen des Kleinkindalters, wie die akute disseminierte Langerhans-Zell-Histiozytose, gedacht werden, welche bei Systembeteiligung einer aggressiven Chemotherapie bedarf und eine deutlich schlechtere Prognose als die CSHH hat [2]. In Zusammenschau der Befunde (klinische Spontanregredienz, Histologie und Ausschluss einer Systembeteiligung) stellten wir die Diagnose einer CSHH.


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Fazit

Bei ungewöhnlichen Hautveränderungen sollte auch im Säuglingsalter nicht auf eine histologische Sicherung der klinischen Befunde verzichtet werden und eine engmaschige klinische Kontrolle erfolgen.


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Danksagung

Unser besonderer Dank gilt den Dres. Reusch, Reusch, Mielke und Hallermann, fachübergreifende Gemeinschaftspraxis für Dermatologie und Pathologie, Hamburg, für die histologische Aufarbeitung und Befundung sowie die langjährige kollegiale Zusammenarbeit.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Maximilian Quoß
Hautarztpraxis Dr. Winkler, Dr. Ziegler
Königsbergerstr. 2
91550 Dinkelsbühl
Deutschland   

Publication History

Article published online:
11 October 2021

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Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany


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Abb. 1 Bei klinischer Vorstellung: am Kapillitium hochfrontal mittig Ulzeration mit zentraler hämorrhagischer Kruste und fleischfarbenem aufgeworfenem Randwall.
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Abb. 2 Histologische Bilder: Oberflächliche Ulzeration. Daneben eine Spongiose der Epidermis. Dermal ein Infiltrat aus mittelgroßen Zellen mit oftmals bohnenförmigen Kernen in Verbindung mit dichten Ansammlungen aus neutrophilen und eosinophilen Granulozyten; HE-Färbung 100- und 460-fache Vergrößerung (a, b und c). Quelle: Dermatohistopathologisches Labor Dres. Reusch, Reusch, Mielke. Immunhistochemie: Expression von S-100 und CD1a (d und e). Quelle: Dermatohistopathologisches Labor Dres. Reusch, Reusch, Mielke.
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Abb. 3 Klinischer Verlauf innerhalb von 6 Monaten (a–c).