Prof. Dr. med. Christiane Bayerl
Fragen aus der Sprechstunde brachten mich auf die Problematik der i. v.-Eisengabe
bei Patienten mit perniziöser Anämie/Vitamin-B12-Mangel. Anaphylaxien und Todesfälle
nach hochmolekularer Eisendextran-Gabe waren in den 90igern bei Dialyse-Patienten
aufgefallen. Die Präparate wurden vom Markt genommen. Als immunologisch auslösend
werden nicht IgE -vermittelte Reaktionen und die Komplementaktivierungs-bezogene Pseudoallergie
(CARPA) vermutet. Komplement, ein Bestandteil des angeborenen Immunsystems, hat u. a.
die Aufgabe, apoptotische Zellen und Immunkomplexe zu entfernen. Ein Gewebeschaden
geschieht über die Anaphylatoxine C3a, C5a und den Membran-Attack-Komplex C5b-9 [1]
[2]. Die Nebenwirkung der Hypophosphatämie (Refeeding-Syndrom bei Anorexie) ist von
der klinischen Relevanz her bei i. v.-Eisengabe unklar. Es wird empfohlen, ggf. Phosphat
zu messen vor erneuter Infusion [3].
Die Inzidenz der Intoleranzreaktionen bei den neuen i. v.-Eisenzubereitungen liegt
bei 0,2–1,7 %. Daher stellt sich die Frage, welches Präparat ist risikoarm?
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Eisencarboxymaltose (US food and drug administration adverse event reporting system)
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Eisenisomaltose 1000 (Metaanalyse prospektiver Studien)
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Eisendextran (mehrere globale Datenbanken)
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Eisensucrose, Eisengluconat (mehrere europäische Datenbanken)
Erfreulicherweise gibt es Metananalysen, die sich mit dieser Frage auseinandergesetzt
haben. Kritisch wird dargestellt, dass unterschiedliche Datenquellen genutzt wurden
und die Hersteller der Produkte im Studiendesign richtungsgebend mitgewirkt haben
[4]
[5]
[6]
[7]. Diese wertvolle Analyse hilft allerdings nicht im täglichen Alltag.
Wie ist vorzugehen bei einer Anpahylaxie auf i. v.-Eisengabe? Steroide und Antihistaminika
werden als wenig sinnvoll eingeschätzt. Die Regel lautet auch bei diesen Reaktionen:
Adrenalin zuerst! Empfohlen werden sogenannte niedrig reaktogene Administrations-Protokolle,
die auch evaluiert wurden [7]. Die Konsequenz lautet ganz pragmatisch: Infusion das nächste Mal langsam und mit
anderem Produkt!
Folgende Schritte werden empfohlen [3]
[7]:
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Information über mögliche Nebenwirkungen
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Vitalparameter, Risiko-Assessment
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niedrige Infusionsrate
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10 Minuten besonders engmaschige Überwachung
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sofort stoppen bei Symptomen
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ggf. Anaphylaxie-Management, Symptome behandeln
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30 Minuten Nach-Überwachung
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Patient informieren über verzögerte Reaktionen, Grippe-ähnlich, Myalgien, Fieber
Es findet sich kein Unterschied in der Häufigkeit von Nebenwirkungen zwischen Dextran-
und Nicht-Dextran gebundenen Eisenprodukten (Daten Dialyse-Patienten) [4]
[5]
[6]
[7]. Ein Wechseln der Produkte bei stattgehabter Intoleranzreaktion macht Sinn, Ausweichpräparate
stehen zur Verfügung. Der wichtigste Punkt zur Risikominimierung ist das Administrationsmanagement.
Ihre
Christiane Bayerl, Wiesbaden