Aktuelle Dermatologie 2021; 47(07): 291-292
DOI: 10.1055/a-1505-0471
Editorial

Intoleranz auf Eisen i. v.

Intolerance Towards Intravenous Iron Application
C. Bayerl
 
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Prof. Dr. med. Christiane Bayerl

Fragen aus der Sprechstunde brachten mich auf die Problematik der i. v.-Eisengabe bei Patienten mit perniziöser Anämie/Vitamin-B12-Mangel. Anaphylaxien und Todesfälle nach hochmolekularer Eisendextran-Gabe waren in den 90igern bei Dialyse-Patienten aufgefallen. Die Präparate wurden vom Markt genommen. Als immunologisch auslösend werden nicht IgE -vermittelte Reaktionen und die Komplementaktivierungs-bezogene Pseudoallergie (CARPA) vermutet. Komplement, ein Bestandteil des angeborenen Immunsystems, hat u. a. die Aufgabe, apoptotische Zellen und Immunkomplexe zu entfernen. Ein Gewebeschaden geschieht über die Anaphylatoxine C3a, C5a und den Membran-Attack-Komplex C5b-9 [1] [2]. Die Nebenwirkung der Hypophosphatämie (Refeeding-Syndrom bei Anorexie) ist von der klinischen Relevanz her bei i. v.-Eisengabe unklar. Es wird empfohlen, ggf. Phosphat zu messen vor erneuter Infusion [3].

Die Inzidenz der Intoleranzreaktionen bei den neuen i. v.-Eisenzubereitungen liegt bei 0,2–1,7 %. Daher stellt sich die Frage, welches Präparat ist risikoarm?

  • Eisencarboxymaltose (US food and drug administration adverse event reporting system)

  • Eisenisomaltose 1000 (Metaanalyse prospektiver Studien)

  • Eisendextran (mehrere globale Datenbanken)

  • Eisensucrose, Eisengluconat (mehrere europäische Datenbanken)

Erfreulicherweise gibt es Metananalysen, die sich mit dieser Frage auseinandergesetzt haben. Kritisch wird dargestellt, dass unterschiedliche Datenquellen genutzt wurden und die Hersteller der Produkte im Studiendesign richtungsgebend mitgewirkt haben [4] [5] [6] [7]. Diese wertvolle Analyse hilft allerdings nicht im täglichen Alltag.

Wie ist vorzugehen bei einer Anpahylaxie auf i. v.-Eisengabe? Steroide und Antihistaminika werden als wenig sinnvoll eingeschätzt. Die Regel lautet auch bei diesen Reaktionen: Adrenalin zuerst! Empfohlen werden sogenannte niedrig reaktogene Administrations-Protokolle, die auch evaluiert wurden [7]. Die Konsequenz lautet ganz pragmatisch: Infusion das nächste Mal langsam und mit anderem Produkt!

Folgende Schritte werden empfohlen [3] [7]:

  • Information über mögliche Nebenwirkungen

  • Vitalparameter, Risiko-Assessment

  • niedrige Infusionsrate

  • 10 Minuten besonders engmaschige Überwachung

  • sofort stoppen bei Symptomen

  • ggf. Anaphylaxie-Management, Symptome behandeln

  • 30 Minuten Nach-Überwachung

  • Patient informieren über verzögerte Reaktionen, Grippe-ähnlich, Myalgien, Fieber

Es findet sich kein Unterschied in der Häufigkeit von Nebenwirkungen zwischen Dextran- und Nicht-Dextran gebundenen Eisenprodukten (Daten Dialyse-Patienten) [4] [5] [6] [7]. Ein Wechseln der Produkte bei stattgehabter Intoleranzreaktion macht Sinn, Ausweichpräparate stehen zur Verfügung. Der wichtigste Punkt zur Risikominimierung ist das Administrationsmanagement.


Ihre

Christiane Bayerl, Wiesbaden


Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Christiane Bayerl
Klinik für Dermatologie und Allergologie
Hauttumorzentrum Wiesbaden
Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken
Ludwig-Erhard-Straße 100
65199 Wiesbaden
Deutschland   

Publication History

Article published online:
13 July 2021

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Prof. Dr. med. Christiane Bayerl