Aktuelle Dermatologie 2021; 47(07): 299-301
DOI: 10.1055/a-1487-4050
Histologisches Quiz

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L. S. Mäule
Zentrum für Dermatologie, Phlebologie und Allergologie, Klinikum Stuttgart
,
P. von den Driesch
Zentrum für Dermatologie, Phlebologie und Allergologie, Klinikum Stuttgart
› Institutsangaben
 

Anamnese und klinischer Befund

Ein 74-jähriger Patient, der sich zur Exzision bei Verdacht eines Plattenepithelkarzinoms hochparietal in unserer Klinik vorstellte, zeigte nebenbefundlich bei der Ganzkörperinspektion makroskopisch am linken Unterschenkel eine etwa 0,5 cm durchmessende, mehrfarbige Makula. Auflichtmikroskopisch imponierte eine aufgelockerte Netzstruktur mit inhomogenem Kolorit.


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Histologischer Befund

In der durchgeführten Exzision zeigt sich histologisch eine korbgeflechtartige Orthokeratose mit einer insgesamt atrophen Epidermis. Letztere ist basal und suprabasal pagetoid von melanozytären Zellen durchsetzt. Eine Ausreifung in der Dermis dagegen fehlt ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Korbgeflechtartige Orthokeratose. Darunter atrophe Epidermis, pagetoid durchsetzt von melanozytären Zellen sowohl basal als auch in höheren Lagen. Eine dermale Ausreifung oder dermale Infiltration fehlt hier.

Im Zentrum des Exzisates findet sich in der Dermis ein Hohlraum mit einzelnen Hornlamellen, angrenzend kammerartig umschlossene, kleinere Hornzysten ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Übersichtsaufnahme: Zentral dermal gelegener Hohlraum mit einzelnen Hornlamellen. An diesen angrenzend weitere kleinere Hornzysten. Epidermis wie auch das Zystenepithel sind pagetoid von atypischen Melanozyten durchsetzt.

Das Zystenepithel, welches ein Stratum granulosum aufweist, ist ebenfalls pagetoid durchsetzt von atypischen Melanozyten. Diese infiltrieren von der Zystenwand aus in das umgebende Bindegewebe. Eine Ulzeration oder erhöhte Mitoserate besteht nicht. In der Immunhistochemie zeigen sich die melanozytären Zellen sowohl in der Epidermis, jedoch insbesondere auch in der Zystenwand positiv für Melan A und HMB 45 ([Abb. 3 a, b]).

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Abb. 3 Dermale Zyste mit Hornlamellen. Das Zystenepithel (mit Stratum granulosum) ist (mitunter vollständig) pagetoid verändert ([Abb. 3 a]). In der Färbung mit Melan A zeigen sich im Zystenepithel atypische melanozytäre Zellen ohne erhöhte Mitoserate. Diese infiltrieren die umgebende Dermis ohne auszureifen ([Abb. 3 b]).
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Diagnose

Ein eine epidermale Zyste infiltrierendes Lentigo maligna-Melanom.


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Weiterer Verlauf

Bei bereits in sano exzidiertem Melanom der Tumordicke 0,3mm nach Breslow wurde der Patient zur leitliniengerechten Nachexzision erneut stationär aufgenommen. Bei Melanomstadium IA nach AJCC 2017 (pT1a, R0) wird sich der Patient zunächst halbjährlich zur Tumornachsorge im ambulanten Rahmen vorstellen.


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Kommentar

Epidermalzysten sind häufige benigne Tumoren, welche insbesondere an Rücken, Gesicht und Brust auftreten. Sie bestehen aus zentral geschichteten Keratinlamellen, welche von einem Plattenepithel mit Stratum granulosum umgeben sind [1]. Obwohl es sich um gutartige Läsionen handelt, wurden bereits vereinzelt infiltrierende Tumoren im Zystenepithel beschrieben. 2007 veröffentlichten Swygert et al. erstmals einen Fall, in dem ein Melanom in situ eine Epidermalzyste einschloss [2].

Auch der vorliegende Fall zeigt eine ungewöhnliche Infiltration einer epidermalen Zyste durch eine Lentigo maligna. Diese durchsetzt die Zystenwand vollständig, und die Infiltrate setzen sich im Sinne eines Lentigo maligna-Melanoms in der umgebenden Dermis fort.

Ein Problem kann hier die korrekte Bestimmung der Tumortiefe darstellen. Eine Messung vom Stratum granulosum der Epidermis aus würde unseres Erachtens eine zu hohe Infiltration messen. Daher vermessen wir in Übereinstimmung mit den Leitlinien hier von der Oberseite des Stratum granulosum des Zystenepithels aus senkrecht bis zur tiefsten das Bindegewebe infiltrierenden Tumorzelle. Die Eindringtiefe nach Breslow in das umgebende Bindegewebe beträgt daher in unserem Fall lediglich 0,3mm, entsprechend einem Low risk-Melanom.


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Fazit

Der Fall untermauert die Bedeutung einer histologischen Aufarbeitung exzidierter epidermaler Zysten, insbesondere im Zusammenhang mit darüber liegender (melanozytär) veränderter Haut.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Peter von den Driesch
Zentrum für Dermatologie, Phlebologie und Allergologie
Klinikum Stuttgart
Priessnitzweg 24
70374 Stuttgart
Deutschland   

Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
13. Juli 2021

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Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany


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Abb. 1 Korbgeflechtartige Orthokeratose. Darunter atrophe Epidermis, pagetoid durchsetzt von melanozytären Zellen sowohl basal als auch in höheren Lagen. Eine dermale Ausreifung oder dermale Infiltration fehlt hier.
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Abb. 2 Übersichtsaufnahme: Zentral dermal gelegener Hohlraum mit einzelnen Hornlamellen. An diesen angrenzend weitere kleinere Hornzysten. Epidermis wie auch das Zystenepithel sind pagetoid von atypischen Melanozyten durchsetzt.
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Abb. 3 Dermale Zyste mit Hornlamellen. Das Zystenepithel (mit Stratum granulosum) ist (mitunter vollständig) pagetoid verändert ([Abb. 3 a]). In der Färbung mit Melan A zeigen sich im Zystenepithel atypische melanozytäre Zellen ohne erhöhte Mitoserate. Diese infiltrieren die umgebende Dermis ohne auszureifen ([Abb. 3 b]).