Diagnostik
Die Verdachtsdiagnose der CVO wird zunächst anhand der Anamnese und der oben beschriebenen
Symptome und Befunde gestellt. Anamnestisch von Bedeutung sind stattgehabte TVTs,
eine familiäre Prädisposition, die Einnahme von Antikoagulanzien und frühere venöse
Interventionen. Es wurden spezielle Punktsysteme entwickelt, um den Schweregrad der
CVO zu erheben. Hierbei werden den Symptomen und Befunden je nach Ausmaß entsprechende
Punkte zugeordnet. Die wichtigsten Scores sind: Villalta-Score, Venous-Clinical-Severity-Score
(VCSS) und CEAP-Klassifikation [8] ([Tab. 1]).
Tab. 1
Villalta-Skala.
|
keine
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mild
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moderat
|
schwer
|
subjektive Symptome
|
Schmerz
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0
|
1
|
2
|
3
|
Krämpfe
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0
|
1
|
2
|
3
|
schwere Beine
|
0
|
1
|
2
|
3
|
Parästhesien
|
0
|
1
|
2
|
3
|
Juckreiz
|
0
|
1
|
2
|
3
|
klinische Zeichnen
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prätibiale Ödeme
|
0
|
1
|
2
|
3
|
Hautinduration
|
0
|
1
|
2
|
3
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Hyperpigmentation
|
0
|
1
|
2
|
3
|
Rötungen
|
0
|
1
|
2
|
3
|
venöse Ektasien
|
0
|
1
|
2
|
3
|
Schmerzen bei Wadenkompression
|
0
|
1
|
2
|
3
|
venöses Ulkus
|
nicht vorhanden
|
vorhanden
|
Ergebnis der Bewertung: 0–4 = kein PTS; 5–9 = leichtes PTS; 10–14 = mäßiges PTS; 15–33 = schweres
PTS. PTS: Postthrombotisches Syndrom.
Eine farbkodierte Duplexsonografie, durchgeführt durch einen geübten Untersucher,
ist die wichtigste apparative Untersuchungsmethode. Der Untersucher kann die postthrombotischen
Vernarbungen und das Ausmaß der Lumeneinengung quantifizieren. Zusätzlich kann ein
venöser Reflux detektiert werden. Besonders wichtig dabei ist es, den venösen Einstrom
aus der Peripherie zu untersuchen.
Bei Hinweis auf Vorliegen einer iliakalen und/oder cavalen Obstruktion ist die Durchführung
einer MR-Phlebografie oder CT-Phlebografie zu empfehlen. Hiermit können Stenosen,
Verschlüsse, Kompressionen und Kollateralen dargestellt werden. Mittels einer MR-Phlebografie
können zusätzlich intraluminale Trabekel und Gefäßwandverdickungen sensitiv dargestellt
werden ([Abb. 1]) [9].
Abb. 1 Präoperative MR-Phlebografie, axial, Darstellung der postthrombotischen Trabekel
in der V. femoralis communis links (weißer Pfeil) auf Höhe der Konfluenz V. femoralis
– V. profunda femoris.
Der intravaskuläre Ultraschall (IVUS) ist die sensitivste apparative Diagnostik, um
das Ausmaß der CVO zu sichten. Hiermit lassen sich Trabekel, Venenwandverdickungen,
externe Kompressionen, Thromben, die Ostien der venösen Zuflüsse und die Stentgeometrie
darstellen. Darüber hinaus ist eine exakte Bestimmung der Venendurchmesser und der
Stenosegrade möglich. Mittels IVUS können der intraoperative Kontrastmittelverbrauch
und die Strahlenbelastung reduziert werden – ein Aspekt, der bei den oft jüngeren
Patienten unbedingt in Betracht gezogen werden sollte. Somit ist IVUS ein wichtiger
Bestandteil der intraoperativen Diagnostik [10]
[11]
[12].
Therapie
Offene Operationen
Die Behandlung der CVO wurde in der Vergangenheit offen-chirurgisch mittels Bypass-Operationen
durchgeführt, welche zur Vermeidung eines thrombotischen Verschlusses mit der Anlage
einer arteriovenösen Fistel (AV-Fistel) kombiniert wurden. Da nach einer venösen Bypass-Operation
eine therapeutische Antikoagulation unerlässlich ist, darf hierbei das Risiko einer
postoperativen Blutung jedoch nicht unterschätzt werden. Des Weiteren handelt es sich
bei den Bypass-Operationen (z. B. femoro-femoraler, femoro-iliakaler, femoro-cavaler
Bypass) um invasive Eingriffe, die oft den Gebrauch von Kunststoffprothesen erforderlich
machen [13].
Da die CVO keine Bedrohung für die Extremität oder das Überleben des Patienten darstellt,
sollte eine weniger invasive Therapie bevorzugt werden. Bei der endovenösen Rekanalisation
zur Behandlung einer symptomatischen CVO handelt es sich um eine relativ neue therapeutische
Option, die mittlerweile generell als Behandlung der ersten Wahl akzeptiert ist.
Endovenöse Rekanalisation und Stentung
Diese Operation wurde im Jahr 1995 zum ersten Mal von Berger et al. publiziert [14]. Im Jahr 2007 veröffentlichten Neglen et al. eine große Studie zur venösen Rekanalisation
und Stentung der Beckenstrombahn (n = 982 Patienten, davon 464 Patienten mit PTS).
Er berichtete über eine Mortalität von 0 %; die primäre und sekundäre Offenheitsrate
betrug bei den Patienten mit PTS nach 72 Monaten 57 % bzw. 86 %. Die Komplikationen
(Rethrombose und Hämatome an der Punktionsstelle) waren mit unter 6 % gering. Bei
frustraner Rekanalisation oder Auftreten eines Frühverschlusses kam es nicht zu einer
klinischen Befundprogredienz [15].
Technische Details der endovenösen Therapie
Weil die Rekanalisation der chronisch venösen Verschlüsse zum Teil langwierig und
die Stentung der Venen zumeist sehr schmerzhaft ist, ist eine Operation unter Vollnarkose
oder zumindest in Sedierung empfehlenswert. Bei MTS kann jedoch die Intervention auch
unter Lokalanästhesie erfolgen.
Während der gesamten Operation ist eine suffiziente Antikoagulation (activated clotting
time (ACT) > 200 s) anzustreben.
Zunächst wird eine Schleuse unter sonografischer Kontrolle in der V. femoralis (VF)
im mittleren Drittel des betroffenen Oberschenkels platziert, deren Spitze einige
Zentimeter kaudal des Ostiums der V. profunda femoris (VPF) liegen sollte, um den
Einstrom aus der Peripherie und die Konfluenz der V. femoralis communis (VFC) gut
beurteilen zu können.
Danach wird eine Phlebografie durchgeführt, um die Diagnose „CVO“ zu verifizieren
und das Ausmaß der pathologischen Befunde sowie den Weg der Rekanalisation darzustellen.
Anschließend wird mittels verschiedener Drähte und Katheter die Obstruktion passiert
und prädilatiert. Dieser Schritt kann zwischen 30 Minuten und mehreren Stunden dauern.
Nach einer Ballon-Angioplastie einer chronisch obstruierten Vene kommt es fast immer
zu einem Recoil; daher muss nun eine Stentimplantation vorgenommen werden [15]. Hierbei sollte die gesamte obstruierte Vene gestentet werden (von einem Areal mit
suffizientem Einstrom bis zu einem Areal mit suffizientem Ausstrom). Damit der Stent
adäquat freigesetzt werden kann, sollte die betroffene Venenstrecke zuvor mit einem
Ballon, dessen Durchmesser mindestens dem Durchmesser des zu implantierenden Stents
entspricht, vordilatiert werden. Die Stentimplantation erfolgt üblicherweise von kranial
nach kaudal.
Bei Vorliegen eines MTS ist dieses adäquat mit einer Stentangioplastie zu versorgen.
Eine Überstentung der kontralateralen V. iliaca communis (VIC) sollte soweit wie möglich
vermieden werden. In der Literatur wird die Rate an TVT bei einer Überstentung der
Gegenseite mit bis zu 4 % angegeben [15].
Oft ist eine Stentung nach kaudal über das Leistenband hinaus in die VFC erforderlich.
Hierbei besteht, im Gegensatz zur arteriellen Stentung, kein erhöhtes Risiko für eine
Stentruptur oder -stenosierung [16].
Eine Nachdilatation der implantierten Stents ist zwingend erforderlich. Der Durchmesser
des hierbei verwendeten Ballons sollte dem Durchmesser des Stents entsprechen.
In einer Abschluss-Phlebografie müssen ein Recoil, Geometriefehler der Stents oder
Thromboembolien ausgeschlossen werden. Wenn die venöse Rekanalisation und Stentung
erfolgreich verlaufen ist, strömt das Kontrastmittel umgehend ab ohne Nachweis von
Kollateralen ([Abb. 2]).
Abb. 2 a Initiale Phlebografie bei Verschluss der V. femoralis communis sowie der V. iliaca
externa rechts, Nachweis von Kollateralen sowie Reflux der V. saphena magna und der
V. iliaca interna. b Abschluss-Phlebografie nach Rekanalisation und Stentung der femoro-iliakalen Strecke
rechts; es sind keine Kollateralen mehr nachweisbar. Deutlich reduzierter Reflux im
Bereich der V. saphena magna und der V. iliaca interna.
Mittels IVUS können die obstruierten venösen Strecken und Landungszonen der Stents
exakt identifiziert werden. Dadurch kann einerseits die Anzahl der Phlebografien und/oder
Durchleuchtungen zur Bestimmung der genauen Landungszonen reduziert werden, andererseits
die Präzision der Prozedur erhöht werden. Deshalb ist die Verwendung von IVUS bei
jeder venösen Rekanalisation zu empfehlen [12].
Indikation/Kontraindikation
Wenn nach einer akuten proximalen TVT trotz einer 12-monatigen, adäquaten konservativen
Behandlung, bestehend aus therapeutischer Antikoagulation, Kompression Klasse II und
Mobilisation, die Beschwerden persistieren und den Patienten in seiner Lebensqualität
beeinträchtigen, sollte eine Operation erwogen werden.
Da die Offenheitsraten nach der venösen Rekanalisation bei sehr ausgedehnten Pathologien
nicht optimal sind (primäre Offenheitsrate nach 12 Monaten: 51 %) und das PTS nicht
lebens- oder Extremitäten-bedrohend ist, sollte die Indikation zur Operation bei diesen
Patienten sehr streng gestellt werden [17]. Hierbei müssen insbesondere der Leidensdruck des Patienten sowie der präoperativ
evaluierte Einstrom aus der Peripherie berücksichtigt werden.
Bei stark eingeschränktem Einstrom aus der VF und der VPF ist eine interventionelle
Rekanalisation der iliofemoralen und cavalen Strecke nicht aussichtsreich. Zum einen
ist eine Rekanalisation bei einem reduzierten Einstrom aus der Peripherie mit einer
sehr hohen Verschlussrate assoziiert. Zum anderen wird die Drainage des betroffenen
Beines auch durch eine erfolgreiche Rekanalisation der Beckenetage nicht gewährleistet,
und somit persistieren die Beschwerden.
Eine Kontraindikation zur therapeutischen Antikoagulation stellt ein generelles Ausschlusskriterium
für eine Rekanalisation einer CVO dar [18].
Spezielle venöse Stents
Zuerst wurden zur venösen Stentung großlumige arterielle Stents verwendet. Diese sind
jedoch zur Stentung von Venen nicht geeignet, denn der Venendurchmesser ist größer
als der Durchmesser der entsprechenden Arterien. Im Bereich der femoro-iliakalen Venen
wird ein Stentdurchmesser von 12–18 mm benötigt. Die chronisch obstruierten Venen
sind stark fibrosiert und werden darüber hinaus oft von außen komprimiert, sodass
nur ein Stent mit hoher Radialkraft diese Kräfte überwinden kann. Aufgrund der anatomischen
Gegebenheiten im Bereich der femoro-iliakalen venösen Strecke, vor allem im Bereich
des Übergangs der V. iliaca externa (VIE) zur VIC mit stark kurvigem Verlauf, werden
Stents mit sehr hoher Flexibilität benötigt.
In den letzten Jahren wurden diese speziellen venösen Stents entwickelt. Es handelt
sich ausschließlich um selbstexpandierbare Nitinol-Stents, die teils ein Open-Cell-Design,
teils ein Closed-Cell-Design haben. Des Weiteren kann man sie in lasergeschnittene
und geflochtene Stents einteilen.
In einer großen Studie, in der die Ergebnisse der Stentung mit ausschließlich venösen
Stents untersucht wurde (n = 221 Beine), konnte nach 60 Monaten Follow-up eine sekundäre
Offenheitsrate von 89 % erzielt werden [19].
Seit Verwendung dieser speziellen venösen Stents können auch ausgedehntere Befunde,
die eine anspruchsvollere Rekonstruktion erforderlich machen, erfolgreich therapiert
werden.
Damit nach einer venösen Rekanalisation keine Stase des Blutstroms und ein Primärverschluss
auftreten, müssen ein suffizienter Ein- und Ausstrom gewährleistet sein.
Einstromverbessernde Maßnahmen
Der venöse Einstrom aus der Peripherie ist einer der wichtigsten Parameter, welcher
ein gutes postoperatives Ergebnis garantiert. Bei einem schlechten Einstrom kommt
es zu einer Verlangsamung der venösen Strömung, und es droht bei einer Rekanalisation
der iliakalen oder cavalen Strecke nahezu immer ein Frühverschluss [18].
Postthrombotische Trabekel in der VFC, die den venösen Einstrom über die VF und/oder
die VPF behindern, müssen im Rahmen der venösen Rekanalisation mittels einer Endophlebektomie
entfernt werden.
Comerota et al. stellten im Jahr 2010 die Technik der Endophlebektomie der VFC im
Rahmen einer venösen Rekanalisation als Hybrideingriff zum ersten Mal vor [20]. Nach der Rekanalisation der obstruierten femoro-iliakalen Strecke und Darstellung
der VFC und der arteriellen Femoralisgabel wird die VFC längs eröffnet. Die postthrombotischen
Trabekel werden vorsichtig beseitigt und die Venotomie wird mit einem bovinen Patch
verschlossen ([Abb. 3]).
Abb. 3 a Postthrombotische Trabekel im Bereich der V. femoralis communis nach erfolgter Rekanalisation.
b Situs nach Endophlebektomie der V. femoralis communis vor Durchführung einer Patch-Erweiterungsplastik.
Diese Endophlebektomie wird üblicherweise mit einer AV-Fistel-Anlage in Loop-Konfiguration
(6 mm beringte PTFE-Prothese zwischen der A. femoralis communis oder A. femoralis
superficialis und der endophlebektomierten VFC) kombiniert, um eine Stase des venösen
Blutes zu verhindern [21]. Nach Fertigstellung dieser Rekonstruktion kann die venöse Stentung erfolgen, wobei
das kaudale Ende des distalen Stents stets bis zum Ostium der VPF reichen sollte.
Dies verhindert einen Kollaps der Rekonstruktion, der zu einem Frühverschluss führen
kann.
Um einer neointimalen Hyperplasie entgegenzuwirken, sollte die AV-Fistel nach spätestens
6 Wochen interventionell mittels eines Okkluders verschlossen werden.
Eine Analyse der Daten der Patienten (n = 70), bei denen in unserem Zentrum ein Hybrideingriff
(n = 76 Beine) durchgeführt wurde, zeigte folgende Ergebnisse: Bei allen Operationen
(n = 76) wurde eine AV-Fistel angelegt. Die primäre, primär assistierte und sekundäre
Offenheitsrate lagen nach 12 Monaten bei 51 %, 70 % bzw. 83 %. Der Vilallta-Score
sank im Median nach einem Jahr um 7 Punkte. Es traten folgende Komplikationen auf:
Wundinfekte (29 %), Lymphfisteln (39 %), kleinere Blutungen (16 %) und größere Blutungen
mit Hämatombildung (9 %) [17].
Die relativ schlechte Offenheitsrate dieser Hybrideingriffe wird zum einen durch die
ungünstige Ausgangspathologie mit stark reduziertem Einstrom aus der Peripherie verursacht.
Darüber hinaus kam es unter therapeutischer Antikoagulation zu einer relativ hohen
Rate an Hämatomen, welche eine Kompression der VFC verursachen.
In einer darauffolgenden Studie konnten wir eine Reduktion der Wundinfekte von 29 %
auf 18,2 % durch Verwendung der Vakuum-Wundtherapie erzielen [22].
Ausstromverbessernde Maßnahmen
Um eine Stase zu verhindern, ist neben einem optimalen Einstrom ebenfalls ein suffizienter
Ausstrom erforderlich. Hierbei ist es sehr wichtig, bei der venösen Rekanalisation
und Stentangioplastie stets das gesamte pathologische Areal zu behandeln („from healthy
to healthy“, d.h von einer Strecke mit suffizientem Einstrom bis zu einer Strecke
mit suffizientem Ausstrom). Bei einer ausschließlich iliakalen Beteiligung ist dies
technisch unproblematisch. Technisch anspruchsvoller wird es bei beidseitiger Involvierung
der Iliakalvenen mit Beteiligung der Konfluenz der V. cava inferior (VCI). Hierfür
wurden bereits verschiedene Rekonstruktionen beschrieben.
Bei der Konfluenz-Technik werden 2 iliakale venöse Stents mit demselben Durchmesser
in einem größeren cavalen Stent freigesetzt. Hierbei gibt es nicht genug Platz für
eine komplette Entfaltung der beiden iliakalen Stents. Es kommt automatisch zu einer
Kompression eines der Stents. Aus diesem Grund haben wir eine modifizierte Konfluenz-Technik
entwickelt, bei der 2 Ballon-expandierbare Stents simultan und parallel im distalen
Cava-Stent freigesetzt werden [23]. Der Vorteil der Ballon-expandierbaren Stents ist ihre kontrollierbare Freisetzung,
sodass ihre Geometrie dem vorgegebenen Raum angepasst werden kann. Dies spiegelte
sich unter anderem in der besseren Kurzzeit-Offenheitsrate (primäre Offenheitsrate:
100 %, Mean-Follow-up: 134 ± 118 Tage) bei Verwendung der modifizierten Technik wider.
Jedoch wird die ohnehin lange Operationsdauer durch zusätzliche Implantation von 2
Ballon-expandierbaren Stents noch mehr verlängert, und zusätzlich werden die Operationskosten
erhöht. Zudem sollte man die zusätzliche Strahlenbelastung der eher jüngeren Patienten
nicht außer Acht lassen. Um diesen Nachteilen entgegenzuwirken, haben wir eine weitere
Methode zur Rekonstruktion der Konfluenz der VCI, die Skipped-Technik, entwickelt:
Bei dieser Technik wird zunächst ein großkalibriger Stent in die distale VCI implantiert.
Mit einer minimalen Distanz („skip“) hierzu werden simultan die beiden iliakalen Stents
freigesetzt [24] ([Abb. 4]).
Abb. 4 Schematische Darstellung einer iliocavalen Rekonstruktion in Skipped-Technik.
Die Skipped-Technik hat folgende Vorteile:
-
Ein großer Stent anstatt von 2 kleineren Stents in der VCI erzielt aufgrund eines
größeren Flächeninhalts günstigere Strömungsverhältnisse.
-
Zusätzlich ist ein großer cavaler Stent in seinem ganzen Umfang in Kontakt mit dem
Endothel. Dies begünstigt eine homogene neointimale Auskleidung des Stents.
-
Bei 2 iliakalen Stents in der VCI entstehen Toträume zwischen den Stents. Wie diese
perfundiert werden und welchen Einfluss sie auf das Gesamtergebnis haben, ist noch
nicht erforscht.
Nachbehandlung und Verlaufskontrollen
Konsequente engmaschige Verlaufskontrollen sichern optimale Ergebnisse der venösen
Rekanalisation.
Die Kompressionstherapie sollte schon im Operationssaal begonnen werden. Dazu können
sowohl medizinische Kompressionsstrümpfe der Klasse II als auch Kompressionsverbände
angelegt werden. Die Kompressionstherapie sollte mindestens ein Jahr postoperativ
fortgeführt werden.
Die Patienten sollten so früh wie möglich, am besten am Operationstag, mobilisiert
werden, damit die Wadenmuskulatur aktiviert und das venöse Blut rücktransportiert
wird; somit wird ein suffizienter venöser Einstrom in die rekanalisierte Strecke gewährleistet.
Ein thrombotischer Verschluss der rekanalisierten Strecke stellt die häufigste postoperative
Komplikation dar [15]. Deshalb ist eine suffiziente peri- und postoperative Antikoagulation essenziell.
Präoperativ darf die therapeutische Antikoagulation nicht pausiert werden. Intraoperativ
wird die ACT über 200 s gehalten. Dies wird mit einer initialen Gabe von 5000 IE Heparin
i. v. erzielt, welches bei einem längerdauernden Eingriff eventuell erneut verabreicht
werden muss.
Postoperativ sollte die therapeutische Antikoagulation der zugrunde liegenden Pathologie
angepasst werden: Bei Patienten mit einem MTS empfehlen wir eine therapeutische Antikoagulation
für 6 Monate. Bei Patienten mit einem PTS sollte die therapeutische Antikoagulation
für mindestens 12 Monate fortgeführt werden.
Wir führen die erste postoperative Kontrolle mittels einer standardisierten farbkodierten
Duplexsonografie vor der Entlassung des Patienten durch. Die zweite Verlaufskontrolle
ist nach ca. 2 Wochen postoperativ zu empfehlen, denn die meisten thrombotischen Frühverschlüsse
treten innerhalb der ersten 2 postoperativen Wochen auf und ein rechtzeitig erkannter
Frühverschluss kann in den ersten 14 Tagen zumeist interventionell erfolgreich behandelt
werden [18]. Die weiteren Kontrollen sollten zu folgenden Zeitpunkten erfolgen: 6 Wochen, 3
Monate, 6 Monate, 12 Monate und jährlich.
Eine Stenose über 50 % des Stentlumens wird als signifikant und somit als therapiebedürftig
gewertet [10]. Wir konnten darüber hinaus zeigen, dass eine stetige Zunahme der Stenose im Verlauf
eher von Bedeutung ist als eine konstante, im Verlauf unveränderte Verengung; z. B.
ist eine Zunahme der Stenose von 20 % auf 40 % eher mit einem Verschluss assoziiert
als eine konstant bleibende Stenose von 50 %. Bei Nachweis einer progredienten Stenose
sollte eine zeitnahe Reintervention geplant werden [25].
Neue Klassifikation
In den bislang veröffentlichten klinischen Studien zur venösen Rekanalisation und
Stentung werden die Patienten in 3 Gruppen aufgeteilt: akute Thrombose, Kompressionssyndrome
und PTS. In keiner dieser Studien wird bei den Patienten mit CVO die Ausdehnung der
Venenläsionen unterschieden. Daher ist es aktuell nicht möglich, die Resultate der
Studien miteinander zu vergleichen. Wir entwickelten eine neue Klassifikation der
CVO, die anatomisch orientiert ist und den Einstrom aus der Peripherie berücksichtigt
([Abb. 5]).
Abb. 5 Schematische Darstellung der Klassifikation der chronisch venösen Obstruktion. Typ
I: lokale Kompression, z. B. May-Thurner-Syndrom; Typ II: CVO der VIC und VIE ohne
Beteiligung der VFC; Typ III: CVO der Beckenvenen + VFC; Typ IVa: CVO der Beckenvenen
+ VFC + VF (teilweise eingeschränkter Einstrom aus der Peripherie); Typ IVb: CVO der
Beckenvenen + VFC + VPF (teilweise eingeschränkter Einstrom aus der Peripherie); Typ
V: CVO der Beckenvenen + VFC + VF + VPF (stark eingeschränkter Einstrom aus der Peripherie).
CVO: Chronisch venöse Obstruktion, VIC: Vena iliaca communis, VIE: Vena iliaca externa,
VFC: Vena femoralis communis, VF: Vena femoralis, VPF: Vena profunda femoris.
Diese neue Klassifikation soll eine Vergleichbarkeit der Studien ermöglichen und darüber
hinaus Hilfestellung sein bei der Indikationsstellung und Auswahl der geeigneten endovenösen
Therapie. Ferner ermöglicht sie eine klare Einschätzung des realisierbaren postoperativen
Resultats, denn je schlechter der Einstrom, desto schlechtere Ergebnisse sind zu erwarten
und desto strenger sollte die OP-Indikation gestellt werden.
Insgesamt beziehen sich die Empfehlungen zur Behandlung der CVO auf nichtrandomisierte,
zumeist Single-Center-Studien mit niedrigen Evidenzgraden. Zur Therapieoptimierung
müssen große multizentrische, prospektive, randomisierte Studien durchgeführt werden.
Dafür bietet unsere neue Klassifikation der CVO eine wichtige Grundlage.