Aktuelle Dermatologie 2021; 47(10): 429-431
DOI: 10.1055/a-1437-6105
Fehler und Irrtümer in der Dermatologie

Induktion einer strickleiterartigen Narbe an der Wange einer 28-jährigen Frau nach Laserung eines Naevus araneus mittels KTP-Laser

Induction of a Lengthy Disfiguring Scar after Laser Treatment of a Naevus araneus with a KTP-Laser
L. Lehmann
1   Schwerpunkt Allgemeinmedizin, Uniklinik Köln
2   Helios Universitätsklinikum Wuppertal, Zentrum für Dermatologie, Allergologie und Dermatochirurgie, Universität Witten/Herdecke
4   Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke
,
S. Hofmann
2   Helios Universitätsklinikum Wuppertal, Zentrum für Dermatologie, Allergologie und Dermatochirurgie, Universität Witten/Herdecke
4   Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke
,
T. Dirschka
3   Privatpraxis Centroderm Wuppertal
4   Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke
,
P. Lehmann
2   Helios Universitätsklinikum Wuppertal, Zentrum für Dermatologie, Allergologie und Dermatochirurgie, Universität Witten/Herdecke
4   Fakultät für Gesundheit, Universität Witten/Herdecke
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Die 28-jährige Patientin stellte sich zur Behandlung einer kosmetisch störenden Gefäßläsion an der Wange vor. Es wurde eine Lasertherapie vorgeschlagen und vereinbart. Es entstanden unmittelbar nach der Laserbehandlung Schmerzen und eine Rötung; später eine entstellende Narbe.

Die Gutachter der Gutachterkommission bei der Ärztekammer Nordrhein beurteilten die Behandlung als fehlerhaft.

Laserbehandlungen zählen insgesamt zu den risikoreicheren Therapien in der Dermatologie. Häufiger als andere Behandlungsoptionen beurteilen die Begutachter die Behandlungen als fehlerhaft.


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Abstract

A 28-year old woman went to see a dermatologist because of a vascular lesion on her cheek, which was cosmetically disturbing her. A laser therapy was suggested, explained and performed.

The patient experienced severe pain immediately after laser therapy and subsequently a scar developed on the site of treatment, which the patient felt to be disfiguring.

The Expert Committee for Medical Malpractice of the North Rhine Medical Association judged that the treatment was performed faulty. Overall, laser treatments belong to the risky therapeutic options in dermatology. The experts of the Committee for Medical Malpractice judged these treatments significantly more frequently faulty than other treatment options.


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Einleitung

In der bislang umfangreichsten retrospektiven Studie zur Analyse ärztlicher Fälle in der Dermatologie in Deutschland anhand von Gutachten der Ärztekammer Nordrhein von 2004–2013 wurde festgestellt, dass Lasertherapien im Vergleich zum Durchschnitt aller Gutachten prozentual häufiger als Behandlungsfehler anerkannt werden. Die Fälle ereigneten sich zu 93,3 % in Praxen oder medizinischen Versorgungszentren [1]. Im Folgenden soll praxisbezogen ein charakteristischer Fall eines Behandlungsfehlers durch Lasertherapie dargestellt werden.


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Klinischer Fall

Die damals 28-jährige Patientin suchte die beklagte Dermatologin aufgrund einer kosmetisch störenden vaskulären Läsion auf ([Abb. 1]) mit der Bitte, diese aus kosmetischen Gründen zu behandeln (entfernen). Die Dermatologin stellte die Diagnose eines Naevus araneus und schlug eine Behandlung mittels KTP Laser vor, zumal sie damit sehr gute Erfahrung habe und die Methode in Lehrbüchern und der Literatur dafür als sehr geeignet beschrieben wurde. Sodann erfolgte eine entsprechende Aufklärung. Die Patientin willigte ein und unterschrieb auch den Aufklärungsbogen.

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Abb. 1 Naevus araneus mit einem zarten zuführenden Gefäß. Ähnlicher Fall wie der hier beschriebene, aber nicht identisch.

Bereits unmittelbar nach der Behandlung beklagte die Patientin starke Schmerzen, eine Rötung und ein Ödem. Laut Patientin waren Rötung und Ödem deutlich über die Grenzen der ursprünglichen Läsion sichtbar. Hierzu liegen keine Bilder vor, sondern nur von der ursprünglichen Läsion (Naevus araneus) und dem Endergebnis.

Die beigefügten Bilder des Endergebnisses zeigen eine strickleiterartige Narbe an der Stelle der ursprünglichen Läsion. Sieht man sich die Bilder der ursprünglichen Läsion an, so kommt auch ein zartes oberflächliches Gefäß im Bereich der Narbe zur Darstellung, sodass angenommen werden kann, dass auch hier versucht wurde, dieses zuführende Gefäß zu lasern. Die Patientin bat die Gutachterkommission der Ärztekammer Nordrhein um Überprüfung der Behandlung durch die Hautfachärztin. Der behandelnden Dermatologin wurde vorgeworfen, durch unsachgemäße, fehlerhafte Anwendung des Lasers die für die Patientin entstellende Narbe verursacht zu haben.

Zur Klärung des Sachverhaltes hat die Gutachterkommission in Ergänzung der von der Antragstellerin eingereichten Unterlagen die Behandlungsunterlagen der belasteten Hautfachärztin hinzugezogen und hat mit diesen Unterlagen einen Experten um eine fachsachverständige Beurteilung gebeten.

Der Gutachter kam zur Einschätzung, dass der von der Hautfachärztin gewählte Laser-Typ prinzipiell sehr geeignet sei, derartige Gefäßneubildungen erfolgreich zu behandeln. Bei der Wahl des Gerätes kann der behandelnden Ärztin somit kein Fehler unterstellt werden.

Allerdings hänge der Erfolg der Behandlung von der applizierten Dosis, den applizierten Impulsen und v. a. der kontinuierlichen Bewegung des Lasers im Behandlungsareal ab. Bei fehlerhafter Handhabung kommt es aufgrund starker Überwärmung des Zielgewebes über die betroffenen Gefäßstrukturen hinaus zu einer thermischen Gewebeschädigung.

In der vorliegenden Verlaufsdokumentation kann erkannt werden, dass das primäre Angiom nach der Behandlung verschwunden ist. In diesem Areal sind jedoch im Bereich des ursprünglichen Gefäßes und in einem Areal von ca. 2–3 cm im Umkreis neu aufgetretene, ausgestanzte und zum Teil strichförmige Narben zu sehen. Daraus ist zu ersehen, dass nicht nur das Gefäß, sondern auch darüberhinausgehend in der Umgebung dieses Gefäßes mit dem Laser behandelt worden ist. In dieser Region waren in den Voraufnahmen, entgegen der Angabe der Hautärztin, keine Akne-Narben zu sehen. Somit ist davon auszugehen, dass durch die überhöhte Laserwirkung ein thermischer Schaden mit konsekutiver diskreter Narbenbildung entstanden ist. Somit liegt ein einfacher Behandlungsfehler vor.

Das Gutachten wurde der beklagten Ärztin zur Einsicht übermittelt und ihr wurde die Gelegenheit einer Stellungnehme gegeben. Die beklagte Hautfachärztin erwiderte, dass es sich bei den Narben um alte Akne-Narben handele. Weiterhin erwiderte sie, dass es sich bei den vorliegenden Veränderungen um Hyperpigmentierungen handele, die mit der Zeit wieder abblassen würden.

Sie habe definitiv nicht die Umgebung behandelt. Ein KTP-Laserstrahl werde exklusiv von Oxyhämoglobin absorbiert, daher werde ein selektives Ansprechen der Gefäßveränderungen unter Schonung der übrigen Haut ermöglicht. Weiterhin gab sie an, dass jede Laserbehandlung eine kurz- oder längerfristige periläsionale Rötung verursache und möglicherweise auch eine Krustenbildung und Desquamation. Trotzdem heile die Haut narbenfrei ab. Gleichzeitig bat die beklagte Ärztin die Gutachterkommission um ein nun abschließendes Gutachten.

Die Gutachterkommission unterzog den Sachverhalt einer erneuten vollständigen und eigenständigen Überprüfung unter Hinzuziehung des für Dermatologie zuständigen stellvertretenden Kommissionsmitgliedes. Es wurde eine Übereinstimmung mit der Bewertung des fachsachverständigen Gutachters erzielt. Das Gutachten war schlüssig und überzeugend, sodass kein Anlass bestand, von seinen Bewertungen abzuweichen.

Zusammenfassend wurde festgestellt, dass der erhobene Vorwurf eines ärztlichen Behandlungsfehlers berechtigt sei.


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Diskussion

Die Lasertherapie gehört neben der Kryochirurgie und der operativen Entfernung zur bevorzugten Therapieoption bei der Behandlung vaskulärer Läsionen [2]. Seit der ersten Konstruktion eines Lasers durch Maiman 1960 und der ersten Applikation eines Lasers für Hautveränderungen durch Goldman ist die Lasertherapie in der Dermatologie ein sehr wichtiges therapeutisches Instrument geworden. Die häufigste Indikation für die Lasertherapie in der Dermatologie sind hierbei vaskuläre Läsionen [2]. In einer Übersichtsarbeit zu den verschiedenen Laser-Typen, die bei der Behandlung von vaskulären Läsionen eingesetzt werden, stellte Michaud fest, dass der KTP-Laser für die Therapie oberflächlicher vaskulärer Läsionen auch im Gesicht sehr geeignet ist [4].

In der bislang größten Studie zum Einsatz des KTP-Lasers bei oberflächlichen vaskulären Läsionen mit 647 Patienten beobachteten Becher et al. v. a. passagere Schmerzen sowie Rötung und Ödeme als häufigste Nebenwirkungen. Eine Narbenbildung wurde nie gesehen [5]. Diese Studie wurde durch die Daten einer „Single Center Study“ von Solak et al. bestätigt [6]. Im vorliegenden dargestellten Fall kam die Gutachterkommission daher überein, dass es sich um eine fehlerhafte Anwendung mit zu hoher Energiedichte und zusätzlich zu großflächiger Applikation des Lasers handelte.

Die Laserapplikation in der Dermatologie stellt eine außerordentliche Bereicherung für das therapeutische Armamentarium dar. Voraussetzung ist aber die korrekte Anwendung, um Schaden für die Patienten zu vermeiden. Insbesondere bei kosmetischen Indikationen ist dieses Prinzip außerordentlich wichtig zu berücksichtigen, ansonsten drohen unangenehme juristische Auseinandersetzungen wie im vorliegenden Fall.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Lehmann L, Wesselmann U, Weber B. et al. Medical error analysis in dermatology according to the reports of the North Rhine Medical Association from 2004–2013. J Dtsch Dermatol Ges 2015; 13: 903-909
  • 2 Grantzow R. Differentiated Therapy of Hemangiomas: When cryotherapy, lasertherapy or operation?. Kongressb Dtsch Ges Chir 2001; 118: 521-524
  • 3 Landthaler M, Hohenleutner U. Laser therapy of vascular lesions. Photodermatol Photoimmunol Photomed 2006; 22: 324-332
  • 4 Michaud T. Vascular lasers. Ann Dermatol Venereol 2009; 136 (Suppl. 06) 320-324
  • 5 Becher GL, Cameron H, Moseley H. Treatment of superficial vascular lesions with the KTP-532-nm laser: experience with 647 patients. Lasers Med Sci 2014; 29: 267-271
  • 6 Solak B, Dikicier BS, Kara RO. et al. Single-center experience with potassium titanyl phosphate (KTP) laser for superficial vascular lesions on the face. J Cosmet Laser Ther 2016; 18: 428-431

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Percy Lehmann
Zentrum für Dermatologie, Allergologie und Dermatochirurgie
Helios Universitätsklinikum Wuppertal
Universität Witten/Herdecke
Heusnerstr. 40
42283 Wuppertal
Deutschland   

Publication History

Article published online:
22 April 2021

© 2021. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

  • Literatur

  • 1 Lehmann L, Wesselmann U, Weber B. et al. Medical error analysis in dermatology according to the reports of the North Rhine Medical Association from 2004–2013. J Dtsch Dermatol Ges 2015; 13: 903-909
  • 2 Grantzow R. Differentiated Therapy of Hemangiomas: When cryotherapy, lasertherapy or operation?. Kongressb Dtsch Ges Chir 2001; 118: 521-524
  • 3 Landthaler M, Hohenleutner U. Laser therapy of vascular lesions. Photodermatol Photoimmunol Photomed 2006; 22: 324-332
  • 4 Michaud T. Vascular lasers. Ann Dermatol Venereol 2009; 136 (Suppl. 06) 320-324
  • 5 Becher GL, Cameron H, Moseley H. Treatment of superficial vascular lesions with the KTP-532-nm laser: experience with 647 patients. Lasers Med Sci 2014; 29: 267-271
  • 6 Solak B, Dikicier BS, Kara RO. et al. Single-center experience with potassium titanyl phosphate (KTP) laser for superficial vascular lesions on the face. J Cosmet Laser Ther 2016; 18: 428-431

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Abb. 1 Naevus araneus mit einem zarten zuführenden Gefäß. Ähnlicher Fall wie der hier beschriebene, aber nicht identisch.