Schlüsselwörter
Seltene Erkrankungen - Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde - Kopf- und Hals-Chirurgie - Medizinethik - Orphan-Arzneimittel
1. Einführung
Die Diagnose und Therapie seltener Erkrankungen
stellen alle Beteiligten – Betroffene, Angehörige, medizinisches,
therapeutisches und pflegerisches Personal – vor besondere
Herausforderungen.
Seltene Erkrankungen bilden eine sehr heterogene Gruppe.
Die Mehrheit der seltenen Erkrankungen (circa 80 %) sind genetisch bedingt
oder mitbedingt. Sie führen häufig bereits im Kindesalter zu
Symptomen, verlaufen oft chronisch und sind selten heilbar.
Zu den
Besonderheiten seltener Erkrankungen zählen:
-
die geringe Anzahl an Patientinnen und Patienten mit der
jeweiligen Erkrankung,
-
eine die
Durchführung von klinischen Studien erschwerende gestreute
Verteilung der Betroffenen,
-
eine geringe Anzahl
und die räumliche Verteilung von Experten für die jeweiligen
Erkrankungen und
-
besondere regulatorische,
ökonomische und Forschungs-Aspekte.
Seltene
Erkrankungen stellen an Diagnostik und Therapie hohe Anforderungen. Die betroffenen
Patienten brauchen häufig eine interdisziplinäre Betreuung durch ein
Team von erfahrenen Fachärzten und ihre Behandlung erfordert eine spezielle
Qualifikation und besondere Ausstattung. Sie führen zu besonderen
Anforderungen an das Arzt-Patienten-Verhältnis im Sinne des „Shared
Decision Making“ [1] sowie an die
Kommunikation mit den mit- oder nachbehandelnden Ärzten. Auch sind die Wege
zu guten Behandlungs- und Versorgungsmöglichkeiten häufig nicht klar
ersichtlich. Dies führt auch dazu, dass die Betroffenen sich oft mit ihrer
Erkrankung alleine gelassen fühlen und eine Diagnose in der Regel erst
deutlich verzögert gestellt wird. Seltene Erkrankungen sind jedoch in den
letzten Jahren immer mehr in das Licht der öffentlichen Aufmerksamkeit
gerückt (nach: [2]).
Viele typische
Erkrankungen in unserem Fachgebiet zählen definitionsgemäß
allein aufgrund ihrer geringen Prävalenz zu den seltenen Erkrankungen.
Aufgrund der Charakteristik unseres Fachgebietes, welches sich v. a. über
die Körperregion (Kopf und Hals) definiert und dadurch als
Querschnittsfachgebiet mannigfaltige Berührungs- und
Überschneidungspunkte mit anderen Fachgebieten aufweist, kommen
Hals-Nasen-Ohren-Ärzte zwangsläufig mit Manifestationen seltener
Erkrankungen in Kontakt. Es ist auch nicht ungewöhnlich, dass sich seltene
Erkrankungen im HNO-Gebiet erst manifestieren.
Dadurch entsteht die
Notwendigkeit, dass sich HNO-Ärzte intensiv mit dem Thema der seltenen
Erkrankungen in unserem Fachgebiet auseinandersetzen. Dies schließt
Kenntnisse über die Diagnostik, über bestehende Ressourcen wie
Zentren, Netzwerke und Register, die Besonderheiten in der Arzt-Patienten-Beziehung,
die Nachsorge einschließlich der Kommunikation mit den betreuenden
Hausärzten und die Rolle von Selbsthilfegruppen voraus. Von besonderem
Interesse für die Universitätsmedizin und unsere wissenschaftliche
Fachgesellschaft sind die Besonderheiten im Bereich der Forschung
einschließlich der europäischen Vernetzung und
Forschungsförderung, des Informationsmanagements, der
Öffentlichkeitsarbeit, der Aus-, Fort- und Weiterbildung, Aspekte der
Finanzierung sowie regulatorische Aspekte (Orphan-Drugs und klinische
Studien).
2. Definition
Die konkrete Definition für
seltene Erkrankungen (seltene Krankheiten, „Rare Diseases“,
„Orphan Diseases“) unterscheidet sich von Land zu Land. In der
Europäischen Union (EU) gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr
als 5 von 10 000 Menschen (50/105 bzw. 1:2000
Menschen) von ihr betroffen sind. Die US-amerikanischen Behörden
verwenden eine Prävalenz von höchstens 1:1500 Menschen (7,5 pro
10 000 EW), Japan 1:2500 (4 pro 10 000 EW), Australien
1:10 000 und die Schweiz sogar nur von 1:100 000 Menschen [2]
[3].
Auch in der EU betreffen die meisten der seltenen Erkrankungen
nur eine Person oder weniger pro 100 000 EW. Ungefähr 5000 bis
8000 einzelne unterschiedliche seltene Erkrankungen betreffen jedoch zusammen
eine Gesamtzahl von 27 bis 36 Mio. Menschen in der EU, d. h.
6–8% der EU-Population. In Deutschland leben damit etwa circa 4
bis 6 Mio. Menschen mit einer seltenen Erkrankung.
Der Begriff
„Orphan“ wird auch in Zusammenhang mit Krankheiten und Therapien
(„Orphan Drugs“) verwendet, die an sich häufig sind
(z. B. viele Tropenkrankheiten), aber unter anderem aufgrund
ökonomischer Ursachen, einschließlich des Fehlens von
wirtschaftlichen Anreizen zur Entwicklung von Therapien, vernachlässigt
werden. Diese in ärmeren Ländern typischen Krankheiten sollen
aber nicht Gegenstand dieses Artikels sein.
3. Orphanet
Orphanet ist eine Datenbank, die
Ressourcen zu seltenen Krankheiten und Medikamenten zur Behandlung seltener
Krankheiten (sogenannter orphan drugs) bündelt, mit dem Ziel
„das Wissen um seltene Krankheiten zu sammeln und zu erweitern, um so
die Diagnose, Versorgung und Behandlung von Patienten mit seltenen Krankheiten
zu verbessern. Orphanet stellt hochwertige Informationen über seltene
Krankheiten zur Verfügung und gewährt gleichberechtigten Zugriff
auf diese Informationen für alle Interessengruppen. Orphanet pflegt
darüber hinaus die Orphanet-Nomenklatur der seltenen Krankheiten (ORPHA
code), die wesentlich zur Verbesserung der Sichtbarkeit von seltenen Krankheiten
in Informationssystemen von Gesundheits- und Forschungseinrichtungen
beiträgt“ [4].
Orphanet
wurde im Jahr 1997 durch das französische Gesundheitsministerium und das
„Institut national de la santé et de la recherche
médicale“ (INSERM, Französisches nationales Institut
für Gesundheit und medizinische Forschung) initiiert. Seit dem Jahr 2000
wird die Initiative von einem Konsortium mit inzwischen 40
Partnerländern aus Europa und weiteren internationalen Mitgliedern unter
französischer Federführung und finanzieller Förderung
durch die Europäische Union betrieben.
Orphanet, das Portal
für seltene Krankheiten und orphan drugs bietet:
-
ein Inventar, eine Klassifikation und eine
Enzyklopädie der seltenen Krankheiten mit assoziierten
Genen,
-
Informationen über
Arzneimittel für seltene Krankheiten (orphan
drugs),
-
ein Verzeichnis der
Selbsthilfeorganisationen,
-
ein Verzeichnis
von Fachleuten und Einrichtungen sowie
Expertenzentren,
-
ein Verzeichnis
medizinischer Labors, die diagnostische Leistungen
anbieten,
-
ein Verzeichnis der laufenden
Forschungsprojekte klinischer Studien, Register und Biobanken
sowie
-
eine Sammlung der Themenartikel
(Orphanet-Berichtsreihe) [4]
[5], ([Abb.
1]).
Abb. 1 Eröffnungsseite der Datenbank Orphanet mit verfügbaren
Ressourcen zu seltenen Krankheiten und Orphan Drugs (www.orpha.net)
In der Orphanet-Datenbank kann
nach Krankheiten, klinischen Zeichen und Symptomen, Klassifikationen, Genen und
Behinderungen
(Aktivitätseinschränkungen/Beeinträchtigungen
des täglichen Lebens bzw. funktionelle Konsequenzen), die mit seltenen
Krankheiten assoziiert sein können, gesucht werden. Der funktionelle
Orphanet-Thesaurus basiert auf der ICF-Klassifikation der
Weltgesundheitsorganisation (International Classification of Functioning,
Disability and Health – Children and Youth, ICF-CY, WHO 2007).
Die
Orphanet-Nomenklatur beinhaltet dabei eine „heterogene Typologie von
Entitäten in der folgenden abnehmenden Rangfolge: Gruppen von
Krankheiten, Krankheiten, Subtypen. Eine Krankheit der Orphanet-Datenbank
entspricht einer der folgenden Definitionen: einer Erkrankung, einem
Fehlbildungs-Syndrom, einem klinischen Syndrom, einer morphologischen oder
biologischen Anomalie oder einer besonderen klinischen Situation (im Verlauf
einer Erkrankung). Die Krankheiten sind in Gruppen organisiert und dann in
klinische, ätiologische und histopathologische Subtypen
unterteilt“ [4].
Bei der Suche
können unter anderem der Name der gesuchten Krankheit, der ORPHAcode,
das Gen-Symbol/der Gen-Name, die OMIM- bzw. MIM-Nummer („Online
Mendelian Inheritance in Man“, eine Datenbank, in der Gene des Menschen
und deren Mutationen erfasst sind) oder der ICD-10-Code (International
Classification of Diseases) als Suchkriterien eingegeben werden.
Orphanet
stellt auch eine Enzyklopädie der seltenen Krankheiten für
Fachleute zur Verfügung. Die Enzyklopädie für Fachleute
beinhaltet folgende, von Experten erstellte und einer fachlichen Begutachtung
unterliegenden Informationen: „Review-Artikel, klinische Leitlinien,
Diagnosekriterien, Leitlinien für Gentestanalysen, das‚ European
Journal of Human Genetics‘, „Practical Genetics“,
Klinische Genetik, Notfall-Leitlinien, Anästhesie-Leitlinien,
Merkblätter über Behinderungen und zusammenfassende
Kurzbeschreibungen von Krankheiten. Diese Texte können in den 7 Sprachen
der Datenbank und darüber hinaus in weiteren Sprachversionen
verfügbar sein“ [4].
Für Behandler und Patienten stellt Orphanet
Informationen über Selbsthilfegruppen (Patientenorganisationen,
Dachverbände und Allianzen), die sich auf eine bestimmte Krankheit oder
auf eine Gruppe von Krankheiten spezialisieren, auch geographisch unterteilt
(nach Land, Region oder Stadt), zur Verfügung.
(Erst) seit 2019
besteht eine Kooperation zwischen dem „International Clinical Trials
Registry Platform“ (ICTRP) – Register der
Weltgesundheitsorganisation
(https://www.who.int/ictrp/en/) und
Orphanet. Mit dem Orphanet-Register wird die Identifikation klinischer Studien
zu seltenen Krankheiten für ICTRP-Anwender deutlich verbessert
(http://apps.who.int/trialsearch/).
Mit
der „Orphanet Berichtsreihe“ erstellt und veröffentlicht
Orphanet eine Reihe von als Download verfügbaren Berichten mit
unterschiedlichen Schwerpunkten, die sich inhaltlich mit der Gesamtheit aller
seltenen Krankheiten auseinandersetzen. Diese umfassen folgende
„Themen“:
das Gesamtverzeichnis der seltenen
Krankheiten,
einen epidemiologischen Bericht mit verfügbaren
Prävalenzdaten,
das Verzeichnis der Orphan Drugs,
einen
Überblick der verfügbaren Register für seltene
Krankheiten in Europa,
den jährlichen
Tätigkeitsbericht,
einen Bericht mit einem Verzeichnis relevanter
(Forschungs-)Infrastrukturen in Europa und
die Ergebnisse der
Orphanet-Umfrage zur Nutzerzufriedenheit und eine Liste aller Experten, die zu
den Inhalten der Orphanet Datenbank beigetragen haben.“ (zitiert aus:
[4]).
Die offizielle
Zeitschrift von Orphanet ist das im Jahr 2006 gegründete
„Orphanet Journal of Rare Diseases“, welches von
BioMed Central (SpringerNature) „Open-Access“
veröffentlicht wird. Es enthält Publikationen zur Forschung bei
seltenen Krankheiten im Rahmen von Übersichtsarbeiten und klinischen
Studien sowie Artikel zum öffentlichen Gesundheitswesen („Public
Health“) und zu Arzneimitteln für seltene
Krankheiten.
4. Orphan-Arzneimittel („Orphan
Drugs“)
4. Orphan-Arzneimittel („Orphan
Drugs“)
Als „Orphan-Arzneimittel“
(„orphan“: engl. „Die Waise“) werden seit 1983
Medikamente bezeichnet, die für die Behandlung seltener Krankheiten
eingesetzt werden. Bei diesen „Arzneimitteln für seltene
Leiden“ (Synonyme englisch: orphan drugs, orphan pharmaceutical drug,
orphan medicinal product) bezieht sich die Bezeichnung auf die oben
aufgeführte Definition seltener Erkrankungen mit für
verschiedene Regionen unterschiedlich geltenden Prävalenzen. Neben der
Definition für seltene Erkrankungen auf der Basis der Prävalenz
gehört dazu auch die fehlende kommerzielle
Rentabilität.
Orphan-Arzneimittel sind wegen des meist kleinen
oder sehr kleinen Marktes und des damit verbundenen geringen Umsatzes
während des gesetzlichen Patentschutzes – bei gleichzeitig hohen
Entwicklungskosten – für die pharmazeutische Industrie nicht
interessant. Anstelle eines kleinen Marktes betrifft dies prinzipiell auch
Arzneimittel mit einem Markt mit geringer Kaufkraft, typisch für
häufige Krankheiten in ärmeren Ländern und hier v. a.
Tropenkrankheiten, die aber nicht Gegenstand dieses Artikels sind.
Von
politischer Seite wurde zur Förderung und Entwicklung derartiger
Arzneimittel 1983 in den USA der „Orphan Drug Act“(ODA) erlassen
[6].
Der hauptsächliche
Anreiz für die Pharmazeutischen Unternehmen ist das exklusive Recht der
Vermarktung (ODA: 7 Jahre). Zusätzlich werden über den ODA
Forschungsmittel für Unternehmen und akademische Forschergruppen zur
Verfügung gestellt, reduzierte Gebühren im Zulassungsprozess und
Steuerminderungen gewährt, während Arzneimittel für
seltene Erkrankungen bezüglich ihres therapeutischen Potenzials bewertet
werden.
Zu den im Rahmen des Ophan Drug Acts von der US Food and Drug
Administration (FDA) verabschiedeten „Orphan Drug Designation“
Programmen gehören das „Humanitarian Use Device (HUD)
Designation“ Programm, das „Orphan Products Clinical Trials
Grants“ Programm, das „Pediatric Device Consortia (PDC)
Grant“ Programm und das „Orphan Products Natural History
Grants“ Programm.
Seit ihrer Einführung haben diese
Verordnungen zu einer deutlichen Steigerung im Bereich der Entwicklung von
Arzneimitteln für seltene Erkrankungen geführt. In den USA
betrifft dies die Markteinführung von mehr als 600 „Orphan
Drugs“ [7].
Die
Europäische Union hat im Jahr 2000 die „Verordnung über
Arzneimittel für seltene Leiden“ in Kraft gesetzt. Ziel dieser
Verordnung ist es, „ein Gemeinschaftsverfahren für die
Ausweisung von Arzneimitteln als Arzneimittel für seltene Leiden
festzulegen und Anreize für die Erforschung, Entwicklung und das
Inverkehrbringen von als Arzneimittel für seltene Leiden ausgewiesenen
Arzneimitteln zu schaffen“.
Innerhalb der Europäischen
Arzneimittelagentur (EMA) verabschiedet ein „Ausschuss für
Arzneimittel für seltene Krankheiten (Committee for Orphan Medicinal
Products, COMP)“ regelmäßig Empfehlungen zur Zuerkennung
des Status „Arzneimittel für eine seltene
Krankheit“.
Kriterien für die Ausweisung als Arzneimittel
für seltene Leiden sind:
„…(1) Ein Arzneimittel
wird als Arzneimittel für seltene Leiden ausgewiesen, wenn der Investor
nachweisen kann, dass
a) das Arzneimittel für die Diagnose,
Verhütung oder Behandlung eines Leidens bestimmt ist, das
lebensbedrohend ist oder eine chronische Invalidität nach sich zieht und
von dem zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinschaft nicht mehr als 5
von zehntausend Personen betroffen sind, oder
das Arzneimittel für
die Diagnose, Verhütung oder Behandlung eines lebensbedrohenden Leidens,
eines zu schwerer Invalidität führenden oder eines schweren und
chronischen Leidens in der Gemeinschaft bestimmt ist und dass das
Inverkehrbringen des Arzneimittels in der Gemeinschaft ohne Anreize vermutlich
nicht genügend Gewinn bringen würde, um die notwendigen
Investitionen zu rechtfertigen, und
b) in der Gemeinschaft noch keine zufriedenstellende Methode für die
Diagnose, Verhütung oder Behandlung des betreffenden Leidens zugelassen
wurde oder dass das betreffende Arzneimittel – sofern eine solche
Methode besteht – für diejenigen, die von diesem Leiden
betroffen sind, von erheblichem Nutzen sein wird“ (zitiert aus: [8])
Die Marktexklusivität
für die zugelassene Indikation des im Gemeinschaftsregister der EU als
Orphan-Arzneimittel eingetragenen Medikamentes gilt in Europa für die
Dauer von 10 Jahren. Zusätzlich werden auch in Europa dem
Pharmahersteller ein Teil der Zulassungsgebühren erlassen. Eine weitere
erhebliche Kostenersparnis entsteht durch ein vereinfachtes
Zulassungsverfahren.
Die in der EU zugelassenen Arzneimittel mit
Orphan-Status sind in der Datenbank Orphanet abrufbar und werden im
„Verzeichnis der Arzneimittel für seltene Krankheiten in
Europa“ veröffentlicht.
Da eine Zulassung als Arzneimittel
für eine seltene Erkrankung (Orphan-Arzneimittel) nur dann erteilt wird,
wenn die Erkrankung selten ist und es hierfür bisher keine
adäquate Therapie gibt, entfällt für ein
Orphan-Arzneimittel in der Regel die normalerweise bestehende Notwendigkeit des
Nachweises eines Zusatznutzens entsprechend des im Jahr 2010 verabschiedeten
Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG). Allerdings betrifft diese
Erleichterung nur Arzneimittel, die aufgrund ihrer Zulassung für seltene
Erkrankungen einen geringen Umsatz haben und gilt nicht für
pharmazeutische Unternehmer, die mit dem Orphan-Arzneimittel einen Umsatz von
mehr als 50 Mio. Euro erzielen. In diesen Fällen muss der Nachweis des
Zusatznutzens erbracht werden. Die Forderung nach dem Nachweis eines
Zusatznutzen könnte einer der Gründe sein, warum die FDA im
Vergleich zur EMA mehr onkologische Medikamente inbesondere für
Subgruppen onkologischer Erkankungen mit größerer
Prävalenz zugelassen hat [9].
Allerdings gibt es auch Kontroversen über
„unerwünschte Nebenwirkungen“ der Regularien und
Förderprogramme im Zusammenhang mit der Entwicklung von Arzneimitteln
für seltene Erkrankungen. Zum Teil wird auch von Manipulation
(„gaming the system“) zur Gewinnmaximierung gesprochen [10]. Bei einer zunehmenden Anzahl von
Zulassungen für „seltene Erkrankungen“ handelt es sich
um Biomarker-definierte Subgruppen nicht-seltener Erkrankungen, insbesondere in
der Onkologie [11].
Bereits seit einiger
Zeit wird über das Phänomen der „Salami-Taktik“
bei nicht-seltenen Erkrankungen zum Zwecke der Medikamentenzulassung unter
Nutzung der Marktvorteile im Zusammenhang mit dem „Orphan Drug“
Status berichtet [12]
[13].
Geringere Forschungs- und
Entwicklungskosten (kleinere klinische Studien oder Beobachtungsstudien),
beschleunigte Begutachtungsprozesse bei den Zulassungsbehörden,
reduzierter oder minimaler Wettbewerb und anderes haben dazu geführt,
dass die „Orphan Drugs“ inzwischen zu den teuersten und
profitabelsten Medikamenten im Weltmarkt zählen [14]. Daher werden die Anreizsysteme
überarbeitet werden müssen.
5. Klinische
Studien und biometrische Aspekte
5. Klinische
Studien und biometrische Aspekte
Der Entwicklung von Therapien
für seltene Erkrankungen stehen auch zahlreiche Probleme aus
biometrischer Sicht bei der Durchführung klinischer Studien als
Voraussetzung für die Zulassung von Therapien entgegen. Diese umfassen
die niedrige Krankheitsprävalenz, die Heterogenität von
Patientenpopulationen, die geographische Dispersion und den hohen Anteil von
Kindern. Die Patientenzahlen in klinischen Studien für seltene
Erkrankungen sind in der Regel klein mit entsprechenden Herausforderungen
für ein effizientes Studiendesign und spezielle biometrische Methoden
für die Outcome-Analyse bei limitierten Populationen.
Ein
wichtiger Aspekt der ethischen Beurteilung klinischer Studien generell ist
jedoch die biometrische Qualität mit Hinblick auf Studiendesign,
Fallzahlberechnung und statistische Analyse, da methodologisch schlechte
Forschung am Menschen per se als unethisch zu werten ist [15].
Die meisten statistischen Design-
und Analysemethoden für klinische Studien wurden für
Studienpopulationen von mindestens mehreren hundert Patienten entwickelt und
evaluiert. Diese Methoden sind aber nicht unbedingt geeignet, um Therapien zu
beurteilen, wenn die Stichprobengröße – wie z. B. bei
seltenen Erkrankungen naturgemäß – klein ist. Ein
spezifischer Grenzwert („Cut off“) für die
Stichprobengröße, bei der Standardmethoden nicht mehr als
adäquat betrachtet werden können, ist nicht genau bekannt. Daher
werden in gegenwärtigen Untersuchungen statistische Methoden evaluiert,
um eine hohe Aussagefähigkeit auch bei kleinen Studienpopulationen zu
gewährleisten.
Zu diesen Methoden gehört z. B. die
Aufnahme multipler bzw. zusammengesetzter Endpunkte („Composite
Endpoints“) für Schlussfolgerungen zu Therapieeffekten.
Die Kombination von Behandlungseffekten aus verschiedenen Endpunkten kann die
statistische Power der biometrischen Tests verbessern [16]
[17].
Eine weitere Möglichkeit, den im Kontext seltener
Erkrankungen naturgemäßen Problemen randomisierter klinischer
Studien, die immer noch den Goldstandard der klinischen Forschung darstellen, zu
begegnen, sind „Real World Evidence“ (RWE)-Studien. Reale
Evidenz in der Medizin bedeutet Evidenz aus Beobachtungsdaten, die
außerhalb des Kontextes randomisierter kontrollierter Studien,
während der routinemäßigen klinischen Praxis gewonnen
werden. Die Analyse von „Real Word“-Daten können die
Nutzenbewertung von Arzneimitteln auch im Kontext seltener Erkrankungen
unterstützen. Die durch fortschreitende Digitalisierungsprozesse
verbesserte Datenverfügbarkeit [18]
[19] lässt erwarten,
dass „Real Word Evidence“ zukünftig eine zunehmende
Rolle auch bei der Entwicklung, der Nutzenbewertung und bei den regulatorischen
Prozessen (Zulassung) von Therapien für seltene Erkrankungen spielen
wird [20]
[21]
[22]
[23].
Auch wenn die üblichen Richtlinien für die
Durchführung klinischer Studien (z. B. ICH Guidelines) auch
für klinische Studien bei seltenen Erkrankungen gelten, haben die
Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) und der Ausschuss
für Humanarzneimittel (Committee for Medicinal Products for Human Use,
CHMP) spezielle Richtlinien für die Durchführung klinischer
Studien in kleinen Studienpopulationen entwickelt und veröffentlicht:
EMA/CHMP guideline on clinical trials in small
populations
[24].
Auch das
„Internationale Konsortium zur Erforschung seltener
Erkrankungen“ („International Rare Diseases Research
Consortium“, IRDiRC) hat mit einer Task Force für
klinische Studien bei kleinen Populationen („Small Population
Clinical Trials Task Force”, SPCT) entsprechende Empfehlungen
herausgegeben [25]
[26].
6. Ethische Aspekte
Legt man
die 4 medizinethischen Grundprinzipien von Beauchamp und Childress [27] zugrunde, dann müssen auch im
Rahmen der Entscheidungsfindung und Gewichtung im Kontext seltener Erkrankungen
das Recht auf Selbstbestimmung der Patienten (Prinzip der Autonomie), das
Prinzip der Schadensvermeidung (Non-Malefizienz, „primum non
nocere“), das Prinzip der Fürsorge (Hilfeleistung, Benefizienz)
und das Prinzip der Gerechtigkeit betrachtet werden.
Die Entscheidung, wie
viel eine Gesellschaft für die Erforschung seltener Erkrankungen und
ihrer Therapie ausgeben sollte, stellt ein moralisches Dilemma dar. Einerseits
betreffen diese definitionsgemäß zahlenmäßig nur
einen geringen Teil der Individuen einer Gesellschaft. Von einem
utilitaristischen Standpunkt aus wäre die Allokation erheblicher
Ressourcen für seltene Erkrankungen moralisch falsch, da sie den
aggregierten Gesamtnutzen, d. h. die Summe des Wohlergehens aller
Individuen einer Gesellschaft, nicht maximiert. Andererseits wird es auch als
moralische Verpflichtung der Gesellschaft angesehen, diejenigen, die
unglücklicherweise von einer seltenen Erkrankung betroffen sind,
für die es bisher keine Heilung gibt, nicht im Stich zu lassen. Zudem
hat Medizin an sich die professionelle Verpflichtung zu wissenschaftlichem
Fortschritt, d. h. das Wissen um die Krankheiten und deren Therapie zu
mehren. Die verschiedenen Prinzipien kommen daher – auch je nach dem,
von welchem Standpunkt aus sie betrachtet werden – bezüglich der
”Gerechtigkeit“ in Widerspruch zueinander [28].
Als jüngstes Beispiel mag
die Diskussion um das bisher teuerste Medikament der Welt – Zolgensma
(Onasemnogene Abeparvovec) – des Schweizer Pharmakonzerns Norvatis
gelten. Die Gentherapie Zolgensma bremst den Muskelschwund bei schwerer spinaler
Muskelatrophie SMA1. Ursache der spinalen Muskelatrophie ist ein erblicher
homozygoter Defekt im SMN1-Gen. Durch die Gentherapie mittels eines adenoviralen
Vektors wird mit Zolgensma eine funktionsfähige Variante des Gens SMN1
in die Motoneuronen des Rückenmarks integriert, die das Gen SMN1
für ihr Überleben und das Aufrechterhalten ihrer Funktion
benötigen. Die Erkenntnisse über den Nutzen von Zolgensma
basieren v. a. auf einer kleinen Studie mit 12 Kindern, von denen die Mehrheit
die Kopfkontrolle erlangten und 2/3 selbständig sitzen konnten;
24 Monate nach der Behandlung waren alle noch am Leben [29]. Im Jahr 2020 hat die Europäische
Arzneimittelbehörde (EMA) die Zulassung für das Medikament
erteilt. Die einmalige Gentherapie soll circa 2 Mio. Euro kosten, wobei die
durchaus umstrittene Art der Preisbildung als „value-based
pricing“ bezeichnet wird, da einmalige, an der genetischen Ursache
ansetzende Therapien nach Argumentation der Hersteller eine andere
Betrachtungsweise als chronische Therapien erfordern. In Deutschland wird die
Gentherapie in den kommenden Monaten den erforderlichen Nutzenbewertungsprozess
nach dem Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes
(Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz, AMNOG) durchlaufen. Von besonderer
medizinethischer, politischer und medizin-ökonomischer Bedeutung ist die
Tatsache, dass das Medikament ursprünglich in gemeinnützigen und
spendenfinanzierten Laboren in den USA und Frankreich entstanden ist [30].
Der utilitaristische
Standpunkt im Sinne der Maximierung des Gemeinwohls bildet die Grundlage
einer ökonomischen Evaluation zur Priorisierung in der
Gesundheitspolitik. Allerdings gibt es keinen vollständigen Konsens
darüber, welche Werte „maximiert“ werden sollen. Ein
übliches Maß sind hier die sogenannten „verlorenen
gesunden Lebensjahre“ (behinderungs- bzw. krankheitskorrigierte
Lebensjahre; englisch: „disability-adjusted life years“ oder
„disease-adjusted life years“, DALY). Das DALY-Konzept wurde
erstmals im Weltentwicklungsbericht 1993 von der Weltbank präsentiert.
Mit diesem Konzept soll die Bedeutung verschiedener Krankheiten auf die
Gesellschaft einschließlich der Effizienz von Interventionen (Vorbeugung
und Behandlung) als „Geldeinheit pro gewonnenes DALY“ messbar
werden [31].
Neben dem
Maximierungs-Prinzip gibt es dabei auch das Bedürftigkeits- und das
Egalitätsprinzip. Außerdem muss berücksichtigt werden,
dass die einzelnen seltenen Erkrankungen per Definition nicht häufig
vorkommen, die Gesamtheit der seltenen Erkrankungen aber relativ hoch ist. Daher
formulieren Gericke und Ko-Autoren 2 wesentliche Fragen [28]:
1.Welcher Umfang von Ressourcen
sollte der Erforschung seltener Erkrankungen und ihrer Therapien zugeordnet
werden?
2. Welcher Umfang von Ressourcen sollte jeder einzelnen seltenen Erkrankungen
zugeordnet werden?
Weitere Probleme bei der Ressourcenallokation für Forschungszwecke entstehen
im Zusammenhang mit einer ökonomischen Beurteilung aus der extremen
Unsicherheit des Erfolgs bzw. Nutzens. Der minimale Markt, um das Interesse der
Industrie an der Entwicklung eines „Orphan Drugs“ zu wecken, wird
mit 100 Mio. US Dollar eingeschätzt [32],
liegt aber wahrscheinlich viel höher.
Neben dem utilitaristischen Standpunkt besteht der z. B. auch in der Charta
der Grundrechte der EU verankerte rechtliche Anspruch auf einen Zugang zur
medizinischen Versorgung und das Recht auf medizinische Leistung unter den
jeweiligen nationalen Gesetzen. Allerdings betrifft dies im engeren Sinne nicht das
Recht bzw. den Anspruch auf Forschungsförderung für bisher
nicht-existierende Therapien [28].
Im Bereich des Prinzips der Fürsorge (Hilfeleistung, Benefizienz)
gelten für die Akteure sowohl die Erfordernisse der
Zurverfügungstellung als auch die Abwägung und das Balancieren von
Leistung, Risiko und Kosten.
Das Konzept der Nichtaufgabe bzw. des Nicht-im-Stich-Lassens (non-abandonment)
trifft auch für den Bereich der seltenen Erkrankungen zu, da sie –
zumindest ohne künstliche staatliche Anreizsysteme – aufgrund
fehlender oder nur geringer Marktanreize von Forschung und Entwicklung
vernachlässigt werden. Die entsprechenden, in diesem Artikel beschriebenen
politischen und gesellschaftlichen Anstrengungen auf verschiedenen Ebenen, die alle
darauf abzielen, das Wissen um seltene Krankheiten zu erweitern und die Diagnose,
Versorgung und Behandlung von Patienten mit seltenen Krankheiten zu verbessern, sind
im Kontext des „non-abandonment“ zu bewerten.
Die verschiedenen moralischen Verpflichtungen verlangen nach einer (finanziellen)
Unterstützung der Erforschung seltener Erkrankungen und ihrer Therapie
einschließlich der Entwicklung von Orphan Drugs auf unterschiedlichen Ebenen
[28].
Dass die bisherigen politischen und gesellschaftlichen Aktivitäten wirksam
waren, lässt sich unzweifelhaft an der seit ihrer Einführung
deutlich gewachsenen Anzahl an zugelassenen Medikamenten zur Behandlung seltener
Erkrankungen ablesen [7].
Dennoch bleiben viele ethische Aspekte und Herausforderungen im Bereich seltener
Erkrankungen ungelöst, die z. T. auch auf unterschiedlichen Normen und
Regeln in verschiedenen Ländern beruhen. Diese betreffen insbesondere auch
internationale (mit Ausnahme sehr positiver Ansatzpunkte in der Europäischen
Union) und gobale Herangehensweisen. Eine wichtige Rolle für die Gewichtung
und Lösung ethischer Dilemmata sowie für die faire
Ressourcenverteilung nimmt auch die Zusammensetzung der Entscheidungsgremien ein
[33]. Auch aufgrund der Fortschritte in der
DNA-Sequenzierung, aktueller Entwicklungen in der Genom-Editierung (Genome Editing
oder Genomchirurgie), z. B. mittels der CRISPR/Cas-Methode sowie der
in vivo-Gentherapie mittels adenoviraler Vektoren, werden die medizinethischen
Herausforderungen auch im Bereich seltener Erkrankungen zukünftig weiter
wachsen [34]
[35]
[36]
[37].
7. Juristische Aspekte und ambulante spezialfachärztliche
Versorgung[1]
7. Juristische Aspekte und ambulante spezialfachärztliche
Versorgung[1]
Zum Thema „seltene Erkrankungen“ ist wenig juristisch geregelt.
Lediglich in § 116b Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB V – im Rahmen der
Regelung zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung –
werden seltene Erkrankungen explizit genannt. Da die Definition für
Seltene Erkrankungen nur auf die Prävalenz abstellt, besteht keine
Einschränkung auf schwere Verlaufsformen. Daher sind auch
Verdachtsdiagnosen ausreichend für den Zugang zu einer
spezialfachärztlichen Behandlung [38].
Relevant werden seltene Erkrankungen außerdem beim sogenannten
Off-Label-Use, d. h. bei einer Anwendung von Arzneimitteln in
Indikationsgebieten, auf die sich die Zulassung nicht bezieht. Eine solche
Anwendung ist – jedenfalls im Rahmen der gesetzlichen
Krankenversicherung – nur in Ausnahmefällen zulässig.
Das Vorliegen einer extrem seltenen, nicht systematisch erforschbaren Erkrankung
stellt einen solchen Ausnahmefall dar (ständige Rechtsprechung des BSG,
vgl. BSG, Urt. v. 19.3.2002 – B 1 KR 37/00 R, NJW 2003, 460).
Siehe dazu außerdem den sogenannten „Nikolaus-Beschluss“
des Bundesverfassungsgerichts. Hier heißt es im Leitsatz: „Es
ist mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem
Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, einen
gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder
regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein
anerkannte, dem medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur
Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten,
ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine
spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht“.
(BVerfG, Beschl. v. 6.12.2005–1 BvR 347/98, NJW 2006, 891).
Diesen Vorgaben entsprechend ordnet auch § 31 Abs. 1 S. 4 SGB V an, dass
der Vertragsarzt Arzneimittel, die eigentlich von der Versorgung ausgeschlossen
sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen
verordnen kann [39]
[40].
Weiterhin stellt sich die Frage nach der Haftung bei Nichterkennen einer
seltenen Erkrankung. Hierzu hat die Rechtsprechung entschieden, dass ein
(Krankenhaus-)Arzt für Diagnosefehler bei Erkrankungen, die im Alltag
eines durchschnittlichen Krankenhauses praktisch nicht anzutreffen sind, nicht
haftet (OLG Koblenz, Beschl. v. 27.1.2014–5 U 1383/13, MedR
2015, 38 ff.).
8. Nationales Aktionsbündnis für Menschen mit seltenen
Erkrankungen (NAMSE)
8. Nationales Aktionsbündnis für Menschen mit seltenen
Erkrankungen (NAMSE)
Das Nationale Aktionsbündnis für Menschen mit seltenen
Erkrankungen (NAMSE) wurde im Jahr 2010 als Zusammenschluss zwischen dem
Bundesministerium für Gesundheit (BMG), dem Bundesministerium
für Bildung und Forschung (BMBF) und ACHSE e.V. (Allianz Chronischer
seltener Erkrankungen) mit 25 Bündnispartnern (ausschließlich
Spitzen- und Dachverbände der wesentlichen Akteure im Gesundheitswesen)
durch die Annahme einer gemeinsamen Erklärung als Koordinierungs- und
Kommunikationsgremium gründet, mit dem Ziel, auf der Grundlage bereits
bestehender Strukturen und europäischer Erfahrungen eine bessere
Patientenversorgung für Menschen mit seltenen Erkrankungen auf den Weg
zu bringen. Dazu bündelt es bestehende Initiativen, vernetzt Forscher
und Ärzte und führt Informationen für Ärzte und
Patienten zusammen (nach: www.namse.de).
Seit 2011 beteiligt sich auch das Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) mit seiner Förderung nationaler Verbünde
für seltene Erkrankungen an dem „International Rare Diseases
Research Consortium (IRDiRC)“, welches von der EU-Kommission und
dem US National Institute of Health (NIH) gegründet wurde. Mehr als 50
internationale Partner – darunter Forschungsförderer wie das
BMBF, Patientenverbände und Industriepartner – beteiligen sich
an dem IRDiRC-Konsortium.
Im gleichen Jahr wurde mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) unter der
Bezeichnung „Ambulante spezialfachärztliche
Versorgung“ (ASV) im § 116b SGB V ein neuer
Versorgungsbereich geschaffen, in dem Vertragsärzte und
Krankenhausambulanzen nach einheitlichen Rechtsvorschriften Patienten versorgen.
Um für Betroffene und ihre Angehörigen sowie für
medizinisches, therapeutisches und pflegerisches Personal Wissen zu seltenen
Erkrankungen qualitätsgesichert bereitzustellen, wurde im Jahr 2014
das zentrale Informationsportal seltene Erkrankungen ZIPSE
(www.portal-se.de) aufgebaut. Dieses stellt selbst keine
Primärinformationen bereit, sondern verweist auf bereits existierende,
qualitätsgesicherte Angebote über seltene Erkrankungen wie
Orphanet Deutschland, Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE),
SE-Atlas oder Zentren für seltene Erkrankungen.
Der Nationale Aktionsplan mit 52 Maßnahmenvorschlägen, um das
zukünftige Handeln des deutschen Gesundheits- und Sozialsystems im
Kontext von seltenen Erkrankungen zu koordinieren und zu organisieren, wurde von
den Bündnispartnern des NAMSE im Jahr 2013 veröffentlicht. Er
beschreibt auch ein 3-stufiges Zentrenmodell. Die Kriterien für
Typ-A-Zentren (Referenzzentren) und Typ-B-Zentren (Fachzentren) wurden durch
eine Arbeitsgruppe des NAMSE konkretisiert und operationalisiert und nach
Zustimmung durch die Bündnispartner 2014 veröffentlicht.
Ein Bestandteil des Nationale Aktionsbündnis für Menschen mit
seltenen Erkrankungen (NAMSE) ist das Projekt OSSE
(Open-Source-Registersystem für seltene Erkrankungen /
Open Source Registry System for Rare Diseases), gefördert vom
Bundesministerium für Gesundheit.
Ziel des Projekts ist es, mittels OSSE Patientenvereinigungen, Klinikern,
Forschern und anderen Beteiligten mithilfe einer Open-Source-Software den Aufbau
von Patientenregistern zu ermöglichen. Dies soll zu einer
Stärkung der nationalen Registerlandschaft führen. Dabei wurde
im Rahmen von OSSE ein Minimaldatensatz entwickelt, welcher inzwischen durch
eine Version von Seiten der EU abgelöst worden ist. Dieser sollte von
allen teilnehmenden Registern abgedeckt werden, um die Auffindbarkeit von und
den Austausch mit Registern zu ermöglichen und zu fördern
(www.osse-register.de).
Seit 2009 haben sich deutschlandweit an Universitätskliniken Zentren
konstituiert (Zentren für seltene Erkrankungen, ZSE), die sich
der Versorgung von Patienten mit seltenen Erkrankungen verschrieben haben. Eine
Maßnahme aufgrund des Nationalen Aktionsplans für Menschen mit
Seltenen Erkrankungen NAMSE ist die Zurverfügungstellung des
Versorgungsatlas für Menschen mit seltenen Erkrankungen
(se-atlas). Auf diesem Internetportal können sich Betroffene,
Angehörige und Ärzte, aber auch nicht-medizinisches Personal und
die breite Öffentlichkeit einen umfassenden Überblick
über Versorgungsmöglichkeiten und Selbsthilfeorganisationen
für Menschen mit seltenen Erkrankungen in Deutschland verschaffen. Hier
werden Links zur Verfügung gestellt für
-
Zentren für seltene Erkrankungen (ZSE) in Deutschland,
-
eine Übersicht der übergeordneten Einrichtungen,
-
eine Übersicht zertifizierter Einrichtungen und
-
eine Übersicht über Europäische Referenznetzwerke
(ERN), (www.se-atlas.de).
Für die Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie ist unter
anderem von Bedeutung das Europäische Referenznetzwerk für
kraniofaziale Anomalien und Ohren-, Nasen-, Halsstörungen
(https://ern-cranio.eu/).
Das Thema der seltenen Erkrankungen wurde auch im Nationalen kompetenzbasierten
Lernzielkatalog Medizin (NKLM) und Zahnmedizin (NKLZ), in der neuen
Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO), im
GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) bezüglich der
Weiterentwicklung der Ermächtigungsregelung für
Hochschulambulanzen (§ 117 SGB V) und im Krankenhausstruktur-Gesetz
(KHSG) mit Berücksichtigung von besonderen Zentrumsaufgaben für
Krankhäuser aufgrund von besonderen Vorhaltungen berücksichtigt.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat beschlossen, dass die besonderen
Aufgaben über Zentrumszuschläge zu finanzieren sind, da es sich
um Leistungen für Patientinnen und Patienten anderer
Krankenhäuser handelt (z. B. interdisziplinäre
Fallkonferenzen) oder um übergreifende Aufgaben (z. B.
Registerführung und -auswertung). Bereits im Jahr 2016 wurde die
„Hochdurchsatzsequenzierung“ unter anderem zur Diagnostik von
Seltenen Erkrankungen in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM)
aufgenommen. Mit dem Musterdatensatz 2020 hat das DIMDI standardisierte Kodes
für die Kodierung von seltenen Erkrankungen veröffentlicht.
Diese enthalten neben dem Alpha-ID-Kode und dem ICD-10-GM-Kode auch die
sogenannte Orpha-Kennnummer aus Orphanet. Im letzten Jahr hat das BfArM die
Alpha-ID-SE Version 2021 veröffentlicht, die für einen
großen Teil der Einträge zu seltenen Erkrankungen
zusätzlich die jeweilige Orpha-Kennnummer, die aus der Datenbank
„Orphanet“ für seltene Erkrankungen stammt,
enthält. Die Version 2021 enthält 8043 Diagnosenbezeichnungen
mit Orpha-Kennnummer.
Ein weiteres als Teil des Nationalen Aktionsplans für Menschen mit
seltenen Erkrankungen (NAMSE) vom Bundesministerium für Gesundheit ins
Leben gerufenes Projekt ist das Zentrale Informationsportal über seltene
Erkrankungen (ZIPSE). Das Projekt wurde Ende 2019 von der Stiftung
Gesundheitswissen übernommen. „…Hier finden Betroffene
und Angehörige eine Übersicht medizinischer, therapeutischer und
pflegerischer Leistungserbringer im Bereich seltener Erkrankungen. Dabei werden
Informationen, insbesondere zu Diagnostik, Therapie, Selbsthilfe,
Versorgungseinrichtungen, Forschung und Registern anhand spezifischer Kriterien
qualitätsgesichert gebündelt. Zudem finden sich auf diesem
Portal Ansprechpartner und Informationsmöglichkeiten zu sozial- und
leistungsrechtlichen Fragen. Das ZIPSE-Informationsportal versteht sich als
Wegweiser und verweist auf qualitätsgesicherte Informationsquellen im
Netz….“ (zitiert aus:
https://www.portal-se.de/ziele).
9. Allianz Chronischer seltener Erkrankungen – ACHSE e.V
9. Allianz Chronischer seltener Erkrankungen – ACHSE e.V
Die ACHSE e.V. ist ein Netzwerk von Selbsthilfeorganisationen. Sie „tritt
als Sprachrohr, Multiplikator und Vermittler auf. Sie sensibilisiert für
die Belange von Menschen mit seltenen Erkrankungen und ihre spezifischen
Probleme. Sie fördert das Wissen über diese Erkrankungen in der
Bevölkerung, bei Interessenvertretern, aber auch bei Ärzten und
Therapeuten“.
Zu den Aufgabenbereichen der ACHSE zählen: Betroffene und
Angehörige zu unterstützen, Ärzte und Therapeuten zu
vernetzen, Forschungsförderung anzuregen, die Öffentlichkeit zu
sensibilisieren, politische Interessen zu vertreten und das Informations- und
Wissensmanagement zu verbessern (zitiert nach: www.achse-online.de).
ACHSE e.V. beteiligt sich u. a. auch am jährlichen
„Rare Disease Day“, dem internationalen Tag der
seltenen Erkrankungen am letzten Tag im Februar (www.rarediseaseday.org). Diese
Kampagne richtet sich primär an die allgemeine Öffentlichkeit,
Politiker und Gesundheitspolitker, Repräsentanten der Industrie,
Forschende, Therapeuten und alle Interessierten an seltenen Erkrankungen.
10. Forschung und Forschungsförderung
10. Forschung und Forschungsförderung
Durch die Erforschung seltener Erkrankungen können grundlegende
biomedizinische Zusammenhänge erforscht und aufgedeckt werden, deren
Verständnis auch für die Aufklärung von Ursachen
häufiger Erkrankungen essentiell ist.
Bereits im Jahr 1657 schrieb William Harvey that „…Nature is
nowhere accustomed more openly to display her secret mysteries than in cases
where she shows traces of her workings apart from the beaten path; nor is
there any better way to advance the proper practice of medicine than to give
our minds to the discovery of the usual law of Nature by careful
investigation of cases of rarer forms of disease….“
[41]. Forscher, Pharmaunternehmen und Investoren
haben erkannt, dass die wissenschaftlichen Einblicke und Erkenntnisse bei der
Erforschung seltener Erkrankungen sich auch mit Hinblick auf die
häufigeren Krankheiten und das Wissen um deren Krankheitsmechanismen und
Therapien auszahlen. Der hauptsächliche Grund dafür ist, dass
viele seltene Erkrankungen Resultate einzelner Genveränderungen sind,
die es Wissenschaftlern ermöglichen, die Folgen der Gendefekte wie in
einem gut kontrollierten Experiment zu beobachten. Ein gutes Beispiel ist die
Erforschung der familiären Hypercholesterinämie, die zur
Entwicklung der Statine führte (nach: [28]).
Circa die Hälfte der in Deutschland über verschiedenste
Förderinstitutionen geförderten Projekte aus dem Bereich
seltener Erkrankungen beschäftigt sich mit seltenen Krebserkrankungen.
An zweiter Stelle stehen seltene genetische Erkrankungen. Umfassende Angaben
dazu, wie viele Mittel überhaupt in Deutschland in die Erforschung
seltener Erkrankungen fließen und auch eine systematische Erfassung
aller Forschungsaktivitäten existiert derzeit nicht.
Für die klinische, patientenorientierte Erforschung seltener Erkrankungen
besonders wichtig ist, in vernetzten überregionalen oder internationalen
Strukturen zu arbeiten. Dabei nehmen Krankheitsregister eine zentrale
Rolle ein. Diese können unter Berücksichtigung klarer
Qualitätskriterien bezüglich Vollständigkeit und
Vollzähligkeit als Basis für die Generierung von Evidenz durch
hochwertige, klinische, v. a. nicht randomisierte Studien dienen.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
fördert seit 2003 nationale Forschungsverbünde für
seltene Erkrankungen. Im Vordergrund der Arbeit der Forschungsverbünde
steht die Aufklärung von Krankheitsursachen sowie Diagnose- und
Therapieforschung. Diese decken ein breites Spektrum von seltenen Erkrankungen
ab: Immunologie, Entwicklungsstörungen, Nierenerkrankungen, Erkrankungen
des Nervensystems und Stoffwechselerkrankungen. Die Zielsetzung der
geförderten Vorhaben ist insgesamt auf Translation ausgerichtet. Im
Februar 2018 veröffentlichte das BMBF erneut eine Richtlinie zur
Förderung translationsorientierter Verbundvorhaben im Bereich der
seltenen Erkrankungen.
„Das BMBF und die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG beteiligen
sich am European Joint Programmes on Rare Diseases (EJP RD). In diesem
Programm arbeiten mit finanzieller Unterstützung der EU 130
Institutionen aus 35 Ländern von 2019 bis 2024 zur Schaffung eines
umfassenden, nachhaltigen Forschungs-Ökosystems zusammen, das eine
verbesserte Koordination und Rückkopplung zwischen Forschung,
Krankenversorgung und medizinischer Innovation ermöglichen soll. Neben
dem koordinierten Zugang zu Daten, Trainingsaktivitäten und der
Beschleunigung von Translation ist die internationale
Forschungsförderung ein wichtiger Bestandteil dieses Programms. Diese
beinhaltet die Förderung von Vernetzungstreffen zum Wissensaustausch,
der Kooperation von Industrie und Akademia zur Lösung spezifischer
Forschungs-Herausforderungen sowie von transnationalen
Forschungsverbünden. Bei letzteren bauen die beteiligten 31
Forschungsförderer aus 23 Ländern ihre in
„E-Rare“ begonnenen gemeinsamen Aktivitäten aus. BMBF
und DFG beteiligten sich an den ersten beiden Bekanntmachungen 2019 und 2020.
Darüber hinaus sind 2 weitere Bekanntmachungen geplant (zitiert nach:
www.namse.de)“.
Der Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) wird im
laufenden Jahr Leitlinienprojekte zu seltenen Erkrankungen fördern. Die
Förderung erfolgt dabei über 2 Kanäle: Zum einen
fördert der Innovationsfonds die Erstellung oder Aktualisierung
kompletter Leitlinien, zum anderen werden bei einzelnen klinisch relevanten
Fragestellungen in Leitlinien auch Evidenzrecherchen des Institutes für
Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Medizin (IQWiG)
unterstützt.
Das „Internationale Konsortium zur Erforschung seltener
Erkrankungen“ („International Rare Diseases Research
Consortium“, IRDiRC) vereint staatliche und gemeinnützige
Organisationen, pharmazeutische und biotechnologische Unternehmen sowie
Dachorganisationen für Patienteninteressen und Wissenschaftler mit dem
Ziel, die Erforschung seltener Erkrankungen weltweit voranzutreiben. Im Jahr
2017 hat das IRDiRC eine Vision für die Erforschung seltener
Erkrankungen formuliert: Bis zum Jahr 2027 sollen alle Patientinnen und
Patienten, die an einer bekannten seltenen Erkrankung leiden, innerhalb eines
Jahres nach der ersten ärztlichen Behandlung eine genaue Diagnose,
Versorgung und verfügbare Therapie erhalten. Darüber hinaus
sollen 1000 neue Therapieansätze zugelassen werden –
insbesondere für jene seltenen Erkrankungen, für die bis heute
Behandlungsoptionen fehlen [42].
Desweiteren stellen auch verschiedene Stiftungen Fördermittel zur
Erforschung seltener Erkrankugen bereit. Als Besipiel sei hier die Eva Luise
und Horst Köhler Stiftung für Menschen mit Seltenen
Erkrankungen (www.elhks.de) genannt, welche sich durch gezielte
Forschungsförderung für eine bessere medizinische Versorgung von
Menschen mit seltenen Erkrankungen einsetzt. Die Stiftung adressiert v. a.
wesentliche Herausforderungen in den Bereichen neuer Zugänge zu
qualitätsgesicherter, insbesondere molekulargenetischer Diagnostik, der
Beschleunigung der Entwicklung spezifischer Therapien und den Ausbau von
Experten-Netzwerken. Der jährlich vergebene Eva Luise Köhler
Forschungspreis gehört mittlerweile zu den etabliertesten Auszeichnungen
in diesem Forschungsbereich.
11. Fazit
Seltene Erkrankungen stellen besondere Herausforderungen an die Bereiche der
Diagnostik, der präklinischen und klinischen Forschung, des
interdisziplinären und multiprofessionellen Managements sowie der
adäquaten Finanzierung einschließlich der Abrechnung und Kodierung
sowie an regulatorische Aspekte. Sie führen zu besonderen Anforderungen an
das Arzt-Patienten-Verhältnis, an die Nachsorge und die Kommunikation mit
den mitbehandelnden Ärzten. Seltene Erkrankungen stellen außerdem
eine medizinethische Herausforderung dar, insbesondere, wenn es um die Frage der
Allokation in der Versorgung und der Erforschung geht. Von großer Bedeutung
sind das Informationsmanagement und die Öffentlichkeitsarbeit, aber auch
Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie bewusste Forschungsförderung
einschließlich der nationalen und internationalen Vernetzung, die Schaffung
und Pflege von Registern und die klinische Zentrenbildung. Eine wichtige Rolle
spielt die Selbsthilfe für Betroffene und Angehörige. Patienten und
Angehörige sind häufig Wissensträger auf dem Gebiet ihrer
jeweiligen Erkrankung und können helfen, dieses Wissens mit der Expertise
der Leistungsträger zu verknüpfen.
Durch die politisch, akademisch und die Selbsthilfe gesteuerten Aktivitäten
wurden in den letzten Jahren unter Beteiligung der verschiedenen Interessengruppen
(Stakeholder) mit Blick auf die vielfältigen Herausforderungen gute Erfolge
erzielt. Viele Herausforderungen bleiben jedoch bestehen und verlangen unsere
besondere Aufmerksamkeit und unser besonderes Engagement, damit ohne
unnötigen Zeitverzug seltene Erkrankungen diagnostiziert werden und
Patienten Zugang zu einer adäquaten Behandlung an geeigneten Zentren
erhalten.