Handchir Mikrochir Plast Chir 2022; 54(01): 51-57
DOI: 10.1055/a-1394-6245
Originalarbeit

Die Korrekturosteotomie an der Basis des ersten Mittelhandknochens nach in Fehlstellung konsolidierter Fraktur

Corrective Osteotomy of malunited Fractures of the Base of the first Metacarpal Bone
Daniel Vergote
Universitätsklinikum Ulm; Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie
,
Martin Mentzel
Universitätsklinikum Ulm; Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie
,
Richard Tobias Moeller
Universitätsklinikum Ulm; Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie
,
Simon Bauknecht
Universitätsklinikum Ulm; Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Ziel In dieser Studie werden Ergebnisse nach Korrekturosteotomie an der Basis des ersten Mittelhandknochens vorgestellt.

Patienten und Methoden Das Kollektiv umfasst 24 Patienten. Neunzehnmal bestand eine Fehlstellung nach Bennett-Fraktur, 3-mal nach Rolando-Fraktur und 2-mal nach Winterstein-Fraktur. Zum Zeitpunkt der Korrekturosteotomie lag das Trauma im Mittel 16 (4–66) Wochen zurück. Bei den Bennett- und Rolando-Frakturen bestanden Gelenkstufen im Mittel von 2,3 (0–4) mm und Spaltbildungen in der Basisgelenkfläche des ersten Mittelhandknochens zwischen 0,9 und 5,4 mm. Sechzehnmal bestand eine Subluxation. Bei den Rolando- und Winterstein-Frakturen lagen Achsabweichungen zwischen 31° und 57° vor. Zwei Rolando-Frakturen zeigten Stufen in der Gelenkfläche von einem, respektive 3 Millimetern. Zehnmal erfolgte eine Schraubenosteosynthese, 13-mal eine Kirschnerdrahtosteosynthese, einmal wurde kombiniert vorgegangen. Einmal wurde eine aufrichtende Osteotomie mit einer Plattenosteosynthese durchgeführt.

Ergebnisse Durch die Korrekturosteotomie ließ sich bei den Patienten mit Bennett-Fraktur die radiale Abduktion von im Mittel von 37° auf 49° und die palmare Abduktion im Mittel von 37° auf 47° verbessern. Dreizehn Patienten wiesen postoperativ eine vollständig kongruente Gelenkfläche auf. Sechsmal verblieb eine Gelenkstufe zwischen 0,5 und 2,2 mm. Einmal konnte die Subluxation nicht ganz ausgeglichen werden. Zweimal wurde aufgrund der verbliebenen Gelenkstufe und einer posttraumatischen Arthrose die Indikation zur Trapezektomie gestellt. Die Beweglichkeit nach Rolando- und Winterstein-Fraktur verbesserte sich im Mittel von 31° auf 41° für die radiale und von 32° auf 43° für die palmare Abduktion. Die Gelenkstufen und Subluxationen sowie 4 der 5 Achsabweichungen konnten vollständig ausgeglichen werden. Einmal verblieb eine Achsabweichung von 35°. Alle Patienten nahmen ihre berufliche Tätigkeit wieder auf.

Schlussfolgerung Die Daten zeigen, dass sich posttraumatische Fehlstellungen an der Basis des ersten Mittelhandknochens durch Korrekturosteotomien in Abwesenheit von degenerativen Veränderungen mit sehr gutem Ergebnis korrigieren lassen, wobei alle Rückzugsmöglichkeiten erhalten bleiben.


#

Abstract

Purpose In this study, the results after corrective osteotomy of the base of the first metacarpal bone are presented.

Patients and Methods There were 24 malunion following a fracture of the base of the first metacarpal, these included 19 Bennett’s fractures, 3 Rolando fractures, and 2 Winterstein fractures. The time between the corrective osteotomy and the initial trauma averaged 16 (range, 4 to 66) weeks. The Bennett and Rolando fractures had an average step-off of 2.3 (range, 0 to 4) mm, as well as gaps between 0.9 and 5.4 mm in the basal articular surface of the first metacarpal. There was a subluxation in 16 patients. Patients with Rolando or Winterstein fractures showed an axis deviation of the first metacarpal ranging from 31° to 57°. Two of the patients with Rolando fracture showed a step-off of the articular surface of 1 and 3 millimetres, respectively. Screw osteosynthesis was carried out 10 times, K-wire osteosynthesis 13 times, and once, both procedures were combined. One osteotomy was performed with use of a plate osteosynthesis.

Results The corrective osteotomy in patients with Bennett’s fracture improved the radial abduction on average from 37° to 49° and the palmar abduction on average from 37° to 47°. Thirteen patients presented a congruent articular surface postoperatively. A step-off in the articular surface between 0.5 and 2.2 millimetres remained in 6 cases. In one patient the subluxation could not be completely corrected. In two cases a trapezectomy was required due to the remaining displacement in the joint and a post-traumatic osteoarthritis. The mobility after Rolando and Winterstein fractures improved on average from 31° to 41° for radial abduction and from 32° to 43° for palmar abduction. Congruent joint surfaces as well as repositioning of the first metacarpal was seen in all patients, only one patient showed a persisting axis deviation of 35° postoperatively. All patients returned to work.

Conclusion The study shows that posttraumatic malunion of the base of the first metacarpal can be treated effectively by corrective osteotomy resulting in good outcomes, if degenerative changes have not occurred, while alternative treatment methods remain to be performed.


#

Einleitung

Die Frakturen der Basis des ersten Mittelhandknochens (MHK I) heilen unbehandelt aufgrund des Zugs der Sehne des M. abductor pollicis longus oft mit einer Fehlstellung aus. Bei den intraartikulären Formen, der Bennett- und der Rolando-Fraktur, resultiert eine Inkongruenz der Gelenkfläche, bei der extraartikulären Winterstein-Fraktur eine Achsabweichung. Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen mit Beeinträchtigung der primären Greifformen und posttraumatische Arthrosen sind die Folge. Da eine konservative Schienenbehandlung in der Regel nicht geeignet ist, eine befriedigende Reposition und Retention zu gewährleisten, besteht Einigkeit über die Indikation zur operativen Versorgung [1], [2], [3], [4]. Hin und wieder stellen sich Patienten mit derartigen Frakturen erst verspätet vor, ohne dass eine Behandlung stattgefunden hat. Nach Verstreichen der durchschnittlichen Heilungszeit der Fraktur von 4 bis 6 Wochen stellt sich die Frage nach dem Procedere. Das operative Risiko einer intraartikulären Korrekturosteotomie ist gegen die Nachteile einer Rettungsoperation abzuwägen.

In dieser Studie werden die Ergebnisse eines Patientenkollektivs mit Korrekturosteotomien an der Basis des ersten Mittelhandknochens vorgestellt.


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Patienten und Methoden

Zwischen 2009 und 2019 erfolgte bei 24 Patienten aufgrund einer in Fehlstellung verheilten Fraktur an der Basis des ersten Mittelhandknochens eine Korrekturosteotomie ([ Tab. 1 ]). Es handelte sich um 22 Männer und 2 Frauen mit einem Durchschnittsalter von 29 (12–69) Jahren, die über ein länger zurückliegendes Sturzereignis berichteten. Dreimal hatte bereits eine Behandlung der Verletzung stattgefunden. Einmal war eine Bennett-Fraktur 4 Wochen konservativ mit einer Schiene ruhiggestellt worden und mit einer Stufenbildung an der Gelenkfläche verheilt. Ein anderes Mal verharrte eine schraubenosteosynthetisch versorgte Rolando-Fraktur nach Ausriss der Schrauben in einer Fehlstellung. Einmal erfolgte zunächst eine K-Draht-Transfixation des MHK I gegen MHK II sowie des MHK I gegen das Os trapezium. Die übrigen Patienten waren von einer Zerrung oder Prellung ausgegangen und hatten sich direkt nach dem Unfallereignis keiner ärztlichen Behandlung unterzogen. Eine persistierende schmerzhafte Bewegungseinschränkung des Daumensattelgelenks war dann der Grund für die verspätete Vorstellung.

Tab. 1

Übersicht Patientenkollektiv.

Sex

Alter

Seite

Zeitraum bis OP

Diagnose

Nachuntersuchung

*1 Z. n. SOS in Fehlstellung

*2 Z. n. K-Draht Transfixation

*3 Z. n. konservativer Schienenruhigstellung

m/w

in Jahren

rechts/links

in Wochen

in Wochen

m

18

links

44

Bennett-Fraktur

68

m

24

rechts

66

Bennett-Fraktur

22

m

18

rechts

8

Bennett-Fraktur, mehrfragmentär

8

m

54

rechts

10

Bennett-Fraktur

91

m

47

rechts

4

Bennett-Fraktur

9

w

12

rechts

9

Bennett-Fraktur

108

m

16

links

9

Bennett-Fraktur, mehrfragmentär

25

m

27

rechts

6

Bennett-Fraktur

12

m

31

rechts

7

Bennett-Fraktur

6

m

23

links

4

Bennett-Fraktur

10

m

28

links

8

Rolando-Fraktur*1

24

w

69

links

7

Rolando-Fraktur

109

m

38

rechts

4

Rolando-Fraktur

14

m

13

rechts

4

Winterstein-Fraktur*3

9

m

53

rechts

65

Winterstein-Fraktur

25

m

21

links

17

Bennett-Fraktur

6

m

22

rechts

6

Bennett-Fraktur

58

m

22

rechts

6

Bennett-Fraktur

152

m

35

links

51

Bennett-Fraktur, mehrfragmentär

56

m

16

rechts

16

Bennett-Fraktur*2

92

m

32

links

6

Bennett-Fraktur

12

m

39

rechts

8

Bennett-Fraktur, mehrfragmentär

8

m

17

links

6

Bennett-Fraktur

12

m

18

rechts

4

Bennett-Fraktur

12

22 m/2w

28,8

15 re/9 li

15,6

39,5

Klinisch bestand ein druck- und bewegungsschmerzhaftes, meist auch subluxiertes Sattelgelenk mit Bewegungseinschränkung. Es wurden konventionelle Röntgenaufnahmen angefertigt und eine Dünnschicht-CT-Diagnostik durchgeführt. Zwischen Unfall und CT-Diagnostik vergingen im Schnitt 81 Tage. Neunzehnmal fand sich eine in Fehlstellung konsolidierte Bennett-Fraktur, 3-mal eine Fehlstellung nach Rolando- und 2-mal nach Winterstein-Fraktur. Bei einem Patienten lag bei 15 Monate zurückliegendem Trauma als Begleitverletzung eine Skaphoidpseudarthrose vor.

Die Analyse der CT-Bilder ergab für die 3 Frakturtypen charakteristische Fehlstellungsmuster, die sich teils unterschieden, aber auch Gemeinsamkeiten, verursacht durch den Zug der Sehne des M. abductor pollicis longus, aufwiesen. So wurden bei fehlverheilten Bennett-Frakturen zum einen Gelenkstufen, zum anderen Spaltbildungen beobachtet. Beiden Typen gemeinsam ist die Proximalisierung und Subluxation des Daumenstrahls. Als Übergangsform zur Rolando-Fraktur wurden 2-mal mehrfragmentäre Formen gesehen. Das CT-morphologische Erscheinungsbild nach Rolando-Fraktur richtet sich nach dem Ausmaß der frischen Verletzung. Die Gelenkfläche des ersten Mittelhandknochens kann sowohl Stufen als auch Spaltbildungen aufweisen. Wiederum kommt es durch den Zug der Abduktor-pollicis-longus-Sehne zur Proximalisierung und Subluxation des ersten Strahls, dessen Achse typischerweise in eine Flexionsfehlstellung abkippt. Gleiches gilt für eine in Fehlstellung verheilte Winterstein-Fraktur ([ Abb. 1 ]).

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Abb. 1 Schematische Darstellung der Fehlstellungstypen: a Bennett-Fraktur mit Stufenbildung, b Bennett-Fraktur mit großer Spaltbildung in der Gelenkfläche, c Rolando-Fraktur, d Winterstein-Fraktur.

Lagen keine degenerativen Veränderungen (Gelenkspaltverschmälerung, osteophytäre Anbauten, subchondrale Sklerosierung, Osteolysen) vor, wurde die Indikation zur Korrekturosteotomie gestellt. Zwischen Unfall und Korrekturosteotomie lagen im Mittel 16 (4–66) Wochen.

Die Korrektur erfolgte über einen dorsalen Zugang. Nach Eröffnung des Sattelgelenks, Mobilisation und Hinterfahren der Basis des ersten Mittelhandknochens mit Hohmannhebeln kann die Gelenkfläche der Basis des ersten Mittelhandknochens mit der ehemaligen Frakturzone gut eingesehen werden. Die Osteotomie erfolgt langsam mit Skalpell und Meißel unter direkter Sicht sowie unter Bildwandlerkontrolle. Ist das Bennettʼsche Fragment gelöst und mit einem kleinen Einzinkerhaken hinterfahren, wird unter Zug am Daumen reponiert. Die Retention wird je nach Größe des Fragments und Knochenqualität mit Kirschner-Drähten ([ Abb. 2 ]) oder Schrauben ([ Abb. 3 ]) vorgenommen. Zehnmal erfolgte eine Schraubenosteosynthese, einmal wurden Schrauben und Drähte kombiniert. Dreizehnmal wurde eine Fixation nur mit K-Drähten durchgeführt, wobei 4-mal eine Sattelgelenkstransfixation und einmal eine kombinierte Transfixation zwischen MHK I und II sowie dem Os trapezium erfolgte. Einmal erfolgte die Exzision eines sehr kleinen Bennettʼschen Fragments. Anschließend wurden die dorsalen Bänder genäht. Postoperativ wurde für 6 Wochen eine Daumenschiene getragen. Kirschnerdrähte wurden nach 6 Wochen entfernt. Eine physiotherapeutische Behandlung schloss sich an.

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Abb. 2 Patientenbeispiel 1: 16-jähriger Patient, Fahrradsturz vor 9 Wochen; verbliebene Fehlstellung mit erheblicher Spaltbildung in der Gelenkfläche und Subluxation (a). Stabilisation der Basis des ersten Mittelhandknochens nach Korrekturosteotomie mittels K-Draht-Osteosynthese (b), regelrechte postoperative Ausheilung (c–d).
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Abb. 3 Patientenbeispiel 2: 18-jähriger Patient, Fahrradsturz vor 44 Wochen. Ausheilung mit Stufenbildung und Subluxation des Daumenstrahles (a); Korrekturosteotomie mit Schraubenosteosynthese (b–c); Z. n. Metallentfernung 14 Monate postoperativ (d–e).

Präoperativ und bei der Nachuntersuchung nach durchschnittlich 40 (6–152) Wochen erfolgte eine klinische und radiologische Untersuchung. Dabei wurde die radiale und palmare Abduktion des Daumenstrahls im Sattelgelenk gemessen und die präoperativen Röntgen- und CT-Aufnahmen sowie postoperativen Röntgenaufnahmen ausgewertet. Bei der Auswertung der Computertomografien wurde die Breite des gelenktragenden Teils des Bennettʼschen Fragments prozentual in Relation zur Breite der Basis des ersten Mittelhandknochens gesetzt. Darüber hinaus wurden Gelenkstufen und Spaltbildungen der Gelenkfläche sowie Achsabweichungen gemessen und Subluxationen dokumentiert.

Die Darstellung der Daten erfolgt deskriptiv unter Angabe von Mittelwert, Minimum und Maximum.

Ein positives Votum der zuständigen Ethikkommission lag vor.


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Ergebnisse

Bei den 19 Patienten mit fehlverheilter Bennett-Fraktur betrug präoperativ die radiale Abduktion im Mittel 37 (10–80) Grad und die palmare Abduktion ebenfalls 37 (10–70) Grad ([ Tab. 2 ]). Sechzehnmal bestand eine Subluxation im Sattelgelenk. Die Größe des gelenktragenden Anteils des Bennettʼschen Fragments betrug im Mittel 5,9 (1,2–10,3) mm und belief sich im Mittel auf 43,9 (13–64) % der Breite der Basisgelenkfläche des ersten Mittelhandknochens. Im Mittel zeigten die CT-Bilder bei den Bennett-Frakturen eine Gelenkstufe von 2,3 (0–4) mm. Elfmal bestand bei den Bennett-Frakturen eine Spaltbildung im Mittel von 2,1 (0,9–5,6) mm.

Tab. 2

Prä- und postoperative Messwerte nach Bennett-Fraktur.

Bennett-Frakturen

Pat.

Rad. Abd.

Palm. Abd.

Fragmentgröße (mm)

Anteil Gelenkfläche (%)

Gelenklücke (mm)

Stufe (mm)

Subluxation

präoperativ

1

45

45

9,7

61

0

2,1

nein

2

40

40

10,3

64

0

3,4

ja

3

50

50

8,5

56

2,7

2,7

ja

4

35

35

5,9

36

0

0,7

ja

5

10

10

4

30

5,4

2,3

ja

6

25

35

2,4

24

3,9

0,9

ja

7

40

40

4,1

32

4,7

2,5

ja

8

30

30

3,1

30

0

1,4

ja

9

30

30

7

55

0

2,1

ja

10

20

20

8,7

61

0

2,4

ja

11

35

35

5,2

37

2,5

2,7

ja

12

35

35

5,3

36

0

2,7

nein

13

40

40

4,6

41

3,9

2,1

ja

14

30

40

6,9

44

1,4

3

ja

15

80

70

6,9

45

5,6

3,5

ja

16

35

35

8,9

62

0

4

ja

17

35

35

6,3

45

5,3

1

ja

18

50

40

1,2

13

0,9

0

nein

19

40

35

3,8

44

3,5

3,3

ja

Mittel

37,1

36,8

5,9

43,9

2,0

2,3

postoperativ

1

60

50

konsolidiert

entfällt

0

0

nein

2

50

50

konsolidiert

entfällt

0

0

nein

3

45

45

konsolidiert

entfällt

1,8

1

nein

4

50

50

konsolidiert

entfällt

0

0,5

ja

5

45

45

konsolidiert

entfällt

0

0

nein

6

50

50

konsolidiert

entfällt

0

0

nein

7

45

45

konsolidiert

entfällt

0

0

nein

8

40

40

konsolidiert

entfällt

0

0

nein

9

45

45

konsolidiert

entfällt

0

0

nein

10

45

45

konsolidiert

entfällt

0

0

nein

11

50

50

konsolidiert

entfällt

0

0

nein

12

35

40

konsolidiert

entfällt

0

0,5

nein

13

70

60

konsolidiert

entfällt

0

0

nein

14

30

30

konsolidiert

entfällt

0

0

nein

15

80

80

konsolidiert

entfällt

0

2,1

nein

16

45

45

konsolidiert

entfällt

0

2,2

nein

17

40

40

konsolidiert

entfällt

1,7

1

nein

18

45

40

konsolidiert

entfällt

0

0

nein

19

45

40

konsolidiert

entfällt

0

0

nein

48,7

46,8

alle konsolidiert

0,38

Präoperativ betrug bei den Patienten mit Rolando- und Winterstein-Frakturen die radiale Abduktion im Mittel 31° und die palmare Abduktion 32°. Es bestanden Achsabweichungen des ersten Mittelhandknochens. Diese beliefen sich bei den beiden Winterstein-Frakturen auf 45° respektive 57°, bei den 3 Rolando-Frakturen auf 31°, 32° und 39°. Bei den 3 Rolando-Frakturen bestand je einmal eine Gelenkstufe von einem und von 3 Millimetern. Einmal lag keine Gelenkstufe vor. Eine Patientin mit Rolando-Fraktur wies eine Spaltbildung in der Gelenkfläche von 4,4 Millimetern vor.

Der postoperative Verlauf gestaltete sich bei den 24 Patienten komplikationslos. Alle Osteotomien konsolidierten.

Bei den Patienten mit Bennett-Fraktur hatte sich bei Behandlungsabschluss die radiale Abduktion im Mittel auf 49 (30–80) Grad und die palmare im Mittel auf 47 (40–50) Grad verbessert. Bei 13 Patienten mit Bennett-Fraktur konnte die Gelenkstufe vollständig ausgeglichen werden. Sechsmal war eine Gelenkstufe im Mittel von 1,2 (0,5–2,2) mm verblieben. Die Spaltbildungen in der Gelenkfläche, die präoperativ bei 11 Patienten zu beobachten gewesen waren, konnten bei 9 Patienten geschlossen werden ([ Abb. 2 ] und [ Abb. 3 ]). Einmal verblieb ein Spalt von 1,7 mm und einmal eine von 1,8 mm ([ Tab. 2 ]).

Sechsmal bestand eine beginnende posttraumatische Arthrose mit subchondraler Sklerosierung und leichter Inhomogenität der Basisgelenkfläche des ersten Mittelhandknochens. Bei 2 dieser Patienten wurde im weiteren Behandlungsverlauf nach 8,5 und 11 Monaten bei persistierenden Schmerzen und radiologisch gesicherter Rhizarthrose die Indikation zur Trapezektomie gestellt. Alle Subluxationen konnten ausgeglichen werden.

Die Beweglichkeit nach Rolando- und Winterstein-Fraktur verbesserte sich im Mittel auf 41° für die radiale und auf 43° für die palmare Abduktion. Die Gelenkstufen sowie die Subluxationen konnten vollständig ausgeglichen werden. Viermal ließ sich die anatomische Achse wiedereinrichten. Einmal gelang zumindest die Reduktion des Achsabweichungswinkels von 57° auf 35°. Alle Patienten nahmen ihre alte berufliche Tätigkeit wieder auf.


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Diskussion

Bei der Wahl des Vorgehens hinsichtlich einer in Fehlstellung verheilten Fraktur der Basis des ersten Mittelhandknochens ist zunächst zwischen der extraartikulären Winterstein-Fraktur und den intraartikulären Formen zu unterscheiden. Fehlstellungen nach Winterstein-Frakturen betreffen die Achse. Die Basis des ersten Mittelhandknochens wird durch den Zug der Abduktor-pollicis-longus-Sehne nach dorsal verkippt, während der Schaft nach palmar kippt. Abduktion und Kreiselbewegung des Daumens sind beeinträchtigt. Eine aufrichtende Korrektur ist die Methode der Wahl. Sie kann – und das gilt insbesondere für das kindliche Skelett – mit Kirschner-Drähten erfolgen. Beim Erwachsenen bieten sich Plattenosteosynthesen an. Der Eingriff kann entweder als Closing- oder als Opening-Wedge-Osteotomy erfolgen.

Die intraartikuläre Bennett- und Rolando-Fraktur erfordern eine intraartikuläre Korrekturosteotomie. Aufgrund der kleinen Dimensionen der Frakturfragmente ist das operative Risiko genau zu bedenken. Der Zug der Abduktor-pollicis-longus-Sehne ist für die Dislokation verantwortlich. Gelenkstufen und Spaltbildungen sowie eine Subluxation sind die Folge. Gleichzeitig bewirkt dieser Zug jedoch eine gewisse Dehiszenz der Fragmente, deren Konturen in der Computertomografie noch nach Monaten zu erkennen sind. Das erklärt, warum die Osteotomie meist nur mit der Skalpellklinge und ergänzend mit dem Meißel vorgenommen werden muss. Dadurch lassen sich Kollateralschäden am noch intakten Knorpel minimieren. In den Wochen nach einem Frakturereignis ist der Knochen in der Regel weicher als nach vollständiger Ausheilung.

Ziel der intraartikulären Korrekturosteotomie besteht in der Beseitigung der Spaltbildungen und Stufen in der Gelenkfläche und Wiederherstellung eines kongruenten Gelenks. Hierdurch soll die klinische Symptomatik verbessert und die Gefahr der posttraumatischen Arthroseentwicklung gemindert werden. Unklar ist, ab welcher Größe einer persistierenden Gelenkstufe bzw. Spaltbildung von einer Arthroseentwicklung am Sattelgelenk auszugehen ist.

Bartelmann und Mitarb. konnten 21 von 24 Patienten mit operativversorgter Basisfraktur des ersten Mittelhandknochens nach durchschnittlich 33 Monaten nachuntersuchen. Bei den intraartikulären Frakturen fand sich eine Korrelation des Arthroseausmaßes mit dem Repositionsergebnis, wobei Rolando-Frakturen im Vergleich zu Bennett-Frakturen bei gleich großer Stufen- und Spaltbildung stärker ausgeprägte Arthrosen aufwiesen. Bei nicht ganz exakter Reposition verblieben bei den Bennett-Frakturen zum einen messbare Gelenkstufen, zum anderen Abstände zwischen dem kleinen Fragment und dem Hauptfragment, die sich in den frühpostoperativen Röntgenaufnahmen als Distanz zwischen den beiden Fragmenten und in späteren Aufnahmen als Verbreiterung der Basis des MHK I niederschlugen. Jedoch waren die meisten Patienten mit Arthrose im Sattelgelenk klinisch asymptomatisch [5].

Demir und Mitarb. untersuchten 30 Frakturen der Metakarpale-I-Basis. In 63 % der Fälle verblieb postoperativ eine Stufe von < 1 mm, in 27 % eine Stufe von 1–2 mm und in 10 % der Fälle eine Stufe > 2 mm. Eine Korrelation zwischen dem Repositionsergebnis und dem Rhizarthrosegrad konnte jedoch nicht nachgewiesen werden [6]. Zur gleichen Schlussfolgerung kamen Leclère und Mitarb. bei einer Untersuchung von 24 Patienten mit Bennett-Fraktur 83 Monate postoperativ, solange die Gelenkstufen und -spaltbildung unter 2 mm betrug [7].

Thurston und Dempsey fanden die besten Ergebnisse nach Bennett-Frakturen, wenn die residual verbliebene Dislokation kleiner als ein Millimeter war. Sie stellten fest, dass sich dieses Ergebnis am sichersten mit einer offenen Reposition und internen Osteosynthese erreichen lasse [8].

Nach Lutz und Mitarb. führt die ungenügende Reposition einer Bennett-Fraktur kurzfristig zu Schmerzen und einer Griffschwäche, langfristig zu einer posttraumatischen Arthrose [9].

Brownlie und Anderson weisen in ihrer Übersichtsarbeit über die Bennett-Fraktur zusammenfassend darauf hin, dass eine inadäquate Behandlung über eine Heilung in Fehlstellung das Morbiditätsrisiko und das Risiko einer posttraumatischen Sattelgelenksarthrose signifikant erhöht [10].

Die Frakturen der Basis des ersten Mittelhandknochens betreffen meist junge Patienten, bei denen noch keine degenerativen Veränderungen im Sinne einer Rhizarthrose vorliegen. Besteht eine posttraumatische Fehlstellung, stellt sich die Frage nach einer Korrekturosteotomie, um die Funktion zu verbessern und – bei Vorliegen einer intraartikulären Verletzung – das Auftreten einer Arthrose möglichst zu verhindern. Auf die erhöhte Schwierigkeit einer intraartikulären Korrekturosteotomie an der Hand wiesen Unglaub und Mitarb. hin [11].

2014 publizierten Mahmoud und Mitarb. ein Kollektiv von 10 Patienten mit fehlverheilten Bennett-Frakturen. Sie nahmen intraartikuläre Korrekturen vor und stabilisierten die Osteotomien mit Kirschnerdrähten unter additiver Verwendung einer Drahtnaht sowie unter Sattelgelenkstransfixation. Sie erreichten eine mittlere Verbesserung der radialen Abduktion von 22° auf 39° und der palmaren von 15° auf 40°. Die mittlere Kraft des Spitzgriffs nahm von 9,9 kg auf 15,5 kg zu. Alle Osteotomien heilten aus, und 9 der 10 Patienten nahmen ihre alte berufliche Tätigkeit wieder auf. Leider machten die Autoren keine Angaben zum erreichten Ausgleich von Stufen und Spaltbildungen der Gelenkflächen [12].

Das hier untersuchte kleine Kollektiv zeigt die Möglichkeit der intraartikulären Korrekturosteotomie am Sattelgelenk auf. Bei fast allen Patienten war eine weitgehend anatomische Rekonstruktion der Basisgelenkfläche des ersten Mittelhandknochens möglich. Sie gelang bei einem 24-jährigen Patienten mit einer Bennett-Fraktur und einer Gelenkstufe von 3,4 Millimetern noch nach 15 Monaten. Ungünstiger ist die Prognose bei älteren Patienten aufgrund degenerativer Veränderungen, die bereits vor dem Trauma vorhanden sein können. Hier muss die Indikation zur intraartikulären Korrekturosteotomie besonders zurückhaltend gestellt werden.

Bei der Bewertung der Ergebnisse eines kleinen vorgestellten Kollektivs muss selbstverständlich vorsichtig argumentiert werden, insbesondere, da keine Langzeitergebnisse vorliegen. Lediglich Livesley berichtet mit einer Nachbeobachtungszeit von durchschnittlich 26 Jahren über wirkliche Langzeitergebnisse nach konservativer Behandlung von 17 Bennett-Frakturen. Von den 17 Patienten klagten 10 bei der Nachuntersuchung über Schmerzen. Außerdem wiesen 10 der 17 Patienten einen Arthrosegrad 3 auf. Eine konservative Behandlung kann der Autor nicht befürworten [13].


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Schlussfolgerung

Die Korrekturosteotomie fehlverheilter Frakturen des ersten Mittelhandknochens, ob rein extra- oder intraartikulär oder kombiniert extra-intraartikulär, erlaubt es in den meisten Fällen, anatomische Verhältnisse wiederherzustellen und führt zugleich zu einer Verbesserung der Beweglichkeit des Daumenstrahls. Mit den verschiedenen Formen der Arthroplastik und mit der Arthrodese bleiben alle Rückzugsmöglichkeiten weiterhin bestehen. Entsprechend ist es angebracht, mittels CT-Diagnostik Machbarkeit und Indikation für eine Korrekturosteotomie zu überprüfen, bevor eine Rettungsoperation durchgeführt wird.


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Dr. med. Daniel Vergote

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Ab 10/2019 Facharztausbildung Orthopädie und Unfallchirurgie; Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums Ulm; 2016–2019 Promotion in der Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums Ulm unter der Leitung von Professor Martin Mentzel, Thema: „Basisimpressionsfrakturen der Phalangen – Evaluation eines perkutanen, intramedullären Operationsverfahrens“; Abschluss 11/2019 „cum laude“; 2014–2019 Studium der Humanmedizin an der Universität Ulm; 2012–2014 Studium der Humanmedizin an der Riga Stradiņš University in Riga, Lettland.

Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Dr. Daniel Vergote
Universitätsklinikum Ulm; Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie
Albert-Einstein-Allee 23
89081 Ulm
Deutschland   
Phone: +731 500 545 45   
Fax: +731 500 545 02   

Publication History

Received: 05 August 2020

Accepted: 14 February 2021

Article published online:
27 September 2021

© 2022. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany


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Abb. 1 Schematische Darstellung der Fehlstellungstypen: a Bennett-Fraktur mit Stufenbildung, b Bennett-Fraktur mit großer Spaltbildung in der Gelenkfläche, c Rolando-Fraktur, d Winterstein-Fraktur.
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Abb. 2 Patientenbeispiel 1: 16-jähriger Patient, Fahrradsturz vor 9 Wochen; verbliebene Fehlstellung mit erheblicher Spaltbildung in der Gelenkfläche und Subluxation (a). Stabilisation der Basis des ersten Mittelhandknochens nach Korrekturosteotomie mittels K-Draht-Osteosynthese (b), regelrechte postoperative Ausheilung (c–d).
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Abb. 3 Patientenbeispiel 2: 18-jähriger Patient, Fahrradsturz vor 44 Wochen. Ausheilung mit Stufenbildung und Subluxation des Daumenstrahles (a); Korrekturosteotomie mit Schraubenosteosynthese (b–c); Z. n. Metallentfernung 14 Monate postoperativ (d–e).