Aktuelle Dermatologie 2021; 47(06): 279-280
DOI: 10.1055/a-1344-7882
Kasuistik

Zwanzig-Nagel-Dystrophie der Kindheit

Twenty-Nail Dystrophy of Childhood
N. Makris
Klinik für Dermatologie und Allergologie, Universitätsklinikum Aachen
,
M. Megahed
Klinik für Dermatologie und Allergologie, Universitätsklinikum Aachen
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Zwanzig-Nagel-Dystrophie (ZND) der Kindheit ist eine seltene gutartige Nagelkrankheit, bei der alle 20 Nägel betroffen sind. Sie tritt normalerweise idiopathisch auf, kann sich aber mit einer Vielzahl von dermatologischen und nicht dermatologischen Erkrankungen entwickeln. Histopathologisch handelt es sich u. a. um eine Entzündung der Matrix der Nägel, deren Ausmaß zu dem Schweregrad des klinischen Bilds beiträgt. ZND der Kindheit ist i. d. R. eine selbstlimitierende Erkrankung, sodass die Beratung und Beruhigung des Kindes und der Eltern als vernünftige Behandlungsmöglichkeiten gelten. Wir berichten über einen Fall eines 7-jährigen Jungen mit einer 1-jährigen Vorgeschichte von 20-Nagel-Dystrophie ohne eigene Krankheiten oder Haut- oder Nagelerkrankungen in der Familienanamnese.


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Abstract

Twenty-nail dystrophy (TND) of childhood is a rare benign nail disease that affects all 20 nails. It usually occurs idiopathically, but may develop with a variety of dermatological and non-dermatological diseases. Histopathologically, among others, it occurs due to an inflammation of the matrix of the nails. The extent of which contributes to the broad degree of clinical severity. It is usually a self-limiting condition so that appropriate advice and reassurance to the child and its parents are considered to be reasonable treatment options. We report a case of a 7-year-old boy with a 1-year history of 20-nail dystrophy with no related illnesses and no family history of skin or nail disorders.


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Einleitung

Zwanzig-Nagel-Dystrophie (ZND) der Kindheit ist eine seltene, gutartige und i. d. R. erworbene Erkrankung, bei der alle 20 Nägel betroffen sind. Die Erkrankung kann sich sowohl idiopathisch als auch in Assoziation mit einer Vielzahl von dermatologischen und nicht dermatologischen Erkrankungen entwickeln. Daher sind eine ausführliche Anamnese und eine gründliche klinische Untersuchung des gesamten Integuments von wesentlicher Bedeutung. Die idiopathische ZND der Kindheit hat i. d. R. eine günstige Prognose und ist selbstlimitierend. Die Beratung und Beruhigung des Kindes und der Eltern sind daher vernünftige Behandlungsmöglichkeiten für diese Krankheit.


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Fallbericht

Ein 7-jähriger kaukasischer Junge wurde an unsere Abteilung für Dermatologie überwiesen, mit einer 1-jährigen Geschichte von Nagelveränderungen an allen Nägeln. Vorherige antimykotische Nagellacke hätten keine Befundbesserung erbracht. Der Junge war ansonsten gesund. Insbesondere gab es keine Eigen- und Familienanamnese von Haut- oder Nagelkrankheiten. Bei der klinischen Untersuchung waren alle 20 Nägel betroffen. Sie zeigten sich dystrophisch und wiesen eine deutliche Trachyonychie mit gelblicher Verfärbung sowie partielle Anonychien auf ([Abb. 1 a, b]). Das übrige Hautorgan war unauffällig, ohne Hinweis für eine chronisch entzündliche Dermatose. Zum Ausschluss einer Onychomykose erfolgte eine mykologische Untersuchung der Nägel. Hierbei konnte eine mykotische Ätiologie der Nagelerkrankung ausgeschlossen werden. Auf eine Nagelbiopsie wurde aufgrund des jungen Alters des Patienten verzichtet. Differenzialdiagnostisch wurde das Gelbnagelsyndrom aufgrund der Farbe der Nägel in Betracht gezogen. Wir konnten diese Diagnose jedoch nicht bestätigen, da wir kein Anzeichen eines Lymphödems oder Probleme der oberen Atemwege fanden. Die Diagnose einer idiopathischen Zwanzig-Nagel-Dystrophie der Kindheit wurde gestellt. Die idiopathische ZND der Kindheit hat i. d. R. eine gute Prognose und ist selbstlimitiert. Es erfolgte daher die Beruhigung und Beratung der Eltern des Jungen, zudem empfahlen wir die Anwendung eines pflegenden Nagellackes zur Rehydrierung und Remineralisierung der Nagelplatten.

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Abb. 1 a, b Alle 20 Nägel sind betroffen. Sie zeigen sich dystrophisch und weisen eine deutliche Trachyonychie mit gelblicher Verfärbung sowie partielle Anonychie auf.

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Diskussion

Zwanzig-Nagel-Dystrophie (ZND) wurde erstmals von Hazelrigg et al. beschrieben [1]. Es ist eine seltene, gutartige, erworbene Erkrankung, an der alle 20 Nägel beteiligt sind, die dystrophische Veränderungen aufweisen. ZND kann bei Patienten jedes Alters auftreten, obwohl Kinder tendenziell häufiger betroffen sind [2]. Histopathologische Untersuchungen zeigten, dass es sich um eine Entzündung der Matrix der Nägel handelt, und es wurde angenommen, dass das Ausmaß der Entzündung in der Nagelmatrix mit der großen Breite der klinischen Manifestation korreliert. Die Ätiologie dieser Erkrankung wurde jedoch bislang kontrovers diskutiert [3].

Obwohl ZND der Kindheit häufig idiopathisch ist, wurde in der Literatur über Assoziationen mit anderen Hauterkrankungen wie Ekzemen, Psoriasis, Lichen planus, Vitiligo, Alopecia areata, Alopecia universalis, Ichthyosis vulgaris, selektivem IgA-Mangel und Incontinentia pigmenti berichtet [4] [5]. Darüber hinaus haben einige Fallberichte eine genetische Disposition der erworbenen ZND sowie eine kongenitale Form der Erkrankung gefunden [6]. Eine gründliche Anamnese sowie eine ausführliche dermatologische Untersuchung des gesamten Integuments sind daher erforderlich, um mögliche Assoziationen zu identifizieren. Differenzialdiagnostisch sind erworbene Nageldystrophien, z. B. durch Traumen oder chemische Noxen, aber auch Nageldystrophien im Rahmen von den oben genannten möglich assoziierten Erkrankungen abzugrenzen. In unserem Fall war bei dem Kind keine Eigen- oder Familienanamnese von Haut- oder Nagelkrankheiten bekannt, und es war auch ansonsten gesund.

Die idiopathische ZND der Kindheit hat eine günstige Prognose und ist selbstlimitiert, obwohl die Erkrankung bis zu 10 Jahren andauern kann [7]. Trotz einer Beratung besteht bei einigen Patienten aufgrund der Einschränkung der Lebensqualität ein Behandlungswunsch. Diesbezüglich wurden für die idiopathische ZND sowohl topische als auch systemische Therapien vorgeschlagen, wie z. B. intraläsionale Injektion von Triamcinolon in die proximale Nagelfalte, Calcipotriol plus Bethamethasondipropionat-Salbe 1-mal täglich für 6 Monate an den proximalen Nagelfalz sowie systemische Gabe von Kortikosteroiden und Ciclosporin (2,5–3 mg/kg/Tag) [8].


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Nikolaos Makris M. Sc.
Universitätsklinikum Aachen
Klinik für Dermatologie und Allergologie
Pauwelsstr. 30
52074 Aachen
Deutschland   

Publication History

Article published online:
14 April 2021

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Abb. 1 a, b Alle 20 Nägel sind betroffen. Sie zeigen sich dystrophisch und weisen eine deutliche Trachyonychie mit gelblicher Verfärbung sowie partielle Anonychie auf.