Aktuelle Dermatologie 2021; 47(03): 94-95
DOI: 10.1055/a-1340-1332
Eine Klinik im Blickpunkt

Erythema gyratum repens – Kutane Paraneoplasie bei metastasiertem Adenokarzinom der Trachea

Erythema gyratum repens – Cutaneous Paraneoplasia and Metastasized Tracheal Adenocarcinoma
F. Oberndörfer
1   Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Helios Klinikum Hildesheim
,
C. Mitteldorf
2   Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Unversitätsmedizin Göttingen
,
M. Tronnier
1   Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Helios Klinikum Hildesheim
› Author Affiliations
 

Zusammenfassung

Die Kenntnis über das Erythema gyratum repens als obligate kutane Paraneoplasie ist bedeutend zur Detektion viszeraler Malignome und stellt die Dermatologie als interdisziplinäres Fach heraus. Hier zeigen wir einen Fall eines 50-jährigen Patienten mit Erythema gyratum repens und einem metastasierten Adenokarzinom der Trachea.


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Abstract

Knowledge about cutaneous paraneoplasia is crucial to detect visceral malignoma and points out dermatology as interdisciplinary subject.

Here we present a case of a 50-year-old patient with erythema gyratum repens suffering from metastasized tracheal adenocarcinoma.


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Kasuistik

Ein 50-jähriger Patient stellte sich mit seit 2 Monaten bestehenden, progredienten, ring- und girlandenförmigen Erythemen vor, die mäßig juckten. Des Weiteren berichtete er von ca. 9 kg Gewichtsverlust in den letzten 3 Monaten sowie von rezidivierenden Fieberschüben, Heiserkeit und einer Abnahme der allgemeinen Leistungsfähigkeit. Es bestand ein fortgesetzter Nikotinabusus mit ca. 35 Pack-years.

Hautbefund: Kachektischer Patient mit ausgedehnten, das Gesicht aussparenden, anulären, gyrierten Erythemen, teils konzentrisch, mit Schuppenkrause der Innenseite ([Abb. 1]). Nebenbefundlich zeigte sich ein ca. 4 × 4 cm durchmessender, fleischiger, zentral ulzerierter Tumor am linken Oberbauch. Plantar beidseits zeigten sich Hyperkeratose und putride, schlaffe Bullae.

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Abb. 1 Klinisches Bild der gyrierten Erytheme am linken Arm.

Im Rahmen der Diagnostik erfolgte eine histologische Untersuchung ([Abb. 2]) der Erytheme und des Tumors am linken Unterbauch. Dabei zeigt sich eine orthokeratotische, korbgeflechtartig verhornende, papillomatös gefältelte Epidermis mit fokaler Spongiose. Zudem kommt ein oberflächliches perivaskuläres, lymphozytäres Infiltrat zur Ansicht, dem eosinophile Granulozyten beigemengt sind. Diese zeigen sich fokal auch intraepidermal. In der Biopsie des Tumors erkennt man adenoid differenzierte Tumorzellen, die keine Verbindung zur Epidermis haben.

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Abb. 2 Histologie, Hämatoxylin-Eosin Färbung (10 × 10): Erythema gyratum repens.

Zudem erfolgte eine Bildgebung mittels Computertomografie. Darin kam ein infrakarinaler Tumor von 3,6 × 2,5 cm zur Darstellung ([Abb. 3]), der im Verlauf als Adenokarzinom der Trachea identifiziert wurde. Des Weiteren zeigte sich eine ausgedehnte viszerale und ossäre Metastasierung.

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Abb. 3 Histologie, Hämatoxylin-Eosin Färbung (10 × 10): Metastase eines Adenokarzinoms als Ursache für das beschriebene Erythema gyratum repens.

Die Autoimmundiagnostik zum Ausschluss eines paraneoplastischen Pemphigus blieb unauffällig.

In der hochpalliativen Gesamtsituation erhielt der Patient eine platinhaltige Chemotherapie in Kombination mit einer Strahlentherapie, verstarb jedoch 6 Monate nach Diagnosestellung an seiner Tumorerkrankung.


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Diskussion

Das Erytherma gyratum repens wurde von Gammel 1952 [1] erstbeschrieben, ist zu 82 % mit einem viszeralen Malignom assoziiert und tritt häufig auf, ehe die Neoplasie manifest wird. Bei etwa einem Drittel der Patienten ist es mit einem Tumor des Bronchialsystems, seltener (8 %) mit einem Ösophagus- oder einem Mammakarzinom (6 %) assoziiert. In den wenigen nicht-paraneoplastischen Fällen konnte eine Verbindung zu einer Tuberkulose, einem CREST-Syndrom oder einer bullösen Dermatose hergestellt werden. Zudem kann eine Mycosis fungoides, eine Pityriasis rubra pilaris oder eine Arzneireaktion ein Erythema gyratum repens imitieren. Andere figurierte Erytheme müssen differenzialdiagnostisch bedacht werden [2] [3].

Zahlreiche obligate kutane Paraneoplasien sind in der Dermatologie bekannt, deren Kenntnis ein wichtiger und wertvoller Baustein ist, viszerale Malignome frühzeitig zu erkennen. Ebenso stellen sie die Bedeutung der Dermatologie als interdisziplinäres Fach heraus.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Dr. med. Florian Oberndörfer
Helios Klinikum Hildesheim
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Senator-Braun-Allee 33
31135 Hildesheim
Deutschland   

Publication History

Article published online:
10 March 2021

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Abb. 1 Klinisches Bild der gyrierten Erytheme am linken Arm.
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Abb. 2 Histologie, Hämatoxylin-Eosin Färbung (10 × 10): Erythema gyratum repens.
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Abb. 3 Histologie, Hämatoxylin-Eosin Färbung (10 × 10): Metastase eines Adenokarzinoms als Ursache für das beschriebene Erythema gyratum repens.