Schlüsselwörter COVID-19 - SARS-CoV-2 - Plastische Chirurgie - Pandemie - Auswirkungen - Impact
Key words Plastic surgery - pandemic - impact
Einleitung
Das erste Halbjahr 2020 war weltweit geprägt durch das Neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2)
und die dadurch verursachte Pandemie. Vielerorts machte die Pandemie rigorose Maßnahmen
erforderlich, die allesamt zum Ziel hatten die Ausbreitung der Infektionskrankheit
einzudämmen. Regierungen waren gezwungen ad hoc Notfallpläne zu erstellen und sahen sich mit der Herausforderung konfrontiert eine
Balance zwischen kollektiven Maßnahmen wie der weitgehenden Einschränkung des öffentlichen
Lebens, sowie der Drosselung des Gesundheitswesens auf der einen und Aufrechterhaltung
der dringlichen Krankenversorgung auf der anderen Seite zu finden. Dabei wurde insbesondere
versucht eine Überlastung der Versorgungskapazitäten, besonders im intensivmedizinischen
Bereich zu verhindern.
Vom ersten nachgewiesenen COVID-19 Fall bis zur Umsetzung des im Österreichischen
Nationalrat beschlossenen sogenannten 1. COVID-19-Gesetz („Bundesgesetz betreffend
vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19“) dauerte es exakt
drei Wochen. Am 16.3.2020 ist in Österreich anlässlich der raschen Ausbreitung des
Corona-Virus und der rapiden Zunahme der Erkrankungsfälle bundesweit ein Maßnahmenpaket
in Kraft getreten, das zum Ziel hatte die rasche Ausbreitung der Viruserkrankung einzudämmen
und so eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden. Die Maßnahmen beinhalteten
zum einen zahlreiche Ausgangsbeschränkungen für Privatpersonen, zum anderen wurden
viele Bereiche des öffentlichen- und Berufslebens eingeschränkt [1 ], [2 ].
In den österreichischen Krankenhäusern wurde zeitgleich auf Anordnung der Bundesregierung
und der Landesregierungen der tägliche Betrieb auf ein Minimum gedrosselt, um im Bedarfsfall
genügend Versorgungskapazität für hospitalisations- bzw. intensivpflichtige COVID-19
erkrankte Patienten zur Verfügung zu haben. Im Hinblick auf chirurgische Disziplinen
bedeutete dies eine Stornierung elektiver Eingriffe mit sofortiger Wirkung bis auf
Weiteres [3 ].
Eine Woche nach Inkrafttreten der österreichischen Maßnahmen erfolgte ein ähnliches
Vorgehen in Deutschland. Im Unterschied zu Österreich wurde die Entscheidung über
entsprechende Maßnahmen gemäß der Föderalstruktur jedoch der jeweiligen Landesregierung
übertragen, weswegen hier kein einheitliches Vorgehen zu beschreiben ist. In weiterer
Folge zeigte sich sowohl in Österreich als auch in Deutschland, welche insgesamt ähnliche
Strategien verfolgten, im europäischen Vergleich relativ geringe Mortalitätsraten
in Folge von COVID-19-Infektionen, sodass grundsätzlich von einem erfolgreichen Vorgehen,
bzw. einem funktionierenden Notfallplan der entsprechenden Gesundheitssysteme auszugehen
ist [4 ].
Entgegen der Wahrnehmung der Plastischen Chirurgie in der breiten Öffentlichkeit übernehmen
plastisch-chirurgische Abteilungen an öffentlichen Spitälern als Letztversorger einen
maßgeblichen Anteil in der Krankenversorgung, wobei der Schwerpunkt im plastisch-rekonstruktiven
Behandlungsspektrum liegt [5 ], [6 ], [7 ], [8 ]. Dazu zählen unter anderem die Versorgung komplexer Handverletzungen inklusive Replantationen,
die Behandlung Schwerbrandverletzter, die chirurgische Therapie akuter Weichteil-
und Knocheninfektionen sowie die interdisziplinäre Tumorchirurgie [9 ] – insbesondere im Falle der untersuchten universitären Abteilung in Graz mit überregionalem
Versorgungsauftrag und einem dadurch entstehenden Einzugsgebiet mit über 2 000 000 Einwohnern.
Dennoch wird angenommen, dass ein Wegfall elektiv chirurgischer Eingriffe insbesondere
in der plastischen Chirurgie zu einem merklichen Rückgang der Fallzahlen geführt hat.
Ziel der Studie war es zu untersuchen, welche Auswirkungen die COVID-19-bedingten
Maßnahmen auf Operationszahlen, Behandlungsspektrum und Komplikationen hatten und
welche Folgen daraus abzuleiten sind. Daraus könnten richtungsweisende Informationen
gewonnen werden, um für zukünftige Krisenszenarien besser vorbereitet zu sein. Zum
Vergleich wurde der korrespondierende Zeitraum des Vorjahres herangezogen.
Außerdem soll damit die Wahrnehmung der Plastischen Chirurgie als „Schönheitschirurgie“
reduziert und ein stärkeres öffentliches Bewusstsein für die Plastische Chirurgie
als das geschaffen werden, was sie tatsächlich ist: Ein essenzieller, integraler Bestandteil
der medizinischen Versorgung, insbesondere in Krisenzeiten.
Methoden
Daten
Die Anzahl aller zwischen dem 2.3.2020 (Kalenderwoche 10, 2 Wochen vor dem Lockdown)
und dem 26.4.2020 (6 Wochen nach dem Beginn des Lockdowns, Kalenderwoche 17) an der
klinischen Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie der
Universitätsklinik für Chirurgie an der medizinischen Universität Graz durchgeführten
Operationen wurde retrospektiv anhand der hausinternen OP-Dokumentation erhoben. Um
die Auswirkungen des Lockdowns auf die Operationszahlen quantifizieren zu können,
wurde zum Vergleich der korrespondierende Zeitraum des Vorjahres herangezogen.
Erhobene Parameter
Inkludiert wurden sämtliche Operationen, die im stationären, tagesklinischen oder
ambulanten Setting in Allgemein-, Regional- oder Lokalanästhesie durchgeführt wurden.
Folgende patientenspezifische Parameter wurden erhoben: Alter, Geschlecht, Unfall-Anamnese
(Privatunfall, Arbeitsunfall bzw. absichtliche Selbstverletzung/Suizidversuch vs.
kein Unfall) und ASA-Status.
Die Art der durchgeführten Eingriffe wurde erhoben und entsprechend dem plastisch-chirurgischen
4-Säulen Modell der Verbrennungschirurgie, Handchirurgie, Ästhetischen oder Rekonstruktiven
Chirurgie zugeordnet. Zusätzlich wurden die Eingriffe nach Ihrer Dringlichkeit in
Anlehnung an die „National Confidential Enquiry into Patient Outcome and Death“ – kurz
NCEPOD-Klassifikation [10 ] eingestuft: Als Notfälle wurden jegliche Eingriffe mit vitaler Indikation (z. B.
Stillung akuter, lebensbedrohlicher Blutungen; Debridement bei nekrotisierenden Weichteilinfekten)
oder extremitätenerhaltende Eingriffe sowie verbrennungschirurgische Erstversorgungen
klassifiziert. Operationen, die idealerweise innerhalb von maximal 12 Stunden durchgeführt
werden sollten, z. B. Protheseninfekte, Handphlegmonen oder die Versorgung von Weichteilverletzungen
ohne Notwendigkeit zur Revaskularisierung, wurden als akut gewertet. Als dringlich
wurden Operationen zusammengefasst, die entweder aufgrund der jeweiligen Diagnose
(z. B. onkologisch, chronische Osteomyelitis, Weichteildefekte, die einer plastisch-chirurgischen
Deckung bedürfen), oder wegen der vorliegenden Beschwerden (z. B. Nervenkompressionssyndrome
mit ausgeprägter Schmerzsymptomatik, funktionelle Einschränkungen mit signifikant
schlechterem Outcome ohne zeitgerechte Therapie wie z. B. der 2. Akt einer Beugesehnenrekonstruktion)
innerhalb von maximal 4 Wochen versorgt werden mussten. Alle übrigen Operationen (körperformende
Eingriffe, funktionell-ästhetische Operationen, Narbenkorrekturen, aufwändige Rekonstruktionen
bei lang vorbestehenden Deformitäten) wurden als elektiv eingestuft.
Um die Versorgungsqualität während des Covid-Lockdowns zu erheben, wurden zudem die
Komplikationen erfasst und nach ihrer Schwere gemäß der Klassifikation nach Clavien-Dindo
eingeteilt [11 ].
Die stationären Pflegetage und Intensivpflegetage (Anm.: Anzahl der Tage, die ein
Patient stationär aufgenommen ist) wurden kumulativ für die jeweiligen Zeiträume erfasst,
um die Auswirkung des Lockdowns auf die Bettenbelegung zu erheben.
Auf eine COVID-19-Infektion getestet wurden während des Untersuchungszeitraumes Patienten
mit begründetem Verdacht, bei entweder entsprechender Symptomatik oder Exposition
in der Anamnese.
Ebenso wurden ärztliche Mitarbeiter sowie das übrige Personal auf den chirurgischen
Normalstationen nur im begründeten Verdachtsfall bzw. bei entsprechender Exposition
getestet. Zusätzlich wurden Pflegekräfte, welche auf den COVID-Verdachtsstationen
sowie auf den COVID-Isolierstationen eingesetzt wurden und permanent einem Infektionsrisiko
ausgesetzt waren wöchentlich getestet.
Statistische Methoden
Die erhobenen Daten aus beiden Zeiträumen wurden miteinander verglichen. Die statistische
Analyse wurde mit SPSS 24.0 für Windows (IBM Inc., Armonk, NY, USA) durchgeführt.
Zur Testung auf Normalverteilung wurde der Levene-Test für Varianzgleichheit angewandt.
Zur induktiven Analyse wurde bei dichotomen Parametern der Chi²-Test, bei ordinal
skalierten Parametern wurde die Korrelation nach Spearman angewandt. Unterschiede
bei kontinuierlichen, normalverteilten Parametern wurden mit dem T-Test ermittelt.
In allen Fällen wurde ein p-Wert < 0,05 als signifikant definiert. Die Ergebnisse
sind in Mittelwert und Standardabweichung angegeben, außer anders angegeben.
Genehmigung der Ethikkommission
Die Studie wurde von der Ethikkommission der Medizinischen Universität Graz entsprechend
der Deklaration von Helsinki genehmigt (EK-Nr.: 32–480 ex 19/20).
Ergebnisse
Effekt der COVID-19-Pandemie auf die Behandlungszahlen
Während des sechswöchigen Lockdowns (KW 12 bis 17) wurden 150 (2020) Eingriffe durchgeführt,
was verglichen mit demselben Zeitraum von 2019 (353 Eingriffe) einer Reduktion um
57,5 % entspricht. 2020 wurden in KW 10 und 11 (= Zeit vor dem Lockdown) 116 Eingriffe,
verglichen mit 119 Eingriffen im Jahr 2019 durchgeführt. Im Durchschnitt wurden in
den KW 12 bis 17 im Jahr 2020 signifikant weniger Patienten pro Tag operiert (2019:
8,4 ± 5,3, 2020: 3,6 ± 2,3, p < 0,001; s. [
Abb. 1
]). Die durchschnittliche Anzahl an Operationen pro Tag der KW 10 und 11 in 2019 und
2020 ergab keinen signifikanten Unterschied (2019: 8,6 ± 5,3, 2020: 8,3 ± 5,5, p = 0,890).
Abb. 1 Summe der wöchentlichen Operationen 2019 und 2020 in Kalenderwoche (KW) 10 bis 17,
aufgeteilt in Gesamtanzahl, geplante Operationen und Operationen im Bereitschaftsdienst.
Der Pfeil markiert den Zeitpunkt des Lockdowns.
Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf das Operationsspektrum
Im Zuge des COVID-bedingten Lockdowns und dem Wegfall der elektiven Eingriffe kam
es zu einer Umverteilung innerhalb des üblichen Behandlungsspektrums. Dadurch kam
es zu einer Reduktion um 59,1 % der handchirurgischen (2019: 87, 2020: 47 Fälle),
49,2 % der plastisch- rekonstruktiven Eingriffe (2019: 177, 2020: 90 Fälle) sowie
100 % der köperformenden Eingriffe (2019: 76, 2020: 0 Fälle, p = 0,001). Die Anzahl
der Verbrennungseingriffe veränderte sich nicht (s. [
Tab. 1
]). Dies ergab anteilsweise signifikant mehr verbrennungschirurgische (2019: 3,7 %,
2020: 8,7 % p = 0,021) und mehr plastisch-rekonstruktive Eingriffe (60 % vs. 2019:
50,1 %, 2020 60 %, p = 0,043). In Relation wurden auch mehr handchirurgische Eingriffe
(2019: 24.6 %, 2020: 31.3 %, p = 0,121) durchgeführt, allerdings war hier der Unterschied
nicht signifikant (s. [
Tab. 1
]). In den KW 10 und 11 wurden dahingegen im Jahresvergleich annähernd gleich viele
verbrennungschirurgische, handchirurgische, körperformende und plastisch-rekonstruktive
Eingriffe durchgeführt.
Tab. 1 Operationsspektrum vor (KW 10,1 11) und während (KW 12–17) des COVID-Lockdowns, im
Jahresvergleich. Absolute und Prozente; Chi²-Test; signifikante p-Werte fett gedruckt; COVID-Zeitraum KW 12–17, KW = Kalenderwoche,
J. = Jahr.
KW
Verbrennungs-chirurgisch
Handchirurgisch
Körperformende Eingriffe
Plastisch-Rekonstruktiv
gesamt
J.
2019
2020
2019
2020
2019
2020
2019
2020
2019
2020
10, 11
n
4
3
27
26
25
31
63
56
119
116
%
(3,4 %)
(2,6 %)
(22,7 %)
(22,4 %)
(21,0 %)
(26,7 %)
(52,9 %)
(48,3 %)
100 %
100 %
p
0,727
0,960
0,304
0,474
12–17
n
13
13
87
47
76
0
177
90
353
150
%
(3,7 %)
(8,7 %)
(24,6 %)
(31,3 %)
(21,5 %)
(0 %)
(50,1 %)
(60,0 %)
100 %
100 %
p
0,021
0,121
< 0,001
0,043
Operationen nach Dringlichkeit
In den KW 10 und 11 fanden sich im Jahresvergleich keine signifikanten Unterschiede
hinsichtlich der Dringlichkeiten der durchgeführten Eingriffe. Signifikante Unterschiede
zeigten sich in den KW 12 bis 17. 52,7 % der Eingriffe im Jahr 2019 waren elektiver
Natur (196 Fälle). Im Jahr 2020 wurden signifikant mehr Notfall- und Akuteingriffe
durchgeführt, sowohl absolut als auch in Relation zur Gesamtanzahl (2019: 41, 2020:
58 Fälle; 2019: 11,6 %, 2020: 38,7 %, p < 0,001); vor Inkrafttreten der Maßnahmen
(KW 10 und 11) gab es keine signifikanten Unterschiede (p = 0,087; siehe [
Tab. 2
]).
Tab. 2 Dringlichkeit der Operationen vor (KW 10,11) und während (KW 12–17) des Lockdowns
im Jahresvergleich, Absolute und Prozente; Korrelation nach Spearman, signifikante
p-Werte fett gedruckt; COVID-Zeitraum KW 12–17, KW = Kalenderwoche, J. = Jahr.
KW
Notfall
Akut
Dringlich
Elektiv
p-Wert
J.
2019
2020
2019
2020
2019
2020
2019
2020
10, 11
n
1
4
13
10
34
18
71
84
0,087
%
(0,9 %)
(3,4 %)
(10,9 %)
(8,6 %)
(28,6 %)
(15,5 %)
(59,7 %)
(72,4 %)
12–17
n
6
13
35
45
116
79
196
13
< 0,001
%
(1,7 %)
(8,7 %)
(9,9 %)
(30,0 %)
(32,9 %)
(54,3 %)
(52,7 %)
(8,7 %)
Auswirkung der COVID-19-Pandemie auf Verletzungen und Verletzungsursachen
Während in den KW 10 und 11 im Jahresvergleich nahezu gleich viele Verletzungsfälle
einer plastisch-chirurgischen Versorgung bedurften (2019: 7 [5,6 %], 2020: 10 [8,6 %],
p = 0,418), gab es während des Lockdowns im Vergleich zum Vorjahr sowohl relativ zur
Gesamtzahl der Operationen als auch absolut mehr Verletzungsfälle. In den betreffenden
6 Wochen wurden im Jahr 2019 44 (12,5 % der Gesamtoperationszahl) Verletzungen operativ
versorgt, im Vergleich zu 65 (43,3 % der Gesamtoperationszahl) im Jahr 2020 (p < 0,001).
Auffallend war außerdem die Verteilung der Verletzungsursachen während dieser Zeit:
67,7 % (n = 44) geschahen im privaten Umfeld, 7,7 % (n = 5) waren Arbeitsunfälle und
24,6 % (n = 16) geschahen in Zusammenhang mit absichtlicher Selbstverletzung oder
Suizidversuchen. Demgegenüber geschahen im selben Zeitraum im Jahr 2019 84,1 % (n = 37)
aller Verletzungen im privaten Umfeld (p = 0,055), 15,9 % (n = 7) waren Arbeitsunfälle
(p = 0,179), und es gab keine absichtlichen Selbstverletzungen oder Suizidversuche
(p < 0,001). In den KW 10 und 11 gab es im Jahresvergleich bezüglich der Ursachenverteilung
keine signifikanten Unterschiede (Unfälle im privaten Bereich: p = 0,949, Arbeitsunfälle:
p = 0,787, absichtliche Selbstverletzung/Suizidversuch: p = 0,761; siehe [
Abb. 2
]).
Abb. 2 Verletzungen und deren Ursachen im Verhältnis zu den Gesamtbehandlungszahlen im Jahresvergleich,
aufgeteilt nach Kalenderwoche (KW) 10 und 11 bzw. 12–17.
Komplikationsraten
Im Vergleich zu 2019 bestand 2020 kein Unterschied hinsichtlich der operativen Komplikationsrate
sowohl in der Zeit vor (KW 10 und 11; 2019: 10,9 %, 2020: 6,0 %, p = 0,179) als auch
während des COVID-Lockdowns (KW 12–17; 2019: 6,8 %, 2020: 10 %, p = 0,219). Auch hinsichtlich
der Komplikationsschwere gemäß der Clavien-Dindo-Klassifikation ergaben sich keine
signifikanten Unterschiede (siehe [
Tab. 3
]).
Tab. 3 Demographische Parameter, Anzahl der Eingriffe und Komplikationsraten vor (KW 10,
11) und während (KW 12–17) des Lockdowns im Jahresvergleich. Unterschiede im ASA Status
und bei Komplikationen klassifiziert nach Clavien-Dindo wurden mittels Spearman-Korrelation
verglichen.KW = Kalenderwoche, SD = Standardabweichung; Der ASA-Status ist nur zu
Patienten vorhanden, die in Plexus- oder Allgemeinanästhesie operiert wurden – bei
Patienten, die in Lokalanästhesie operiert wurden oder bei Notfällen wurde der ASA-Status
nicht routinemäßig erhoben; signifikante p-Werte fett gedruckt; COVID-Zeitraum KW
12–17.
KW
2019
2020
p-Wert
10, 11
Männer, n (%)
45 (37,8 %)
50 (43,1 %)
0,409
Alter, Durchschnitt (±SD)
46,8 (±20,7)
46,5 (±18,5)
0,892
Operationen gesamt
119
116
ASA-Status vorhandena
81 (68,1 %)
77 (66,4 %)
ASA 1
26 (32,1 %)
19 (24,7 %)
0,077
ASA 2
42 (51,9 %)
36 (46,8 %)
ASA 3
12 (14,8 %)
19 (24,7 %)
ASA 4
1 (1,2 %)
3 (3,9 %)
Komplikationen
13 (10,9 %)
7 (6,0 %)
0,179
Clavien-Dindo I
1 (7,7 %)
1 (14,3 %)
0,177
Clavien-Dindo II
0 (0 %)
0 (0 %)
Clavien-Dindo IIIa
1 (7,7 %)
2 (28,6 %)
Clavien-Dindo IIIb
10 (76,9 %)
4 (57,1 %)
Clavien-Dindo IV
1 (7,7 %)
0 (0 %)
12–17
Männer, n (%)
176 (49,9 %)
94 (62,7 %)
0,008
Alter, Durchschnitt (±SD)
50,0 (±20,4)
50,7 (±18,5)
0,687
Operationen gesamt
353
150
ASA-Status vorhandena
178/353 (50,4 %)
120/150 (80,0 %)
ASA 1
61 (34,3 %)
22 (18,3 %)
0,001
ASA 2
71 (39,9 %)
54 (45,0 %)
ASA 3
40 (22,5 %)
31 (25,8 %)
ASA 4
6 (3,4 %)
13 (10,8 %)
Komplikationen
24 (6,8 %)
15 (10,0 %)
0,219
Clavien-Dindo I
10 (41,7 %)
2 (13,3 %)
0,842
Clavien-Dindo II
0 (0 %)
4 (26,7 %)
Clavien-Dindo IIIa
1 (4,2 %)
3 (20 %)
Clavien-Dindo IIIb
13 (54,2 %)
6 (40 %)
Clavien-Dindo IV
0 (0 %)
0 (0 %)
Demographische Unterschiede vor und während des COVID-Lockdowns
Vor dem Lockdown bestanden im Jahresvergleich keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich
Alters-, Geschlechtsverteilung oder ASA-Status der Patienten. Während des Lockdowns
wurden im Vergleich zu 2019 im Verhältnis signifikant mehr Männer operiert (2019:
176 [49,9 %], 2020: 94 [62,7 %], p = 0,008); die Altersverteilung blieb hingegen gleich
(2019: 50,0 ± 20,4, 2020: 50,7 ± 18,5, p = 0,687). Außerdem waren ASA-Grade > 1
während des Lockdowns signifikant häufiger (p = 0,077; siehe [
Tab. 3
]).
Auswirkung der COVID-19-Pandemie auf die Bettenbelegung
In den Kalenderwochen 10 und 11 im Jahr 2019 beliefen sich die stationären Pflegetage
aller Patienten auf insgesamt 396, während im Jahr 2020 395 Pflegetage verzeichnet
wurden. Im Jahr 2020 war dabei der Anteil der Intensivpflegetage bereits vor dem Lockdown
signifikant höher als im Jahr 2019 (34 [8,6 %], 3 [0,8 %], p < 0,001). In den Kalenderwochen
12 bis 17 wurden im Jahr 2020 mit 715 Pflegetagen deutlich weniger Pflegetage als
im Jahr 2019 (2935 Tage) verzeichnet. Der Anteil der Intensivpflegetage war im Jahr
2020 signifikant höher als im Jahr 2019 (61 [8,5 %], 5 [0,2 %], p < 0,001, siehe
[
Tab. 4
]).
Tab. 4 Verteilung der Pflege- und Intensivpflegtage vor (KW 10, 11) und während (KW 12–17)
des Lockdowns bzw. im Vergleich zwischen 2019 und 2020. Normal = Pflegetage auf Normalstation,
Intensiv = Pflegetage auf Intensivstation.
Pflegetage
2019
2020
p-Wert
KW 10, 11
Normal
393 (99,2 %)
361 (91,4 %)
< 0,001
Intensiv
3 (0,8 %)
34 (8,6 %)
gesamt
396 (100 %)
395 (100 %)
–
KW 12–17
Normal
2930 (99,8 %)
654 (91,5 %)
< 0,001
Intensiv
5 (0,2 %)
61 (8,5 %)
gesamt
2935 (100 %)
715 (100 %)
–
COVID-19-Verdachtsfälle und tatsächlich positiv getestete Patienten
Bei den insgesamt 150 während des Lockdowns durchgeführten Operationen bestand in
19 Fällen (12,7 %) der Verdacht auf eine COVID-19-Infektion, welcher sich bei lediglich
2 Patienten (mit insgesamt 4 Operationen) bestätigte. Diese Operationen wurden unter
Einhaltung sämtlicher empfohlenen COVID-Schutzmaßnahmen durchgeführt [12 ].
Diskussion
In der vorliegenden Studie wurden die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf das Operationsspektrum
der klinischen Abteilung für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie
der Universitätsklinik für Chirurgie an der medizinischen Universität Graz untersucht.
Insgesamt war die Gesamtzahl der Operationen durch den Lockdown signifikant reduziert
(minus 57,5 %). Die wochenweise Analyse zeigte, dass der Rückgang der OP-Zahlen in
erster Linie durch die Reduktion des geplanten Regelprogramms zustande kam, während
die Anzahl der Operationen zur Bereitschaftsdienstzeit im Vergleich der beiden Jahre
konstant blieb. Dies betont die Wichtigkeit der plastisch-chirurgischen Dienstärzte
vor Ort außerhalb der Regeldienstzeit. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine Arbeit
einer deutschen Universitätsklinik. Bernuth et al. konnten eine Auslastung der OP-Kapazität
von 57,3 % im Vergleich zum Regelbetrieb während des Lockdowns zeigen [13 ]. Dies spiegelt einen noch geringeren Anteil an Elektivoperationen an dieser Klinik
wider. Bei Notfalleingriffen und dringlichen Fällen, was unserer Einteilung nach auch
Akuteingriffe beinhaltet, zeigte sich in dieser Arbeit kein signifikanter Unterschied
im Jahresvergleich, Berücksichtigt man diese abweichende Einteilung, sind diese Ergebnisse
mit denen unserer Studie vergleichbar.
Die plastische Chirurgie als Domäne in der Versorgung akuter und dringlicher Fälle
Typischerweise ist ein signifikanter Anteil der Eingriffe im Fach der Plastischen,
Ästhetischen und Rekonstruktiven Chirurgie elektiver Natur. Dazu zählen einerseits
alle ästhetischen bzw. körperformenden Eingriffe, jedoch auch die meisten komplexen
rekonstruktiven Eingriffe [14 ]. Dass in unserer Untersuchung rund die Hälfte aller handchirurgischen- und plastisch-rekonstruktiven
und alle körperformenden Eingriffe wegfielen, bestätigt dies. Das Aussetzten elektiver
Operationen zur Schaffung allfällig benötigter Kapazitäten im Rahmen der COVID-19
Pandemie ermöglichte es, unser Team im Sinne des Infektionsschutzes für diesen Zeitraum
auf rund die Hälfte zu reduzieren und für die nicht anwesenden Kollegen eine prophylaktische
Schutzisolation anzuordnen; dadurch hätte im Falle einer COVID-19 Erkrankung eines
Teammitgliedes das zweite Team einberufen werden können [12 ]. Die Effektivität dieser und anderer Maßnahmen wurde dadurch bestätigt, dass das
gesamte Department für Chirurgie an unserer Klinik, keinen einzigen COVID-19 positiven
Mitarbeiter, weder seitens der Pflege, noch ärztlicherseits zu verzeichnen hatte.
Die absolute Anzahl der Notfalleingriffe und der Akuteingriffe stieg während des Lockdowns
signifikant an. Unter strenger Abwägung von Nutzen- und Risiko wurden auch dringliche
Operationen wie Tumorresektionen und konsekutive Rekonstruktionen durchgeführt. Auch
wurden einige prinzipiell als elektiv einzustufende Operationen durchgeführt. Der
Grund dafür ist, dass Operationen wie z. B. eine primäre Nervenrekonstruktion nach
traumatischer Plexusverletzung zeitgerecht durchzuführen sind, weswegen in Einzelfällen
trotz elektiver Indikation die Operationsindikation gestellt wurde, um eine Verschlechterung
des Ergebnisses bei diesen Patienten zu verhindern [15 ]. Auch Operationen wie die Durchtrennung von Lappenstielen (Stirnlappen, Cross-Finger-Lappen),
welche prinzipiell als elektiv einzustufen sind, wurden als dringlich gewertet und
zeitnah durchgeführt, um einer Verschlechterung des Ergebnisses (z. B. durch eine
Wundinfektion) oder Sekundärschäden (z. B. durch prolongierte Immobilisation) vorzubeugen.
Verletzungen und Verletzungsursachen während des Lockdowns
Es kam zu einer signifikanten Zunahme von chirurgisch zu versorgenden Verletzungen.
Im privaten Bereich sahen wir vermehrt Unfälle durch handwerkliche Tätigkeiten, wenn
auch nicht statistisch signifikant. Des Weiteren kam es zu einem signifikanten Anstieg
von Selbstverletzungen bzw. Suizidversuchen. Ersteres kann auf die reduzierte Arbeitszeit
inklusive Kurzarbeit während des Lockdowns in Verbindung mit der frühen Wiedereröffnung
von Baumärkten [16 ], letzteres auf die massive psychische Belastung und subjektiv als bedrohlich empfundene
Pandemie zurückgeführt werden [17 ]. Interessanterweise gab es keinen signifikanten Rückgang im Bereich der Arbeitsunfälle
trotzt vorübergehender starker Einschränkung diverser Wirtschaftszweige inklusive
Produktion und Fertigung und einer vorübergehenden Einstellung von Baustellen [18 ]. Das kann dadurch erklärt werden, dass an untersuchter Abteilung generell wenig
Arbeitsunfälle versorgt werden, da diese Patienten in Österreich überwiegend an den
Unfallkrankenhäusern (ähnlich den deutschen BG Kliniken) versorgt werden.
Behandlungsqualität während des Lockdowns
Die Komplikationsrate änderte sich während des Lockdowns nicht signifikant. Dies bedeutet
zum einen, dass der Anteil elektiver Eingriffe keinen Einfluss auf die Komplikationsrate
zu haben scheint, und andererseits, dass Notfall-, Akut- und dringliche Operationen
während des Lockdowns ohne signifikanten Anstieg der Komplikationsrate durchgeführt
werden konnten. Damit konnte gezeigt werden, dass trotz sämtlicher Beschränkungen
während der Pandemie eine qualitativ konstante Patientenversorgung auf höchstem Niveau
gewährleistet war. Es gilt zu evaluieren, ob im Falle einer neuerlichen Zunahme der
Infektionszahlen sämtliche elektiven Operationen wieder ausgesetzt werden müssen,
oder unter Einhaltung entsprechender Schutzvorkehrungen durchgeführt werden können.
Dies muss auch bei ästhetischen Eingriffen diskutiert werden. Doch es erscheint in
jedem Fall sinnvoll, dass elektive Fälle, welche die Lebensqualität der Patienten
stark einschränken (z. B. Ringbandstenosen oder rekonstruktive Handeingriffe) oder
bei denen es möglicherweise sogar zu einem schlechteren Langzeitergebnis kommen kann
(z. B. progrediente Nervenkompressionssyndrome) oder in besonderen Fällen auch körperformende
Eingriffe mit kurzer Liegedauer, unter Einhaltung entsprechenden Schutzmaßnahmen für
Patienten und Personal dennoch durchgeführt werden sollten. Bei Wiederanstieg der
Infektionsrate könnte man rasch handeln und innerhalb kürzester Zeit wieder auf den
„Pandemiebetrieb“ umstellen [12 ].
COVID-19 positive Patienten
Zum Zeitpunkt der Einreichung des Manuskripts war lediglich bei 2 Patienten (Versorgung
einer Selbstverletzung durch eine Schrotflinte, Wundheilungsstörung nach offener Unterschenkelfraktur)
eine COVID-19 Infektion nachgewiesen worden. Die insgesamt 4 Operationen wurden unter
Einhaltung sämtlicher empfohlener Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt [12 ]. Es gab an unserer Abteilung keine Komplikation, die auf eine COVID-19-Infektion
zurückzuführen war. Die Kapazitäten des Zentrums und seiner Spezialdisziplinen wurde
weitgehend für Patienten freigehalten, für welche eine Behandlung in anderen Krankenhäusern
aufgrund der Komplexität nicht in Frage kam. COVID-19-Verdachtsfälle und -positive
Patienten ohne Zentrumsindikation wurden nach Möglichkeiten in einem peripheren Krankenhaus
behandelt, Nachkontrollen weitestgehend in den niedergelassenen Bereich oder in periphere
Spitalsambulanzen ausgelagert. Dadurch wurde das Risiko einer COVID-19-Infektion innerhalb
des Klinikums reduziert [12 ].
Der ASA Status der während des Lockdowns operierten Patienten war im Jahresvergleich
höher. Das weist darauf hin, dass die durchschnittliche Morbidität der während dieser
Zeit operierten Patienten höher war bzw. diese häufiger relevante Nebendiagnosen aufwiesen,
somit insgesamt kranker waren (siehe [
Tab. 3
]). Nachdem bei multimorbiden Patienten nach Möglichkeit keine elektiven Eingriffe
durchgeführt werden, ist diese Beobachtung zumindest teilweise auf den Wegfall der
Elektiveingriffe zurückzuführen. Umso bemerkenswerter ist, dass es trotz häufigerer
Komorbidität zu keinem signifikanten Anstieg der Komplikationsrate kam.
Zeit nach dem Lockdown – Aufarbeiten des Operationsrückstaus
Während Tumoreingriffe, die streng genommen gut planbar sind, aber unter gewissem
Zeitdruck durchgeführt werden müssen durch den Lockdown nicht betroffen waren, musste
eine Vielzahl plastischer Eingriffe, wie z. B. komplexe Brustrekonstruktionen, körperformende
Eingriffe oder geschlechtsangleichende Operationen aufgrund des operativen Aufwands
verschoben werden. Darüber hinaus wurden auch nicht-dringliche Eingriffe bei multimorbiden
Patienten unter Berücksichtigung des Infektionsrisikos eines Krankenhausaufenthalts
während der Pandemie vorläufig verschoben, so z. B. Dekubitalulzera oder chronische
Schmerzsyndrome. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann über die Auswirkungen dieser Maßnahmen
auf die physische und psychische Gesundheit der betroffenen Patienten keine Aussage
getroffen werden.
Umso mehr gilt es die verschobenen Operationen zeitgerecht nachzuholen, um sogenannte
medizinische „Kollateralschäden“ zu vermeiden und langfristige negative Auswirkungen
auf die Morbidität und Mortalität dieser Patienten zu minimieren [19 ]. Hierfür wird nicht nur eine – zumindest vorübergehende – Erweiterung der Operationskapazitäten
nötig sein; es wird auch einer Steigerung der Bettenanzahl und der Ambulanzkapazität
zur perioperativen Planung und postoperativen Nachbehandlung bedürfen. Dies könnte
beispielsweise durch Verlängerung des Routinebetriebs eines OP-Tisches bis zum Abend
und entsprechender Schichtbesetzung ermöglicht werden. Allerdings ist eine grundsätzliche
Erhöhung von Versorgungskapazitäten bei grundsätzlich eher hoher Auslastung der Abteilung
nicht einfach umzusetzen, sodass davon auszugehen ist, dass entsprechend ausgefallene
Eingriffe als zusätzlicher Faktor im Regelprogramm über längere Zeit berücksichtigt
werden müssen. In einem Konsensbeschluss der European Association of Societies of
Aesthetic Surgery (EASAPS) und der European Society of Plastic, Reconstructive and
Aesthetic Surgery (ESPRAS) wurden Empfehlungen hinsichtlich einer sicheren Wiederaufnahme
des Regelbetriebs als auch bezüglich des Vorgehens im Falle einer erneuten Infektionswelle
definiert [20 ]. Diese Empfehlungen wurden selbstverständlich bei der Planung der Wiederaufnahme
des Regelbetriebs an unserer Abteilung berücksichtigt. Einen Überblick über Möglichkeiten,
den Regelbetrieb in einem Krankenhaus der Maximalversorgung für Personal und Patienten
sicher und ressourcenschonend wieder aufzunehmen, haben Kricheldorff et al. in einer
fundierten Übersichtsarbeit dargestellt [21 ]. Die darin angewandte Behandlungstriage unterscheidet sich etwas von der Einteilung
im Rahmen der Aufarbeitung unserer Daten, erscheint jedoch im Hinblick auf Praktikabilität
im Falle eines erneuten Aussetzens des Elektivprogramms als auch bei der Abarbeitung
der angehäuften Fälle sehr hilfreich. Auch die vermehrte Anwendung von Telemedizin,
insbesondere in der Sprechstunde, scheint in der aktuellen Situation und in Zukunft
von großem Vorteil. Hierfür ist es notwendig auch in Österreich entsprechende Rahmenbedingungen
zu schaffen.
Limitationen
Unsere Daten sind auf den Zeitraum des Lockdowns, einschließlich eines kurzen Zeitfensters
davor beschränkt, weswegen unsere Ergebnisse lediglich eine Momentaufnahme repräsentieren.
Aussagen über Auswirkungen durch den Wegfall elektiver Operationen können zum Zeitpunkt
der Fertigstellung der Arbeit noch nicht getroffen werden.
Schlussfolgerung
Die Ergebnisse haben die Relevanz in der Krankenversorgung und den Beitrag, den die
Plastische Chirurgie dabei leistet, aufgezeigt. Insbesondere ist hervorzuheben, dass
ein wesentlicher Anteil der plastisch-chirurgischen Operationen aus Notfalleingriffen
und dringenden, medizinisch indizierten Operationen besteht. Der Wegfall der elektiven
Operationen hat zu einer Reduktion des OP-Programms auf etwa 42 % der Vollauslastung
geführt. Im Rückschluss darauf sind über 40 % der Operationen der medizinischen Akutversorgung
zuzuordnen. Allerdings ist dies umgekehrt nicht gleichbedeutend damit, dass elektive
Operationen aus medizinischer Sicht als nicht notwendig angesehen werden können. Vielmehr
ist „elektiv“ in diesem Zusammenhang gleichbedeutend damit, dass der jeweilige Eingriff
medizinisch indiziert ist, aber vorübergehend aufgeschoben werden kann, ohne dass
dabei ein Nachteil für den Patienten zu erwarten ist.
Insbesondere in Zeiten einer Pandemie gilt es die dafür notwendigen personellen und
materiellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um die Versorgung der Patienten rund
um die Uhr zu gewährleisten. Um weiterhin eine Versorgung plastisch-chirurgischer
Patienten auf höchstem Niveau sicherzustellen zu können und negative Folgen für Patienten
abzuwenden, ist eine vorübergehende Aufstockung der Operationskapazität inklusive
Betten- und Ambulanzkapazität notwendig. Für mögliche zukünftige Pandemien ist die
Bevölkerung ausreichend über Vermeidung von risikoreichen Verhalten aufzuklären, um
Freizeitunfälle wie sie beim Heimwerken auftreten zu reduzieren. Sollte, wie aktuell
möglicherweise in Teilen Chinas und Japans in Entstehung, eine zweite Welle auftreten,
sollte diskutiert werden inwieweit ein erneuter absoluter Lockdown notwendig und sinnvoll
ist, oder ob Risikogruppen anderweitig ausreichend geschützt werden können. Insbesondere
sollten Kosten und Nutzen sorgfältig abgewogen werden – sowohl im Hinblick auf die
medizinische Versorgung als auch aus gesamtökonomischer Sicht auf mögliche Folgen
auf die physische- und psychische Gesundheit.