Arslan IG.
et al.
Patients’, healthcare providers’, and insurance company
employees’ preferences for knee and hip osteoarthritis care: a
discrete choice experiment.
Osteoarthritis Cartilage 2020;
28: 1316-1324
Patienten, Gesundheitsdienstleister als auch die Mitarbeiter von
Versicherungsgesellschaften bevorzugen in hohem Maße eine gemeinsame
Konsultation durch Allgemeinmediziner und Orthopäden mit niedrigen
Kosten aus eigener Tasche. Innerhalb der Patienten gibt es jedoch eine
erhebliche Präferenzheterogenität. Die Forscher führten
ein diskretes Entscheidungsexperiment durch, um einen Einblick in die
Präferenzen der Studienteilnehmer zu gewinnen und herauszufinden, wie
sie die Eigenschaften von verschiedenen Gesundheitseinrichtungen für
KHOA bewerten und gegeneinander abwägen. In einem diskreten
Entscheidungsexperiment werden die Teilnehmer wiederholt aufgefordert, eine Wahl
zwischen verschiedenen hypothetischen Alternativen zu treffen, was
schließlich ihre Präferenzen offenbart. Die Experten stellten
Patienten, Gesundheitsdienstleistern und Mitarbeitern von
Versicherungsgesellschaften in einem Fragebogen mehrere Alternativen einer
KHOA-Betreuung mit verschiedenen Kombinationen von Attributen (z. B.
Wartezeit auf einen Termin, Höhe von Kosten bei einer Eigenbeteiligung,
Erreichbarkeit der KHOA-Institution, usw.) vor und baten diese, die
persönlichen Präferenzen anzugeben. Die Attribute
wählten die Forscher vorab nach einer Befragung von Experten aus der
KHOA-Versorgung und KHOA-Patienten aus. Neben dem Fragebogen erhoben die
Wissenschaftler bei den Patienten außerdem Daten zur Demografie
(z. B. Geschlecht, Alter, Beschäftigungsstatus), zu
gesundheitsbezogenen Fragen (Dauer der Knie-/Hüftbeschwerden,
Schmerzen, Grad der Verletzung, Lebensqualität) und zu Erfahrungen mit
der Gesundheitsversorgung. Die Fragebögen für
Gesundheitsdienstleister und Mitarbeiter von Versicherungsgesellschaften
enthielten demografische Fragen und arbeitsbezogene Fragen (z. B. Beruf
und Bildungsniveau). Die Teilnehmer rekrutierten die Forscher über einen
kommerziellen Anbieter von Umfragestichproben (Dynata).
Die Wissenschaftler schlossen 648 KHOA-Patienten, 76 Gesundheitsdienstleister und
150 Mitarbeiter von Versicherungsgesellschaften in die Analyse ein. Die Forscher
identifizierten 6 wichtige Attribute: Gesundheitsversorgung mit geringer
Kostenbeteiligung, gemeinsame Konsultation von Hausarzt und Orthopäde,
lange Konsultation, direkter Zugang zu Spezial-Equipment, kurze Anfahrtswege und
kurze Wartezeiten. Eine niedrige Selbstbeteiligung erwies sich für
Patienten und Gesundheitsdienstleister im Vergleich zu allen anderen Attributen
am wichtigsten. Im Gegensatz hierzu erachteten die Mitarbeiter der Krankenkassen
eine gemeinsame Beratung durch Allgemeinmediziner und Orthopäden am
wichtigsten. Die Dauer der Konsultation war für Patienten und
Beschäftigte der Krankenkasse am unwichtigsten, während
für die Leistungserbringer im Gesundheitswesen die Wartezeiten am
unwichtigsten waren. Eine latente Klassenanalyse zeigte, dass KHOA-Patienten
ohne Gelenkersatz zu einer Gesundheitsversorgung mit niedrigen Kosten aus
eigener Tasche tendieren. Patienten mit einem Gelenkersatz und/oder
geringer krankheitsspezifischer Lebensqualität tendierten hingegen zu
einer Versorgung durch einen Orthopäden. Patienten, die bereits wegen
Knie- oder Hüftproblemen behandelt wurden, bevorzugen eher eine
gemeinsame Beratung durch einen Allgemeinmediziner und einen Orthopäden
sowie einen direkten Zugang zu Spezialgeräten.
Patienten mit Knie- und Hüftgelenksarthrose (KHOA),
Gesundheitsdienstleister im KHOA-Sektor als auch Versicherungsangestellte
legen im Rahmen der medizinischen Betreuung viel Wert auf eine gemeinsame
Konsultation von Allgemeinmedizinern und Orthopäden und auf eine
niedrige Selbstbeteiligung an den Kosten der Behandlung. Die Ergebnisse
dieser Studie können helfen, durch eine Auswahl passender Attribute
eine stärker individualisierte Gesundheitsversorgung im KHOA-Sektor
zu etablieren, so die Autoren.
Dr. Maddalena Angela Di Lellis, Tübingen