Fatima T.
et al.
The absolute risk of gout by clusters of gout-associated comorbidities and
lifestyle factors-30 years follow-up of the Malmö Preventive
Project.
Arthritis Res Ther 2020;
22: 244
DOI:
10.1186/s13075-020-02339-0
Hierzu werteten sie Daten von 22 057 Personen aus, die zwischen 1974 und 1992
an einem populationsbasierten Screeningprogramm (Malmö Preventive
Project/MPP) bezüglich kardiovaskulärer Risikofaktoren,
Alkoholabusus sowie Brustkrebs teilgenommen hatten. Alle Personen hatten bei
Studieneintritt umfassende klinische und laborchemische Untersuchungen absolviert
und waren zu ihren Lebensgewohnheiten befragt worden. Die Forscher beobachteten die
Teilnehmer prospektiv bis zur ersten Gichtdiagnose, dem Tod, dem Wegzug aus der
Region Malmö bzw. bis Ende 2014. Mithilfe einer Clusteranalyse gruppierten
sie die Studienteilnehmer entsprechend typischer Konstellationen von
Komorbiditäten und Lebensstilfaktoren in 5 verschiedene
phänotypische Cluster. Die hierbei gebündelten Variablen umfassten
die Adipositas, Nierenfunktionsstörungen, den Diabetes mellitus, die
Hypertonie, kardiovaskuläre und pulmonale Erkrankungen, die
Dyslipidämie, Rauchen sowie die Diuretikaanwendung. Abschließend
berechneten die Forscher für jeden der 5 Phänotypen das
Erkrankungsrisiko.
Ergebnisse
66% der 22 057 Studienpatienten waren Männer. Die
Nachbeobachtungszeit betrug bis zu 30 Jahre (Durchschnitt: 28,2 Jahre). Folgende
5 Konstellationen Gicht-assoziierter Komorbiditäten und
Lebensstilfaktoren beschreiben die Wissenschaftler:
-
Cluster 1 (n=16 063; 72,8%): Durchschnittsalter
46 Jahre, vorwiegend gesunde Personen, selten Hypertonie oder
Lungenerkrankungen
-
Cluster 2 (n=750; 3,4%): Durchschnittsalter 51 Jahre,
alle Personen haben chronische Nierenfunktionsstörung, keine
Person hat Diabetes, Herzkreislauferkrankungen oder wendet Diuretika
an
-
Cluster 3 (n=528; 2,4%): Durchschnittsalter 48 Jahre,
alle Personen haben kardiovaskuläre Erkrankungen, 74%
Raucher, hoher Anteil von Patienten mit Lungenerkrankungen bzw.
riskantem Alkoholkonsum
-
Cluster 4 (n=3673; 16,7%): Durchschnittsalter 47 Jahre,
75% Männer, hohe Adipositas- und
Dyslipidämie-Rate
-
Cluster 5 (n=1043; 4,7%): Durchschnittsalter 48 Jahre,
hoher Anteil von Diabetikern, Hypertonikern und Diuretikaanwendern
910 Studienpatienten (4,1%) entwickelten nach einer durchschnittlichen
Nachbeobachtungszeit von 27,5 Jahren eine Gichterkrankung. 60% der
Fälle betrafen dabei das Cluster 1 und 26% das Cluster 4. Die
höchste Gichtinzidenz (276,8 pro 100 000 Personenjahre mit
Risiko) beobachteten die Forscher in Cluster 2 und das höchste relative
Risiko in Cluster 2 (Hazard Ratio 2,31; 95% KI 1,73–3,07) und 3
(Hazard Ratio 2,41; 95% KI 1,63–3,58). Insgesamt errechnete sich
im Vergleich zum Cluster 1 in allen anderen Clustern ein um das 2- bis 3-Fache
erhöhtes Gichtrisiko.
Obwohl die verschiedenen Komorbiditäten- und
Lebensstil-Konstellationen mit einem erhöhten relativen Risiko
für eine neu diagnostizierte Gicht einhergehen, ereignet sich die
Mehrzahl der Gichterkrankungen offenbar in der Gruppe der nicht oder nur
gering durch Begleiterkrankungen vorbelasteten Personen, so das Fazit der
Autoren. Ihre Vermutung: Andere Faktoren wie die Genetik oder
Umwelteinflüsse scheinen eine noch stärkere Rolle bei der
Gichtentstehung zu spielen.
Dr. med. Judith Lorenz, Künzell