Aktuelle Rheumatologie 2021; 46(01): 22
DOI: 10.1055/a-1274-4289
Für Sie notiert

Metformin verringert Risiko für rheumatoide Arthritis

Contributor(s):
Markus Numberger
Naffaa ME. et al.
Adherence to metformin and the onset of rheumatoid arthritis: a population-based cohort study.

Scand J Rheumatol 2020;
49: 173-180
DOI: 10.1080/03009742.2019.1695928.
 

    Metformin wird zur Blutzuckersenkung bei Typ-2-Diabetes angewandt. Tierexperimentelle Studien belegen eine positive Wirkung von Metformin insbesondere bei rheumatoider Arthritis (RA), aber auch bei Osteoarthritis (OA). Allerdings ist nur wenig über den Zusammenhang zwischen der Einnahme von Metformin und dem RA-Risiko bekannt. Diese Arbeit untersuchte, ob die Adhärenz zu Metformin einen Einfluss auf das Langzeitrisiko einer RA hat.


    #

    Methoden

    Die retrospektive Kohortenanalyse wurde anhand der Daten von 2,3 Mio. Mitgliedern einer israelischen Krankenkasse durchgeführt, die repräsentativ für die israelische Allgemeinbevölkerung sind. Die Autoren identifizierten daraus alle erwachsenen Patienten, die zwischen 1998 und 2014 eine Therapie mit Metformin begonnen hatten (Indexdatum). Ausgeschlossen waren Patienten mit einer dokumentierten Diagnose von RA vor oder bis zu 12 Monate nach dem Indexdatum, außerdem Patienten mit immunsuppressiven Medikamenten. Die Adhärenz bei Metformin wurde anhand der Proportion of follow-up Days Covered (PDC) gemessen. Die PDC wird definiert als die Anzahl der Nachbeobachtungstage mit abgegebenem Metformin, dividiert durch die die Gesamtnachbeobachtungszeit in Prozent.


    #

    Ergebnisse

    Nach Anwendung der Ein- und Ausschlusskriterien wurden insgesamt 113 749 Patienten für die Studie ausgewählt. Das mittlere Alter betrug 57,5 Jahre, 48% waren Frauen, die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 8,0 Jahre. Patient(inn)en mit einem hohen PDC mit Metformin (>80%) waren mit höherer Wahrscheinlichkeit älter und wiesen eine höhere Prävalenz chronischer Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkankungen, Krebs und Adipositas auf als nicht-adhärente Patienten. Während der Nachbeobachtungszeit der Studie (908 121 Personenjahre) traten 558 RA-Fälle auf, was einer Inzidenzrate von 61 pro 100 000 Personenjahre entspricht. In allen Altersgruppen war die Inzidenzrate der RA bei Frauen höher als bei Männern und stieg mit zunehmendem Alter an, wobei die maximale Inzidenz bei Frauen in der Altersgruppe der 65–74 jährigen lag (124 pro 100 000 Personenjahre).

    Die Ergebnisse der Studie zeigen einen signifikanten und klinisch bedeutsamen Zusammenhang zwischen einer Metformin-Behandlung und einem verringerten Risiko, an RA zu erkranken. Patienten mit einem PDC <20% hatten die geringste RA-freie Überlebensrate, während diejenigen mit einem PDC von 40–59% die höchste Überlebensrate hatten (adjusted hazard ratio [HR] 0,62). Ebenso war bei Patienten, die eine mittlere tägliche Metformin-Dosis von 2550 mg oder mehr erhielten, die Wahrscheinlichkeit, eine RA zu entwickeln, geringer als bei Patienten, die eine Dosis von ≤850 mg erhielten (HR 0,62).

    Der Zusammenhang zwischen der Einnahme von Metformin und dem RA-Risiko war nichtlinear und pendelte sich bei einem PDC von 40% ein. Ein additiver Interaktionseffekt zeigt sich zwischen der Einhaltung der Metformin-Tagesdosis und der Höhe der Tagesdosis.

    Fazit

    Die erhobenen Daten sind umfangreich und vielversprechend, solange, aber keine Ergebnisse aus randomisierten, plazebokontrollierten Studien vorliegen, wird Metformin nicht in das therapeutische Standardrepertoire von Rheumatologen aufgenommen. Bis dahin kann aber schon ein großer Teil der rheumatologischen Patienten von dem Medikament profitieren, z. B. diejenigen mit begleitender Adipositas und Typ-2-Diabetes – beides Erkrankungen, die stark mit rheumatologischen Erkrankungen wie RA, OA und Gicht assoziiert sind.

    Dr. Markus Numberger, Kandel


    #
    #

    Publication History

    Article published online:
    16 February 2021

    © 2021. Thieme. All rights reserved.

    Georg Thieme Verlag KG
    Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany