Belli S.
et al.
Low physical functioning and impaired performance of activities of daily life in COVID-19
patients who survived hospitalisation.
Eur Respir J 2020;
56: 2002096
DOI:
10.1183/13993003.02096-2020
Das Istituti Clinici Scientifici Maugeri (IRCCS) in Veruno, Italien, ist eigentlich
eine Rehabilitationsklinik mit einer eigenen Abteilung für pneumologische Rehabilitation.
Diese Abteilung wurde zu Beginn der COVID-19-Pandemie als Corona-Station umgebaut,
auf die Patienten mit bestätigter SARS-CoV-2-Infektion aus den umliegenden Kliniken
für die Akutversorgung verlegt werden konnten, falls dort die Kapazitäten überschritten
waren. In dieser retrospektiven Studie werteten die Autoren Daten von 115 Patienten
aus, die in das IRCCS überwiesen worden waren. Hier erhielten sie eine Pharmakotherapie
gegen COVID-19, eine frühe Mobilisierung am Bett (täglich maximal 30 Minuten) sowie
in einigen Fällen eine psychologische Unterstützung. Nach der Aufnahme in das IRCCS
und vor der Entlassung nach Hause (nach 2 negativen PCR-Tests) absolvierten die Patienten
verschiedene Tests zur Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit: Den „1 minute
sit to stand“-Test, den Short Physical Performance Battery (SPPB) zur Beurteilung
der Kraft in den unteren Extremitäten sowie den Barthel-Index zur Bewertung der möglichen
Einschränkungen bei Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL). Auch weitere Daten wie
Geschlecht, Alter, Body-Mass-Index und Komorbiditäten der Patienten wurden berücksichtigt.
In die Analyse flossen die Daten von 115 konsekutiven Patienten mit bestätigter SARS-CoV-2-Infektion
ein, darunter 49,5 % Frauen. Das mittlere Alter lag bei 74,3 Jahren, der BMI im Durchschnitt
bei 26,2. Die Patienten hatten im Mittel etwa 2 Wochen in der Akutklinik gelegen,
bevor sie nach Veruno kamen. Innerhalb der folgenden 2 – 45 Tage starben 8 dieser
Patienten; diese waren durchschnittlich 83,5 Jahre alt und litten unter mehreren Begleitkrankheiten,
die meisten von ihnen waren bei Ankunft in Veruno bettlägerig. Es wurden 103 Patienten,
darunter 51,5 % Männer, nach durchschnittlich 16,1 Tagen im IRCCS nach Hause entlassen.
11,7 % von ihnen waren in der Akutklinik mechanisch beatmet worden, 8,7 % waren nichtinvasiv
mit Sauerstoff versorgt worden.
Bei der Ankunft in Veruno konnten 42 % der Patienten den „1 minute sit to stand“-Test
absolvieren, die meisten mit schlechtem Ergebnis. Der SPPB fiel bei 74,4 % sehr niedrig
aus. Etwa zwei Drittel der Patienten erreichte beim Barthel-Index nur eine niedrige
Punktzahl (≤ 60 Punkte). Zum Zeitpunkt der Entlassung hatten sich die Ergebnisse aller
3 Tests im Durchschnitt deutlich verbessert. Allerdings schnitt weiterhin etwa ein
Drittel der Patienten recht schlecht im „1 minute sit to stand“-Test ab, die Mehrheit
zeigte niedrige oder mäßig gute Punktwerte im SPPB, und knapp die Hälfte hatte deutliche
Probleme, wenn es um die Alltagsaktivitäten ging. Viele Patienten benötigten weiterhin
Hilfe bei den Mahlzeiten, bei der persönlichen Hygiene und/oder hatten Schwierigkeiten
mit der Kontinenz und der Mobilität zu Hause (etwa Treppensteigen, sicheres Gehen).
Die hier berücksichtigten Patienten sind laut der Autoren repräsentativ für COVID-19-Patienten,
die in Italien stationär behandelt wurden. Wie sich zeigte, sind viele von ihnen trotz
einer ersten Mobilisierung bzw. Physiotherapie auch nach der Entlassung körperlich
noch deutlich eingeschränkt. Nötig wäre also eine Rehabilitation im Anschluss. Allerdings
sind diese Möglichkeiten in Norditalien derzeit begrenzt, da viele Reha-Einrichtungen
für die Versorgung von COVID-19-Patienten gebraucht werden.
Dr. med. Susanne Meinrenken, Bremen