Aktuelle Rheumatologie 2021; 46(01): 20
DOI: 10.1055/a-1265-3883
Für Sie notiert

Rheumatoide Arthritis und Diabetes Typ 2

Contributor(s):
Judith Lorenz
Jin Y. et al.
Risk of Incident Type 2 Diabetes Mellitus Among Patients With Rheumatoid Arthritis: A Population-Based Cohort Study.

Arthritis Care Res (Hoboken) 2020;
72: 1248-1256.
DOI: 10.1002/acr.24343.
 

Ob Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis (RA) überproportional häufig an einem Diabetes mellitus Typ 2 erkranken, wird in der wissenschaftlichen Literatur kontrovers diskutiert. US-Forscher untersuchten diese Fragestellung nun im Rahmen einer retrospektiven Kohortenstudie. Sie bildeten dabei die Diabetesinzidenz in 4 verschiedenen Vergleichsgruppen ab.


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Anhand der Datenbank einer großen kommerziellen US-Krankenversicherung identifizierten die Wissenschaftler vom Brigham and Women's Hospital in Boston 112 528 RA-Patienten, welche zwischen 2005 und 2017 mindestens 2 RA-Diagnosen sowie mindestens eine DMARD (disease modifying drug)-Verordnung erhalten hatten. Die Kontrollkollektive bildeten 12 837 084 Personen aus der Allgemeinbevölkerung, welche nicht an einer RA litten, 2 452 911 Hypertoniepatienten, 379 900 Arthrosepatienten sowie 15 055 Patienten mit einer Psoriasisarthritis. Jede Vergleichsperson hatte ebenfalls mindestens 2 erkrankungsspezifische Diagnosen sowie mindestens eine Verordnung erkrankungsspezifischer Medikamente erhalten. Als primären Studienendpunkt definierten die Forscher die Inzidenz des Typ 2-Diabetes (neue Diabetesdiagnose plus mindestens eine Antidiabetika-Verordnung). Je 108 568 Personen der RA-, der Allgemeinbevölkerungs-, der Hypertonie- und der Arthrosegruppe ordneten die Forscher einander bezüglich des Alters, des Geschlechts sowie des Indexdatums zu. In der Psoriasisarthritisgruppe war ein solches Matching mangels ausreichender Fallzahlen nicht möglich.

Ergebnisse

Das Durchschnittsalter der 108 568 RA-, Allgemeinbevölkerungs-, Hypertonie- und Arthrosepatienten betrug 55,6 Jahre und das der Psoriasisarthritispatienten 48,6 Jahre. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 1,6 Jahren stellten die Wissenschaftler die niedrigste Typ 2-Diabetes-Inzidenzrate im Kollektiv der RA-Patienten (7,0 pro 1000 Personenjahre) und die höchste im Kollektiv der Hypertoniepatienten (12,3 pro 1000 Personenjahre) fest. In der Allgemeinbevölkerung, im Arthrosekollektiv und im Psoriasisarthritis-Kollektiv betrugen die Inzidenzraten 7,4, 7,8 bzw. 9,9 pro 1000 Personenjahre. Nach Adjustierung bezüglich mehr als 40 Basis-Kovariablen (z. B. demografische Parameter, Komorbiditäten, Medikamentenanwendung, Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen) errechnete sich für das RA-Kollektiv im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ein signifikant geringeres Typ 2-Diabetesrisiko (Hazard Ratio 0,72; 95% KI 0,66–0,78). Ähnliches galt für den Vergleich mit der Hypertoniekohorte (Hazard Ratio 0,65; 95% KI 0,60–0,71), der Arthrosekohorte (Hazard Ratio 0,75; 95% KI 0,69–0,81) sowie der Psoriasisarthritis-Kohorte (Hazard Ratio 0,76; 95% KI 0,67–0,86). Dies entsprach einer Risikoabnahme im Vergleich zu den 4 Kontrollkollektiven zwischen 24 und 35%.

Fazit

Die Ergebnisse der großen populationsbasierten Studie belegen, so das Fazit der Autoren: Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis weisen sowohl im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung als auch zu Patienten mit einer Hypertonie, einer Arthose oder einer Psoriasisarthritis ein deutlich geringeres Risiko für einen Typ 2-Diabetes auf. Zukünftige Studien müssen nun ihrer Ansicht nach klären, inwiefern sich eine behandelte und eine nicht behandelte RA bezüglich des Diabetesrisikos unterscheiden.

Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


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Publication History

Article published online:
16 February 2021

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