Aktuelle Rheumatologie 2020; 45(06): 504-505
DOI: 10.1055/a-1265-3706
Für Sie notiert

Schmerzen, Lebensqualität und Gehgeschwindigkeit nach Gonarthrose-Übungsprogramm

Judith Lorenz
 

Die Behandlung der ersten Wahl für Patienten mit einer Kniegelenkarthrose umfasst die Schulung sowie die angeleitete Übungstherapie. Anhand welcher Parameter lässt sich der Erfolg einer solchen Behandlung im Hinblick auf die Schmerzbelastung, die Lebensqualität sowie Alltagsfunktionen wie die Gehfähigkeit der Betroffenen vorhersagen? Diese Fragestellung untersuchte ein Team dänischer Forscher mithilfe einer Registerstudie.


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Die Wissenschaftler werteten die Daten der GLA:D®-Initiative aus. Im Rahmen dieses im Jahr 2013 gestarteten Programms erhalten registrierte Gonarthrosepatienten 2 Schulungen und absolvieren über einen Zeitraum von 6 Wochen zweimal pro Woche eine neuromuskuläre Übungstherapie. Vor, unmittelbar nach der Programmteilnahme sowie nach 12 Monaten werden verschiedene Patientendaten erhoben, funktionelle Tests durchgeführt und die Patienten zu subjektiven Veränderungen befragt. Die Wissenschaftler prüften nun an einem Kollektiv von 6767 zwischen 2014 und 2017 in das Register aufgenommenen Patienten, inwiefern sich die Programmteilnahme auf die mittels visueller Analogskala gemessene Schmerzintensität, auf die mittels KOOS (Knee Injury and Osteoarthritis Outcome Score) gemessene kniebezogene Lebensqualität sowie die Gehgeschwindigkeit auswirkte. Anschließend prüften sie 51 verschiedene im Rahmen der Programmteilnahme erfasste Patientenvariablen im Hinblick auf ihre prädiktive Bedeutung bezüglich dieser Endpunkte. Das Vorhersagemodell validierten sie anschließend an einem unabhängigen Kollektiv von mehr als 2800 Patienten, welche zwischen 2017 und 2018 in das Programm aufgenommen worden waren.

Ergebnisse

Die Validierung des Vorhersagemodells unter Einschluss der Variablen mit der besten Performance ergab bezüglich der Schmerzintensität, der Lebensqualität sowie der Gehgeschwindigkeit R2s von 0,34, 0,18 bzw. 0,07. R2 zeigt an, welcher Anteil der Varianz eines Endpunkts durch das Modell erklärt werden kann. Die Programmteilnehmer erfuhren im Schnitt eine Schmerzreduktion um 14,4 Punkte auf der 0–100 mm umfassenden visuellen Analogskala, eine Verbesserung der kniebezogenen Lebensqualität um 5,5 Punkte (0–100) und eine Zunahme der Gehgeschwindigkeit um 0,1m/s. Anhand dieser durchschnittlichen Verbesserungen berechneten die Wissenschaftler in der Validierungskohorte den durchschnittlichen Prädiktionsfehler. Hier ergaben sich im Hinblick auf die 3 Endpunkte absolute durchschnittliche Differenzen von 17,64 mm, 11,28 Punkten und 0,14 m/s. Bei der Berechnung des Prädiktionsfehlers aus dem kontinuierlichen Vorhersagemodell im Vergleich zu den tatsächlichen Veränderungen ergaben sich ähnliche oder leicht bessere absolute durchschnittliche Differenzen von 14,65 mm, 10,32 Punkten bzw. 0,14 m/s.

Fazit

Keine der 51 untersuchten Variablen bietet einen klinisch relevanten Vorteil im Hinblick auf die Prädiktion des zu erwartenden Ergebnisses einer Schulungs- und Übungsbehandlung von Gonarthrosepatienten, schlussfolgern die Forscher. Sie halten daher die Entwicklung eines entsprechenden Algorithmus nicht für sinnvoll. Insgesamt dürfen die Patienten von der Programmteilnahme eine Verbesserung aller Endpunkte erwarten, wobei eine relevante Lebensqualitätsverbesserung nicht unmittelbar eintritt.

Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


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Publication History

Article published online:
04 December 2020

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