Aktuelle Rheumatologie 2020; 45(05): 392
DOI: 10.1055/a-1263-3765
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Rheuma: Mit weniger Kortison auskommen

Burmester G. et al.
Continuing versus tapering glucocorticoids after achievement of low disease activity or remission in rheumatoid arthritis (SEMIRA): a double-blind, multicentre, randomised controlled trial.

Lancet 2020;
396: 267-276
 

    Müssen Kortisonpräparate bei chronischen Entzündungskrankheiten wie Rheuma langfristig genommen werden? Oder lässt sich die Therapie frühzeitig absetzen, um typische Nebenwirkungen zu vermeiden? Und wie kann man diese Präparate absetzen, ohne dass es zu einem Entzugssyndrom kommt? Das hat ein Forschungsteam unter Leitung der Charité – Universitätsmedizin Berlin jetzt in der großangelegten europäischen SEMIRA-Studie untersucht. Das Ergebnis: Die Fortsetzung der Kortisongabe zeigte zwar einen etwas besseren Behandlungserfolg, aber auch das Absetzen gelang in den meisten Fällen. So könnten langfristige Nebenwirkungen der Behandlung vermieden werden.


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    „Es gab bislang keine Ergebnisse aus doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Studien, in denen ein niedrig dosiertes Prednison – das gängigste Kortisonpräparat – in einem Absetz-Schema mit gleichbleibend dosiertem Prednison verglichen wurde. In der SEMIRA-Studie haben wir dies beispielhaft bei dem Krankheitsbild der rheumatoiden Arthritis analysiert, das besonders häufig mit Glucocorticoiden behandelt wird“, erklärt der Erstautor der Studie, Prof. Gerd Rüdiger Burmester.

    Alle Patienten der Studie hatten mindestens über 6 Monate hinweg Glukokortikoide erhalten und damit ihre Entzündungserkrankung weitgehend unter Kontrolle. In der Kontrollgruppe wurde die Behandlung mit einer niedrigen Prednisondosis über 6 Monate fortgesetzt, im Absetz-Schema hingegen wurde die Therapie schrittweise reduziert und schließlich nach 4 Monaten ganz abgesetzt. Beide Gruppen erhielten darüber hinaus eine Begleittherapie mit dem Interleukin-6-Rezeptor-Antikörper Tocilizumab. Bei 77% der Patienten, die eine gleichbleibende Prednisondosis erhielten, gelang es, ein Wiederaufflammen der Entzündungen zu verhindern. Ein solcher Behandlungserfolg stellte sich auch bei 65% der Betroffenen ein, deren Therapie heruntergefahren wurde. Erfreulicherweise blieben beide Gruppen von klinisch relevanten Veränderungen ihrer Laborwerte, Entzugserscheinungen oder schwerwiegenden Problemen verschont.

    „Die Behandlungserfolgsrate von 65% beim Ausschleichen der Kortisonpräparate ist für eine gemeinsame Entscheidungsfindung mit den Betroffenen von großer Bedeutung. Es kann nun im Einzelfall beurteilt werden, ob eine weitere Therapie mit Glukokortikoiden sinnvoll ist oder ein Absetzen versucht wird“, sagt Prof. Burmester. „Unsere Ergebnisse bieten zudem einen Rahmen für Untersuchungen zum Absetzen von Glukokortikoiden auch in anderen Therapiesituationen – etwa in der Allergologie, Neurologie oder Dermatologie –, bei denen diese Präparate ebenfalls verabreicht werden und eine Ungewissheit hinsichtlich der Risiken und Vorteile eines Absetzens besteht“.

    Nach einer Pressemitteilung der Charité


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    Publication History

    Article published online:
    14 October 2020

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