Die vollständigsten Informationen über koinzidente COVID-19 und COPD liegen aus China
vor. Die Inzidenz der COPD beträgt dort bei > 40-Jährigen 13,6 %. Die meisten Untersuchungen
betrafen auch hier stationäre Patienten. 0 – 10 % der hospitalisierten Erkrankten
mit COVID-19 hatten eine COPD. Ergebnisse aus anderen Ländern waren vergleichbar.
Anders bei den intensivmedizinisch behandelten Patienten. Die Prävalenz einer COPD
unterschied sich in den Studien mit z. B. 4 % (USA, Italien) und 38 % (Spanien, USA),
wobei auch die Patientenzahlen stark variierten. Andere untersuchten die Prävalenz
chronischer Lungenerkrankungen insgesamt und kamen ebenfalls zu unterschiedlichen
Ergebnissen (2 % – 17,7 %). Leung et al. fassen zusammen, dass andere Komorbiditäten
wie Diabetes und arterielle Hypertonie für die SARS-CoV-2-Infektion offenbar bedeutsamer
seien.
Demgegenüber stehen vermehrt schwere Verläufe, wenn Patienten mit COPD an COVID-19
erkranken. In einer chinesischen Studie hatten Patienten mit COPD ein 2,681-fach gesteigertes
Risiko für eine Intensivbehandlung, maschinelle Beatmung oder Tod (95 %-Konfidenzintervall
1,424 – 5,048; p = 0,002). Dies galt auch unter Berücksichtigung des Alters und eines
Nikotinabusus. 62,5 % der schweren COVID-19-Fälle und 15,3 % der weniger schwer Erkrankten
hatten eine COPD. 25 % der Verstorbenen und 2,8 % der Überlebenden waren COPD-Patienten.
Die ungünstigeren Verläufe seien teilweise durch eine gesteigerte ACE-2-Expression
bei COPD-Patienten und Rauchern und den dadurch erleichterten Zelleintritt des Virus
zu erklären.
In Analogie zu Patienten mit Asthma sollten auch bei Patienten mit COPD weiter inhalative
Kortikosteroide erhalten. Die Applikation systemischer Steroide ist umstritten. Die
deutliche Absenkung der COVID-19-Mortalität in der RECOVERY-Studie spräche aber insgesamt
für Dexamethason als Teil der Standardversorgung. Die Autoren empfehlen Inhalte zukünftiger
Forschungsvorhaben zu COVID-19/COPD:
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Krankheitslast, klinische Zeichen und Ergebnisse im Vergleich zu Patienten ohne COPD,
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Unterschiede bei COPD-Phänotypen,
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Schaden und Nutzen der Standardmedikation für COPD,
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Behinderungsgrad von Patienten mit COPD und COVID-19,
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COPD und ACE-2-System als Ziel neuer Therapien,
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Rolle von Rauchen und Luftverschmutzung und
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Erfahrungen mit digitaler Medizin in der Pandemie.
Nicht nur wegen des Risikos für einen schweren Verlauf ist die Pandemie für Patienten
mit COPD besonders schwierig: ambulante „Face-to-Face“-Termine entfielen, Rehabilitationsprogramme
wurden verkürzt und Hausbesuche gestoppt. Der Verzicht auf eine Vorstellung im Krankenhaus
aus Angst vor SARS-CoV-2 habe wie bei anderen Krankheiten Behandlungen verzögert.
Die langfristigen Folgen dieser Pause in der Standardversorgung seien bislang nicht
messbar. In Studien war die Telemedizin bei COPD dem Standard mindestens nicht unterlegen.
Leung et al. befürworten den Ausbau virtueller Programme für eine optimale Betreuung
der Patienten, insbesondere wenn das Social Distancing mehrere Monate notwendig bleibt.
Dr. med. Susanne Krome