Adipositas - Ursachen, Folgeerkrankungen, Therapie 2021; 15(01): 4-5
DOI: 10.1055/a-1252-5762
Editorial

Adipositas und kardiovaskuläre Erkrankungen

Holger Thiele

Das Thema Adipositas und kardiovaskuläre Erkrankungen steht im Fokus der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Adipositas“ und fügt sich damit in das Leitbild der Zeitschrift ein, mit dem Ziel, Ursachen, Folgeerkrankungen und Therapie der Adipositas zu beleuchten.

Es freut uns daher besonders, dass wir im 15. Publikationsjahrgang die neuesten Forschungsergebnisse in der Adipositas im Zusammenspiel mit kardiovaskulären Erkrankungen von namhaften Experten auf dem Gebiet vorstellen können. Vorrangiges Ziel war/ist wie immer, die Evidenzbasierte Medizin aus der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnis heraus in die klinische Praxis umzusetzen bzw. näher zu bringen.

Ein ganz aktuelles Thema, das uns auch in der derzeitigen 2. Welle der COVID-19-Pandemie sehr stark tangiert, wurde von der Arbeitsgruppe aus Aachen um Dr. Balfanz, Prof. Marx und Prof. Müller-Wieland hervorragend aufgearbeitet. Die Assoziation der Adipositas mit dem Verlauf einer COVID-19-Erkrankung. Die Aachener Kollegen hatten ja besonders in der 1. Welle viele COVID-19-Patienten zu versorgen. Diese unrühmliche „führende“ Position wurde jetzt in der 2. Welle eher von sächsischen Kliniken übernommen, und von der Erfahrung der Aachener Kollegen können alle nur profitieren.

Dass die Adipositas mit einer Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) assoziiert ist, wissen wir seit langem. Die HFpEF ist für ungefähr 50% aller Herzinsuffizienz-Fälle in Deutschland verantwortlich. Die Kollegen der Arbeitsgruppe um Prof. Lurz aus der Universitätsklinik für Kardiologie des Herzzentrums Leipzig versuchen die Frage zu beantworten, ob die Adipositas dabei eher die Henne oder das Ei in der Entstehung der HFpEF ist.

Adipositas im Jugendalter und die kardiovaskulären Implikationen für die Zukunft wurden von der Kinderklinik des Universitätsklinikums Leipzig mit den Autoren Dr. Stein, Prof. Kiess und Frau Prof. Körner spannend und inhaltsreich aufbereitet. Basierend darauf besitzt die Aussage, dass Adipositas ein kardiovaskulärer Risikofaktor ist, der zu früher Atherosklerose führt und damit die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität negativ beeinflusst, sicherlich Allgemeingültigkeit. Allerdings ist Adipositas bei Patienten mit manifester Herzerkrankung, wie bei Herzinsuffizienz oder auch koronarer Herzerkrankung oder nach akutem Myokardinfarkt, mit einem besseren Überleben assoziiert. Dieses scheinbare Paradox auf die kardiovaskuläre Mortalität betrachtet Prof. Döhner von der Charité Berlin evidenzbasiert und klinisch aufschlussreich.

Dass Sport nicht nur bei Adipositas empfohlen wird, ist unabhängig von medizinischem Wissen eine allgemeingültige Aussage. Welche positiven kardiovaskulären Effekte wir aber insbesondere bei Adipositas erwarten können, hat Frau Prof. Erbs – ebenfalls aus der Universitätsklinik für Kardiologie des Herzzentrums Leipzig – für Sie hervorragend aufgearbeitet.

Wegen der raschen wissenschaftlichen Entwicklungen ist es mehr als sinnvoll, sich in wiederkehrenden Abständen mit diesem Thema der Adipositas und kardiovaskulären Erkrankungen auseinanderzusetzen und den aktuellen Wissensstand in den klinischen Alltag zu integrieren. Dazu soll dieses Heft einen Beitrag leisten.

Wir hoffen, dass wir mit der Themenauswahl und den Autoren den richtigen Nerv getroffen haben und Sie damit auf den aktuellen Informationsstand bezüglich eines sich rasch entwickelnden spannenden Themas zu bringen.

Ihr Holger Thiele

Universitätsmedizin Leipzig



Publication History

Article published online:
12 March 2021

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