Aktuelle Rheumatologie 2021; 46(01): 1-2
DOI: 10.1055/a-1247-7742
Editorial

Editorial

Anne-Kathrin Tausche
 

    Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen in der Rheumatologie,

    im vorliegenden Schwerpunktheft soll es im Wesentlichen um ganz verschiedene Aspekte der Kristallarthritis Gicht gehen.


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    Anne-Kathrin Tausche

    Die Gicht ist die häufigste Arthritis; aktuelle epidemiologische Untersuchungen in Deutschland haben gezeigt, dass gerade Männer im berufstätigen Alter in bis zu 7% von einer Gicht betroffen sind. In der Regel werden die Patienten mit akuten Gichtanfällen primär von ihren Hausärzten gesehen und therapiert. Weltweit, so auch in Deutschland, ist in den letzten Jahrzehnten jedoch zu beobachten, dass trotz publizierter Leitlinien mit klaren Behandlungsempfehlungen die Schwere der Gichterkrankung zuzunehmen scheint: immer mehr Patienten kommen mit einer tophösen oder schwierig zu behandelnden Gicht beim Rheumatologen zur Vorstellung. Die Gründe hierfür können an dieser Stelle nur spekuliert werden. Zum einen scheint die Primärversorgung noch immer nicht optimal zu sein, d.h. das von den rheumatologischen Fachgesellschaften empfohlene „treat-to-target“ Konzept wird nicht ausreichend stringent verfolgt. So gibt es nach wie vor noch die Orientierung an von den Laboren regional ganz unterschiedlich angegebenen Normalwerten für die Serumharnsäure, von denen wir wissen, dass diese beim Vorliegen einer Gicht völlig irrelevant sind. Oftmals scheint auch die Dualität der Therapie, die aus antiinflammatorischer Akutbehandlung des Gichtanfalles und kausaler Behandlung der zugrundeliegenden Hyperurikämie besteht, noch nicht ausreichend verstanden. Häufig therapiert der Patient seine Gichtanfälle rein symptomatisch mit Entzündungshemmern, die Zielwert-orientierte Harnsäuresenkung wird nicht konsequent durchgehalten. Daten aus England haben hierfür Gründe sowohl bei der mangelhaften ärztlichen Aufklärung als auch bei der Adhärenz der von Gicht Betroffenen identifizieren können. Dies dürfte auch hierzulande der Fall sein.

    Guter Grund sich der Gicht wieder einmal eingehend zu widmen!

    Die Autoren der vorliegenden Beiträge haben in intensiver Arbeit bestimmte Aspekte der Gichterkrankung genauer beleuchtet und unter Einbeziehung der aktuellen Datenlage dargestellt. So beleuchten Uta Kiltz et al. die aktuell verfügbaren epidemiologischen Daten zur Inzidenz und Prävalenz der Gicht weltweit aber auch für Deutschland und stellen die erhebliche ökonomische Bedeutung der Erkrankung heraus. Die Arbeit von Monika Reuss-Borst widmet sich dem – auch für das Gespräch mit den Patienten – wichtigen Thema, inwiefern sich die der Gicht zugrundeliegende Hyperurikämie durch Änderungen des Lebensstiles eventuell positiv beeinflussen lässt. Da der europäische Rheumatologie-Jahreskongress EULAR, der 2020 eigentlich nach Frankfurt eingeladen hatte, aufgrund der Covid-Pandemie erstmalig in seiner Geschichte virtuell durchgeführt werden musste, fasst ein Artikel ausgesuchte klinische Arbeiten zur Gicht, die als Poster oder auch als orale Präsentationen vorgestellt wurden, zusammen.

    Nach wie vor wird die Gicht überwiegend als eine Erkrankung des Mannes angesehen. Aus den epidemiologischen Daten geht jedoch hervor, dass Frauen mit höherem Lebensalter und zunehmenden Komorbiditäten ebenso erkranken. Oft präsentiert sich die Gicht bei Frauen dabei klinisch anders, wie ein besonders eindrucksvoller Fall von Kristin Engel et al. illustriert. Da es zum Genderaspekt der Gichterkrankung wenig systemische Daten gibt, beschreiben Anna Giordano et al. in einer Originalarbeit die Unterschiede der Gichterkrankung von Frauen und Männern und stellen typische klinische Merkmale von Frauen mit akuter Monarthritis aufgrund einer Gicht der Monarthritis anderer Genese gegenüber. Da die Gicht zumeist im Gefolge bzw. in Begleitung weiterer metabolischer Erkrankungen auftritt, sollten diese gleichfalls mit ins Augenmerk genommen werden. Marian Christoph et al. beleuchten in ihrer Arbeit die Therapie der Gicht und ihrer kardiovaskulär bedeutsamen Komorbiditäten besonders vor dem Hintergrund der erhöhten kardiovaskulären Mortalität. Als mögliche Differenzialdiagnose zur tophösen Gicht an der Wirbelsäule stellen Arnd Kleyer et al. den Fall eines Patienten mit einer CPPD-induzierten Erkrankung vor.

    Ich wünsche allen Lesern viel Freude und hoffentlich Wissensgewinn bei der Lektüre der mit viel Sorgfalt erstellten Manuskripte.

    Sehr herzliche kollegiale Grüße aus Dresden,
    Ihre Anne-Kathrin Tausche


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    Korrespondenzadresse

    PD Dr. med. habil. Anne-Kathrin Tausche
    Medizinische Klinik III, Rheumatologie
    Universitätsklinikum „Carl Gustav Carus“ an der TU Dresden
    Fetscherstraße 74
    01309 Dresden
    Deutschland   

    Publication History

    Article published online:
    16 February 2021

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    Georg Thieme Verlag KG
    Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany

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