Aktuelle Dermatologie 2020; 46(10): 410-411
DOI: 10.1055/a-1222-3159
Interview

Das Fachgebiet Dermatologie in seiner Diversität als Ganzes zu vertreten

Prof. Christos Zouboulis im Gespräch mit Prof. Rudolf Stadler
 
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    Prof. Rudolf Stadler

    Warum haben Sie die Dermatologie als Fachgebiet gewählt?

    Als junger Studierender steht man der gesamten Medizin mit der gegebenen Offenheit gegenüber und Zufälle des Lebens prägen dann die weitere berufliche Ausrichtung. So ist es mir auf der Suche nach einer Dissertation ergangen, dass ich in der Universitätshautklinik der Universität Köln eine experimentell-elektronenmikroskopische Arbeit zur natürlichen Alterung der Haut übernehmen durfte. Der überaus erfolgreiche Dissertationsverlauf, die damals anregende und offene Art meines Doktorvaters, Prof. Dr. med. Dr. h. c. C. E. Orfanos, stimulierte mein Interesse an der Dermatologie. Im Ergebnis entschloss ich mich, die Assistenzarztausbildung im Fachgebiet Dermatologie zu beginnen.

    Sind Sie mit Ihrer Wahl zufrieden und warum?

    Zu Beginn einer Assistenzarztausbildung stellt man sich natürlich immer wieder die Frage: Ist die Wahl des Fachgebietes richtig gewesen? Hast Du Dich für das richtige Fach entschieden? Von anderen kamen Verlautbarungen: Ist das denn das richtige Fach? Machst Du denn richtige Medizin? Aber ich hatte das Glück, in einer modern ausgerichteten Universitäts-Hautklinik am Klinikum Steglitz meine Assistenzarztzeit beginnen zu dürfen, war begeistert von dem damals funktionalen Ansatz, Dermatologie zu leben. Die Synthese von Morphologie und komplexer Systematik und der Entwicklung systemischer Therapien machten mich zu einem sehr zufriedenen jungen Mediziner.

    Sie haben in Ihrer Karriere viel erreicht. Worauf sind Sie besonders stolz?

    Ich bin stolz darauf, eine umfassende dermatologische Ausbildung erhalten zu haben, die es mir ermöglichte, das Fachgebiet Dermatologie in seiner Diversität als Ganzes vertreten zu können. Dies gestattete mir, vielen Menschen, die mir in meinem Leben als Patienten begegnet sind, wirklich helfen zu können und in einigen Fällen auch schicksalhaft das weitere Leben im positiven Sinne beeinflusst zu haben.Der Beginn als junger Chefarzt in einem kommunalen Haus und die Entwicklung eines solchen zur Universitätsklinik für Dermatologie erfüllt mich mit besonderer Zufriedenheit.Darüber hinaus durfte ich über 10 Jahre meine Expertise im Vorstand der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft einbringen und als Präsident die moderne Ausrichtung unseres Faches vorantreiben.

    Welcher Fall ist Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?

    Eine damals junge Frau, bei der eine Lymphknotenmetastase axillär links durch die Gynäkologie aufgrund des Verdachtes eines Mammakarzinoms diagnostiziert wurde. Es handelte sich jedoch um eine Melanomfilia bei unbekanntem Primarius. Ich habe sie axillär lymphadenektomiert und damals eine Hochdosis-Interferon-Therapie eingeleitet. Sie entwickelte daraufhin eine Vitiligo. Die Patientin blieb bis zum heutigen Datum erscheinungsfrei, und nach über 15 Jahren darf man mit aller Bescheidenheit von einer Heilung sprechen.Es war damals eine noch nicht verheiratete Frau. Ich bestärkte sie zu heiraten, unterstützte sie im Bestreben, Beamtin in Niedersachsen zu werden, was gelang. Sie wurde zweifache Mutter, gründete eine überaus glückliche Familie und wurde die erste Vorsitzende einer der ersten Hautkrebs-Selbsthilfegruppen in Deutschland.

    Von wem haben Sie besonders viel gelernt?

    Nun, in erster Linie von meinem akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. C. E. Orfanos, mit klarem Verstand, Stringenz, Verlässlichkeit den gestellten Aufgaben zu begegnen und Dermatologie als Organfach zu leben. Herr Prof. Dr. G. Stüttgen hat mich durch seine kosmopolitische Art und seinen pathophysiologischen Ansatz für Dermatologie sehr beeindruckt. Ich hatte das Glück, zusammen mit Prof. Walter Lever, der aus Boston nach Deutschland, damals Berlin-West, zurückkehrte, Dermatopathologie lernen zu dürfen. Die Klarheit der Lehre und Präzision im Diktat hat mich damals sehr geformt und beeindruckt. „Rudi, das Diktat darf nicht zu lang sein, dann kennst Du letztendlich nicht die klare Diagnose“ – sein Grundtenor!

    Was war der beste Rat, den sie während Ihrer Karriere erhalten haben?

    Es ist der Rat, seinen Weg nach den eigenen Vorstellungen zu gehen, auch wenn der eigene Lebensweg nicht immer einfach war, aber durch Fleiß und Stringenz das Positive sehen, immer nach vorne zu blicken.

    Was ist momentan die wichtigste Entwicklung in der Dermatologie?

    Seit der Jahrtausendwende hat die Grundlagenforschung in der molekularen Medizin wie in der Immunologie zu einem explosionsartigen Erkenntnisgewinn in allen Bereich der Dermatologie geführt, angefangen von der Allergologie, Infektiologie, chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen bis hin zum Hautkrebs. Das damit verbundene grundlegende Verständnis war von epochaler Bedeutung für die Entwicklung neuer Systemtherapeutika für die entzündlichen Erkrankungen in der Dermatologie, wie der Psoriasis, der atopischen Dermatitis, der Autoimmunerkrankungen (Pemphigus) und nicht zuletzt des Hautkrebses (malignes Melanom, Merkelzellkarzinom, kutane Lymphome und epitheliale Tumoren, Basalzellkarzinom, Plattenepithelkarzinom). Auf diesen Gebieten gilt es, weiter die Forschung als wesentliche Basis für die Fortentwicklung unseres Faches zu stärken, parallel hierzu die klinische Medizin in keiner Weise zu vernachlässigen und die großen skizzierten Gebiete in der Weiterbildung mit Fokus auf die molekulare Medizin im Fach und verbunden mit dem Verständnis der Immunologie zu stärken. Darüber hinaus darf es zu keiner Verflachung in der Weiterbildung zur Dermatologin/zum Dermatologen kommen. Es gilt, „Dermatologie light“ zu verhindern.

    Wo sehen Sie die Zukunft der Dermatologie?

    Die große Herausforderung sehe ich, als klinisch relevantes Organfach in den Universitätskliniken und großen städtischen Kliniken zu bestehen. Dies wird nur durch Vertretung des gesamten Fachgebietes in Forschung, Lehre, Diagnostik und Entwicklung modernster Therapie gelingen. Nur hierdurch wird sich das Fach Dermatologie behaupten können.

    Was raten Sie jungen Kollegen?

    Zur Weiterbildung Institutionen aufzusuchen, die ihnen die gesamte Weiterbildungsmöglichkeit bieten. Die fundierte Ausbildung im Fach Dermatologie sowohl klinisch als dermatohistopathologisch, zusammen mit einem funktionalen Verständnis für das Hautorgan wird die Entwicklung einer kompetenten Dermatologin/Dermatologen garantieren, insbesondere mit der Fähigkeit ausgestattet zu sein, auch Neues im Fachgebiet zu erkennen.

    Was machen Sie nach Feierabend als Erstes?

    Das Gespräch mit meiner geliebten und geschätzten Ehefrau über den Tag und die Familie zu suchen und das Erlebte zu teilen. Es bleibt dann nicht mehr viel Zeit vom Tag, sich mit den eigenen Hobbys der modernen Kunst und der aktuellen Literatur zu beschäftigen. Dies konzentriert sich i. d. R. auf verbleibende freie Wochenenden.

    Korrespondenzadresse

    Prof. Dr. med. Rudolf Stadler
    Direktor
    Universitätsklinik für Dermatologie
    Johannes Wesling Klinikum Minden
    UK der Ruhr-Universität Bochum
    Hans-Nolte-Straße 1
    32429 Minden
    Rudolf.Stadler@ruhr-uni-bochum.de


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    Publication History

    Article published online:
    12 October 2020

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    Georg Thieme Verlag KG
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